Berlin-Rudow
Rudow [ˈʁuːdoː] ist ein Ortsteil im Berliner Bezirk Neukölln.
Lage
Rudow ist der südlichste Ortsteil des Bezirks Neukölln. Er grenzt im Norden an die Ortsteile Britz und Baumschulenweg, im Westen an Buckow und Gropiusstadt, im Osten an Johannisthal und Altglienicke sowie im Süden an die in Brandenburg liegenden Orte Schönefeld, Waßmannsdorf und Großziethen.
Geschichte
Urkundlich wird der Ort erstmals im Jahr 1373 genannt. Grabungsfunde aus der Zeit um oder gar vor 1200 weisen auf eine spätslawische Vorbesiedlung hin, sodass Ortskontinuität vorliegt. Das ungewöhnliche Straßendorf verfügte über zwei Parallelstraßen, die auf zwei Siedlungskerne hindeuten (heute: Alt-Rudow und Prierosser Straße). Das brandenburgische Namenbuch leitet den Namen von einer polabischen Grundform Rudov, zu urslawisch Ruda (= ‚rote Erde‘ oder ‚Eisenstein‘) ab. Letztere Grundform wurde mit der Endung ‚-ov‘ zum Toponym.[1]
Die Besitzverhältnisse waren sehr zersplittert, die Besitzgeschichte sehr kompliziert. 1375 hatte das Dorf 64 Hufen, davon hatte der Pfarrer vier Freihufen und die Kirche eine Freihufe. Nach einem Lehensbrief von Markgraf Otto V. hatte der Ritter Beteke Dierecke 14 freie Hufen (davon waren drei Hufen verpachtet), Gyse Dierecke hatte sieben Freihufen, Heinrich Schenck zehn Freihufen, Claus Duseke acht Hufen, von denen er Abgaben entrichten musste, Bürger Schaum in Kölln hatte zwölf Freihufen, Cüne Dyben fünf Freihufen (von drei Hufen waren Abgaben an Frau Duseke zu entrichten) und drei bäuerliche Hufen. Außerdem gab es 16 Kossätenhöfe, einen Krug und eine Mühle. Die Wagendienste (zur Burg Mittenwalde), das Ober- und Untergericht und das Patronat über die Kirche waren 1375 noch im Besitz des Markgrafen, allerdings verpfändet an einen Blumenhagen. Im Jahr 1613 kam Rudow in den Besitz des Adelsgeschlechts von Pfuel,[2] 1652 wechselte die Dorfherrschaft an das kurfürstliche Amt Köpenick. 1671 ging ein Teil, das Gutsvorwerk, an den kurfürstlichen Berater Sigismund von Heydekamp, bevor König Friedrich I. 1702 Rudow wieder erwarb und in das Amt Köpenick eingliederte. Nach der Auflösung des Amtes Köpenick gehörte Rudow von 1811 bis 1872 zum Amt Mühlenhof.
Vermutlich auf die Söhne des Großen Kurfürsten geht ein um 1680 errichtetes Jagdschloss zurück, die 1704 als eines der vornehmsten Lusthäuser des Königs bezeichnet wurde (Schloss Rudow). Geringe Reste des Komplexes sind im Haus Nr. 48 an der Prierosser Straße noch erhalten, allerdings durch eingreifende Veränderungen außer den Kaminabzügen auf dem barock gewölbten Dach kaum noch zu erkennen.[3] Mittelpunkt des Dorfes blieb die Dorfkirche, ein aus Feldsteinen ausgeführter rechteckiger Saalbau aus der zweiten Hälfte des 13. Jahrhunderts, der allerdings mehrfach – zuletzt 1909 – einschneidend verändert wurde und nach schweren Kriegszerstörungen 1954 seine heutige Form erhielt. Aus der Zeit um 1800 hat sich der charakteristische Dorfkrug Alt-Rudow 59–61 erhalten, während die wohlhabend gewordenen Bauern sich meist im letzten Drittel des 19. Jahrhunderts aufwendige Wohnhausbauten errichten ließen. Ein anschauliches Beispiel hierfür liegt in der Köpenicker Straße 180.
