Obervorschütz
Obervorschütz ist der südlichste und mit etwa 1400 Einwohnern nach der Kernstadt der größte Stadtteil der Kleinstadt Gudensberg im nordhessischen Schwalm-Eder-Kreis.
Obervorschütz Stadt Gudensberg | |
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Höhe: | 168 (165–200) m |
Fläche: | 8,1 km²[1] |
Einwohner: | 1343 (30. Jun. 2020)[2] |
Bevölkerungsdichte: | 166 Einwohner/km² |
Eingemeindung: | 31. Dezember 1971 |
Postleitzahl: | 34281 |
Vorwahl: | 05603 |
Obervorschütz von Süden |
Geographie
Geographische Lage
Das Haufendorf liegt im historischen Chattengau rund 2 km südsüdwestlich der Kernstadt. Es befindet sich direkt nördlich des westlichen Eder-Zuflusses Ems. Die Nachbarorte, im Uhrzeigersinn beginnend im Nordnordosten, sind Gudensberg, Maden (zu Gudensberg), Niedervorschütz (zu Felsberg), Cappel, Obermöllrich, Werkel (alle drei zu Fritzlar) und Dorla (zu Gudensberg).
Unweit nordwestlich führt die Bundesautobahn 49 vorbei, zu deren Anschlussstelle Gudensberg etwa 4 km, anfangs auf der nach Gudensberg führenden Kreisstraße 10, zurückzulegen sind.
Topographie, Geologie und Gewässer
Zu den Basaltkuppen der Umgebung gehören im Norden der „Nacken“ mit einem Denkmal des Kaisers Wilhelm I., der eine geologische Besonderheit aufweist, einen sehr seltenen waagerechten Basaltsäulenverlauf, sowie die Kuppe des Judenfriedhofs im Westen. Der fruchtbare tiefbraune Lößboden, der sich an den vom Wind abgewandten Seiten angesammelt hat, liegt auf einer Tonschicht, und wegen der Fruchtbarkeit des Bodens wird die Gegend zwischen Gudensberg und Fritzlar volkstümlich „Hessenlandes Krone“ genannt („Dorla, Werkel, Lohne – Hessenlandes Krone“). Die Tonschicht ist mit Gipskristallen und geringen Mengen Eisenerz (Bohnerz) durchsetzt; erst 1866 wurde der jahrhundertealte Abbau des Bohnerzes endgültig eingestellt.
Der „Flutgraben“, der westlich des Dorfes in die Ems mündet, ist sehr wasserreich und wurde früher zur Trinkwassergewinnung genutzt. In seinem Quellgebiet befindet sich eine (heute ungenutzte) Wassergewinnungsanlage. Die „Waals Quelle“ liegt westlich des Dorfes. Im ehemaligen Pfarrgarten südlich des Orts liegt ein kleiner Weiher, der „Paars Dich“ (Pfarrersteich), in einem Waldstück. Noch heute erinnern Straßennamen an diesen Wasserreichtum, der vermutlich auch ausschlaggebend für die frühe Besiedlung war. Der Straßenname „Hohe Litt“ wird hergeleitet aus dem Verb „leiten“ im Sinne von Wasser umleiten. Nordnordöstlich entspringt der Bach vom Henkelborn, der ostsüdöstlich des Dorfs in den Goldbach mündet.
Geschichte
Vorzeit
Auf eine frühzeitliche Besiedlung um 3000 v. Chr. deutet der Fund eines prähistorischen Steinkeils. Aus der Bronzezeit im 2. Jahrtausend v. Chr. stammen mehrere Hügelgräber im nahen Waldgebiet „Oberstes Holz“. Scherbenfunde aus der Eisenzeit belegen eine weitere Besiedlung der Gegend. Auf einem Acker am Breitenbornsweg findet man ebenfalls auffällige Siedlungsspuren.
