Ungarische Küche
Die ungarische Küche ist die Landesküche Ungarns. Bekannt ist sie vor allem für Gulaschsuppe (gulyás), Gulasch (Pörkölt), Paprikás, Paprikahuhn (paprikás csirke), Tokány, Esterházy-Torte sowie ungarische Salami.
Hintergrund
Historisch basiert die ungarische Küche auf der traditionellen bäuerlichen Küche und der Magnatenküche des ungarischen Hochadels. Eine eigentliche bürgerliche Küche wurde wie in ganz Osteuropa, erst ab dem 19. Jahrhundert entwickelt.[1] Mörhing geht soweit, kleinere Nationalküchen generell als Konstrukte des 19. Jahrhunderts anzusehen. Im Fall der ungarische Küche gehe diese auf damalige (nationalistische) Bestrebungen des ungarischen Adels zurück, sie sei aber von den übergeordneten, auch kulinarisch wirksamen Imperien, sprich der osmanischen wie der Wiener Hofküche nicht scharf zu trennen.[2] Insbesondere in der Nachkriegsgastronomie in Deutschland wurde die Trennung von der Balkanküche auch bei einzelnen Lokalen nicht trennscharf durchgeführt. In jugoslawischen und kroatischen Restaurants wurde und wird teilweise die enge Beziehung zu Österreich-Ungarn auch kulinarisch abgebildet, an die damalige Mode der Balkangrills wurde auch mit Puszta- oder Ungarngrills angeknüpft.[3]
Merkmale der ungarischen Küche
Eine Reihe von Erzeugnissen spiegelt die geographische und kulturelle Vielfalt des Landes wider, die kulinarisch von Weidehaltung sowie Obst- und Gemüseanbau geprägt ist. Ungarn besitzt seit alters her Weinanbaugebiete mit Produkten wie dem Tokajer und Weißweinen aus dem Gebiet rund um den Balaton (Plattensee). Dieser wird auch für den Fischfang genutzt, etwa für den Fogasch (fogas, also Zander aus dem Balaton), der ein beliebter Speisefisch in Ungarn ist, sei es frittiert oder im Fischgulasch.
Für Ungarns Tradition im Bereich der Back- und Süßwaren zeugen unter anderem die Palatschinken, die Esterházy-Torte, die Dobostorte, Gerbaudschnitten (Zserbó-szelet) oder Schomlauer Nockerln (somlói galuska).
Eine zentrale Rolle in der ungarischen Küche nehmen Paprika (frisch, als Pulver oder püriert) und Sauerrahm (tejföl) ein, die zum Würzen und Abschmecken einer Vielzahl an Speisen dienen. Das traditionelle Kochgerät ist der Kessel (bogrács), meist aus Kupfer. In ihm wurden viele Speisen auf offenem Feuer zubereitet, etwa Kesselgulasch oder Fischsuppe (Halászlé). Im 20. Jh. war vor allem der Koch Karl Gundel stilprägend für die ungarische Küche.
Die wichtigsten Speisebezeichnungen lauten:
- Előételek (Vorspeisen)
- Levesek (Suppen)
- Saláták (Salate)
- Készételek („Fertiggerichte“, gemeint sind Gerichte, die nicht erst frisch nach der Bestellung zubereitet werden (z. B. pörkölt))
- Frissensültek (frisch gebratenes, z. B. „Wiener Schnitzel“ (Bécsi szelet))
- Halételek oder Halak (Fischgerichte)
- Szárnyasok (Geflügel)
- Tészták (Teigwaren)
- Sütemények (Desserts)
- Sajtok (Käse)
Gerichte und Produkte
Fleisch und Fisch
- Gulasch (unter gulyás verstehen die Ungarn allerdings Gulaschsuppe)
- Bográcsgulyás (Die „Urform“, der Kesselgulasch)
- Pörkölt (von der Konsistenz her dem im deutschen Sprachraum bekannten Gulasch vergleichbar, geschmacklich deutlich anders)
- Paprikasch
- Halászlé (scharfe Fischsuppe, in Ungarn eine „Glaubensfrage“, welche Version die bessere ist)
- Bajaer Fischsuppe (mit Fadennudeln)
- Szegediner Fischsuppe (Szegedi halászlé)
- Hurka (véres hurka: Blutwurst, májas hurka: Leberwurst, hausgemachte Spezialitäten vom Schwein, hurka und kolbász zusammen werden disznótoros genannt)
- Fatánýeros Grillplatte
- Fogasch (ungarisch: „fogas“, Zander-Grundlage vieler Gerichte)
- Libamáj (Gänseleber)
- Hortobágyer Palatschinken (Füllung auf Gulaschbasis)
- Debrecziner (benannt nach der Stadt Debrecen) leicht geräucherte Wurst mit edelsüßem Gewürzpaprika
- Kolbász (pikante Paprikawürste, besonders berühmt: Csabai, Gyulai)
- Korhely-Suppe (Gulaschsuppe mit Sauerkraut)
- Pandúrrostbraten (vgl. Pandur, Polizei oder Leibdiener der Edelleute)
- Paprikahuhn (ungarisch: „Paprikás Csirke“, im Proviantbeutel des reichen Mannes nach Károly Gundel)
- Tokány
- téliszálami Wintersalami
Beilagen und Diverses
- Bableves (Bohnensuppe)
- Lángos (frittierte Hefeteigfladen mit Knoblauch gewürzt, optional mit Käse und/oder Sauerrahm)
- Paprikapulver (z. B. Rosenpaprika)
- Erős Pista, eine scharfe Würzpaste
- Sztrapacska (Nockerln mit Schafskäse, Speckwürfeln und Sauerrahm)
- Tarhonya (kleine Teigware als Beilage)
- Csipetke kleine Teigware für Suppen
- Lecsó (Gemüsegericht aus Paprika, Zwiebeln und Tomaten, meist mit Würstchen)
- Túrós csusza/tészta Bandnudeln mit Grammeln, Schmalz, Topfen und Sauerrahm. Die süße Variante mit Staubzucker und Sauerrahm ist eine beliebte Kinderspeise.