Im Jahr 1900 wurde der Bahnhof Rudow an der Neukölln-Mittenwalder Eisenbahn eröffnet, dessen Bahnhofsgebäude noch heute erhalten ist. Der Gutsbezirk wurde 1906 mit der Landgemeinde vereinigt. Am 1. Oktober 1913 erhielt die Gemeinde Anschluss an das Berliner Straßenbahnnetz. Die Bedienung erfolgte durch die von Niederschönhausen kommende Linie 47 der Großen Berliner Straßenbahn, Eigentümer der Strecke war die Südliche Berliner Vorortbahn.[4]
Rudow gehörte bis 1920 zum Kreis Teltow in der preußischen Provinz Brandenburg. Auch über die in diesem Jahr erfolgte Eingemeindung nach Groß-Berlin hinaus konnte Rudow seinen ländlichen Charakter im Wesentlichen bewahren.
Rudow kam 1945 wie der gesamte Bezirk Neukölln zum amerikanischen Sektor Berlins. Die Abschnürung West-Berlins durch die DDR verstärkte die verkehrsungünstige Randlage. Der Bahnhof war seit 1948 Endbahnhof, der Personenverkehr wurde 1955 eingestellt, die Straßenbahn 1966. Der Anschluss an die U-Bahn erfolgte erst mit dem Bau der Gropiusstadt, der U-Bahnhof Rudow als Endbahnhof der Linie U7 wurde 1972 eröffnet.
Seit der Grenzöffnung ist Rudow durch die Nähe zum Flughafen Schönefeld und den Anschluss an den Autobahnzubringer der A 113 zum Berliner Ring bei Altglienicke – insbesondere im damaligen Verlauf der Bundesstraße 179 über die Neuköllner Straße und Waltersdorfer Chaussee – erheblich vom Durchgangsverkehr belastet. Zudem sind die Rudower Felder als Stadterweiterungsgebiete für den Neubau von 1700 bis 2000 Wohnungen vorgesehen. Zum Zeitpunkt der letzten West-Berliner Volkszählung 1987 hatte Rudow rund 48.000 Einwohner.
Früher gehörte auch die Gropiusstadt teilweise zu Rudow; seit dem 5. November 2001 ist sie als eigener Ortsteil ausgegliedert.
An der Grenze zu Treptow im Osten liegen am Teltowkanal einige Industrieanlagen, wie ein Holzheizkraftwerk der Innogy, das große Teile der Gropiusstadt mit Heizwärme und Warmwasser versorgt.
Am nachstehenden Beispiel der Kloster-Apotheke in Alt-Rudow sind die Veränderungen des Stadtbildes nachzuvollziehen.
- um 1950
- um 1956
- 2007
Bevölkerung
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Quelle: Statistischer Bericht A I 5. Einwohnerinnen und Einwohner im Land Berlin am 31. Dezember. Grunddaten. Amt für Statistik Berlin-Brandenburg (jeweilige Jahre)[5]
Sehenswürdigkeiten
Ein beliebtes Ausflugsziel ist die aus einem Trümmerberg entstandene 70 Meter hohe Rudower Höhe am Glashütter Weg mit einer großen Rodelbahn. Vom alten Dorfkern zur Stadtgrenze am Klein-Ziethener Weg verläuft das renaturierte Rudower Fließ. Den südlichsten Zipfel des Ortsteils – und des gesamten Bezirks Neukölln – bildet eine ehemalige Müllkippe mit Mau-Mau-Siedlung, die nach einer parkartigen Umgestaltung den Namen Dörferblick (Höhe 85 Meter) erhielt.
Parkanlagen
- Rudower Fließ
- Rudower Höhe
- Dörferblick
- Espenpfuhl
- Nordpark mit Frauenviertel und Südpark: 1996 entstand auf dem Rudower Feldern ein Neubaugebiet, das im Norden und Süden von je einer Parkanlage umrahmt wird. In dem als Frauenviertel[6] bezeichneten Gebiet mit rund 1.700 Wohnungen sind alle 20 Straßen, Plätze und Wege nach Frauen benannt, die in Politik, Wissenschaft und Kultur tätig waren.
- Landschaftspark Rudow-Altglienicke: Der rund 64 Hektar große Park entstand als Ausgleichsfläche für den Neubau der A 113. Im Sommer weiden dort Wasserbüffel.
- Vogelschutzgebiet am Wildmeisterdamm, auch Rudower Wäldchen genannt: Es entstand im Jahre 1872 durch Wildmeister Hugo Luther im Auftrag Kaiser Wilhelms I. Rehe, Hasen und zahlreiche Vogelarten fanden sich bald in dem 600 Meter langen und bis 100 Meter breiten Gebiet ein. Durch den Bau der Gropiusstadt gingen der Vogelbestand stark und der Wildbestand völlig zurück. Es wachsen unterschiedliche Laubbäume.
