Frankfurt-Nied
Nied ist seit dem 1. April 1928 ein Stadtteil von Frankfurt am Main. Die Einwohnerzahl beträgt 19.785.
Geografische Lage
Nied liegt etwa 9,5 km westlich der Frankfurter Hauptwache, nördlich des Mains am Unterlauf des Flusses Nidda auf einer Höhe von 98 m über NN. Die Siedlung lässt einen regelhaften Grundriss im Flusswinkel von Main und Nidda mit der Christuskirche in zentraler Lage erkennen. Die moderne Siedlungsentwicklung hat sich ostwärts in Richtung Griesheim und Frankfurter Innenstadt vorgeschoben. Nachbarstadtteile von Nied sind im Westen Höchst, im Norden Sossenheim, im Osten Griesheim und im Süden jenseits des Mains Schwanheim.
Geschichte
Ur- und Frühgeschichte
Um 3000 v. Chr. gab es jungsteinzeitliche Siedlungen an Main und Nidda, so auch in Nied (bandkeramische Zeit). Um 800 v. Chr. bestand eine keltische Besiedlung mit nachfolgender germanischer Landnahme etwa um die Zeit von Christi Geburt. In vorrömischer Zeit verlief hier eine Altstraße – die Antsanvia (Antiana Via), die dem Verlauf der späteren Rödelheimer Straße und Oeserstraße entsprechend durch den Nieder Wald führte.
Die erste römische Ansiedlung in Nied geht auf die Chattenkriege des Kaisers Domitian zurück, in der die römische Provinz Germania superior (Provinz Obergermanien) mit der Hauptstadt Mogontiacum (Mainz) geschaffen wurde. Die Römer drangen in den Jahren 83 und 84 (Chattenkrieg, Revolte des Saturninus, Kaiser Domitian) die Nidda aufwärts in die Wetterau vor und gründeten als Civitas (Bezirkshauptort) die Stadt Nida. In Nied wurden die Reste einer römischen Niddabrücke und großer Zentralziegeleien gefunden, die die ganze Wetterau und den Limes versorgten (siehe den Straßennamen Im Ziegelfeld, bis 1928 Römerstraße genannt). Betrieben wurden die Ziegeleien von Angehörigen dreier römischer Legionen: Legio VIII Augusta, Legio XXI Rapax und Legio XXII Primigenia Pia Fidelis. In Nied sind die römischen Legionärsnamen Q.Cornelius Aquinus und L.Cornelius Arator nachgewiesen.[1] Auch wurde Töpferware für die regionale Versorgung der Civitas Taunensium mit dessen Hauptort Nida hergestellt. Der Ton wurde von den Römern[2] aus den Gruben in Kelkheim-Münster gewonnen und auf Karren nach Nied transportiert. Öllampen für den regionalen Bedarf wurden in den Werkstätten des Lucius fabriziert[3] Der Transport dieser Ware wurde mit Lastkähnen entlang der Nidda bis zu dem kleinen Hafen in Nida – damals Umschlagplatz für den gesamten Handel der Region – durchgeführt. Militärisch wurde die römische Siedlung (vicus) durch das nahe gelegene Römerkastell in Frankfurt-Höchst geschützt. Auch sind einzelne villae rusticae (römische Gutshöfe) entlang der Nidda und eine mansio (römische Raststätte) im Nieder Wald nachgewiesen. Dieser an der späteren Via Regia gelegene römische Gebäudekomplex wurde als „Heidenschloß“ bezeichnet. Auf der Gemarkungskarte von 1870 sind Spuren römischer Bauten auf den Fluren „Römerberg“, „Im Kremser“, „Am Heidenschloss“ und an der Nidda ein „Römerthurm“ in der Flur „Lange Wiesen“ verzeichnet. Viele antike Funde aus Nied landeten in den Museen in Frankfurt, Darmstadt, Wiesbaden und Frankfurt-Höchst. Ein besonderer Fund ist ein Fortuna Altar, der sich heute im Wiesbadener Museum befindet.[4] Bei Ausgrabungen im Nieder Kirchweg wurden im Jahr 2003 römische Gräber entdeckt. 2012 wurden bei Baumaßnahmen weitere wertvolle Ziegel mit römischen Schriften und ein sehr gut erhaltener Brennofen archäologisch freigelegt. 2018 wurden in der Baugrube am „Nieder Loch“ in Alt-Nied „Unmengen römischer Tonziegel gefunden und auch eine Art Falschmünzer-Werkstatt aus dem 3. nachchristlichen Jahrhundert, als die Macht der Römer im heutigen Rhein-Main-Gebiet schon bröckelte“.[5]
Um 260 n. Chr. kam es im sogenannten Alemannensturm zum Limesfall und zur Eroberung des Hauptortes Nida. Die Spuren des römischen Nied verloren sich in den darauf folgenden Jahrhunderten. Eine archäologische Kommission forschte erstmals 1834 an der Wörthspitze nach dem antiken Denkmal „Monumentum Trajanum“, dessen Überreste am Zusammenfluss von Nidda und Main gelegen haben sollen.[6]
Mittelalter
Um 500 n. Chr. vollzog sich die Fränkische Landnahme, 770 n. Chr. wurde erstmals der Niddagau erwähnt, zu dem Nied im Hochmittelalter zählte. Um 817 n. Chr. wurde ein Fiscus Franconofurt, ein königlicher Herrschaftsbereich erwähnt, zu dem auch Nied gehörte.
