Düdelsheim
Düdelsheim ist der zweitgrößte Stadtteil Büdingens im hessischen Wetteraukreis.
Düdelsheim Stadt Büdingen | |
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Höhe: | 125 m ü. NHN |
Fläche: | 11,93 km²[1] |
Einwohner: | 2713 (30. Jun. 2019)[2] |
Bevölkerungsdichte: | 227 Einwohner/km² |
Eingemeindung: | 1. August 1972 |
Postleitzahl: | 63654 |
Vorwahl: | 06041 |
Blick über Düdelsheim, 2019 |
Geographische Lage
Düdelsheim liegt 5,5 km westlich von Büdingen am Seemenbach. Zur Gemarkung gehört auch der südöstlich von Düdelsheim gelegene Findörfer Hof.
Geschichte
Die älteste erhaltene Erwähnung von Düdelsheim findet sich unter dem 16. August 792 als Dudilesheim im Lorscher Codex. Anlass war die Schenkung eines „Hunolt“ an das Kloster Lorsch.[3] Damit gehört Düdelsheim zu den am frühesten erwähnten Siedlungen in der östlichen Wetterau.
Vermutlich leitet sich der Name von der Besiedlung des Landes durch einen fränkischen Adligen namens Tutilo → Tutilosheim → Düdelsheim ab. Seit der staufischen Zeit ist mit den Herren von Düdelsheim ein Niederadligengeschlecht fassbar, dass sich nach dem Ort benannte.
- 1602 lebten 74 Untertanen in Düdelsheim.
- 1660 wurden in einem Grenzgang die Düdelsheimer Gemarkungsgrenzen erfasst.[4]
- Bereits im 15. Jahrhundert braute man in Düdelsheim ein gehopftes Bier und betrieb Weinbau. 1695 schreibt Graf Carl August von Ysenburg-Büdingen zu Marienborn an seine Räte in Büdingen über den Düdelsheimer Wein: „Der Wein sei so rauh als er wolle, man muß ihn annehmen, wie ihn Gott gibt.“
- 1722 wandern die ersten bekannten Düdelsheimer Auswanderer nach Ungarn aus.
- 1766 wandern 21 Düdelsheimer und 5 Rohrbacher nach Russland aus.
- Im 19. Jahrhundert ist von Auswanderern nach Brasilien und nach Nordamerika zu berichten.
- Ein altes Sprichwort, das noch heute gilt: „Däi Beuringer konne kaan Märt haale, wann mir Dilsemer näit komme.“ (‚Die Büdinger können keinen Markt halten, wenn wir Düdelsheimer nicht kommen‘) – eine Anspielung auf die Größe des heutigen Büdinger Stadtteils.
- Martin Knaus, vulgo Mühlarzt oder Kartoffel-Müller, war ein Räuber und Mitglied der Wetterauer und Vogelsberger Bande Er wurde ca. 1772 in Düdelsheim geboren.
Gebietsreform
Im Rahmen der Gebietsreform in Hessen wurde die Gemeinde Düdelsheim am 1. August 1972 kraft Gesetzes in die Stadt Büdingen eingegliedert,[5][6] da ein freiwilliger Grenzänderungsvertrag nicht zustande kam.
