Großzschocher
Großzschocher ist ein Stadtteil im Südwesten von Leipzig. Nach dem Zusammenschluss mit Windorf 1897 entstand die Gemeinde Großzschocher-Windorf, die 1922 Leipzig eingemeindet wurde. Großzschocher liegt an der Weißen Elster. Der administrative Ortsteil Großzschocher, der auch die Stadtteile Lauer, Mark Flickert, Windorf und Teile von Knauthain umfasst, gehört zum Stadtbezirk Südwest.
Geschichte
Um 1450 hatte Großzschocher eine große Bedeutung im Leipziger Umkreis inne und leistete sich deshalb einige Ausgaben. Der Ort gehörte bis 1856 zum kursächsischen bzw. königlich-sächsischen Kreisamt Leipzig.[1] Im Jahre 1571 wurde ein Großteil des Dorfes nach einem Blitzeinschlag zerstört.
In Großzschocher wurden 1582 Hexenverfolgungen durchgeführt: Vier Personen gerieten in Hexenprozesse und wurden hingerichtet.[2]
Das Schloss Großzschocher stammte aus dem 14. Jahrhundert. Ende des 16. Jahrhunderts wurde der rechteckige dreigeschossige Bau mit Satteldächern, Zwerchhäusern und hohen Giebeln errichtet. 1720 erfolgte ein Umbau mit Barockisierung, um 1850 eine Restaurierung. Das Schloss wurde bei dem schweren Luftangriff auf Leipzig am 20. Februar 1944 durch Bomben getroffen und brannte aus. Die Reste wurden in den 1960er Jahren abgetragen. Das Rittergut ist, zum Teil in schlechtem Zustand, noch erhalten.
Die letzten Besitzer von Schloss und Rittergut vor der Enteignung 1945 waren die Grafen von Wedel. Eine Tochter aus der Familie war Elisabeth Gräfin Werthern-Beichlingen, geb. von Wedel (1916–2009). Sie verlor ihren Mann im Frankreich-Feldzug 1940, flüchtete 1945 aus Großneuhausen vor der Roten Armee mit ihrer kleinen Tochter Luisa per Treck nach Westfalen und war von 1951 bis 1985 die Geschäftsführerin der Deutschen Parlamentarische Gesellschaft in Bonn. Sie war Trägerin des Bundesverdienstkreuzes 1. Klasse.
In den 1960er Jahren wurden westlich der Dieskaustraße Plattenbauten errichtet.
Wahlergebnisse
Im Leipzig-weiten Vergleich war die Wahlbeteiligung in Kleinzschocher bei der Bundestagswahl 2021 mit 74,3 % zwar 2 Prozentpunkte höher als im benachbarten Kleinzschocher, aber dennoch unterdurchschnittlich.[3] 23,3 %, das sind 2,4 % mehr als im Bundestagswahlkreis Leipzig II (Wahlkreis 153), zu dem Großzschocher gehört, reichten für die SPD, um in Großzschocher stärkste Partei zu werden. Ihr folgte die CDU, die nur 0,1 % vor der AfD lag. Während die FDP in Großzschocher ziemlich genau ihr Wahlkreisergebnis erreichen konnte, schafften das die LINKEN (−4,9 %) und die Die Grünen (−10 %) bei weitem nicht.
Wahlergebnis Bundestagswahl 2021 (Zweitstimmen in Prozent) | |||||||||||||
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Partei | CDU | LINKE | AfD | SPD | Grüne | FDP | Sonstige | ||||||
Großzschocher | 18,4 | 9,8 | 18,3 | 23,3 | 10,3 | 9,8 | 10,1 | ||||||
Wahlkreis 153 | 13,1 | 14,7 | 11,2 | 20,9 | 21,3 | 9,7 | 9,1 | ||||||
Bei Wahlen zum Sächsischen Landtag gehört Großzschocher zum Wahlkreis Leipzig 3.
Sehenswürdigkeiten
- Apostelkirche
- Tafel am Körnerhaus
- Körnerstein
- Wasserturm
- Im Zentrum des Stadtteils steht die Apostelkirche, ursprünglich eine romanische Chorturmkirche aus dem Jahre 1217, die unter anderem in den Jahren 1904–1908 einen neobarocken Umbau der Westfassade mit Schaffung von zwei Nischen über den Eingangsportal erfuhr. Die beiden Figuren der Apostel Petrus und Paulus für die Nischen wurden von Johannes Hartmann (1869–1952), einem Schüler von Max Klinger (1857–1920), im Jahr 1926 geschaffen. Den Namen Apostelkirche bekam die Kirche erst am 30. April 1950.
- Das Körnerhaus, das ehemalige Gutsgärtnerhaus, erinnert an den Dichter und Freiheitskämpfer Theodor Körner (1791–1813), der nach seiner Verwundung am 17. Juni 1813 bei Kitzen eine Nacht in dem Haus gepflegt wurde.
- Ca. 2 km südlich des Körnerhauses befindet sich in der Elsteraue der Körnerstein.
