Mr. Universum
Mister Universum (engl. Mr. Universe) ist einer der höchsten Titel im Bodybuilding. Seit der ersten Wahl zu einem Mr. Universum im Jahre 1947 gab es unter diesem Namen zahlreiche Wettbewerbe, die von verschiedenen Bodybuildingverbänden durchgeführt wurden. Die traditionsreichste Veranstaltung wird von der National Amateur Bodybuilders Association ausgetragen.
Geschichte
Der NABBA-Mr. Universe als inoffizielle BB-Weltmeisterschaft
Der erste Titel eines Mister Universum wurde 1947 im Rahmenprogramm der Gewichtheber-Weltmeisterschaften in Philadelphia vergeben. 1948 wurde vom Bodybuilding-Magazin Health and Strength eine weitere Veranstaltung unter dem Namen Mr. Universum organisiert, die in Ehrerbietung der kurz zuvor stattgefundenen ersten Olympischen Spiele der Nachkriegszeit in London ausgetragen wurde. Zwei Jahre später fand dieser Wettbewerb unter Vorsitz der neugegründeten britischen National Amateur Bodybuilders Association seine Fortsetzung. In den Folgejahren etablierte sich diese Veranstaltung zur inoffiziellen Bodybuilding-Weltmeisterschaft, in der zudem ab 1952 erstmals zwischen Amateure und Fortgeschrittene unterschieden wurde. In beiden Kategorien konkurrierten die Athleten in verschiedenen Körpergrößenklassen; der Titel Mister Universum wurde am Ende dem Gesamtsieger verliehen, der im direkten Vergleich der Klassenbesten untereinander triumphierte. Darunter waren mit John Grimek, Steve Reeves, Reg Park und Bill Pearl die ersten Stars der noch jungen Sportart Bodybuilding.
Konkurrenz durch den I.F.B.B.-Mr. Universe
Ab 1959 wurde vom nordamerikanischen NABBA-Konkurrenzverband International Federation of Bodybuilders ein weiterer Mr. Universum-Titel vergeben. Dieser gebührte auch hier ausschließlich dem Gesamtsieger aller Körpergrößen-Klassen, die im Gegensatz zur internationalen NABBA-Veranstaltung vorrangig von Athleten aus den Vereinigten Staaten und der Karibik besetzt waren.
Auch wenn die NABBA nach wie vor den einzigen als vollwertige Weltmeisterschaft anerkannten Wettbewerb ausrichtete, entwickelte sich die IFBB mit der Zeit als ernstzunehmender Konkurrent um die weltweite Vormachtstellung im Bodybuilding. Während der britische Verband seit Jahren unverändert neben dem Mr. Universe lediglich die jährliche Wahl zum Mr. Britain ausrichtete, gab es unter der IFBB stetig Neuerungen. So wurden mit den Wettbewerben I.F.B.B.-Mr. America und I.F.B.B.-Mr. World zwei Amateurvergleiche für US-amerikanische bzw. nichtamerikanische Athleten eingeführt, während der verbandseigene Mr. Universe-Kontest fortan den leistungsstärksten Bodybuildern vorbehalten war. Darüber hinaus etablierte die IFBB 1965 den Titel des Mr. Olympia als „Weltmeister der Weltmeister“, um dem ausschließlich die Gesamtsieger der NABBA- bzw. I.F.B.B.-Mr. Universum-Wettbewerbe kämpfen durften.[1] Da beide Verbände ihre Weltmeisterschaften sowie den Mr. Olympia jedes Jahr fast zeitgleich im Spätsommer in London (NABBA) und Nordamerika (IFBB) durchführten, gab es kaum Überschneidungen im Teilnehmerfeld, zudem standen sich im Kampf um die Mr. Olympia-Krone in der Regel nur die wenigen Titelträger des I.F.B.B.-Mr. Universe gegenüber.