Im ersten Jahrhundert n. Chr. wurde die Gegend gleichmäßig besiedelt. Um diese Zeit ist die Entstehung der Orte des Emstales anzusetzen. Wilhelm Arnold zählt Besse, Dissen, Dorla, Harle, Maden, Metze und Obervorschütz zu den ältesten Dörfern Hessens und hält ihre Entstehung bereits in der ersten Siedlungsperiode von 400 v. Chr. bis 400 n. Chr. für möglich. Nero Claudius Germanicus hat die Region mit seinen römischen Legionen um 14 n. Chr. bis 16 n. Chr. durchzogen, da das von ihm zerstörte Mattium, wie Tacitus in seiner Germania literarisch beschreibt, wohl in der Nähe von Maden oder Metze gelegen hat. Auf jedem Fall ist Obervorschütz vor der letzten Siedlungsperiode vor dem 8. Jahrhundert n. Chr. gegründet worden. Zur Zeit der Römer durchquerte die „Sälzerstraße“ das nahe „Oberste Holz“ entlang des Nordufers der Eder. Aus merowingischer Zeit wurde ein aus dem 5. Jahrhundert stammendes bronzenes und gold-überlegtes Wehrgehängefragment, der Löwenbeschlag von Obervorschütz, gefunden.
Im 8. Jahrhundert wurde die Region nach dem Fällen der Donareiche 723 bei Geismar durch Bonifatius christianisiert. Die aktuelle Forschung geht davon aus, dass spätestens im 8. Jahrhundert eine ständige Siedlung in der Emsaue angelegt wurde. Wahrscheinlich hatte Obervorschütz schon früh eine eigene Kirche; sie soll dem Heiligen Martin, dem Schutzheiligen der Franken, geweiht gewesen sein. Westlich von Obervorschütz liegt die frühzeitliche Wüstung „Oberdorf“.
Dorf
1074 wird der Ort als „Buriscuzze“ in einer Urkunde des Klosters Hasungen erstmals genannt. Ab 1076 gehörte Obervorschütz zum Archidiakonat Fritzlar des Erzbistums Mainz. 1260 wurde den Herren von Elben die Gerichtsbarkeit übertragen. In der Folgezeit änderte sich der Bezeichnung des Orts mehrfach: 1275 „villa superior Vorskutheund“, 1357 „Obirm Vorschütz“. Weitere Namen sind „Vorsuzze“, „Vorschuzze“, „Obrin Vorschütz“, und schließlich Obervorschütz. 1275 werden Ober- und Niedervorschütz erstmals als getrennte Siedlungen erwähnt. Im 14. Jahrhundert wechselten die Besitzer des Dorfs mehrfach. Zahlreiche Fehden waren die Folge; noch heute erinnert ein Steinkreuz an der „Strutthecke“ (= Streithecke) an diese Fehden. Hier kam es im Jahre 1350 zu einem schweren Gefecht zwischen Truppen des Mainzer Erzbischofs Heinrich III. von Virneburg und einem Heer des Landgrafen Heinrich II., bei dem die Mainzer viele Tote und Verwundete zu beklagen hatten und sich der Erzbischof nur durch die Flucht retten konnte.[3]
Aus dem 14. Jahrhundert stammt die erste steinerne Brücke über die Ems, an der Stelle einer bis dahin benutzten Furt. 1379 stiftete der Spitalspriester Albert von Ritte am Altar der Jungfrau Maria eine zweite Vikariatsstelle und dotierte diese unter anderem mit seiner zwischen Vorschütz und Werkel gelegenen Wiese. Die Rivalität zwischen dem Erzstift Mainz, mit seiner nordhessischen Bastion Fritzlar, und den hessischen Landgrafen bestimmte die Ereignisse in der Umgebung. Auf einem Feldzug 1387 eroberten Truppen des Mainzer Erzbischofs Gudensberg und drangen am 2. September 1387 bis nach Obervorschütz vor.
Die Herren von Elben wurden vom Landgrafen zu Patronats- und Gerichtsherren des Dorfs ernannt, und sie hielten das Dorf bis 1535 als Lehen. Am 29. April 1454, im Verlauf der langen Bundesherrenfehde (1450–1454), überfiel Johann von Meysenbug mit seinen Leuten das Dorf und brannte es nieder. Im 15. Jahrhundert wurde der Grebe und Pfarrer Hermann Koch mit Hochachtung genannt. Nach dem Aussterben der Herren von Elben im Jahre 1535 zog Landgraf Philipp I. den Ort als erledigtes Lehen ein und gliederte ihn 1536 in das Amt Gudensberg ein.
