Stift Wilhering
Das Stift Wilhering (lat. Abbatia B. M. V. de Hilaria) ist eine im Jahr 1146 gegründete Zisterzienserabtei in Wilhering in Oberösterreich. Die von 1733 bis 1751 errichtete Stiftskirche zählt zu den bedeutendsten Bauten des Rokoko im deutschen Sprachraum und gilt als wichtigster Sakralbau des Rokoko in Österreich. Neben einer bedeutenden Gemäldegalerie beherbergt das Stift außerdem das 1895 gegründete Stiftsgymnasium Wilhering.
Stift Wilhering | |
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Lage | Österreich |
Liegt im Bistum | Linz |
Koordinaten: | 48° 19′ 25,9″ N, 14° 11′ 24,9″ O |
Ordnungsnummer nach Janauschek |
222 |
Gründungsjahr | 1146, 1185 |
Mutterkloster | Stift Rein, Kloster Ebrach |
Primarabtei | Kloster Morimond |
Kongregation | Österreichische Zisterzienserkongregation |
Tochterklöster |
Stift Engelszell (1293), Kloster Vyšší Brod (1259), Stift Säusenstein (1336) |
Geschichte
1146 erfolgte die Gründung des Stifts durch Ulrich und Kolo von Wilhering und seine Besiedelung durch dreizehn Mönche des steirischen Klosters Rein. Als nach nicht einmal 40 Jahren das Ende des Klosters drohte, beschloss das in Citeaux tagende Generalkapitel der Zisterzienseräbte, Wilhering vom zwischen Würzburg und Bamberg gelegenen Kloster Ebrach aus neu zu besiedeln. 1185 übernahmen die Ebracher Mönche das Stift und begannen unter Abt Otto II. von Niest (1193–1201) im Jahr 1195 mit dem Bau einer steinernen Kirche und des Konventgebäudes. Zahlreiche Schenkungen, vor allem durch die Grafen von Schaunberg, brachten bald beträchtlichen Wohlstand. Es gewann daraufhin geistig und wirtschaftlich derart an Stärke, dass es mehrere Tochterklöster gründen konnte. Es waren dies das Kloster Hohenfurth um 1259, Stifts Engelszell im Jahr 1293 und Stift Säusenstein 1336.
In der Reformationszeit flüchtete der protestantisch gewordene Abt Erasmus Mayer nach nur 9 Monaten im Amt 1544 samt der Klosterkasse nach Nürnberg. 1544 bis 1545 verwaltete Landeshauptmann Balthasar von Presing das Stift. Um 1583 war das Kloster gänzlich verlassen. Im Zuge der Gegenreformation wurde der aus Lugano stammende Benediktinermönch Alexander a Lacu 1587 Abt in Wilhering und nahm sich der Reformierung des klösterlichen Lebens mit Erfolg an.
Im Jahr 1733 wurde das Stift infolge einer Brandstiftung fast vollständig zerstört, in der Folgezeit unter Abt Johann IV. Baptist Hinterhölzl aber prachtvoll wieder aufgebaut. Die Wilheringer Stiftsschule, in der junge Konventuale seit dem 16. Jahrhundert in den Elementarfächern unterrichtet wurden, wurde zu einem Sängerknabenkonvikt ausgebaut. Unter dem Druck der Reformen Kaiser Josephs II. wurde im Jahr 1784 die Stiftspfarre Wilhering gegründet. Mitte des 18. Jahrhunderts erwarb das Stift Wilhering den gesamten Kürnbergerwald und die dazugehörige Jagd aus landesfürstlichem Besitz.
1895 wurde das Sängerknabenkonvikt des Stifts unter Abt Theobald Grasböck in ein Gymnasium mit Internat umgewandelt.