Im Schatten des Mr. Olympia
Ab Mitte der 1960er Jahre begannen sich die Kräfteverhältnisse zugunsten der IFBB zu verschieben, die mit der Einführung von Preisgeldern eine Professionalisierung des Wettkampf-Bodybuildings vorantrieb. IFBB-Mitbegründer Joe Weider, der neben seiner Funktion als Veranstalter und Publizist von Fachzeitschriften ein Imperium auf dem Gebiet der Nahrungsergänzungsmittel- und Sportartikel-Industrie aufgebaut hatte, konnte im kalifornischen Venice Beach erstmals Trainingsmöglichkeiten unter Vollzeitbedingungen für die weltbesten Athleten offerieren, die ihm im Gegenzug die Vermarktungsrechte an ihrem Namen überschrieben. Als Durchbruch erwies sich die Verpflichtung des Shooting Stars der damaligen Szene, Arnold Schwarzenegger, der als erster Athlet den NABBA-Mr. Universe viermal in Folge gewonnen hatte. Nachdem der Österreicher zwei Jahre auch bei IFBB-Meisterschaften in den Vereinigten Staaten teilgenommen hatte und dabei jeweils einmal den Titel des Mr. Universe und den des Mr. Olympia errungen hatte, kehrte er 1971 der NABBA endgültig den Rücken, um sich fortan als Vollzeitsportler ausschließlich der Verteidigung seines Mr. Olympia-Titels zu widmen.[2] Ebenfalls 1971 sprach die IFBB erstmals Sanktionen gegen die Profis aus, die weiterhin an NABBA-Veranstaltungen teilnahmen, wobei mit dem dreifachen Mr. Olympia Sergio Oliva auch ihr bis dato erfolgreichster Athlet nicht verschont blieb.[3] Als Konsequenz daraus blieben fortan immer mehr Athleten mit Profi-Ambitionen dem NABBA-Mr. Universe-Wettbewerb fern, womit das Aushängeschild der ehemals größten Bodybuildingorganisation der Welt an Attraktivität einbüßte.
Die Konkurrenzveranstaltung der IFBB wurde dagegen zu einer reinen Amateur-Weltmeisterschaft umgewandelt, was 1976 mit der Umbenennung des Wettbewerbs in World Amateur Bodybuilding Championships nochmals manifestiert wurde. Mit der Festlegung des Amateurstatus sollte eine mittelfristige Etablierung des Bodybuildings als olympische Sportart erreicht werden, was sich die IFBB in ihrem Selbstverständnis als nunmehr weltgrößter Dachverband zum Ziel gesetzt hatte. Gemäß einer regulären Meisterschaft bekam künftig jeder Klassensieger den Titel eines Weltmeisters zugesprochen, die Wahl eines klassenübergreifenden Mister Universum wurde ersatzlos gestrichen. Ein etwa zeitgleich eingeführter I.F.B.B. Professional Mr. Universe Contest als separater Wettkampf der Berufsbodybuilder wurde nach einigen Jahren wieder eingestellt, da mittlerweile der Mr. Olympia als höchstdotierte Veranstaltung des Weltmarktführers IFBB den Status als prestigeträchtigste Profi-Weltmeisterschaft im Bodybuilding innehatte.
Fortbestehen bei der NABBA
Im Gegensatz zur IFBB hielt die NABBA weiterhin an ihren jährlichen Wahlen zum Mr. Universe der Amateure bzw. Profis fest. Das änderte sich auch nicht, als die NABBA im Jahre 1984 ihre Organisationsstrukturen denen eines Weltverbandes anpasste und eigene Weltmeisterschaften einführte. Seit 2011 wird nur noch ein Mr. Universe der Amateure gekürt, da die NABBA-Statuten eine Profi-Kategorie nicht mehr vorsehen.
Neben der NABBA gibt es mittlerweile weitere Bodybuildingorganisationen, die jeweils in ihrem Selbstverständnis als souveräner Weltverband eigene Mr. Universum-Wettbewerbe ausrichten.
Liste aller Titelträger
Die folgende Übersicht behandelt ausschließlich die Titelträger der Männerklasse in der herkömmlichen Bodybuilding-Kategorie. Sämtliche Senioren- und Juniorenklassen bzw. Athletik- und Fitness-Kategorien blieben hingegen unberücksichtigt.