Um 1620 betreute der Theologe und Philosoph Daniel Angelocrater die christliche Gemeinde von Obervorschütz. Tillys Truppen, die 1624/25 im nahen Werkel ihr Winterquartier aufgeschlagen hatten, plünderten und zerstörten Obervorschütz. Ein zweites Mal im Dreißigjährigen Krieg wurde das Dorf verwüstet, diesmal von kroatischen Truppen 1640 unter Octavio Piccolomini. Anschließend wütete die Pest im Dorf und reduzierte die Bevölkerung dramatisch.
1627 erschien die älteste nachweisbare Abbildung der Umgebung von Obervorschütz auf dem Kupferstich der Stadt Gudensberg des Kupferstechers Matthäus Merian d. Ä. In seiner Topographia Germaniae ist der Fischreichtum des Emsbaches erwähnt. In der Topographia Germaniae heißt es: „Dieses Ampt wird mitten durch den starcken Fluss Embs welches ein sehr stattliches Fischwasser gerheilet und erstreckt sich an den Habichtswalde“.
1646 hieß es in Matthäus Merians Topographia Germaniae von dem Amt Gudensberg über die dortigen Dorfschaften:
- „Das Ampt bestehe in mehr als etlich und zwanzig Dorffschafften unnd ist weit umbfangen; aber in den leydigen Kriegswesen mehrentheils abgebrannt worden. Hat sonst überauß stattliche Dorffschafften gehabt: unnd begreifft allenthalben große weite ebene sehr fruchtbare Felder, wenig Gebürg, aber viel unterschiedene spitzige Hügel, daran dickes Gebüsche unnd Steinfelsen so ihre underschiedene Namen haben hat auch wenig Wildbahnen.“
Von 1678 gibt es den ersten Nachweis über das Vorhandensein einer Dorfschule, die schon im Dreißigjährigen Krieg bestanden hatte. Eine Schulchronik des Lehrers Johannes Koch belegt, dass der Unterricht zunächst nur in den Wintermonaten stattfand. 1726 wurde verordnet, dass die Kinder auch im Sommer die Schule zu besuchen hatten.
Während des Siebenjährigen Kriegs zerstörten französische Truppen das Dorf. Es folgte eine lange Aufbauzeit mit starker Bevölkerungszunahme bis ins 19. Jahrhundert. Um 1820 wurde der „Totenacker“ (Friedhof) um die Kirche letztmals genutzt. Die neue Sandsteinbrücke über die Ems, an der Stelle der ehemaligen Furt, wurde 1824 errichtet. Im Jahre 1846 wurden bei einer Brandkatastrophe sechs Häuser zerstört. 1849 lebten 189 Familien mit 979 Menschen in Obervorschütz. Mit der Industrialisierung ging die Einwohnerzahl zurück, weil viele Obervorschützer in die Industriestädte wie das nahe Kassel zogen oder sogar nach Amerika auswanderten. Am 23. September 1878 nahm Kaiser Wilhelm I. ein Militärmanöver am „Nacken“ ab; ein 1879 gestiftetes Denkmal erinnert daran. Im Ersten Weltkrieg fielen 41 Obervorschützer. Die Gemeinde stiftete 1922 ein Säulendenkmal für die Gefallenen nahe dem heutigen Friedhof bei der „Jägereiche“.
Im Zweiten Weltkrieg fielen 61 Obervorschützer und 31 werden seitdem vermisst. Von 1942 bis 1945 arbeiteten Zwangsarbeiter und Zwangsarbeiterinnen in der örtlichen Landwirtschaft. Im Frühjahr 1945 wurde Obervorschütz von amerikanischen Truppen eingenommen. Nach Beendigung des Zweiten Weltkrieges wurden viele Vertriebene, Ausgebombte und Flüchtlinge in die Dorfgemeinschaft integriert. Es begann ein wirtschaftlicher Aufschwung des Dorfes. Zahlreiche Handwerks- und Dienstleistungsbetriebe wurden im Ort gegründet.
