Bahnstrecke Treuenbrietzen–Neustadt (Dosse)
Die Bahnstrecke Treuenbrietzen–Neustadt (Dosse) ist eine Nebenbahn in Brandenburg, die ursprünglich durch die private Brandenburgische Städtebahn AG erbaut und betrieben wurde. Der Name Brandenburgische Städtebahn wird häufig auch für die Strecke selbst benutzt. Die heute nur noch auf kurzen Teilabschnitten betriebene Strecke führt von Treuenbrietzen über Belzig und Brandenburg nach Neustadt (Dosse).
Die eingleisige Nebenbahn hat eine Gesamtlänge von 125,6 Kilometern und verband die vier Hauptstrecken miteinander, die von Berlin in Richtung Hamburg, Stendal, Magdeburg und Dessau ausgehen. Sie wurde bereits im 19. Jahrhundert als Teil eines unter anderem aus militärstrategischen Gründen Berlin großräumig umrundenden Eisenbahnringes konzipiert und zählte bald zu den bedeutendsten deutschen Privatbahnen.
Geschichte
Die im Jahre 1901 gegründete Brandenburgische Städtebahn AG eröffnete die Strecke am 25. März 1904. Bis zum 31. März 1914 führte die Vereinigte Eisenbahnbau- und Betriebs-Gesellschaft den Betrieb, danach die Brandenburgische Städtebahn selbst. Nach dem Ersten Weltkrieg ging die Betriebsführung ab 1920 auf das Landesverkehrsamt Brandenburg über.
Ab 1932 beschaffte die Bahn für den Personenverkehr nur noch Triebwagen.
Als der Zweite Weltkrieg endete, befanden sich 95 Prozent der Aktien im Eigentum der öffentlichen Hand; etwa je ein Drittel entfiel auf den preußischen Staat, die Provinz Brandenburg und die kommunalen Körperschaften (die Kreise Ruppin, Westhavelland und Zauch-Belzig sowie die Städte Brandenburg und Rathenow). Gleichwohl wurde die AG in einen volkseigenen Betrieb umgewandelt und ging ab 1. April 1949 in die Verwaltung der Deutschen Reichsbahn über.
Am 15. Dezember 1953 ging ein Verbindungsgleis von Brandenburg Altstadt zum Betriebsbahnhof Brandenburg Süd an der Strecke in Richtung Golzow in Betrieb.[1] Damit waren direkte Fahrten ohne Kopfmachen in Brandenburg Neustadt (später Teil des Hauptbahnhofs Brandenburg) möglich. Diese Verbindungen nutzten sowohl Güter- als auch Personenzüge für den Berufsverkehr zum Stahlwerk Brandenburg.
In den 1960er Jahren forderte die UdSSR von der DDR den weiteren Ausbau, um der damaligen Tschechoslowakei für den Güterverkehr einen von Berlin unabhängigen Zugang zum Rostocker Hafen zu verschaffen.
Der Personenverkehr wurde am 1. Oktober 1962 auf dem Streckenabschnitt zwischen Treuenbrietzen und Belzig eingestellt, im selben Zeitraum wurde auf den Abschnitt Treuenbrietzen – Niemegk auch der Güterverkehr eingestellt.
Am 30. November 2003 wurde der Abschnitt zwischen Rathenow Nord und Neustadt (Dosse) und am 13. Dezember 2003 der Abschnitt zwischen Belzig und Brandenburg außer Betrieb gesetzt. Der schlechte Zustand an vielen Stellen des Abschnitts Brandenburg–Belzig verlängerte die Fahrzeiten der nun als Regionalbahn 52 geführten Personenzüge. Parallel eingesetzte Regionalbusse der Linie 570 sorgten für weiteren Fahrgastschwund. Der Personenverkehr auf dem Abschnitt Rathenow–Rathenow Nord wurde zum 14. Dezember 2005 aufgegeben, somit verkehren Personenzüge nur noch auf dem sanierten Streckenabschnitt Brandenburg–Rathenow.