Seit dem Jahr 1105 n. Chr. waren die Familien Diehl als Landwirte in Nied ansässig.[7] Eine Pfarrei wurde in Nied erstmals 1160 n. Chr. erwähnt. Um 1200 n. Chr. zerfiel der Fiskus Frankfurt. Aus den Reliktgebieten bildete sich auch das Gericht Bornheimerberg und das spätere Amt Bornheimerberg, zu dem Nied gehörte. Die älteste erhalten gebliebene Urkunde des Ortes stammt von Erzbischof Siegfried II. von Mainz vom 21. Februar 1218,[8] wobei auch eine Kirche im Dorf erwähnt wird. Zum Kirchspiel gehörten Griesheim, Sossenheim, Breitenloch – ein 1619 untergegangenes Dorf zwischen Sossenheim und Rödelheim[9] – und 1274 auch die Wüstung Biegen, ein 1295 untergegangenes Dorf mit Burg der Herren von Biegen. Kirchliche Mittelbehörde war das Archidiakonat des Propstes von St. Peter in Mainz, Dekanat Eschborn. 1268 hatte das Stift St. Maria ad Gradus in Mainz die Dorfherrschaft inne. Ab 1269 hält das Stift St. Mariengraden in Nied jährlich 1–2 Mal Hofgericht.[10] 1474 und nochmals 1485 übergab das Stift die Dörfer Nied und Griesheim mit der hohen und niederen Gerichtsbarkeit an das Mainzer Erzstift.
Nach Absetzung des Stauferkaisers Friedrich II. fand am 5. August 1246 die Schlacht an der Nidda bei Nied statt. Friedrichs Sohn Konrad IV. und dessen Gegenkönig Heinrich Raspe von Thüringen kämpften um die Thronfolge.
Im Jahr 1320 verpfändete König Ludwig IV. den Bornheimerberg – und so auch Nied – an Ulrich II. von Hanau. 1351 erneuerte Kaiser Karl IV. diese Pfandschaft für Hanau. 1434 wurde Graf Reinhard II. von Hanau von Kaiser Sigismund mit dem Bornheimerberg belehnt. Bei der Teilung der Grafschaft Hanau im Jahr 1458 kam der Bornheimerberg zur Grafschaft Hanau-Münzenberg. Die Ortsherrschaft war damit zwischen dem Kurfürstentum Mainz und der Grafschaft Hanau umstritten. Das Kurfürstentum ordnete das Dorf seinem Amt Höchst zu. 1489 wurde der Bau einer steinernen Kirche verfügt.
Für das Jahr 1275 liegt eine erste urkundliche Erwähnung einer Holzbrücke über die Nidda vor. Ab 1342 wurde Brückenzoll erhoben. Um 1410 bestätigte Kaiser Sigismund der Stadt Frankfurt ihre Rechte an dieser Brücke, die sie zur Sicherheit des Reiseverkehrs zur Messe Frankfurt unterhielt. Durch die Brücke wurde das Fischerdorf auch zu einem Rastplatz auf dem Handelsweg von Mainz nach Frankfurt.
Das Dorf war von Gräben mit Zäunen und zwei mächtigen Falltoren geschützt. Der wehrhafte Kirchturm prägte das Ortsbild. Unterhalb der Niddabrücke (heutiger Kerbplatz) befand sich damals der Bildstock zu St. Wolfgang. In Richtung Höchst lagen einst Weinfelder, am Mainufer zwischen Nied und Griesheim ein Wäldchen auf der Heide und ein jüdischer Friedhof – heute Industriegelände. Ab 1438 besaß Nied Burgrecht in Frankfurt, das heißt, seine Bewohner fanden in unruhigen Zeiten Zuflucht hinter dessen Stadtmauer.
Historische Namensformen
Der Ortsname stammt ursprünglich aus dem Keltischen und steht in Zusammenhang mit dem Fluss Nidda.