Jahr | NABBA | IFBB | Sonstige Ausrichter | |||||||
Amateur | Profi1 | Amateur | Profi | IWF | AAU | PBBA | NAC | IFBA | W.A.B.B.A. | |
1947 | Steve Stanko | |||||||||
1948 | John Grimek2 | |||||||||
1949 | keine Austragung | |||||||||
1950 | Steve Reeves | |||||||||
1951 | Reg Park | |||||||||
1952 | Manohar Aich | Juan Ferrero | ||||||||
1953 | Bill Pearl | Arnold Dyson | ||||||||
1954 | Enrico Thomas | Jim Park | ||||||||
1955 | Mickey Hargitay | Leo Robert | ||||||||
1956 | Ray Schaeffer | Jack Delinger | Steve Klisanin3 | |||||||
1957 | John Lees | Arthur Robin | ||||||||
1958 | Earl Clark | Reg Park | ||||||||
1959 | Len Sell | Bruce Randall | Eddie Slyvestre | |||||||
1960 | Henry Downs | Paul Wynter | Chuck Sipes | |||||||
1961 | Ray Routledge | Bill Pearl | keine Austragung | |||||||
1962 | Joe Abbenda | Len Sell | George Eiferman | |||||||
1963 | Tom Sansome | Joe Abbenda | Harold Poole | |||||||
1964 | John Hewlett | Earl Maynard | Larry Scott | |||||||
1965 | Elmo Santiago | Reg Park | Earl Maynard | |||||||
1966 | Chester Yorton | Paul Wynters | Dave Draper | |||||||
1967 | Arnold Schwarzenegger | Bill Pearl | Sergio Oliva | |||||||
1968 | Dennis Tinerino | Arnold Schwarzenegger | Frank Zane | |||||||
1969 | Boyer Coe | Arnold Schwarzenegger | Arnold Schwarzenegger | |||||||
1970 | Frank Zane | Arnold Schwarzenegger | Franco Columbu | |||||||
1971 | Ken Waller | Bill Pearl | Albert Beckles | |||||||
1972 | Elias Petsas | Frank Zane | Ed Corney | |||||||
1973 | Chris Dickerson | Boyer Coe | Lou Ferrigno | |||||||
1974 | Roy Duval | Chris Dickerson | Lou Ferrigno | |||||||
1975 | Ian Lawrence | Boyer Coe | Ken Waller | Bob Birdsong4 | Boyer Coe | |||||
1976 | Shigeru Sugita | Serge Nubret | eingestellt5 | keine Austragung | ||||||
1977 | Bertil Fox | Tony Emmot | keine Austragung | |||||||
1978 | Dave Johns | Bertil Fox | Roy Callendar | |||||||
1979 | Ahmet Enunlu | Bertil Fox | Roy Callendar | |||||||
1980 | Bill Richardson | Tony Pearson | Jusup Wilkosz | |||||||
1981 | John Brown | Robby Robinson | Dennis Tinerino | |||||||
1982 | John Brown | Edward Kawak | eingestellt | |||||||
1983 | Jeff King | Edward Kawak | ||||||||
1984 | Brian Buchanan | Edward Kawak | ||||||||
1985 | Tim Belknap | Edward Kawak | ||||||||
1986 | Charles Clairmonte | Lance Dreher | Marlon Darton | Ralf Moeller | ||||||
1987 | Basil Frances | Olaf Annus | Jesse Gautreaux | |||||||
1988 | Victor Terra | Charles Clairmonte | Joe Meeko | |||||||
1989 | Matt Dufresne | Charles Clairmonte | ||||||||
1990 | Peter Reid | Charles Clairmonte | ||||||||
1991 | Reiner Gorbracht | Victor Terra | ||||||||
1992 | Mustafa Mohammad | Peter Reid | ||||||||
1993 | Dennis Francis | Edward Kawak | ||||||||
1994 | Nick van Beeck | John Terilli | ||||||||
1995 | Grant Clemesha | Brian Buchanan | ||||||||
1996 | Frederico Focherini | Shaun Davis | ||||||||
1997 | Grant Thomas | Eddi Ellwood | ||||||||
1998 | Gary Lister | Eddi Ellwood | ||||||||