Auch der Güterverkehr ist nach und nach aufgegeben worden, zwischen Belzig und Niemegk am 31. Dezember 1998 und zwischen Rathenow und Neustadt (Dosse) am 31. Dezember 2001. Einzelne Teilstrecken werden noch von privaten Eisenbahninfrastrukturunternehmen (EIU) vorgehalten: auf dem Abschnitt Belzig–Niemegk ist dies die Deutsche Regionaleisenbahn GmbH (DRE) und zwischen Brandenburg und Golzow betrieb die Prinsen Eisenbahninfrastruktur GmbH die Strecke.[2]
Der Abschnitt Brandenburg–Rathenow Nord wurde von 2003 bis 2005 für 55 Millionen Euro saniert und am 27. Juni 2005 wieder in Betrieb genommen.
Der Abschnitt Rathenow–Neustadt (Dosse) wurde am 31. Mai 2006 stillgelegt. Nachdem die anliegenden Gemeinden kein Interesse bekundet hatten, die Strecke zu erwerben, erfolgte dies 2009 durch die Havelbahn-Grundstücksentwicklungsgesellschaft, die einen Draisinenbetrieb einrichten wollte. Als dies scheiterte, wurden zunächst die Schienen abgebaut und danach soll bis März 2013 die Strecke von Schwellen und Schotter befreit werden, damit die Grundstücke vor allem an die Anliegergemeinden verkauft werden können.[3]
Im September 2007 gewann die Ostseeland Verkehr GmbH das durch den VBB eingeleitete Interessenbekundungsverfahren zum Betrieb des Streckenabschnittes Rathenow–Brandenburg (Havel) (RB 51). Von Dezember 2007 bis Dezember 2011[4] betrieb sie die Strecke als MR 51 mit Fahrzeugen vom Typ Desiro. Seit Dezember 2011[5] verkehrt nun, nach erneuter Ausschreibung, die Ostdeutsche Eisenbahn als OE 51 mit Stadler-GTW-Triebwagen. Zum Fahrplanwechsel am 9. Dezember 2012 wurde die Linienbezeichnung zu RB 51 vereinheitlicht, die Linie wird weiterhin von der Ostdeutschen Eisenbahn betrieben.[6]
Auf Grund der bis zum 31. August 2011 laufenden Ausschreibung des Abschnittes Rathenow–Rathenow Nord durch DB Netze[7] hat die RegioInfra Gesellschaft dieses Teilstück übernommen.[8]
Im Juli 2010 schrieb die Prinsen Eisenbahninfrastruktur GmbH den im Anschluss an die bereits stillgelegte Strecke Belzig–Golzow verlaufenden Abschnitt von Golzow bis Brandenburg Hbf zur Abgabe an andere EIU aus.[9] Mangels Interesse wurde der Streckenabschnitt Belzig–Golzow Ende September 2011 und die Fortsetzung bis Reckahn Mitte Juni 2012 entwidmet[10] und anschließend nach dem Abzug aller abgestellten Wagen abgebaut.[11][12] Schließlich wurde im Jahr 2021 auch die Entwidmung des verbleibenden Abschnitts Reckahn–Brandenburg beantragt und der Abschnitt am 13. Juni 2021 entwidmet.[13][14]
Dagegen wurde der Abschnitt zwischen Belzig und Niemegk Ende Oktober 2013 von der DRE gekauft.[15] Diese stellte Anfang Januar 2014 im Auftrag des Landkreises Potsdam-Mittelmark ein Konzept zur Einrichtung einer Freizeitbahn unter Einbeziehung von Draisinen und des Güterverkehrs vor.[16]
Literatur
- Walter Menzel: Die Brandenburgische Städtebahn. transpress VEB Verlag für Verkehrswesen, Berlin 1984 ISBN 3-87094-208-8
- Walter Menzel: Brandenburgische Städtebahn. Zum 100-jährigen Bestehen der Eisenbahnstrecke Treuenbrietzen–Neustadt (Dosse). Verlag Bernd Neddermeyer, Berlin 2004, ISBN 3-933254-44-2.