- Nide (1035, Zuordnung zweifelhaft)
- Nitha (um 1150)
- Nithe (1218)
- Nithe (1223)
- Niede (1268)
- Nyeda (1271)
- Niede (1274)
- Nide (1274)
Frühe Neuzeit
Im Jahr 1592 verpfändete das Erzstift seinen Anteil an den Dörfern Griesheim und Nied an die Grafen von Hanau. 1684 tauschten Kurmainz und Hanau eine Reihe von Rechten in Kondominaten und Gebieten ähnlich gemischter Ansprüche. Dabei fiel Nied an Mainz.
Mitte des 16. Jahrhunderts wurde die Reformation in Nied nach lutherischem Modus durch die Grafen von Hanau eingeführt. In einer „zweiten Reformation“ wurde die Konfession der Grafschaft Hanau-Münzenberg erneut gewechselt: Graf Philipp Ludwig II. verfolgte ab 1597 eine entschieden reformierte Kirchenpolitik und machte von seinem Jus reformandi Gebrauch – Mit diesem Recht, als Landesherr die Konfession seiner Untertanen zu bestimmen, setzte er den Calvinismus für seine Grafschaft weitgehend als verbindlich durch – nicht jedoch in Nied. Unter dem Schutz von Mainz machten nicht alle Untertanen diesen zweiten Konfessionswechsel mit und ein römisch-katholischer Bevölkerungsanteil verblieb. Zwischen Lutheranern, Calvinisten und Katholiken brachen jahrzehntelange Konfessionsstreitigkeiten aus. Allerdings teilten 1828 die drei Konfessionen sich letztendlich gemeinsam das eine vorhandene Kirchengebäude als Simultankirche, bis 1908 eine eigene evangelische Saalkirche in klassizistischem Stil errichtet und um einen Turm ergänzt wurde (heute: evangelische Christuskirche). 1906/07 wurde die römisch-katholische St. Markuskirche gebaut.
Im Dreißigjährigen Krieg wurde Nied mehrfach zerstört, unter anderem durch die Truppen des Herzogs Christian von Braunschweig. Im Juni 1622 fand hier die Schlacht bei Höchst statt, in dem die Katholische Liga unter Graf Tilly und Gonzalo Fernández de Córdoba auf die Protestantische Union traf (die Straßennamen Tillystraße und Schwedenpfad erinnern daran). Landsknechte verschleppten die Bewohner. 1648 zählte der Ort noch „fünf Nachbarn und einige ledige Leut“. 1693 lebten in Nied wieder 28 Familien, davon 13 Bauern und 7 Fischer, und in der Kirchenruine wurde Gottesdienst nach römisch-katholischem Ritus gehalten.[11]
Im Jahr 1787 ordnete das Kurfürstentum Mainz das Dorf Nied seinem Oberamt Höchst und Königstein und dort der Amtsvogtei Höchst zu.
Neuzeit
Im Ersten Koalitionskrieg wurde Nied 1795 auch von den kaiserlichen Truppen geplündert. Immer wieder war die Niddabrücke für die kämpfenden Parteien von strategischer Bedeutung. Um 1800 wurden der zweite Mündungsarm der Nidda (heute: Wörthspitze) und der das Dorf umgebende Haingraben zugeschüttet. 1803 fiel Nied im Reichsdeputationshauptschluss an das Fürstentum Nassau-Usingen (ab 1806: Herzogtum Nassau). Hier gehörte es weiter zum Oberamt Höchst und Königstein und zur Amtsvogtei Höchst. In napoleonischer Zeit wurde Nied von den Franzosen besetzt. 1812 machte die französische Kaiserin Marie Louise beim Schultheis von Nied Station. Sie begleitete ihren Mann Napoleon Bonaparte auf seinem Feldzug nach Osten.[12] Vom 28. bis 30. Oktober 1813 erfolgte der Rückzug Napoleons und der Französischen „Grande Armée“ über die Nidda Brücke bei Nied.[13] Von 1816 bis 1866 war Nied wieder Bestandteil des Herzogtums Nassau und hier dem Amt Höchst zugeordnet.
1824 wurde die hölzerne durch eine steinerne Niddabrücke ersetzt. Die Sandsteinkonstruktion mit sechs weiten Flutbögen hat bis heute jedem Hochwasser von Main und Nidda widerstanden. Ein Gedenkstein (aus Lahnmarmor) erinnert an den Wiederaufbau nach der Zerstörung durch die Franzosen.