Einwohnerentwicklung
Quelle: Historisches Ortslexikon[7]
- 1961: 2017 (davon 1738 evangelische (= 86,17 %) und 243 katholisch (= 12,05 %)) Einwohner
Düdelsheim: Einwohnerzahlen von 1834 bis 2019 | ||||
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Jahr | Einwohner | |||
1834 | 1.256 | |||
1840 | 1.355 | |||
1846 | 1.273 | |||
1852 | 1.297 | |||
1858 | 1.319 | |||
1864 | 1.161 | |||
1871 | 1.144 | |||
1875 | 1.173 | |||
1885 | 1.173 | |||
1895 | 1.216 | |||
1905 | 1.371 | |||
1910 | 1.347 | |||
1925 | 1.424 | |||
1939 | 1.465 | |||
1946 | 2.161 | |||
1950 | 2.198 | |||
1956 | 2.016 | |||
1961 | 2.017 | |||
1967 | 2.042 | |||
1970 | 2.097 | |||
1990 | 2.302 | |||
2000 | 2.777 | |||
2010 | 2.756 | |||
2015 | 2.760 | |||
2019 | 2.713 | |||
Datenquelle: Historisches Gemeindeverzeichnis für Hessen: Die Bevölkerung der Gemeinden 1834 bis 1967. Wiesbaden: Hessisches Statistisches Landesamt, 1968. Weitere Quellen: [7]; Nach 1970: Stadt Büdingen |
Politik
Ortsvorsteher
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Wappen
Am 29. Februar 1968 wurde der Gemeinde Düdelsheim im damaligen Landkreis Büdingen ein Wappen mit folgender Blasonierung verliehen: In schwarzem Schild ein goldener Schräglinks-Wellenbalken, beseitet von je einem stilisierten goldgekrönten und rotbezungten silbernem Löwenkopf.[8]
Das Wappen soll die beiden Ortsteile – Dilsem und Iwwerdorf – darstellen, die durch den Seemenbach getrennt sind.
Religion
Jüdische Gemeinde
Erstmals wurde ein jüdischer Einwohner Düdelsheim am Ende des 16. Jahrhunderts erwähnt. Ein Betsaal in einem jüdischen Privathaus lässt sich seit 1722 nachweisen. 1860/61 wurde in Düdelsheim eine Synagoge errichtet, bei deren Bau auch der evangelische Pfarrer und die christlichen Mitbürger mithalfen. Die jüdische Gemeinde verfügte auch über eine Religionsschule, ein rituelles Bad und zwei Friedhöfe, den alten und den neuen.
1905 schlossen sich die Juden aus dem benachbarten Rohrbach der Gemeinde an.
Während des Pogroms vom 9. November 1938 wurde die Synagoge von SA-Männern verwüstet und ausgeraubt. Das Mobiliar verbrannte man unter großer Beteiligung auf einer Wiese.[9] Jüdische Einwohner wurden auf übelste Weise verhöhnt.[10] Das Gebäude wurde nach 1950 abgerissen.
Christliche Kirchen
Das traditionell evangelisch geprägte Düdelsheim hat eine eigene evangelische Kirchengemeinde, die zum Dekanat Büdingen der Evangelischen Kirche in Hessen und Nassau gehört. Das Kirchengebäude mit dem hohen dachreiterartigen und schieferverkleideten achteckigen Zwiebelturm liegt in der Ortsmitte.[11]
Die katholische Kirche St. Josef, die sich ebenfalls in der Ortsmitte befindet[12], gehört mittlerweile zur katholischen St. Bonifatius-Gemeinde in Büdingen.[13] Das von außen recht unscheinbare Kirchengebäude ist 1953 aus einer ehemaligen Lkw-Garage entstanden.[14]
Kultur und Sehenswürdigkeiten
Werkstattgemeinschaft der Keramik-Künstler
Seit 1956 besteht in Düdelsheim eine Werkstattgemeinschaft mehrerer Keramik-Künstler, die die Entwicklung der Keramik in Deutschland entscheidend geprägt haben und seit Jahrzehnten auch international sehr renommiert sind: Beate Kuhn (* 1927 in Düsseldorf), Karl Scheid (* 1929 in Lengfeld (Odenwald)) und, seit 1959, auch dessen Frau Ursula Scheid (1932–2008). In letzter Zeit ist auch der Sohn von Karl und Ursula Scheid, Sebastian Scheid, mit eigenen Arbeiten hervorgetreten. Außerdem gehört noch der Holzbildhauer Bernhard Vogler zur Gemeinschaft. 2006 wurde das 50-jährige Bestehen der Düdelsheimer Werkstattgemeinschaft mit einem großen Fest gefeiert. 2007 wurden Beate Kuhn zu ihrem 80. Geburtstag diverse Ausstellungen gewidmet (u. a. in der Stiftung Keramion in Frechen bei Köln). Alle Künstler wohnen und arbeiten im Zentrum von Düdelsheim.