Verkehr
Öffentlicher Personennahverkehr
Im Herzen Rudows liegt der gleichnamige Bahnhof, die Endhaltestelle der U-Bahn-Linie U7. Mehrere Buslinien erschließen den Ortsteil. Die Expressbuslinie X7 verbindet den U-Bahnhof Rudow ohne Zwischenhalt mit dem Flughafen Berlin Brandenburg (BER).
Ob die U-Bahn-Strecke bis zum Flughafen verlängert werden wird, ist noch unklar. Ende 2018 hatte die Berliner Verkehrssenatorin Regine Günther eine Machbarkeitsstudie in Auftrag gegeben. Die BVG befürwortet ab der Berliner Stadtgrenze aus Kostengründen eine oberirdische Führung. Geplant sei in dem Zusammenhang auch ein weiterer Halt in Rudow, der im sogenannten Frauenviertel am Lieselotte-Berger-Platz entstehen soll.[7]
Individualverkehr
Im Nordosten und Osten wird Rudow von der Bundesautobahn 113 begrenzt. Sämtliche Hauptstraßen, die durch den Ortsteil führen, treffen an der Rudower Spinne – einer großen Kreuzung in der Ortsmitte – zusammen und führen von dort in die benachbarten Ortsteile. Die Waltersdorfer Chaussee ist ein wichtiger Zubringer zum Flughafen Berlin Brandenburg.
Schulen
- Grundschule Am Fliederbusch
- Matthias-Claudius-Grundschule
- Clay-Oberschule
- Schliemann-Grundschule
- Michael-Ende-Grundschule
- Hannah-Arendt-Gymnasium
- Rose-Oehmichen-Grundschule
- Musikschule Paul Hindemith (Volkshochschule Neukölln)
Sport
- TSV Rudow 1888
- CfL Berlin Hockey 1965
- Rudower Kickers
- Grün-Weiß Neukölln
- Sportfreunde Neukölln Rudow
- BFC Rudow 2006
- Reiter-Verein Rudow e. V.
- SV Stern Britz 1889 e. V.
- Rudower Schützen 1960 e. V.
Persönlichkeiten
- Karl August von Wittich (1772–1831), preußischer Generalmajor
- Robert von Benda (1816–1899), Rittergutsbesitzer und nationalliberaler Politiker
- Heinrich Stahl (1868–1942), Vorsitzender der Jüdischen Gemeinde Berlin
- Hans von Benda (1888–1972), Dirigent
- Paul Conrath (1896–1979), General
- Heinz Buschkowsky (* 1948), Politiker (SPD)
- Arno Funke (* 1950), Erpresser, Karikaturist
- Christian Ziege (* 1972), Fußballspieler
- Hans-Christian Hausmann (* 1975), Politiker (CDU)
- Felix Lobrecht (* 1988), Stand-Up-Comedian
Literatur
- Lieselott Enders, Margot Beck: Historisches Ortslexikon für Brandenburg, Teil IV Teltow. 396 S., Hermann Böhlaus Nachfolger, Weimar, 1976.
- Christel Wollmann-Fiedler, Jan Feustel: Alte Dorfkirchen in Berlin, Berlin Edition, Berlin 2001, ISBN 3-8148-0089-3.
- Willy Spatz: Der Teltow, 3. Teil, Geschichte der Ortschaften des Kreises Teltow, Verlag von Rob. Rohde, Berlin W, 1912.
Weblinks
Einzelnachweise
- Gerhard Schlimpert: Brandenburgisches Namenbuch Teil 3 Die Ortsnamen des Teltow. 368 S., Hermann Böhlaus Nachfolger, Weimar 1972, S. 156.
- Leopold von Ledebur: Adelslexikon der preussischen Monarchie. Rauh, 1856, S. 196–197.
- Jagdschloss
- Wolfgang Kramer, Siegfried Münzinger: Südliche Berliner Vorortbahn. In: Berliner Verkehrsblätter. Heft 7, 1963, S. 69–72.
- Statistischer Bericht A I 5 – hj 2 / 20. Einwohnerinnen und Einwohner im Land Berlin am 31. Dezember 2020. Grunddaten. S. 25.
- Route 5 Rudow – Das Frauenviertel, Webseite des Gartenkulturpfads Neukölln, abgerufen am 8. November 2015.
- Fährt die U7 bald bis zum BER durch? Abgerufen am 27. September 2020.