Wiederitzsch
Wiederitzsch ist seit dem 1. Januar 1999 ein Ortsteil von Leipzig. Er gehört zum Stadtbezirk Nord.
Geschichte
Laut Inge Bily[1] geht der Name Wiederitzsch auf den slawischen Personennamen Vidoraź zurück, versehen mit einem besitzanzeigenden Suffix. Das deutet auf eine altsorbische Besiedlung hin.
Groß- und Kleinwiederitzsch gehörten bis 1815 zum hochstift-merseburgischen Amt Schkeuditz, das seit 1561 unter kursächsischer Hoheit stand und zwischen 1656/57 und 1738 zum Sekundogenitur-Fürstentum Sachsen-Merseburg gehörte.[2] Durch die Beschlüsse des Wiener Kongresses wurde der Westteil des Amts Schkeuditz im Jahr 1815 an Preußen abgetreten. Groß- und Kleinwiederitzsch verblieben mit dem Ostteil beim Königreich Sachsen und wurden dem Kreisamt Leipzig angegliedert. Ab 1856 gehörten die Orte zum Gerichtsamt Leipzig II und ab 1875 zur Amtshauptmannschaft Leipzig.[3]
Die Gemeinde Wiederitzsch entstand am 1. Januar 1904 durch Zusammenschluss der beiden bisher selbstständigen Landgemeinden Großwiederitzsch und Kleinwiederitzsch. Bei der Kreisreform in der DDR wurde Wiederitzsch im Jahr 1952 dem Kreis Leipzig-Land im Bezirk Leipzig zugeteilt, der 1994 zum Landkreis Leipziger Land kam. Am 1. Januar 1999 wurde Wiederitzsch in die Stadt Leipzig eingemeindet. Seitdem bildet der Ort einen zum Stadtbezirk Nord gehörigen Leipziger Ortsteil mit einem Ortschaftsrat.
Dem Ortschaftsrat gehören nach der Wahl 2019 vier Mitglieder der CDU und je ein Mitglied der SPD, der AFD und von Bündnis 90/Die Grünen an. Vorsitzender der Ortschaftsrates und damit Ortsvorsteher ist Andreas Diestel (CDU).[4]
Städtepartnerschaft
Wahlergebnisse
Bei der Bundestagswahl 2021 zählte die Wahlbeteiligung im Ortsteil Wiederitzsch mit 81,1 % zu den höchsten im Wahlkreis 152, zu dem Wiederitzsch gehört. Im Vergleich zum Wahlkreis stellen sich die Zahlen wie folgt dar:[5]
Wahlergebnis Bundestagswahl 2021 (Zweitstimmen in Prozent) | |||||||||||||
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Partei | CDU | LINKE | AfD | SPD | Grüne | FDP | Sonstige | ||||||
Wiederitzsch | 20,9 | 7,3 | 18,7 | 22,3 | 8,7 | 14,1 | 8,1 | ||||||
Wahlkreis 152 | 15,0 | 12,6 | 15,6 | 20,9 | 15,5 | 10,6 | 9,8 | ||||||
Bei dieser Wahl büßte die CDU ihre Position als stärkste Partei im schwarzen Gürtel der neuen Ortsteile von Leipzig ein, so auch in Wiederitzsch. Hier lag nun die SPD vorn, an dritter Stelle folgte die AfD. Die CDU, die SPD, die AfD und die FDP schnitten in Wiederitzsch besser ab als im Durchschnitt des Wahlkreises. Im Vergleich zum Wahlkreis waren die Linken und die Grünen ausgesprochen schwach.
Bei Wahlen zum Sächsischen Landtag gehört Wiederitzsch zum Wahlkreis Leipzig 7. Bei Kommunalwahlen besteht nicht nur Stimmrecht für den Leipziger Stadtrat, sondern auch für den Ortschaftsrat Wiederitzsch.
Die Ortschaftsräte sind ein Teilorgan der Stadt Leipzig. Zusammen mit der Wahl der Stadträte findet in den Ortschaften die Wahl der Mitglieder der Ortschaftsräte statt. Der Vorsitzende wird als Ortsvorsteher alle fünf Jahre von den Mitgliedern des Ortschaftsrates gewählt. Der Ortschaftsrat selbst wird von den Wählern in direkter Wahl gewählt, der Vorsitzende in indirekter Wahl.