Das Herzogtum Nassau unterlag als Verbündeter Österreichs 1866 im Preußisch-Österreichischen Krieg dem Königreich Preußen. Dieses annektierte daraufhin das Herzogtum und damit auch Nied. Ab 1867 gehörte Nied deshalb zur Preußischen Provinz Hessen-Nassau, zum Regierungsbezirk Wiesbaden und zum Landkreis Wiesbaden, von 1886 bis 1928 zum Landkreis Höchst.
1838 wurde die Taunus-Eisenbahn durch die Nieder Gemarkung geführt. Seit 1879 wurde die weiter südlich gelegene Bahnstrecke Frankfurt–Limburg durch die Hessische Ludwigsbahn (HLB) in Betrieb genommen. Doch erst 1888 erhielt Nied für den Nahverkehr einen eigenen Halt und 1915 ein Empfangsgebäude (Bahnhof).[14]
Vom 20. Jahrhundert bis Heute
Ab 1902 wurde die Nieder Zeitung herausgegeben. 1905 entstand das Villenviertel „zur Ansiedlung besserer Steuerzahler“. Der kaiserliche Postverwalter Josef Benner verfasste 1910 die erste Chronik des Dorfes Nied am Main.[15]
Als 1918 in Nied die preußischen Staatseisenbahnen das Königlich-preußische Dampflokomotiv-Ausbesserungs-Werk eröffneten und eine Eisenbahnersiedlung (Nied-Nord) errichtete, kam es zu einem erheblichen Zuzug – vor allem aus Süddeutschland. Das Werk beschäftigte Hunderte von Mitarbeitern. Die Siedlung zählt zu den wenigen in Deutschland noch in ihrer ursprünglichen Art erhaltenen Wohndenkmälern und steht als Kulturdenkmal nach dem Hessischen Denkmalschutzgesetz unter Denkmalschutz.
Nach dem Ersten Weltkrieg gehörte Nied von 1918 bis 1930 zur Französischen Besatzungszone. 1928/29 wurde der Unterlauf der Nidda durch Begradigung und Wehre reguliert, wodurch auf Nieder Gemarkung fünf Nidda-Altarme entstanden – Grillscher Altarm, Waldspitze, Kellerseck, Wiesengraben und Rondell.[16]
Ferdinand Scholling (1867–1952) war der letzte Bürgermeister der bis 1928 eigenständigen Gemeinde Nied.[17] Am 1. April 1928 wurde Nied in die Stadt Frankfurt am Main eingemeindet. Alte Straßennamen wurden durch neue Bezeichnungen ersetzt, so wurden die Frankfurter Straße in Mainzer Landstraße und die Rödelheimer Straße in Oeserstraße umbenannt.
Während der Zeit des Nationalsozialismus weihte die NSDAP im April 1934 an der Wörthspitze einen Thingplatz ein. 1937 wurde hier ein Ehrenmal errichtet, das 1965 abgebrochen wurde und dessen Reste am Mainufer heute als Aussichtsplattform und Spielplatz dienen. Für die Opfer des Nationalsozialismus ist am Kahnplatz vor dem Friedhof eine Gedenksäule errichtet worden. In Nied sind bislang 13 Stolpersteine für Opfer mit den Namen Bender, Salomon, Hirsch, Kahn, Herger und Heps verlegt worden.
Nach dem Zweiten Weltkrieg kontrollierten die US-Streitkräfte den Verkehr nach Schwanheim an einer drehbaren Holzbrücke (Notbrücke) über den Main, die 1963 durch die neue Schwanheimer Brücke ersetzt wurde.
Das Bahnbetriebswerk musste veränderten Betriebsbedingungen der Bahn weichen und wurde 1967 stillgelegt. 1981 zeitweilig besetzt, wurde es nach polizeilicher Räumung abgerissen. Die Fläche wurde mit Wohnhäusern bebaut. Diese Erweiterung der Eisenbahnersiedlung, der Bau der Siedlungen Parkstadt, Nied-Süd, Nied-Ost und die Bebauung des ehemaligen Ausbesserungswerks an der Oeserstraße haben die Wohnbaufläche des Stadtteils mehr als verdreifacht.