Düdelsheimer Markt
Die wichtigste Veranstaltung des Jahres ist der Düdelsheimer Markt (Dilsemer Määrt). Er findet jährlich jeweils am letzten August-Wochenende statt (Freitag bis Montag) und zählt zu den größten Veranstaltungen dieser Art in der Umgebung. Neben einem großen Festzelt erwartet die Besucher alljährlich ein großer Krammarkt sowie Fahrgeschäfte und Vergnügungsstände. Jeweils freitags findet ein Fußballspiel des SV Phönix Düdelsheim 1919 e. V. statt, samstags um 22 Uhr ein großes Feuerwerk.
Im Jahr 2018 findet der Düdelsheimer Markt zum 237. Mal statt.[15]
Wanderwege
Düdelsheim liegt an der Bonifatius-Route, einem 172 km langen Pilger- und Wanderweg, der von Mainz nach Fulda verläuft. Er führt von Himbach kommend auf den nördlich von Düdelsheim gelegenen 189,2 m[16] hohen Weinberg, wegen seiner Basaltfelsen auch Die Steinern genannt, und weiter nach Glauberg. Neben dem Weg befindet sich ein früher auf dem Glauberg stehender, zwischenzeitlich erweiterter Aussichtsturm aus Holz, welcher der Keltenwelt am Glauberg weichen musste.[17]
Kulturdenkmäler
Verkehr
Direkt durch Düdelsheim verläuft die B 521 in Richtung Frankfurt. Die Anschlussstelle Altenstadt (A 45) ist 5 km, die Anschlussstelle Gründau-Lieblos (A 66) 17 km entfernt. Die nächsten regionalen Bahnanschlüsse befinden sich in Büches (Bahnlinie 46: Gießen / Gelnhausen) sowie in Lindheim (Bahnlinie 34: Glauburg-Stockheim – Bad Vilbel – Frankfurt) in jeweils 3 km Entfernung. Dabei trägt der Haltepunkt in Büches den Namen Büches-Düdelsheim. Durch Düdelsheim verlaufen verschiedene Lokalbuslinien nach Büdingen, Limeshain, Altenstadt sowie in die Kreisstadt Friedberg.
Persönlichkeiten
Ehrenbürger
- 1946: Hirsch, praktischer Arzt
- 1956: August Schatt, Juwelier und Schmuckfabrikant
- 1956: Otto Bepler (* 2. Mai 1880 in Wetzlar; † 7. Januar 1962), praktischer Arzt
- 2014: Siegfried Müller (* 5. September 1935 in Herne), Gewerkschafter, Sozialdemokrat und Mitbegründer von ProAsyl
Straßennamen nach Persönlichkeiten
- Otto-Bepler-Straße – (* 2. Mai 1880 in Wetzlar; † 7. Januar 1962), Arzt
- Geyer-Gäßchen: Wohnplatz der Familien Geyer, Name seit alters her
- Wilhelm-Leuschner-Straße – (* 15. Juni 1890 in Bayreuth; † 29. September 1944 in Berlin-Plötzensee) war ein deutscher Gewerkschafter und sozialdemokratischer Politiker, der gegen den Nationalsozialismus kämpfte, Hingerichtet
Literatur
- Chronik Düdelsheim 1992–2017, Fortsetzung der Chronik Düdelsheim 792 – 1992. Festausschuss Düdelsheim und Magistrat der Stadt Büdingen, 2017.[18]
- Chronik Düdelsheim 792–1992. Magistrat der Stadt Büdingen, 1991.
- Hans Georg Ruppel: Historisches Ortsverzeichnis für das Gebiet des ehem. Großherzogtums und Volksstaats Hessen mit Nachweis der Kreis- und Gerichtszugehörigkeit von 1820 bis zu den Veränderungen im Zuge der kommunalen Gebietsreform (= Darmstädter Archivschriften. Bd. 2). 1976, S. 76.
- Baudenkmale in Hessen. Denkmaltopographie Wetteraukreis I. Friedr. Vieweg & Sohn, Braunschweig/Wiesbaden 1982, ISBN 3-528-06231-2, S. 143–159.
- Werner Wagner, Der alte Judenfriedhof in Düdelsheim, in: Büdinger Geschichtsblätter. Bd. XVII, 2001, S. 317–341.