Kurz nach dem „Anschluss Österreichs“ im März 1938 starb Abt Gabriel Fazeny. Sein Freund, der Offizier Johann Blumenthal besuchte das Stift auch nach Fazenys Tod gelegentlich. Im Sommer 1939 erzählte er anlässlich eines Besuchs, dass er einer Widerstandsgruppe angehöre, der sich Pater Gebhard Rath anschloss. Im Frühjahr 1940 begann er Untergruppen der Großösterreichischen Freiheitsbewegung in Oberösterreich aufzubauen. Die Mitbrüder Sylvester Birngruber, Stefan Plohberger, Amadeus Reisinger, Eduard Haiberger und Theoderich Hofstätter schlossen sich ihm an und begannen, Sympathisanten in ihren Heimatpfarren anzuwerben. Durch Verrat des Gestapo-Spitzel Otto Hartmann, der sich in Wien in die Gruppe einschleichen konnte, kam es im Sommer zu einer Verhaftungswelle durch die Gestapo. Am 26. Juli 1940 wurde Rath verhaftet, in den nächsten Tagen auch die anderen Patres. Die Aufdeckung der Widerstandsgruppe lieferte dem nationalsozialistischen Regime die Handhabe, das Kloster zu einteignen und Abt Bernhard Burgstaller zu verhaften. Er starb 1941 im Gefängnis.
Nachdem die verbleibenden Brüder ausgewiesen worden waren, wurden Bessarabiendeutsche Umsiedler im Kloster untergebracht und die Räumlichkeiten für Schulungen der NSDAP genutzt. Ab 1943 wurde hier die Technische Hochschule Linz als Reichshochschule untergebracht, sie hatte aber nur ganz wenige Hörer. 1942–1945 fungierte das Kloster auch als Kriegsgefangenenlager. Bei Kriegsende wurde hier kurzzeitig ein Lazarett eingerichtet.[1]
Nach Kriegsende kehrten die Mönche nach Wilhering zurück, woraufhin der Konvent auf über 60 Mönche anwuchs. Im Jahr 1955 wurde ein Westflügel zur Erweiterung des Gymnasiums errichtet und der Stiftshof damit abgeschlossen.
Aus der Anfangszeit sind heute noch ein romanisches Portal, Teile des gotischen Kreuzganges und zwei wertvolle Gräber erhalten. Das vom Stift erhaltene Stiftsgymnasium Wilhering wird derzeit von rund 500 Schülern besucht. Der Klostergemeinschaft gehören aktuell 18 Priestermönche an.[2][3][4][5]
Stiftskirche
Die Wilheringer Stiftskirche Mariä Himmelfahrt ist einer der bedeutendsten Bauten des Rokoko im deutschen Sprachraum. Nach dem Brand 1733 wurde die sie nach Plänen des Maurermeisters Johann Haslinger über den Umfassungsmauern der abgebrannten Kirche, einer dreischiffigen Basilika mit Querschiff und geradem Chorabschluss, wiedererrichtet und 1751 fertiggestellt.
Innenraum
Die Ausstattung des Innenraums der Stiftskirche, der als der „hervorragendste kirchliche Raum des Rokoko in Österreich“ gilt, erfolgte vermutlich nach einem Gesamtplan von Johann Haslinger in Zusammenarbeit mit dem kaiserlichen Theateringenieur Andreas Altomonte und Martino Altomonte.
Von Martino Altomonte stammen neben dem Hochaltar, der die Krönung Mariens durch die Heilige Dreifaltigkeit zeigt, auch alle übrigen Altarbilder, die Deckenfresken wurden von seinem Sohn Bartolomeo Altomonte ausgeführt. Das Hauptfresko, der Wilheringer Heiligenhimmel, zeigt überwiegend Heilige, die in besonderer Beziehung zu Wilhering oder zu den Zisterziensern stehen. Der farbenreiche, plastische Stuck am Gewölbe des Langhauses wurde von Franz Josef Holzinger geschaffen. Der Chor und das Querschiff wurden von den Wessobrunner Meistern Johann Michael Feichtmayr und Johann Georg Üblhör ausgestattet. Von letzterem stammen auch die zahlreichen Statuen. Thema der Fresken und Altarbilder ist die Verherrlichung Mariens in der Lauretanischen Litanei. Auf der Kanzel ist der Sieg des Heiligen Bernhard über die Albigenser dargestellt. Das Chorgestühl fertigten die Laienbrüder Eugen Dunge und Johann Baptist Zell an.