Ab 2012 wurde die Nidda renaturiert und das Höchster Wehr mit dessen begradigtem Abschnitt zurückgebaut. Die dort geschaffenen Stromschnellen mit einer neu angelegten Insel ermöglichen den Fischen aus dem Main wieder in die Nidda aufzusteigen und dort zu laichen. Eine neue Fußgängerbrücke wurde gegenüber dem Sulzbach errichtet. Unmittelbar an der Nieder Polo-Anlage befindet sich seitdem auch der bei vielen beliebte „Niddastrand“ für Freizeit und Erholung.[18]
Seit Ende 2018 entsteht an der Mainzer Landstraße am sogenannten „Nieder Loch / Alt-Nied“ ein neuer Wohnbereich, der 131 Wohnungen in Passiv-Bauweise und einen großen Supermarkt vorsieht.[19]
Bevölkerungsentwicklung
Am 31. Dezember 2020 hatte Nied 19.785 Einwohner[20]
1580: 120 Einwohner | 1858: 670 Einwohner | 1928: 8.673 Einwohner |
1620: 160 Einwohner | 1864: 776 Einwohner | 1939: 8.326 Einwohner |
1651: 70 Einwohner | 1871: 940 Einwohner | 1946: 9.198 Einwohner |
1668: 90 Einwohner | 1875: 1.035 Einwohner | 1950: 10.191 Einwohner |
1736: 230 Einwohner | 1885: 1.476 Einwohner | 1961: 10.086 Einwohner |
1808: 273 Einwohner | 1895: 2.179 Einwohner | 1970: 14.118 Einwohner |
1834: 424 Einwohner | 1900: 4.028 Einwohner | 1976: 14.720 Einwohner |
1840: 491 Einwohner | 1905: 5.485 Einwohner | 2014: 18.853 Einwohner[21] |
1846: 535 Einwohner | 1910: 7.491 Einwohner | 2015: 19.398 Einwohner[22] |
1852: 616 Einwohner | 1925: 8.597 Einwohner | 2016: 19.387 Einwohner[23] |
Bevölkerungsstruktur:
Ende 2020 waren von den 19.785 Einwohnern 9.721 weiblich (49,1 %) und 10.064 männlich (50,9 %). 12.299 waren Deutsche (62,2 %) und 7.486 Ausländer (37,8 %). Davon waren 3.387 aus der EU (45,2 %) und 4.099 nicht aus der EU (54,8 %).[24]
Religion
- die Evangelische Kirchengemeinde Frankfurt am Main – Nied mit ihren beiden Kirchen: Christuskirche und Apostelkirche[25]
- zwei katholische Kirchengemeinden mit der Kirche Dreifaltigkeit und St. Markuskirche[26]
- andere Glaubensrichtungen[27]
Sehenswürdigkeiten und Kultur
Bauwerke
Im nahegelegenen Niedwald befindet sich der frei zugängliche Selzerbrunnen, ein Mineralbrunnen, dessen Wasser zwar trinkbar ist, jedoch einen hohen Anteil Schwefelwasserstoff enthält. Ein zweiter schwefelhaltiger Mineralbrunnen (Faulbrunnen) befindet sich innerhalb der Eisenbahner-Siedlung in der Straße Brunnenpfad. Als „Faulbrunnen“ bezeichnet man Quellen, deren Wasser durch Schwefelwasserstoff einen unverwechselbaren Geruch nach faulen Eiern haben und deren Wasser als Heilwasser auch für Hautkrankheiten benutzt wird. Der Faulbrunnen in Nied wurde schon Ende des 16. Jahrhunderts in der balneologischen Literatur mit umfangreichen Heilanzeigen gepriesen. Die gewerbliche Nutzung und der Versand von „Nieder Schwefelwasser“ musste aus Konkurrenzgründen zum Weilbacher Schwefelbrunnen unterbleiben.[28] Vor der Eingemeindung wurde über einen möglichen Bäder- und Kurbetrieb nachgedacht.
Im 1840 errichteten und 1908 umgebaut und erweiterten Rathaus an der Niddabrücke ist heute ein Polizeiposten eingerichtet. Die seit 1839 genutzte Eisenbahnbrücke Nied der Taunus-Eisenbahn über die Nidda ist eine der ältesten noch in Betrieb befindlichen Eisenbahnbrücken Deutschlands (Sandsteinkonstruktion von 1838). Die Brücke wurde 2018 saniert.
Grünflächen und Naherholung
Verschiedene Naturschutzmaßnahmen an der Nidda, an den Altarmen und im Niedwald machen diese Wald-Auenlandschaft zu einem beliebten Erholungs- und Ausflugsziel.
Im Westen des Stadtteils in Richtung Höchst liegt die Wörthspitze, eine große Parkanlage, die sich auf einer ehemaligen Mündungsinsel zwischen Main und Nidda befindet. Sie ist Teil des Frankfurter Grüngürtels.
Museen
Das Heimatmuseum Nied in der Beunestraße 9a zeigt Relikte der einstigen römischen Zentralziegelei, deren Produkte vorwiegend für die Limesbefestigungen des obergermanischen Heeres hergestellt wurden.