Das Dorfgemeinschaftshaus wurde 1954 im Dorfzentrum erbaut und mehrfach umgebaut. 1963 erfolgte eine grundlegende Restaurierung der Kirche. Im Juni 1966 wurde der neue Sportplatz eingeweiht, 1974 das evangelische Gemeindehaus. Die alten Fachwerkhäuser im Ortskern wurden in den 1980er Jahren im Rahmen der Dorferneuerungs-Maßnahmen renoviert.
Kirche
Die Kirche steht inmitten eines kleinen Kirchhofs auf einer leichten Anhöhe in der Ortsmitte. Sie war wohl ursprünglich St. Martin geweiht.[4] Ein 1988 in der Nordmauer des Kirchhofs entdecktes Relief des Hlg. Martin liegt heute im Kirchenschiff unter dem Aufgang zur Empore.[5]
Der spätgotische Wehrturm wurde vermutlich um 1400 erbaut. Es gibt Hinweise, dass er schon immer mit einem steinernen Schiff verbunden war. Um 1444 wurde dieses, wahrscheinlich wegen Zerstörung oder Baufälligkeit, durch ein einfacheres Fachwerkschiff ersetzt. Bei dem Vorgängerbau handelte es sich mit hoher Wahrscheinlichkeit um eine Wehrkirche; der hessische Landgraf Hermann II. hatte zu Anfang des 15. Jahrhunderts auf dem heutigen Kirchhof eine Befestigungsanlage mit Schutzmauer (Ringmauer mit vorgelagerten Graben) und Wehrturm anlegen lassen.
Der Turm aus dickem Bruchstein- und teilweise Quadermauerwerk hat im Sockel Außenmaße von 8,40 × 8,40 m; die Innenmaße betragen 4,95 × 5,12 m. Im Chorraum sind die Mauern 1,77 m dick, verjüngen sich dann nach oben auf 1,40 m. An der Nordseite befindet sich, typisch für Wehrtürme, in etwa 7,00 Höhe eine Tür mit Balkenverschluss als Außenzugang mit einziehbarer Leiter. In 9,3 m Höhe ist ein horizontales Kaffgesims (Hohlkehlgesims), das das Anlegen von Sturmleitern erschweren sollte. Um 1800 erhielt der Turm eine achteckige barocke Laternenhaube; der Helmansatz ist in 14,50 m Höhe. Der Chorraum im untersten Geschoss schließt mit einem auf derben (z. T. figürlichen) Konsolen ruhenden Kreuzrippengewölbe ab. Der Schlussstein stellt eine sechsblättrige Rose dar. Von den drei Obergeschossen war das dritte wohl ein Wehrgeschoss. Der Turm wurde 1988 renoviert. Nach einem Blitzeinschlag 1994 waren erneute Reparaturen und eine Erneuerung des Gebälks ab 1995 notwendig. 2005 wurde eine neue Treppe eingebaut.
Das heutige Kirchenschiff, ein rechteckiger Saalbau, wurde zwischen 1757 und 1785 an den Turm angebaut. Hiervon zeugt die lateinische Inschrift an der Nordseite der Kirche: „Das Fundament dieses heiligen Gotteshauses wurde gelegt als Zeugnis (Beweis) für die Frömmigkeit der Gemeinde im Jahr 1757 am 29. April in einer Zeit des Friedens.“ Die Orgel, mit einem klassizistischen Prospekt, stammt aus dem Jahr 1866. Im Jahre 1883 wurde im Rahmen größerer Reparaturen und Erweiterungen der Chorraum mit dem 300 Menschen fassenden Kirchensaal verbunden. Die Kirche erhielt Gussfenster und eine neue Glocke. 1893 wurden bei einem Blitzeinschlag während einer Katechese die drei Glocken und die Turmuhr beschädigt; bei der resultierenden Panik gab es mehrere Verletzte. Im Jahre 1951 erhielt die Kirche eine neue Gussstahlglocke mit einem Durchmesser von 1260 mm und der Inschrift: „Verleih uns Frieden gnädiglich, Herr Gott, zu unseren Zeiten“. Im Jahre 1952 erhielt die Kirche ein neues Orgelgebläse und neue Bleiverglasung der Fenster. 1962/63 wurden ausgedehnte Renovierungsarbeiten durchgeführt, 1980 wurde ein neues Altarfenster gestiftet und 1985 kam ein neuer Taufstein in die Kirche.