Nördlich an die Kirche grenzt die Grundemann-Kapelle, die ehemalige Studentenkapelle des Stiftsgymnasiums, die von einem Deckenfresko Bartolomeo Altomontes geschmückt wird.
Beidseits des Eingangs befindet sich je ein gotisches Hochgrab der Grafen von Schaunberg. Sie stammen beide aus dem 14. Jahrhundert. Das romanische Portal der Stiftskirche ist ein Überrest ihres Vorgängerbaus und stammt aus dem frühen 13. Jahrhundert.[6][4][5]
Orgeln
Die große Orgel schuf ursprünglich Johann Ignaz Egedacher im Jahre 1741. 1884 erbaute sie Leopold Breinbauer aus Ottensheim im historischen Gehäuse weitgehend neu, verwendete dabei allerdings teilweise historisches Pfeifenmaterial aus der Vorgängerorgel. 1981 wurde das Instrument von der Oberösterreichischen Orgelbauanstalt verändert und mit einem dritten Manualwerk ausgestattet (= Rückpositiv). Das Instrument hat seither 39 Register und zwei „Cymbelsterne“ auf drei Manualen und Pedal.[7][8]
Neben der Hauptorgel beherbergt die Stiftskirche außerdem die berühmte Chororgel von Nikolaus Rummel, die sich gegenüber der Kanzel befindet. Anton Bruckner zählte sie zu seinen Lieblingsinstrumenten.[5] Die Chororgel wurde im Jahr 2016 von der Schweizer Orgelbau Kuhn restauriert. Die Restaurierung der Hauptorgel mit weitgehender Rückführung des Haupt- und Unterwerkes auf den Zustand von 1884 wurde 2018 durch dieselbe Firma abgeschlossen.[7]
Im Stiftsgymnasium befindet sich außerdem eine zweimanualige Orgel von Gregor Hradetzky.
Die Disposition der Hauptorgel lautet wie folgt:[7]
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Koppeln: II/I, III/I, I/P, II/P, III/P
Kollektivdrücker: Piano, Mezzoforte, Forte, Fortissimo, Pleno Organo
Stiftspark
Der Wilheringer Stiftspark präsentiert sich als unverfälscht erhaltener Biedermeiergarten. Er wurde in seiner heutigen Form um 1840 angelegt. Einige Bäume stehen explizit unter Naturschutz, darunter eine Eibe, die sowohl der Überlieferung als auch dem Urteil von Experten zufolge so alt wie das Stift selbst, also über 850 Jahre alt sein soll. Beachtenswert sind außerdem der barocke Pavillon im Zentrum des Parks und das in klassizistischer Biedermeierarchitektur errichtete Palmenhaus.[9]
Kunstsammlung
Im Prälaturtrakt erstreckt sich eine Gemäldegalerie mit einem Schwerpunkt auf österreichische Barockmaler wie Martino Altomonte, Bartolomeo Altomonte, Franz Anton Maulbertsch und Martin Johann Schmid. Im ehemaligen Meierhof befindet sich neben einer Ausstellung zur Geschichte des Stifts die umfangreichste Sammlung an Werken des österreichischen Malers Fritz Fröhlich.[4]
Stiftsbibliothek und Musikarchiv
Die Stiftsbibliothek hat einen historischen Buchbestand (bis 1900) von rund 40.000 Bänden. 20.000 Bände stammen aus dem 20. Jahrhundert. Daneben finden sich 150 mittelalterliche Handschriften und 220 Inkunabeln.[5] Weiters beherbergt das Stift ein umfangreiches Musikarchiv, das über 3500 Musikhandschriften und Musikdrucke vom Ende des 17. Jahrhunderts bis ins 20. Jahrhundert, historische Theoretica wie Kompositionsschulen und Instrumentallehren, Periodica wie Musica divina und Musica sacra und Liturgica umfasst. Neben dem Kernbestand bilden auch zahlreiche Nachlässe von Stiftsmusikern einen wesentlichen Teil des Musikarchivs. Darunter befindet sich eine der österreichweit größten Spezialsammlungen von Orgelmusik-Editionen aus ganz Europa.[10]
Stiftspfarrkirchen
Das Stift hat 14 inkorporierte Pfarrkirchen.