Infrastruktur
In Wiederitzsch befand sich bis März 2007 eines von acht Bundeswehrkrankenhäusern. Es war für den Wehrbezirk Ost zuständig und wurde geschlossen. An seine Stelle trat das Fachsanitätszentrum Leipzig mit Sitz in der General-Olbricht-Kaserne und zu Teilen im ehemaligen Bundeswehrkrankenhaus. Der Erwerber will das Bundeswehrkrankenhaus zusammen mit dem ehemaligen Amberger Bundeswehrkrankenhaus zu einer Fachklinik entwickeln.
Wiederitzsch hat außerdem noch eine Außenstelle des Veterinärinstitutes Sachsen und eine Grund- und Oberschule, außerdem vier Kindergärten und eine Stadtteilbibliothek sowie ein Gemeindeamt.
Kommunalblatt ist mit Beteiligung von Seehausen und Lindenthal der "Gemeindebote". Er kommt einmal im Monat in alle Haushalte des Ortes, ist kostenlos und informiert über das aktuelle Ortsgeschehen.
Verkehr
Eisenbahn
Wiederitzsch liegt an den Bahnstrecken Leipzig–Gröbers–Halle/Erfurt, Magdeburg–Trebnitz–Dessau–Leipzig und Magdeburg–Köthen–Halle (Saale)–Leipzig. 2005 wurde der Personennahverkehr auf der am 1. Mai 1906 eröffneten Strecke Leipzig–Wiederitzsch–Halle(Saale) (Teil des Leipziger Güterrings) eingestellt. Seitdem verkehrt eine S-Bahn-Linie zwischen Halle und Leipzig über die Bahnstrecke Leipzig-Wahren–Leipzig Hbf. Die Strecke über Wiederitzsch wird nur noch durch Güterzüge und Umleiterfernzüge sowie bei Bauarbeiten benutzt. Das Bahnhofsgebäude des an dieser Strecke gelegenen Bahnhofs Wiederitzsch dient nur noch betrieblichen Zwecken. Der am 1. Januar 1908 eröffnete Bahnhof Neuwiederitzsch wurde nach Totalerneuerung und Verschiebung der Bahnsteige um 500 Meter, zwecks besserer Straßenbahnanbindung, in Bahnhof Leipzig Messe umbenannt.
Am Bahnhof Messe halten die Linien S2 (Dessau–Leipzig-Stötteritz), S5 (Halle–Zwickau), S5X (Halle–Zwickau) und S6 (Leipzig Messe–Geithain) der S-Bahn Mitteldeutschland jeweils im 30-Minuten-Takt sowie stündlich der RE Leipzig–Magdeburg. Zu großen Publikumsmessen halten am Messebahnhof auch die ICE und IC Hamburg–Berlin–München.
Örtlicher Nahverkehr
Der Neubauabschnitt (Messegelände – Wiederitzsch) der Straßenbahnlinie 16 verbindet den Norden und die Messe mit der Leipziger Innenstadt und Lößnig. Die Fahrzeit zum Hauptbahnhof beträgt etwa 20 Minuten. Zu Messezeiten wird der 10-Minuten-Takt durch die Ergänzungslinie 16E auf einen 5-Minuten-Takt verdichtet. Bis zum Dezember 2011 verkehrte auch noch die Straßenbahnlinie 14 (Plagwitz – Eutritzsch Krankenhaus) zu wichtigen Anlässen bis zum Messegelände. Die Buslinien 87 und 88 verbinden Wiederitzsch mit Breitenfeld, Lindenthal und Wahren. Diese Buslinien verkehren im 60-Minuten-Takt je Richtung. Diese drei Linien werden von den Leipziger Verkehrsbetrieben betrieben.
Im Zug des Neubaus der Linie 16 wurde die Strecke behindertengerecht ausgebaut, sodass an allen 4 Stationen (S-Bf. Messe, Georg-Herwegh-Str., Wiederitzsch Mitte und Dachauer Straße) problemlos zugestiegen werden kann.
