Partij van de Arbeid
Die Partij van de Arbeid (PvdA; ausgesprochen [pɑrtɛi vɑn də ɑrbɛit]), deutsch Partei der Arbeit, ist eine niederländische politische Partei sozialdemokratischer Ausrichtung, die seit ihrer Gründung 1946 ununterbrochen in der Zweiten Kammer vertreten ist. Sie führt die Tradition der 1894 gegründeten Sociaal-Democratische Arbeiderspartij fort.
Partij van de Arbeid Partei der Arbeit | |
Parteiführerin | Lilianne Ploumen |
Parteivorsitzende | Nelleke Vedelaar |
Fraktionsvorsitzende Zweite Kammer | Lilianne Ploumen |
Fraktionsvorsitzende Erste Kammer | Mei Li Vos |
EP-Delegationsleiter | Paul Tang |
Gründung | 9. Februar 1946 |
Hauptsitz | Den Haag |
Ausrichtung | Sozialdemokratie |
Farbe(n) | Rot |
Sitze in der Ersten Kammer | 6/75 |
Sitze in der Zweiten Kammer | 9/150 |
Sitze im Europäischen Parlament | 6/29 |
Mitgliederzahl | 42.416[1] |
Internationale Verbindungen | Progressive Allianz, Sozialistische Internationale (Beobachter) |
Europapartei | SPE |
EP-Fraktion | S&D |
www.pvda.nl | |
Hinsichtlich der Mitgliederzahl liegt die Partei hinter den Christdemokraten auf dem zweiten Rang. Nach dem Zweiten Weltkrieg hat sie viermal den Ministerpräsidenten gestellt. Bei den Wahlen 2010 und 2012 wurde sie jeweils hinter der rechtsliberalen Volkspartij voor Vrijheid en Democratie zweitgrößte Fraktion in der Zweiten Kammer. Bei der Wahl 2017 fiel sie auf den siebten Platz zurück und erzielte das mit Abstand schlechteste Ergebnis ihrer Geschichte.
Geschichte
Sociaal Democratische Arbeiders Partij
Vor dem Zweiten Weltkrieg dominierte im linken Lager die Sociaal Democratische Arbeiders Partij (SDAP), die 1894 gegründet worden war.[2] Im Vergleich zur deutschen SPD entwickelte sie sich weniger schlagkräftig. Als Gründe wurden angeführt, dass die Partei in Konkurrenz zur Sociaal-Democratische Bond (SDB) stand, einer Partei, die sich unter Ferdinand Domela Nieuwenhuis dem Anarchismus zuwandte; dass die Industrialisierung in den Niederlanden langsamer voranschritt; dass das Wahlrecht lange Zeit ärmere Bevölkerungsschichten ausschloss. Bereits 1909 trennte sich die radikalmarxistische Sociaal-Democratische Partij (SDP) von der SDAP.
Ein Mitbegründer und führender Politiker der SDAP war Henri van Kol, der durch sein Rededuell mit Karl Kautsky auf dem Internationalen Sozialistenkongress in Stuttgart 1907 von sich reden machte. Kautsky wollte eine Ablehnung der europäischen Kolonialpolitik durchsetzen, was Van Kol zu verhindern suchte.
Zu den bekanntesten Anführern der SDAP zählte Jelles Troelstra. Er strebte 1919 die Revolution nach russischem und deutschem Vorbild an. Die Revolution misslang jedoch, da die Bevölkerung der Monarchie treu blieb. Die SDAP arbeitete parlamentarisch weiter, wurde aber von den anderen Parteien boykottiert. Erst 1939 gelangte sie in das Kabinett Gerbrandy. Nach dem Einmarsch deutscher Truppen wurde die SDAP 1940 unter Aufsicht gestellt und kurz darauf aufgelöst.
Neugründung als PvdA 1946
Nach der Befreiung wurde die Gründung einer großen linken Volkspartei unter Einschluss der linken Liberalen angestrebt. Am 9. Februar 1946 entstand die PvdA aus dem Zusammenschluss dreier Parteien: der SDAP, dem linksliberalen Freisinnigen Demokratischen Bund (VDB) und der links-protestantischen Christlich-Demokratischen Union.
Obgleich die neue Partei auch Unterstützung aus dem Lager ehemaliger Widerstandskämpfer wie dem katholischen Christofoor und protestantischen Bewegungen bekam, stand sie erkennbar in der Tradition der SDAP. Dogmen des „Vorkriegssozialismus“ wurden freilich nach und nach aus den Parteistatuten entfernt. In den 1950er Jahren arbeitete die PvdA vor allem mit der Katholischen Volkspartei zusammen (römisch-rote Kabinette), ebenso in einem kurzen Zwischenspiel 1966.