- Walther Brandt: „Zweiachsiger Gepäckwagen mit Postabteil der Brandenburgischen Städtebahn“; in: Vom feurigen Elias und der sanften Elise; Albis-Verlag Düsseldorf; 1968
Weblinks
- Brandenburgische Städtebahn auf bahnstrecken.de
- Brandenburgische Städtebahn auf berliner-bahnen.de
- Dokumente und Zeitungsartikel zur Bahnstrecke Treuenbrietzen–Neustadt in der Pressemappe 20. Jahrhundert der ZBW – Leibniz-Informationszentrum Wirtschaft
- Überlieferung zur Brandenburgischen Städtebahn im Bestand der Reichsbahndirektion Magdeburg im Landesarchiv Sachsen-Anhalt, Abteilung Dessau
- http://www.brandenburgische-staedtebahn.de/index.html
Einzelnachweise
- Erich Preuß & Reiner Preuß, Chronik der Deutschen Reichsbahn 1945–1993, Eisenbahn in der DDR, GeraMond, München 2009, ISBN 978-3-7654-7094-3, S. 42
- Schienennetz-Nutzungsbedingungen, Besonderer Teil (SNB-BT). (PDF) (Nicht mehr online verfügbar.) In: Prinsen Eisenbahninfrastruktur GmbH. 12. November 2008, ehemals im Original; abgerufen am 25. Mai 2009. (Seite nicht mehr abrufbar, Suche in Webarchiven)
- Eine Bahnstrecke verschwindet endgültig. Rückbau der Linie Rathenow – Neustadt/Dosse soll Ende März abgeschlossen sein. In: Märlische Allgemeine. 11. Januar 2013, abgerufen am 11. Februar 2016.
- Veolia-Transport News
- ODEG wächst um stolze 100 Prozent (Memento vom 15. Mai 2012 im Internet Archive)
- RE bleibt RE - OE, NE, PE wird RB! Einheitliche Namen im Eisenbahn-Regionalverkehr des VBB. VBB Verkehrsverbund Berlin-Brandenburg, 4. Dezember 2012, abgerufen am 12. Oktober 2018.
- Abgabe von Eisenbahninfrastruktur: Teilstrecke: Rathenow (ausschl.) – Rathenow Nord (einschl.). (PDF) (Nicht mehr online verfügbar.) DB Netze, 2011, ehemals im Original; abgerufen am 31. August 2011. (Seite nicht mehr abrufbar, Suche in Webarchiven)
- Streckennetz, Betrieb durch Regio Infra Nord-Ost GmbH (RIN). (PDF; 684 kB) (Nicht mehr online verfügbar.) 2012, ehemals im Original; abgerufen am 12. September 2012. (Seite nicht mehr abrufbar, Suche in Webarchiven)
- Prinsen Eisenbahninfrastruktur GmbH: Abgabe von Eisenbahninfrastruktur. Ausschreibung vom 01.07.2010 bis 01.10.2010. (Nicht mehr online verfügbar.) In: Bundesanzeiger. 1. Juli 2010, archiviert vom Original am 24. Februar 2014; abgerufen am 17. Januar 2013.
- Freistellung von Bahnbetriebszwecken. Landesamt für Bauen und Verkehr (LBV), 2021, abgerufen am 30. Juni 2021.
- PW Städtebahner: Rückbau der Brandenburgischen Städtebahn geht dem Ende entgegen. In: Drehscheibe Online. 12. Juni 2012, abgerufen am 17. Januar 2013.
- Heiko Hesse: Alle Wagen aus Reckahn abgeholt. In: Märkische Allgemeine Zeitung. 17. Januar 2013, abgerufen am 12. Oktober 2018.
- Thorsten Metzner: Bahnstrecken in Brandenburg, Zug fällt aus. In: Potsdamer Neueste Nachrichten. 29. Juni 2021, abgerufen am 30. Juni 2021.
- In Brandenburg geht die Entwidmung von Eisenbahnstrecken munter weiter. Deutscher Bahnkunden-Verband, 24. Oktober 2021, abgerufen am 24. Oktober 2021.
- Vgl. Bahn-Report. Hrsg. v. d. Interessengemeinschaft Schienenverkehr e. V., Chemnitz, Nr. 1/2014, S. 39. ISSN 0178-4528
- Gunnar Neubert, Flotte Fahrt mit der Draisine. In: Märkische Allgemeine Zeitung, 10. Januar 2014.