Davon in 10 in der Diözese Linz:[11]
- Pfarrkirche Bad Leonfelden
- Pfarrkirche Eidenberg
- Pfarrkirche Gramastetten (1400)
- Pfarrkirche Oberneukirchen
- Pfarrkirche Ottensheim
- Pfarrkirche Puchenau
- Pfarrkirche Traberg
- Pfarrkirche Vorderweißenbach
- Pfarrkirche Wilhering
- Pfarrkirche Zwettl an der Rodl (1624)
sowie 4 in der Diözese St. Pölten:
Personen
Äbte von Wilhering
Seit 2013 ist Reinhold Dessl (* 6. August 1962 in Linz) der 74. Abt des Stiftes Wilhering. Zuvor leitete er das Stift ein Jahr lang als Administrator. Der promovierte Theologe und Pfarrer von Gramastetten sowie Expositus von Eidenberg, Neußerling und Untergeng ist seit 1980 Mitglied des Konvents zu Wilhering.
Sonstige Mitglieder des Konvents
- Eduard Haiberger (1887–1945)
- Amadeus Reisinger (1892–1953)
- Stefan Plohberger (1898–1977)
- Konrad Just (1902–1964)
- Theoderich Hofstätter (1906–1981)
- Sylvester Birngruber (1914–2006)
- Emmerich Doninger (1914–1964), Maler und Mundartautor
- Gerhard Bernhard Winkler (1931–2021), Kirchenhistoriker
- Balduin Sulzer (1932–2019), Pädagoge und Komponist
- Rainer Schraml (1940–2017), Historiker und Epigraphiker
Personen mit Beziehung zum Stift
- Johann Nepomuk Hauser (1866–1927), Priester und Politiker, bestattet in der Äbtegruft von Wilhering
- Fritz Fröhlich (1910–2001), Maler und Lyriker
Literatur
- Rudolf Guby: Das Zisterzienserstift Wilhering in Oberösterreich (= Österreichische Kunstbücher, Band 4). Ed. Hölzel, Wien 1920. (Digitalisat).
- Gabriel Weinberger: Wilhering. Stift und Kirche, herausgegeben vom Zisterzienserstift Wilhering. Wilhering 1983.
Weblinks
Einzelnachweise
- Reinhold J. Dessl: Widerstand Wiheringer Zisterzienser gegen den Nationalsozialismus. In: Jahresbericht Stiftsgymnasium Wilhering (2007/08). Nr. 98, 2008, S. 7–19 (Online [PDF; 266 kB; abgerufen am 9. September 2021]).
- Konvent Stift wilhering: Konvent. Abgerufen am 3. Januar 2021.
- Zisterzienserstift Wilhering >> Zisterzienserstift. In: stiftwilhering.at. Abgerufen am 10. April 2016.
- Monika Oberhammer: Pustets Klosterführer. Verlag Anton Pustet, Salzburg/München 1998, ISBN 3-7025-0374-9.
- Floridus Röhrig: Alte Stifte in Österreich. Schrollverlag, Wien/München 1966.
- Zisterzienserstift Wilhering >> Stiftskirche. In: stiftwilhering.at. Abgerufen am 2. Mai 2016.
- orgelbau.ch. Abgerufen am 11. Juni 2019.
- Informationen zur Orgel auf organsite.nl (niederländisch)
- Zisterzienserstift Wilhering >> Stiftspark. In: stiftwilhering.at. Abgerufen am 2. Mai 2016.
- Zisterzienserstift Wilhering >> Musikarchiv. In: stiftwilhering.at. Abgerufen am 2. Mai 2016.
- Inkorporierte Pfarren. In: Stift Wilhering. Abgerufen am 20. September 2020.