Ära Joop den Uyl 1966–86
Erst 1973 kam sie wieder an die Regierung, nachdem sie in der vorangegangenen Wahl eine linke Plattform mit anderen Parteien gebildet hatte. 1977 wurde die Ministerpräsidentschaft unter Joop den Uyl durchaus an der Wahlurne belohnt, aber seine linksorientierte Politik hatte Folgen für die Partei: Rechts spaltete sich die Partei Democratisch Socialisten ’70 ab, die immerhin zwei Wahlperioden lang recht erfolgreich war; und 1977 wollten sich die Christdemokraten nicht an einem Kabinett beteiligen, das von der Neuen Linken innerhalb der PvdA dominiert sein würde. Die Neue Linke (Nieuw Links) war für Feminismus, Dritte-Welt-Problematik und gesellschaftliche Reformen offen und wollte die DDR frühzeitig anerkennen.
Ära Wim Kok 1986–2002
Längere Regierungsverantwortung trug die Partei erst wieder seit 1989, in einer Koalition unter dem Christdemokraten Lubbers. Diese Regierungsbeteiligung des pragmatischen Finanzministers Wim Kok ist ihm vom Parteiveteranen den Uyl sehr übelgenommen worden. 1994 gelang es der PvdA erstmals, eine Regierung ohne die Christdemokraten zustande zu bringen. Das „lila“ Kabinett unter Wim Kok aus Sozialdemokraten, Rechts- und Sozialliberalen führte Reformen rechtspolitischer Art durch (Sterbehilfe, Homoehe usw.) und schien auch wirtschaftspolitisch erfolgreich zu sein. Die Wahl von 1998 bestätigte die Regierung, und abermals wurde die PvdA stärkste Partei.
Opposition und erneute Regierungsteilnahme 2007/10
Bei der Wahl 2002 stürzte die PvdA dramatisch ab, von 29 auf 15 Prozent. Vor allem der Siegeszug von Pim Fortuyn hatte dazu geführt, aber auch die Regenerierung der Christdemokraten und der Rücktritt des Kabinetts wegen eines Berichts über ihr Verhalten während des Massakers von Srebrenica. Koks „Kronprinz“, der wenig charismatische Sozialminister Ad Melkert, konnte nicht überzeugen. Hinzu kamen negative Aspekte der Sozialpolitik des sozialliberalen Kabinetts, mit einer Debatte über den Kombilohn und die vielen arbeitsunfähig Geschriebenen. Die Opposition erhob den Vorwurf einer riesigen versteckten Arbeitslosigkeit.
2003 erholte sich die PvdA unter der Führung von Wouter Bos, 2006 folgten wieder Verluste. Von 2007[3] bis 2010 war die PvdA Juniorpartner in einer Regierung unter Jan Peter Balkenende. Zu den größten Sorgen der Partei gehörten in den 2000er Jahren die Erfolge der Socialistische Partij: Noch in den 1990ern war sie eine Splitterpartei, 2007 wurde sie mit 16,6 Prozent drittstärkste Partei – auf Kosten der Grünen, vor allem aber der PvdA.
Seit dem Koalitionsbruch im Februar 2010 befand sich die PvdA wieder in der Opposition. Am 12. März 2010 gab der ehemalige Finanzminister Wouter Bos seinen Rückzug aus der Politik bekannt. Als Kandidat für die Parteiführerschaft trat Job Cohen auf, der deswegen am selben Tag als Bürgermeister von Amsterdam zurücktrat. Bei der Wahl im Juni 2010 erlitt die Partei leichte Verluste, wurde jedoch nach der VVD knapp zweitstärkste Kraft in der Zweiten Kammer. 2012 legte die PvdA unter dem Spitzenkandidaten Diederik Samsom überraschend zu, musste sich aber wiederum sehr knapp der VVD geschlagen geben. Es wurde die Regierung Rutte II, die erste unter Führung der Rechtsliberalen, mithilfe der PvdA gebildet.