1999 | Franco Male | Eddi Ellwood | ||||||||
2000 | Sergei Ogorodnikow | Eddi Ellwood | ||||||||
2001 | Steffen Müller | Eddi Ellwood | Oliver Reinhardt | |||||||
2002 | Costantino Caleazzo | Gary Lister | Francisco Mula | |||||||
2003 | Hassan Al Saka | Gary Lister | Silvio Samuel Saviour | |||||||
2004 | Steve Sinton | Hassan Al Saka | David Griffiths | |||||||
2005 | Charles Mario | Sergej Ogorodnikow | Andreas Frey | |||||||
2006 | Tomáš Bureš | Steve Sinton | Carsten Werner | Uwe Hemmer | ||||||
2007 | Orazio Salvatori | Orazio Salvatori | Alexander Khaykin | Jurijs Gucans | ||||||
2008 | Lionel Beyeke | Alessandro Savi | Erkal Özağı | Andrea Benvenuti | ||||||
2009 | Martin Kasal | Alexey Netesanov | Daniel Toth | William Kwaku Bonac | ||||||
2010 | Miha Zupan | Charles Mario | Peter Molnar | Davide Pioggia | ||||||
2011 | Paulo Lima Santos | Alex LaLlave | Francisco Marra | Stefano Tinelli | ||||||
2012 | Andy Polhill | Adam Kozyra | Ignazio Valenti | Bálint Kaszás | ||||||
2013 | Lee Priest | Ádám Dudás | Davide D’Alessandro | Sardar Ismail | ||||||
2014 | Barney Du Plessis | Dave Titterton |
1Entgegen der Bezeichnung der Kategorie gab es zum Zeitpunkt der Einführung weder ein Preisgeld noch eine Profi-Szene im Bodybuilding. Das Starterfeld war den fortgeschrittenen Athleten vorbehalten. Dazu zählten alle Gesamtsieger der Amateure, da diesen laut NABBA-Regeln eine neuerliche Teilnahme an dieser Kategorie nicht mehr gestattet war.
2Der Wettbewerb, bei dem John Grimek als Sieger hervorging, fand zwei Jahre vor Gründung der NABBA statt und wurde vom Bodybuilding-Magazin „Health and Strength“ gesponsert.
3Die Veranstaltung, die im Rahmen der Feierlichkeiten des Goldenen Jubiläums der Handelskammer von Virginia Beach stattfand, wurde vom ansässigen AAU-Regionalverband organisiert und besaß damit keinen Status eines nationalen Wettbewerbs.[4]
4Ursprünglich Zweiter hinter Dennis Tinerino, dessen Teilnahme am NABBA-Pro-Mr. Universe 1973 im Nachhinein bekannt wurde. Da dies ein Verstoß gegen die IFBB-Statuten darstellte, wurde Tinerino der Sieg nachträglich aberkannt.[5]
5Der I.F.F.B.-Mr. Universe-Wettbewerb wurde durch die neu eingeführten World Amateur Bodybuilding Championships abgelöst.
Weblinks
- IFBA
- W.A.B.B.A.
Einzelnachweise
- Muscle Builder vom Dezember 1966: „The Great 1966 IFBB Mr. America - Mr. Universe - Mr. World -Mr. Olympia - Miss Americana Show“, zuletzt eingesehen am 9. November 2013.
- Muscular Development vom Januar 1972: „Mr. Universe Contest“, zuletzt eingesehen am 9. November 2013.
- Muscle Builder vom April 1972: „1971 IFBB Mr. Universe & Mr. Olympia Contests“, zuletzt eingesehen am 9. November 2013.
- Iron Man vom September 1956: „Mr. Universe of USA – Klisanin Wins Title“, zuletzt eingesehen am 3. November 2013.
- Muscle Builder vom Januar 1976: „The 1975 A.A.B.A. American Bodybuilding Championships and the 1975 I.F.B.B. Professional Mr. Universe Contest“, zuletzt eingesehen am 9. November 2013.