Jüdische Gemeinde
Eine örtliche jüdische Gemeinde ist zumindest seit 1730 durch den seitdem beurkundeten jüdischen Friedhof nachweisbar, der der verhältnismäßig großen jüdischen Gemeinde von Gudensberg gehörte und lange Zeit auch Begräbnisstätte der Juden aus einer Anzahl anderer jüdischer Gemeinden im Umland war.[6] In Obervorschütz selbst lebten im Jahre 1835 bereits 45 jüdische Einwohner; 1861 waren es 47. Im letzten Quartal des 19. Jahrhunderts ging ihre Zahl durch Auswanderung in die USA und Abwanderung in größere deutsche Städte stark zurück, sodass 1905 nur noch 19 Juden im Dorf wohnten.[7] Kurz darauf war nur noch eine einzige jüdische Familie im Dorf übrig; sie betrieb das „Gasthaus Adler“. Nach der Machtergreifung der Nationalsozialisten sahen sich diese letzten deutschen Einwohner jüdischen Glaubens schweren Diskriminierungen der neuen Machthaber ausgesetzt, wurden aber von einigen Dorfbewohnern heimlich unterstützt, ehe sie 1938 in die USA auswandern konnten.[8]
Am 12. Oktober 2003 wurde der jüdische Friedhof von Unbekannten geschändet. Eine Bilddokumentation in der ehemaligen Gudensberger Synagoge erinnert an diese bis heute ungeklärte Straftat. Im März 2009 wurden im Dorf erste „Stolpersteine“ verlegt, um an ermordete, verfolgte oder deportierte ehemalige jüdische Einwohner zu erinnern.[9]
Wirtschaft
Auf dem fruchtbaren Lößboden der umliegenden Felder werden Kohl, Zuckerrüben, Weizen, Roggen, Hafer, Mais und Raps von ortsansässigen Landwirten, meist im Nebenerwerb, angebaut. Der umliegende Wald wird zunehmend wieder zur Gewinnung von Heizmaterial genutzt.
Zum Dorf gehören drei Wassermühlen am Emsbach. Zwei werden noch heute betrieben, sie stellen Mehl für regionale Bäckereien, beziehungsweise Futtermittel für die Tiermasthaltung her. Eine orthopädische Schuhfabrik hat überregionalen Ruf erlangt. Obervorschütz ist Standort einer Bäckerei, zweier Zimmereien, zweier Dachdecker, einer Rollladenfabrik, einer Bankfiliale, eines Bauunternehmens und weiterer kleinen Handels- und Dienstleistungsbetriebe. Viele Einwohner pendeln täglich zum nahegelegenen Volkswagenwerk in Baunatal oder nach Kassel zur Arbeit.
Der Tonabbau für eine Ziegelei wurde um 1980 eingestellt. Das Gelände wurde 2006 in einen Golfplatz mit sechs Löchern umgestaltet.
Brauchtum und Veranstaltungen
Der nahe Emsbach hat zum Spitznamen der männlichen Einwohner geführt, die „Emmesgänser“ genannt werden. Dieser Spitzname hat seinen Ursprung in der Jahrhunderte andauernden Hütehaltung von Gänsen. Seit 2003 erinnert ein Denkmal nahe der Emsbrücke daran.
Veranstaltungen
Seit 1988 wird der Winter mit einem Saalkarneval ausgetrieben. Ende April wird die Kirmes veranstaltet. Eine Sonnenwendfeier findet am 31. Mai mit einem Feuer auf dem „Nacken“ statt.
Regionale Küche
Traditionell sind die regionaltypischen Wurstwaren „Weckewerk“, „Möhrnworscht“, „Aahle Worscht“ (in den Varianten „Runde“ und „Stracke“), die noch bei Hausschlachtungen mit handwerklichem Geschick angefertigt werden.
Sagen
Das durstende Heer Karls des Großen
Im 8. Jahrhundert soll eine nicht nachweisbare Schlacht Karls des Großen gegen den Sachsenherzog Widukind in der Umgebung von Obervorschütz stattgefunden haben. Diese Begebenheit ist in zahlreiche Sagen eingeflossen. Die Sage Das durstende Heer Karls des Großens könnte ihr glückliches Ende am Quellgebiet westlich von Obervorschütz oder am Emsbach gefunden haben, da in der weiteren Umgebung keine andere geeignete Stelle zum Tränken eines Reiterheeres nachzuweisen ist.