Opposition und Regierungsteilnahme 2010–2017
Während der ersten Regierung Rutte (VVD, CDA, mit parlamentarischer Unterstützung durch die PVV), von 2010 bis 2012, saß die PvdA in der Opposition. Am Ende dieser Periode trat Job Cohen als Parteiführer zurück; er wurde ersetzt durch Diederik Samsom, der von den Mitgliedern gewählt worden war. Bei den Parlamentswahlen 2012 erhielt die PvdA 38 Mandate und bildete mit der VVD das Kabinett Rutte II. Diese Regierung wurde vor allem wegen ihrer strengen Sparmaßnahmen von den Mitgliedern und Wählern stark kritisiert. Im Herbst 2016 wurde Lodewijk Asscher zum Spitzenkandidaten für die Parlamentswahl am 15. März 2017 gewählt; Samsom trat aus der Tweede-Kamer-Fraktion zurück. Bei der Parlamentswahl 2017 stürzte die Partij van de Arbeid auf ein historisch tiefes Wahlergebnis ab und erreichte nur 5,7 Prozent der Stimmen und nur noch 9 Mandate in der Zweiten Kammer.[4]
Parteiführer
- Willem Drees 1946–1958
- Jaap Burger 1958–1962
- Anne Vondeling 1962–1966
- Joop den Uyl 1966–1986
- Wim Kok 1986–2001
- Ad Melkert 2001–2002
- Wouter Bos 2002–2010
- Job Cohen 2010–2012
- Diederik Samsom 2012–2016
- Lodewijk Asscher 2016–2021
- Lilianne Ploumen seit 2021
Regierungsbeteiligungen
Die PvdA hat dreimal den Ministerpräsidenten gestellt:
- 1948–1958 Willem Drees, 1948–52 KVP-PvdA–CHU–VVD, 1952–58 PvdA–KVP-ARP-CHU
- 1973–1977 Joop den Uyl, PvdA–KVP-ARP-PPR-D66
- 1994–2002 Wim Kok, PvdA–VVD-D66
Als Juniorpartner war sie zudem mehrmals an Koalitionen beteiligt:
- 1945–1946 KVP-SDAP-ARP-VDB
- 1946–1948 KVP-PvdA
- 1965–1966 KVP-PvdA-ARP
- 1981–1982 CDA-PvdA-D66
- 1989–1994 CDA-PvdA
- 2007–2010 CDA-PvdA-CU
- 2012–2017 VVD-PvdA
Wahlergebnisse und Wählerschaft
Wählerschaft
Obgleich die Bindung der Wähler zu politischen Bewegungen immer schwächer wird und die niederländische Politik oftmals gewaltige Wählerwanderungen von einer Partei zur anderen zu verzeichnen hat, lässt sich doch festhalten, dass die Anhängerschaft der PvdA besonders unter sozial Schwachen, Arbeitern, Einwanderern und der unteren Mittelschicht zu finden ist. In großen Städten (beispielsweise Amsterdam oder Rotterdam) fährt sie ihre besten Ergebnisse ein. In Noord-Brabant sowie Limburg hat sie weit weniger Befürworter.
Wahlergebnisse
Zweite Kammer[5]
- 1946: 28,3 % – 29 Sitze (von hundert Sitzen)
- 1948: 25,6 % – 27 Sitze
- 1952: 28,9 % – 30 Sitze
- 1956: 32,6 % – 34 Sitze (nach Parlamentsvergrößerung auf 150 Sitze: 50)
- 1959: 30,3 % – 48 Sitze
- 1963: 28,0 % – 43 Sitze
- 1967: 23,5 % – 37 Sitze
- 1971: 24,5 % – 39 Sitze
- 1972: 27,3 % – 43 Sitze
- 1977: 33,8 % – 53 Sitze
- 1981: 28,2 % – 44 Sitze
- 1982: 30,4 % – 47 Sitze
- 1986: 33,3 % – 52 Sitze
- 1989: 31,9 % – 49 Sitze
- 1994: 23,9 % – 37 Sitze
- 1998: 29,0 % – 45 Sitze
- 2002: 15,1 % – 23 Sitze
- 2003: 27,3 % – 42 Sitze
- 2006: 21,2 % – 33 Sitze
- 2010: 19,6 % – 30 Sitze
- 2012: 24,8 % – 38 Sitze
- 2017: 5,7 % – 9 Sitze
- 2021: 5,7 % – 9 Sitze
Siehe auch
Literatur
- Frans Becker: „Gegen die unmoralische Härte der Wirtschaft“. Eine kurze Geschichte der Partij van de Arbeid. In: Carla van Baalen u. a.: Eine zersplitterte Landschaft. Beiträge zur Geschichte und Gegenwart niederländischer politischer Parteien. Amsterdam University Press, Amsterdam 2018, S. 85–105.
Weblinks
Einzelnachweise
- PvdA ledentallen per jaar (1946- ). In: Documentatiecentrum Nederlandse Politieke Partijen. Reichsuniversität Groningen, 12. Februar 2019, abgerufen am 23. Februar 2019 (niederländisch).
- Salvador Bloemgarten: De Tweede Internationale en de geboorte van de SDAP (1889–1896), Jg. 7 (1981), S. 101–141.
- Folgen der Wahl (PDF; 416 kB)
- Absturz einer Volkspartei, FAZ.net, vom 16. März 2017
- Uitslag verkiezing leden Tweede Kamer van 9 juni 2010 (Memento des Originals vom 14. Juni 2010 im Internet Archive) Info: Der Archivlink wurde automatisch eingesetzt und noch nicht geprüft. Bitte prüfe Original- und Archivlink gemäß Anleitung und entferne dann diesen Hinweis.