Vereine
Im Vereinsring[29] Frankfurt am Main.-Nied e. V.[30] sind aktuell 51 Vereine organisiert. Der Anglerverein Nied 1920 e. V. mit Sitz am Altarm Kellerseck nutzt die in der Nidda und den Altarmen vorhandenen Fischgründe. Das Freizeitgelände des Vereins für Freikörperkultur Orplid-Frankfurt befindet sich auf einer von Nidda und dem Altarm Waldspitze gebildeten „Insel“ am Niedwald. 1986 Eröffnung des Nieder Heimatmuseums. Der auf dem Gelände des Reiterhofs Georgshof (ehemals Familie Diehl) ansässige Frankfurter Polo Club bietet im Sommer Polo-Veranstaltungen, die über den Frankfurter Raum hinaus bekannt wurden. Die Stadt Frankfurt am Main hat das Gelände mit 40 Hektar landwirtschaftlicher Nutzfläche 2019 erworben.[31] Im Sommer findet an der Niddahalle regelmäßig ein Beachhandball-Turnier statt, auch sind Tennisplätze und eine Anlage für Bogenschießen vorhanden. Sportlich bekannt war Nied vor allem durch die Sportgemeinschaft 1877 Frankfurt-Nied e. V. Diese war fünffacher Deutscher Meister im Trampolinturnen (zuletzt 2001). Zudem zählten viele erfolgreiche Einzelturner wie Markus Kubicka, der 2003 Weltmeister im Mannschaftsspringen und 2002 Europameister im Synchronspringen wurde, zu deren Mitglieder. Die Vereinsmitglieder haben dem Antrag des Vorstands auf Auflösung und Fusion mit der Eintracht Frankfurt im Mai 2021 zugestimmt. Im September 2021 wurde die ehemalige SG Nied in den Standort der Frankfurter Eintracht für den Frankfurter Westen umbenannt und der Adler der Eintracht an der Niddahalle angebracht.[32][33] Die Eintracht hat seitdem die Niddahalle innen modernisieren lassen und will künftig eine Fechtanlage und einen Dojo für Karate, Judo und Vovinam sowie Tischkicker und Darts vorsehen. Sie verfügt dank der Fusion nun über eine eigene Kampfsportabteilung. Außerdem laufen noch Fusionsgespräche mit den Gaelic-Footballern von Frankfurt Sarsfields, die bereits in Nied trainieren. Weitere Investitionen der Eintracht in den Standort im Westen sind geplant.[34] In der Karnevalsaison bietet der NCC Abwechslung in der kalten Jahreszeit. Fußballveranstaltungen der Alemannia Nied finden am Sportplatz in Nied-Ost statt. Seit dem 19. Mai 2021 findet an der Niddahalle jeden Mittwoch von 9–16 Uhr auf Initiative des Gewerbevereins ein Wochenmarkt statt.[35]
Wirtschaft und Infrastruktur
Bildungs
- Fridtjof-Nansen-Schule
- Friedrich-List-Schule
- Niddaschule
- Panoramaschule, Schule für Praktisch Bildbare
Öffentliche Einrichtungen
In Nied befindet sich die Feuer- und Rettungswache 3. Auf demselben Grundstück, jedoch mit einer anderen Adresse befindet sich die Freiwillige Feuerwehr Frankfurt am Main – Nied.[36]
Sportstätten
- Niddahalle/Niddakampfbahn
- Sportanlage am Denisweg (Fußballverein FV Alemannia 08 Nied)
- Poloplatz am Georgshof (Frankfurter Polo Club)
Verkehr
Seit 1888 gibt es in Nied einen Haltepunkt der Main-Lahn-Bahn. Nied ist seit 1935 an das Frankfurter Straßenbahnnetz und seit 1978 an die S-Bahn Rhein-Main angeschlossen. In Höhe der Fußgängerbrücke zwischen Nied-Ost und dem Neubaugebiet/Eisenbahnersiedlung soll mit Zustimmung des Verkehrsausschusses der Stadt Frankfurt am Main die neue Station „Nied-Ost“ für den Regionalverkehr entstehen.[37] Seit Jahrzehnten ist der Bahnübergang Oeserstraße in Höhe der Niddahalle / Birminghamstraße ein ungelöstes Verkehrsproblem – im Berufsverkehr kommt es hier zu erheblichem Stau für den Straßenverkehr. Dadurch wird der Ablauf bei der Buslinie 59 häufig gestört, es kommt zu erheblichen Verspätungen und Ausfällen. Sogenannte Schrankenfeste sollen auf die Missstände hinweisen.