Der Teufel und die Bonifatius-Kirche in Fritzlar
Der Sage nach wollte der Teufel mit einem Stein vom Lamsberg oder Mader Stein die erste Kirche des Bonifatius in Fritzlar zerschmettern. Dieser blieb ihm aber beim Werfen im Ärmel hängen und fiel auf das Feld beim ostnordöstlich gelegenen Maden. Er heißt Wotanstein.
Die Jägereiche
Unter der „Jägereiche“ am Friedhof soll der Sage nach ein hannoverscher Jäger auf der Jagd von einem Wilderer erschossen worden sein. Der Wilddieb begrub den Jäger auf einem freien Feld. Jahre später spross aus der Erde eine Eiche, aus Eicheln, die der Jäger in seiner Tasche gesammelt hatte.
Literarische Erwähnung
Literarische Erwähnung fand Obervorschütz durch den österreichischen Schriftsteller Josef Haslinger, der 1994 ein Jahr an der Universität Kassel als Dozent lehrte, Teile des Romans "Opernball" dort verfasste und die Umgebung bereiste:
„"Ein gewisser Stefan Roepel aus Obervorschütz hielt es für nötig, die Welt darüber aufzuklären, dass es die goldenen Tafeln nie gegeben habe."“
Vereine, Religionsgemeinschaften und Parteien
- Turn- und Sportverein TSV 1894 Obervorschütz
- Kirmesteam Obervorschütz
- Karnevalsgemeinschaft Obervorschütz
- Gesangverein 1877 Obervorschütz.
- SPD-Ortsverein
- Evangelische Kirchengemeinde Obervorschütz-Maden
- Freiwillige Feuerwehr Obervorschütz 1934.
- Modellbauclub und Modellbauflughafen Obervorschütz
- VdK Ortsgruppe Obervorschütz.
- Kleintierzuchtverein Obervorschütz
- NABU Gudensberg-Obervorschütz
- Förderverein Grundschule Obervorschütz
- Emmesgänser 2000 Obervorschütz
Freizeiteinrichtungen und Sehenswürdigkeiten
Sehenswürdigkeiten
- Evangelische Kirche
- Sandsteinbrücke über den Emsbach von 1824
- Alter jüdischer Friedhof
- Vorschützer Wetterstein am neuen Spielplatz
- Emspark mit Emmesgänser Denkmal
Freizeiteinrichtungen
- Sportplatz
- Golfpark Gudensberg
- Dorfgemeinschaftshaus
- Evangelisches Gemeindehaus
- Radwege
- Wanderweg Blaue Blume
Söhne und Töchter von Obervorschütz
- Daniel Angelocrater (1569–1635), Philosoph und Theologe, betreute die Gemeinde in Obervorschütz
- Heinz Limmeroth, Fußballspieler und Trainer
- Conrad Mel (1666–1733), Theologe, betreute die Gemeinde in Obervorschütz
- Konrad Freudenstein (1886–1967), Abgeordneter des Provinziallandtages der Provinz Hessen-Nassau
- Ulrich Sonnemann (1912–1993), Philosoph und Schriftsteller
- Otto W. Werren (* 1949), Künstler
- DJ Beathoven (1964–2018), Musiker
Greben und Bürgermeister mit Amtszeiten
- Hermann Koch (um 1450)
- Johannes Eberhardt (1667)
- Johannes Schellhase (um 1708)
- Jonas Leidhäuser (um 1750)
- Heinrich Schaumlöffel (um 1800)
- Werner Heideloff (um 1845)
- Heinrich Sauer (1846–1870)
- Dittmar Sauer (1870–1898)
- Friedrich Stieglitz (1898–1900)
- Wilhelm Sauer (1900–1908)
- Jonas Griesel (1908–1924)
- Konrad Freudenstein (1924–1933)
- Konrad Scherp (1933–1945)
- Martin Bax (1945)
- Heinrich Schöne (1945–1966)
- Georg Haake (1966–1974)
- Obervorschütz von Westen
- Hauptstraße Obervorschütz
- Gudensberger Straße
Literatur
- Eduard Brauns: Wander- und Reiseführer durch Nordhessen und Waldeck, A. Bernecker Verlag, Melsungen 1971, S. 303