Straße
Die Anschlussstelle Leipzig-Mitte der A 14 liegt in unmittelbarer Nähe des Stadtteils. Der Flughafen Leipzig-Halle und der Bahnhof Flughafen Leipzig/Halle sind nur wenige Kilometer entfernt.
Bildung
In Wiederitzsch gibt es eine Grundschule sowie eine Oberschule. Die Stadt Leipzig plant, auch ein Gymnasium einzurichten und einen Neubau für die Oberschule zu schaffen.[6] Die Oberschule wird 2021 fertig gestellt und liegt an der Messe-Allee. Das Gymnasium ist ebenfalls an der Messe-Allee geplant.
Sehenswürdigkeiten und Gedenkstätten
- Evangelische Kirche: Die romanische Chorturmkirche wurde in spätgotischer Zeit erneuert. Im Innern befinden sich drei spätmittelalterliche Terrakotta-Reliefs, die um 1300 gegossene Heinrichsglocke und eine Ladegast-Orgel.
- Liste der Kulturdenkmale in Wiederitzsch
- Die 1970 geweihte katholische Kirche St. Gabriel des Architekten Peter Weeck besitzt ein Spannbetonschalen-Dach und gilt als Beispiel moderner Kirchenarchitektur.[7]
Gedenkstätten
Ein Gemeinschaftsgrab mit Gedenkstein, gewidmet von der Volkssolidarität, auf dem Friedhof an der Delitzscher Straße erinnert an sieben unbekannte sowjetische Zwangsarbeiter, die im Zweiten Weltkrieg nach Deutschland verschleppt und Opfer von Zwangsarbeit wurden.
Der Bildhauer Reinhold Carl schuf das Kriegerdenkmal für die Gefallenen des Ersten Weltkrieges.
Söhne und Töchter des Ortes
- Emil Hermann Nacke (1843–1933), Sachsens erster Automobil-Hersteller
- Martin Schönbrodt-Rühl (1904–1965), deutscher Verleger
- Rudolf von der Aa (1913–1991), deutscher Tierarzt
Literatur
- Lieberam, Elke und Ursula Wohlfeld: Familienbuch für die Gemeinde Wiederitzsch bei Leipzig 1554–1800. Leipzig: Deutsche Zentralstelle für Genealogie 1995 (= Schriften der Deutschen Zentralstelle für Genealogie in Leipzig 14)
- Cornelius Gurlitt: Grosswiederitzsch. In: Beschreibende Darstellung der älteren Bau- und Kunstdenkmäler des Königreichs Sachsen. 16. Heft: Amtshauptmannschaft Leipzig (Leipzig Land). C. C. Meinhold, Dresden 1894, S. 38.
- Rainer Thümmel: Glocken in Sachsen. Klang zwischen Himmel und Erde. Hrsg. vom Evangelischen Landeskirchenamt Sachsens. Mit einem Geleitwort von Jochen Bohl und Fotografien von Klaus-Peter Meißner. Evangelische Verlagsanstalt, Leipzig 2011, ISBN 978-3-374-02871-9, S. 366.
Weblinks
Einzelnachweise
- Inge Bily: Geographische Namen und ihre Bildung. In: Landschaften in Deutschland Online. Institut für Länderkunde, Juni 2015, abgerufen am 23. Februar 2022.
- Karlheinz Blaschke, Uwe Ulrich Jäschke: Kursächsischer Ämteratlas, Leipzig 2009, ISBN 978-3-937386-14-0, S. 84 f.
- Die Amtshauptmannschaft Leipzig im Gemeindeverzeichnis 1900
- Ortschaftsrat Wiederitzsch. In: Website der Stadt Leipzig. Abgerufen am 7. Juni 2021.
- So hat Leipzig gewählt. In: Leipziger Volkszeitung. 28. September 2021.
- Thomas Wagner: 5-zügige Oberschule und Gymnasium in Wiederitzsch? In: Wiederitzsch im Blick. 7. Juni 2018 (wiederitzsch-im-blick.de [abgerufen am 2. November 2018]).
- Website "Straße der Moderne"