[38][39] Die DB AG und die Stadt Frankfurt am Main haben am 6. Oktober 2020 einen dreistufigen Plan zum Rückbau vorgestellt. Die Technik der Schranken-Sicherungsanlage solle bis 2021 automatisiert werden. Eine Fußgängerunterführung soll bis 2024 geschaffen und der Bahnübergang für den Autoverkehr innerhalb von 10 Jahren beseitigt werden. Die Arbeiten an der Sicherungstechnik des Bahnübergangs sind im Dezember 2021 durchgeführt worden. Die nach einem tödlichen Unfall im Mai 2020 in Nied gegründete Bürgerinitiative ist hierzu eher skeptisch eingestellt. Eine für alle Beteiligten zufriedenstellende Lösung bleibt weiterhin abzuwarten.[40][41] Seit Fahrplanwechsel am 12. Dezember 2021 wird die Buslinie 54 von Griesheim Bahnhof zur Leonardo-da-Vinci-Allee über den Rebstock verlängert. Für Nied besteht damit eine indirekte Verbindung ins Europaviertel mit Umsteigemöglichkeit zwischen den Buslinien 59 / 54 ab Neufeld.[42]
Persönlichkeiten
Persönlichkeiten, die in Nied geboren wurden
- Christian Gollong (1901–1988), Schauspieler
- Valentin Jost (1920–2007), Politiker (SPD), Landrat des Main-Taunus-Kreises
Persönlichkeiten, die zeitweilig in Nied gelebt oder gearbeitet haben
- Carl Wolf (1834–1901), römisch-katholischer Pfarrer und Mitglied des Reichstags des Deutschen Kaiserreichs
- Georg Heck (1897–1982), Maler und Grafiker des Expressionismus und der Neuen Sachlichkeit
- Dietrich Mattausch (* 1940), Schauspieler
- Julia Kröhn (* 1975), österreichische Romanautorin und Fernsehjournalistin
- Joscha Sauer (* 1978), Schöpfer der Nichtlustig-Comics
- Jasmin Siddiqui (* 1981), Mitglied des Streetart Künstler-Duos Herakut
Literatur
- Gerd Bethke: Main-Taunus-Land. Historisches Ortslexikon – Rad und Sparren; 26. 1996, S. 137–141.
- Günter Christ: Handbuch der Mainzer Kirchengeschichte. 2: Erzstift und Erzbistum Mainz. Territoriale und kirchliche Strukturen – Beiträge zur Mainzer Kirchengeschichte 6,2. 1997, S. 93, 295–296.
- Margarete Dörr: Das St. Mariengredenstift in Mainz. Geschichte, Recht und Besitz. 1953, S. 231–233.
- Gerhard Kleinfeldt, Hans Weirich: Die mittelalterliche Kirchenorganisation im oberhessisch-nassauischen Raum – Schriften des Instituts für geschichtliche Landeskunde von Hessen und Nassau 16 (1937). ND 1984, S. 71.
- Anette Löffler: Die Herren und Grafen von Falkenstein (Taunus): Studien zur Territorial- und Besitzgeschichte, zur reichspolitischen Stellung und zur Genealogie eines führenden Ministerialengeschlechts; 1255–1418. – Quellen und Forschungen zur hessischen Geschichte 99. Band 1. Darmstadt 1994, ISBN 3-88443-188-9, S. 371–372.
- Regina Schäfer: Die Herren von Eppstein – Veröffentlichungen der Historischen Kommission für Nassau, Wiesbaden 2000, S. 72, 424.
- Heinz Schomann u. a.: Denkmaltopographie Stadt Frankfurt am Main. Braunschweig 1986, S. 622–629.
- Christian Daniel Vogel: Beschreibung des Herzogthums Nassau. 1843, S. 864.
- Adalbert Vollert: Nied am Main. Chronik eines Frankfurter Stadtteils. Frankfurt am Main 1998: Heimat- und Geschichtsverein Nied.
- Ingeborg Huld-Zetsche: Die Lampen aus den römischen Töpfereien von Frankfurt am Main-Nied. Schnell + Steiner, Regensburg 2014, ISBN 978-3-7954-2838-9.
- Andrea Hampel: Die römische Militärziegelei in Frankfurt am Main.-Nied – Neue Ausgrabungen. In: Landesamt für Denkmalpflege Hessen (Hrsg.): Hessen-Archäologie 2012. Jahrbuch für Archäologie und Paläontologie in Hessen, S. 115–120.
Weblinks
- Stadtteil Nied. In: Stadtportal Frankfurt am Main.
- Nied, Stadt Frankfurt am Main. Historisches Ortslexikon für Hessen. In: Landesgeschichtliches Informationssystem Hessen (LAGIS).