- Werner Wagner, Der alte Judenfriedhof in Düdelsheim, in: Büdinger Geschichtsblätter. Bd. XX, 2007/08, S. 205–208.
- Literatur über Düdelsheim In: Hessische Bibliographie[19]
Weblinks
- Stadtteil Düdelsheim im Internetauftritt der Stadt Büdingen.
- Düdelsheim. Ortsgeschichte, Infos. In: www.duedelsheim.de. Website des Ortsbeirats
- Düdelsheim, Wetteraukreis. Historisches Ortslexikon für Hessen. In: Landesgeschichtliches Informationssystem Hessen (LAGIS).
Einzelnachweise
- Statistik im Internetauftritt der Stadt Büdingen (pdf; 21,5 kB), abgerufen im Januar 2016.
- Einwohnerzahlen im Internetauftritt der Stadt Büdingen, abgerufen im Juni 2016.
- Minst, Karl Josef [Übers.]: Lorscher Codex (Band 5), Urkunde 2977, 16. August 792 – Reg. 2391. In: Heidelberger historische Bestände – digital. Universitätsbibliothek Heidelberg, S. 44, abgerufen am 5. Mai 2019.
- Werner Wagner, Der Düdelsheimer Grenzgang von 1660. in: Büdinger Geschichtsblätter. Bd. XX, 2007/08, S. 209–224.
- Gesetz zur Neugliederung der Landkreise Büdingen und Friedberg (GVBl. II 330-19) vom 11. Juli 1972. In: Der Hessische Minister des Innern (Hrsg.): Gesetz- und Verordnungsblatt für das Land Hessen. 1972 Nr. 17, S. 230, § 11 (Online beim Informationssystem des Hessischen Landtags [PDF; 1,2 MB]).
- Statistisches Bundesamt (Hrsg.): Historisches Gemeindeverzeichnis für die Bundesrepublik Deutschland. Namens-, Grenz- und Schlüsselnummernänderungen bei Gemeinden, Kreisen und Regierungsbezirken vom 27.5.1970 bis 31.12.1982. W. Kohlhammer, Stuttgart/Mainz 1983, ISBN 3-17-003263-1, S. 353.
- Düdelsheim, Wetteraukreis. Historisches Ortslexikon für Hessen. (Stand: 8. Juni 2018). In: Landesgeschichtliches Informationssystem Hessen (LAGIS).
- Genehmigung eines Wappens und einer Flagge der Gemeinde Düdelsheim, Landkreis Büdingen, Regierungsbezirk Darmstadt vom 29. Februar 1968. In: Der Hessische Minister des Inneren (Hrsg.): Staatsanzeiger für das Land Hessen. 1968 Nr. 12, S. 451, Punkt 368 (Online beim Informationssystem des Hessischen Landtags [PDF; 5,6 MB]).
- Wilhelm Wagner, Synagogein Düdelsheim (Wetteraukreis). In Büdinger Geschichtsblätter XXII, 2011, S. 267–275.
- Alemannia Judaica: „Düdelsheim (Stadt Büdingen, Wetteraukreis) Jüdische Geschichte / Synagoge“
- Dekanat Büdingen über Düdelsheim (Memento vom 31. Mai 2014 im Internet Archive)
- Kirche Düdelsheim Pfarrei St. Bonifatius Büdingen. Abgerufen am 13. September 2021.
- Homepage der Pfarrei St. Bonifatius Büdingen. Abgerufen am 13. September 2021.
- Historie und Fotos zur Kirchengemeinde St. Josef in Düdelsheim
- Düdelsheimer Markt beim Touristikcenter Büdingen
- Karten und Daten des Bundesamtes für Naturschutz (Hinweise)
- Umzug vom Glauberg auf die Steinern im Kreis-Anzeiger vom 20. Mai 2010, abgerufen am 19. April 2017
- Düdelsheimer Chronikerweiterung erzählt vom letzten Vierteljahrhundert. 10. Juni 2017, abgerufen am 28. Juli 2017.
- Info: Bitte auf Vorlage:HessBib umstellen, um auch nach 2015 erfasste Literatur zu selektieren!