- Kovászos uborka (Salzgurken).
- Túrógombóc (Topfenknödel oder Topfenbällchen) wird hauptsächlich mit Sauerrahm serviert.
Backwaren und Süßspeisen
- Strudel (ungarisch: „Rétes“)
- Pogatschen (ungarisch: „pogácsa“, kleine Backware mit Käse oder Grammeln bzw. Grieben, teilweise Kartoffeln im Teig)
- zserbo oder auch Gerbaud-szelet (Schichttorte mit Aprikosenmarmeladen-Nußfüllung und Schokoglasur)
- Dobostorte (Schichttorte mit Schokocreme und Zuckerglasur)
- Esterházy-Torte
- Lúdláb („Gänsefußtorte“)
- Rigó Jancsi Tortenstück mit Schoko-Sahnecreme
- Gesztenyepüré Püree aus Edelkastanien, ähnlich der schweizerischen Vermicelles
- Gyümölcsleves, eine Obstsuppe aus Kirschen (meggyleves) oder Himbeeren (málnaleves), süß-saures Entrée oder Dessert, meist kalt
- Palatschinken (ungarisch: „palacsinta“, Pfannkuchen/Omelett als süße Variante)
- Gundel palacsinta (mit Nussfüllung, aus dem berühmten Budapester Restaurant Gundel)
- Meggyes palacsinta (mit Sauerkirschen)
- Rakott palacsinta (geschichtet mit Marmelade)
- Túrós palacsinta (Topfen Palatschinken)
- Schomlauer Nockerl (ungarisch „Somlói Galuska“, aus Somló) Biskuitstücke mit Rum, Rosinen, Schokosoße, Nüssen und Schlagsahne
- „Hühnerbeinnudeln“ (frittiertes Gebäck mit Staubzucker)
- Kürtőskalács (Baumkuchen)
- Ziegler Käsetaler (Käsewaffeln)
- Bejgli (Mohn- und Nussrollen)
Milchprodukte
- Mackó-Käse (Streichkäse, ähnlich dem aus Frankreich stammenden und auch in Deutschland erhältlichen „La vache qui rit“)
- Túró Rudi (in Schokolade gehüllte süße Quark-Stücke in unterschiedlichen Geschmacksrichtungen: Natur, Erdbeer usw.).
Getränke
- Weine:
- Ungarn ist ein traditionelles Weinbauland. Die vulkanischen Weinbaugebiete am Balaton sind römischen Ursprungs und rund 2000 Jahre alt. Die Geschichte der Weingebiete Sopron in Westungarn sowie Eger und Tokaj in Nordostungarn geht auf das 13. Jahrhundert zurück.
- Ungarische Weine waren während der kommunistischen Periode überwiegend Massenprodukte. Seit der politischen Wende in Ungarn im Jahre 1989 wurden zahlreiche Investitionen und Subventionen für die Erneuerung und den qualitativen Wiederaufbau des ungarischen Weinbaus geleistet, so dass in den letzten Jahren wieder ein internationaler Qualitätsstandard erreicht werden konnte. Der bekannteste ungarische Wein ist der Tokajer, der zunehmend auch als trockener Weißwein erzeugt wird. Besonders die südungarischen Weingebiete von Villány-Siklós und Szekszárd haben sich in den letzten Jahren auch international einen Namen mit Rotwein machen können. Außerdem werden Rotweincuvées hergestellt, der bekannteste ist Egri Bikavér aus dem nordostungarischen Eger, der aus mindestens vier Traubensorten assembliert wird.[4]
Bekannte Regionen:
- Barackpálinka oder kurz barack (Marillen-, Aprikosenschnaps). Der Markenname fürs Hungaricum pálinka ist geschützt und darf nur für hochwertige ungarische Originalprodukte verwendet werden!
- Tokajer (ungarisch: „Tokaji“, fruchtiger Dessertwein)
- Zwack Unicum (Kräuterlikör, Digestif)
- Bier: Arany Ászok, Kőbányai, Dreher, Soproni Ászok, Borsodi
- Balfi, Visegrádi, Szentkirályi, Fonyódi, Margitszigeti, Theodora (Mineralwasser)
Literatur
- Anikó Gergely: Ungarische Spezialitäten. Könemann, Bonn 1999.
Weblinks
- Till Ehrlich: Gestrudeltes Gemisch – Ungarische Küche jenseits der Paprika. In: taz. 26. Februar 2006.
Quellen
- Joseph Wechsberg: Die Küche im Wiener Kaiserreich. Time-Life International 1969, S. 89–107.
- Maren Möhring: Fremdes Essen: Die Geschichte der ausländischen Gastronomie in der Bundesrepublik Deutschland. Walter de Gruyter, 2012, ISBN 978-3-486-71779-2, S. 325 (google.de [abgerufen am 7. Januar 2017]).
- Maren Möhring: Fremdes Essen: Die Geschichte der ausländischen Gastronomie in der Bundesrepublik Deutschland. Walter de Gruyter, 2012, ISBN 978-3-486-71779-2, S. 322 (google.de [abgerufen am 7. Januar 2017]).
- Jancis Robinson: Das Oxford Weinlexikon. Hallwag Verlag, München 2003, S. 770–772.