- Anton-Zickmantel-Park. Am Zickmantelschen Mühlgraben zwischen Weißer Elster und Knauthainer Elstermühlgraben gelegen, befanden sich bis 1840 die Kleine Hutweide sowie die Mühlgärten mit Wiesen und Obstbaumbeständen. Diese grenzten an das Mühlengrundstück und erstreckten sich bis zu den Wehren der Weißen Elster. Auf einem Teil des Geländes wurde, vermutlich um 1870, der Mühlpark als private Gartenanlage der Müller-Familie Zickmantel angelegt. Nach Enteignung im Jahr 1945 wurde der Park der Öffentlichkeit zugänglich gemacht. Eine großzügige Wasserfläche (Teich mit Insel), geschwungene Wege, hübsche Blickbeziehungen und ein schöner Altbaumbestand (Esskastanie, Tulpenbaum, Silberahorn, Eiche, Buche, Schwarznuss, Ginkgo, u. v. a.) prägen dieses landschaftliche Idyll. Bänke laden zum Verweilen ein.
- 1904 wurde ein Wasserwerk errichtet, wodurch die Einführung von Hauswasserleitungen möglich wurde. Der in diesem Zusammenhang erbaute 42 Meter hohe Wasserturm ist seitdem das Wahrzeichen von Großzschocher.
Umland
In der Umgebung finden sich die Elsteraue als Teil des Leipziger Auwalds und einige künstlich angelegte Seen, welche aus den ehemaligen Braunkohlegruben entstanden sind. Als größtes Gewässer dieser Art ist der Cospudener See zu nennen. Zwischen Windorf und Knautkleeberg erstreckt sich das Naturbad Südwest, eine ehemalige Kiesgrube.
Großzschocher wird von zahlreichen Kleingärten umgeben.
Bildung
In Großzschocher befinden sich eine Oberschule (56. Oberschule), eine Grundschule (120. Grundschule), die Staatliche Studienakademie Leipzig und die Ruth-Pfau-Schule, ein Berufliches Schulzentrum für Gesundheits- und Sozialwesen. Dem Schulzentrum wurde der Name „Ruth Pfau“ 2010 verliehen; 2011 besuchte die in Leipzig geborene Lepraärztin die nach ihr benannte Schule.
Verkehr
Der Stadtteil war mit dem 1873 an der Bahnstrecke Leipzig–Probstzella eröffneten Bahnhof Leipzig-Großzschocher bis Mitte 2011 umsteigefrei an den öffentlichen Nahverkehr von/nach Leipzig Hauptbahnhof oder bis nach Zeitz–Gera–Saalfeld (Saale) angebunden. Seitdem wird dieser Bahnhof nicht mehr bedient. Der zweite, 1879 eröffnete Bahnhof an der Bahnstrecke Leipzig-Plagwitz–Markkleeberg-Gaschwitz diente zuletzt als Haltepunkt Leipzig-Kleinzschocher für die damalige S-Bahn Leipzig, wurde aber bereits 2002 stillgelegt.
Weiterhin bestehen Verbindungen mit der Straßenbahnlinie 3 sowie den Buslinien 65, 162 und N1 der Leipziger Verkehrsbetriebe (LVB).
Persönlichkeiten
- Gottlob Heinrich Leutemann (1824–1905), Tiermaler und -zeichner, Autor und Illustrator
- Arthur Nagel (1890–1945), Politiker, Reichstagsabgeordneter
- Imke Heymann (* 1973), Bürgermeisterin der Stadt Ennepetal
Literatur
- Großzschocher-Windorf. Aus der Geschichte eines Leipziger Ortsteils, Hrsg. Pro Leipzig e.V., 2009, ISBN 978-3-936508-37-6
- Cornelius Gurlitt: Grosszschocher. In: Beschreibende Darstellung der älteren Bau- und Kunstdenkmäler des Königreichs Sachsen. 16. Heft: Amtshauptmannschaft Leipzig (Leipzig Land). C. C. Meinhold, Dresden 1894, S. 39.
- Groß Zschocher. In: August Schumann: Vollständiges Staats-, Post- und Zeitungslexikon von Sachsen. 3. Band. Schumann, Zwickau 1816, S. 554 f.
Weblinks
- Großzschocher im Digitalen Historischen Ortsverzeichnis von Sachsen
- Großzschocher. In: August Schumann: Vollständiges Staats-, Post- und Zeitungslexikon von Sachsen. 3. Band. Schumann, Zwickau 1816, S. 554.
- Informationswebseite Mein Stadtteil der Stadt Leipzig für Großzschocher
Einzelnachweise
- Karlheinz Blaschke, Uwe Ulrich Jäschke: Kursächsischer Ämteratlas. Leipzig 2009, ISBN 978-3-937386-14-0; S. 60 f.
- Manfred Wilde: Die Zauberei- und Hexenprozesse in Kursachsen, Köln, Weimar, Wien 2003, S. 531–538.
- So hat Leipzig gewählt, in: Leipziger Volkszeitung, 28. September 2021