- Literatur über Frankfurt-Nied nach Stichwort nach GND In: Hessische Bibliographie
- Mein Stadtteil – Meine Heimat auf YouTube
Einzelnachweise
- Andreas Kakoschke: Die Personennamen in den römischen Provinzen Germania inferior und Germania superior. Band 1. Verlag Antike, Vandenhoeck & Ruprecht, Göttingen 2021, ISBN 978-3-946317-81-4 (google.de).
- Andrea Hampel, G. Wetter: Die römische Legionsziegelei in Frankfurt am Main-Nied. In: Deutsche Limeskommission, UNESCO (Hrsg.): Nachrichtenblatt der Deutschen Limeskommission 8. Jahrgang · 2014 · Heft 1, S. 26–30. 1. Januar 2014 (deutsche-limeskommission.de [PDF; abgerufen am 13. April 2019]).
- Ingeborg Huld-Zetsche: Die Lampen aus den römischen Töpfereien von Frankfurt am Main-Nied. Abgerufen am 3. Februar 2018.
- Nied im Wandel der Zeit. (PDF) In: Stadtteilbroschüre 2009. Vereinsring Nied, 1. Oktober 2009, abgerufen am 3. Februar 2020.
- Holger Vonhof: Das Nieder Loch soll sich füllen – Spatenstich für 75 Mietwohnungen. FNP, 7. Dezember 2018, abgerufen am 4. Mai 2019.
- Hofrat Johann Wilhelm Christian Steiner: Geschichte und Topographie des Maingebietes und Spessarts unter den Römern, S-139-142. In: Annalen des Vereins für Nassauische Altertumskunde. Selbstverlag, 1834 (archive.org).
- Ortslandwirt und Ortsbeiratsmitglied Georg Diehl ist mit 63 Jahren gestorben. In: Frankfurter Neue Presse. FNP, 17. Juli 2018, abgerufen am 19. Juli 2018.
- Geschichtsverein Nied: Festschrift 800 Jahre. (PDF) 29. Mai 2015, abgerufen am 29. Mai 2018.
- Festschrift 800 Jahre Nied. (PDF) Vereinsring Nied, abgerufen am 10. März 2018.
- Nied, Stadt Frankfurt am Main. Historisches Ortslexikon für Hessen. (Stand: 16. Oktober 2018). In: Landesgeschichtliches Informationssystem Hessen (LAGIS).
- Hans Wertheim: Der tolle Halberstädter Herzog Christian von Braunschweig im Pfälzischen Kriege 1621–1622. Ein Abschnitt aus dem Dreißigjährigen Kriege. Internationale Bibliothek Berlin, Berlin 1929 (2 Bände).
- Festschrift 800 Jahre Nied S. 29. (PDF) Vereinsring Nied, 1. Februar 2018, abgerufen am 3. Februar 2020.
- Napoleons Grand Armée … Kriftel. In: Rhein-Main-Taunus Online Magazin. 11. Februar 2014, abgerufen am 3. Februar 2020.
- Chronik von Nied bei frankfurt.de, Stand: 20. Feb. 2020.
- Die sozialen Zustände auf dem platten Lande und einige Ratschläge zur Verbesserung derselben, 1894 ; Chronik des Dorfes Nied am Main, 1910. Rheinland-Pfälzische Personendatenbank, 15. Dezember 2010, abgerufen am 12. April 2019.
- Die GrünGürtel Freizeitkarte. 7. Auflage. Stadt Frankfurt am Main, Umweltamt, 2011.
- Frankfurt-Zoom. Wo lebst Du? Fakten über Deine Straße. Abgerufen am 30. Oktober 2018.
- Renaturierung der Nidda: Erholung am Fluss und Schutz am Teich. Frankfurter Allgemeine Zeitung, 21. August 2016, abgerufen am 4. Dezember 2017.
- Clemens Dörrenberg: 131 Wohnungen entstehen in Alt-Nied. In: FR.de. Frankfurter Rundschau, 7. Dezember 2018, abgerufen am 1. März 2019.
- Bevölkerung 2019, FSA 2020/03. (PDF) Stadt Frankfurt am Main, 1. März 2020, abgerufen am 9. April 2020.
- Statistisches Jahrbuch 2014 in pdf abgerufen am 26. Feb. 2020.
- Statistisches Jahrbuch 2015 in pdf abgerufen am 26. Feb. 2020.
- Statistisches Jahrbuch 2016 in pdf abgerufen am 26. Feb. 2020.
- Frankfurt Statistik Aktuell (FSA), Bevölkerung am 31.12.2020. (PDF) Stadt Frankfurt am Main, 31. Dezember 2020, abgerufen am 26. April 2021.
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