- Werner Ide: Von Adorf bis Zwesten: Ortsgeschichtliches Taschenbuch für den Kreis Fritzlar-Homberg, A. Bernecker, Melsungen 1972
- Matthaeus Merian: Topographia Germaniae. Schuchhard, 1646, S. 80
- Götz J. Pfeiffer: Das spätmittelalterliche Martinsrelief mit dem Wappen der Herren von Elben in der evangelischen Kirche zu Obervorschütz, in: Schwälmer Jahrbuch für 2016, Schwalmstadt, 2015, S. 102–107
- Josef Haslinger: Opernball. Fischer Taschenbuch Verlag, Frankfurt am Main 1995, S. 371
- Grieben Reiseführer: Oberhessen, Kurhessen und Waldeck, Band 230, Karl Thiemig Verlag, München 1981, S. 119
- Karl Ernst Demandt: Geschichte des Landes Hessen. Johannes Stauda Verlag, Kassel 1980, S. 107
- Abwasserverband Mittleres Emstal: Informationsbroschüre des Zweckverbands von 2005, ohne Angabe des Verfassers und Verlags
- Richard Brachmann: Festschrift zum Heimatfest Obervorschütz vom 17. Juni bis 19. Juni 1955 aus Anlaß des 900-jährigen Bestehens des Dorfes, der Einweihung des Dorfgemeinschaftshauses und der Einweihung des neuen Kriegerdenkmals. Bürgermeisteramt Obervorschütz, 1955
- Männergesangverein Obervorschütz (Hrsg.): MVG-100 Jahre Männergesangverein Obervorschütz. Rolf Griesel Verlag, Melsungen-Schwarzenberg 1977, S. 19–23
- TSV Obervorschütz (Hrsg.): Festschrift aus Anlaß des 100 jährigen Bestehens des TSV Obervorschütz vom 28. Mai bis 5. Juni 1994. Verlag Offsetdruck Isaring, Fuldabrück 1994, S. 23–29
Weblinks
- Obervorschütz im Internetauftritt der Stadt Gudensberg
- „Obervorschütz, Schwalm-Eder-Kreis“. Historisches Ortslexikon für Hessen. In: Landesgeschichtliches Informationssystem Hessen (LAGIS).
- Literatur über Obervorschütz In: Hessische Bibliographie[10]
Einzelnachweise
- „Obervorschütz, Schwalm-Eder-Kreis“. Historisches Ortslexikon für Hessen. (Stand: 27. März 2014). In: Landesgeschichtliches Informationssystem Hessen (LAGIS).
- Gudensberg und die Stadtteile gudensberg.de. Abgerufen am 12. Oktober 2020.
- Ide, S. 109, 290
- Götz J. Pfeiffer: Martin von Tours in Hessen. Traditionen, Beispiele und Profanierungen seit dem Mittelalter (mit einem Katalog). In: Jahrbuch der Hessischen Kirchengeschichtlichen Vereinigung. Band 68, 2017, S. 266–282.
- Kirche Obervorschütz (Seite nicht mehr abrufbar, Suche in Webarchiven) Info: Der Link wurde automatisch als defekt markiert. Bitte prüfe den Link gemäß Anleitung und entferne dann diesen Hinweis.
- Geschichte und Bilder vom Jüdischen Friedhof in Obervorschütz (Memento des Originals vom 29. Juni 2009 im Internet Archive) Info: Der Archivlink wurde automatisch eingesetzt und noch nicht geprüft. Bitte prüfe Original- und Archivlink gemäß Anleitung und entferne dann diesen Hinweis.
- alemannia-judaica.de Synagoge Gudensberg
- Bärbel Reinhardt, Siegbert („Simon“) Adler, Rudolf Sauer, Martha Kothe: Mit der Vergangenheit leben. Hrsg.: Grundschule Obervorschütz. Gudensberg Juni 2012.
- www.seknews.de – Stolpersteine sollen Erinnerung wachhalten
- Info: Bitte auf Vorlage:HessBib umstellen, um auch nach 2015 erfasste Literatur zu selektieren!