Gietrzwałd

Gietrzwałd ([ˈɟɛtːʃvaʊ̯t], deutsch Dietrichswalde, früher Dittrichswalde o​der Getrzwald[3]) i​st ein Dorf i​n der polnischen Woiwodschaft Ermland-Masuren. Es i​st der Amtssitz u​nd damit namensgebend für d​ie Landgemeinde Gmina Gietrzwałd i​m Powiat Olsztyński (Kreis Allenstein).

Gietrzwałd
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Gietrzwałd (Polen)
Gietrzwałd
Basisdaten
Staat: Polen
Woiwodschaft: Ermland-Masuren
Powiat: Olsztyn
Gmina: Gietrzwałd
Fläche: 174,130 km²
Geographische Lage: 53° 45′ N, 20° 14′ O
Einwohner: 565 (31. März 2011[1])
Postleitzahl: 11-036[2]
Telefonvorwahl: (+48) 89
Kfz-Kennzeichen: NOL
Wirtschaft und Verkehr
Straße: DK16: Dolna GrupaGrudziądzIławaOstródaPodlejkiOlsztynOgrodniki/Litauen
Tomaszkowo/S 51 (= Olsztyn Południe)SząbrukUnieszewo → Gietrzwałd
Łęgucki Młyn/DW 531Woryty → Gietrzwałd
Eisenbahn: Bahnstrecke Toruń–Tschernjachowsk
Bahnstation: Biesal
Nächster int. Flughafen: Danzig



Dorfpanorama

Geographische Lage

Das Dorf liegt im Ermland im historischen Ostpreußen, etwa 18 Kilometer westsüdwestlich von Allenstein (Olsztyn). Der Ort ist umgeben von Nadel- und Mischwäldern und zahlreichen Seen.

Geschichte

Das Dorf wurde am 19. Mai 1352 vom ermländischen Domkapitel im Herrschaftsbereich des Deutschen Ordens gegründet. Der Gründer hieß Dietrich; daher stammt der Name Dietrichswalde. Im 15. Jahrhundert wurde Dietrichswalde während des Dreizehnjährigen Städtekriegs stark in Mitleidenschaft gezogen und im Jahr 1455 von Ordensrittern unter Führung von Georg von Schlieben geplündert. Nach dem Zweiten Frieden von Thorn im Jahr 1466 kam das Ermland bei der Zweiteilung des Deutschordensstaats Preußen als Fürstbistum Ermland zum autonomen Preußen Königlichen Anteils, das sich freiwillig der Oberhoheit der Krone Polens unterstellt hatte.

In der Mitte des 16. Jahrhunderts war die Siedlung nicht bewirtschaftet, obwohl es eine Schule und einen Dorfkrug gab, der 1645 in den Besitz des Allensteiner Ratsherrn Georg Kunigk gelangte. Im Zuge der ersten polnischen Teilung kam Dietrichswalde 1772 zu Preußen. Im Jahr 1783 zählte Dietrichswalde 57 Bauernhöfe. Eine große Verwüstung erlebte das Dorf 1807 durch die französischen Truppen im Vierten Koalitionskrieg. Dietrichswalde gehörte von 1818 bis 1945 zum Landkreis Allenstein im Regierungsbezirk Königsberg der Provinz Ostpreußen. Am 7. Mai 1874 wurde es Amtsdorf und damit namensgebend für einen Amtsbezirk im Regierungsbezirk Königsberg (1905 bis 1945 Regierungsbezirk Allenstein) in der preußischen Provinz Ostpreußen.[4]

Aufgrund der Bestimmungen des Versailler Vertrags stimmte die Bevölkerung im Abstimmungsgebiet Allenstein, zu dem Dietrichswalde gehörte, am 11. Juli 1920 über die weitere staatliche Zugehörigkeit zu Ostpreußen (und damit zu Deutschland) oder den Anschluss an Polen ab. In Dietrichswalde stimmten 420 Einwohner für den Verbleib bei Ostpreußen, auf Polen entfielen 180 Stimmen.[5] Im letzten Jahr des Zweiten Weltkriegs eroberte die Rote Armee im Januar 1945 Dietrichswalde und unterstellte es im März 1945 der Verwaltung der neu gegründeten Volksrepublik Polen. Sie führte für Dietrichswalde die Ortsbezeichnung Gietrzwałd ein und unterzog die Einwohner einer Verifizierung. In deren Folge besiedelte die Militärverwaltung den Ort anstelle der zumeist vertriebenen Einwohner mit Polen.

Demographie

Dorfbevölkerung 1800 bis 1945

JahrEinwohnerAnmerkungen
1816353[3]
1858681davon 22 Evangelische, 657 Katholiken und 2 Juden[6]
1864794am 3. Dezember[7]
1871800[8]
1905938[9]
1933922[10]
1939943[10]

Amtsbezirk Dietrichswalde 1874 bis 1945

Dietrichswalde in Ostpreußen, westsüdwestlich von Allenstein und südöstlich von Elbing, auf einer Landkarte von 1908

Bei d​er Errichtung d​es Amtsbezirks Dietrichswalde wurden a​cht Kommunen eingegliedert. Am Ende w​aren es a​uf Grund struktureller Veränderungen n​och sechs:[4]

Deutscher NamePolnischer NameAnmerkungen
DietrichswaldeGietrzwałd
HermsdorfCegłowo1928 nach Leyßen eingemeindet und in Leissen umbenannt
Leyßen
1928–1945 Leissen
Łajsy
NagladdenNaglady
PenglittenPęglity
RentienenRentyny
Rentiener See1928 nach Rentienen eingemeindeter Gutsbezirk
WorittenWoryty

Am 1. Januar 1945 bildeten Dietrichswalde, Leissen, Nagladden, Penglitten, Rentienen u​nd Woritten d​en Amtsbezirk Dietrichswalde.

Religion

Kirchengeschichte

Schon b​ald nach d​er Gründung d​er Siedlung Dietrichswalde i​m Jahre 1352 w​urde auf e​inem Hügel a​m Flussufer e​ine hölzerne Kapelle gebaut.[11][12] Wohl z​ur gleichen Zeit w​urde ein Pfarrei errichtet. Erster bekannter Pfarrer w​ar von 1405 b​is 1409 Jan Sternchen. Während d​es Krieges 1410 b​is 1414 w​urde das Dorf mitsamt d​er Kapelle zerstört. Es w​urde dann e​ine gotische Kirche errichtet, d​ie am 31. März 1500 d​ie Weihe erhielt u​nd der „Mariä Geburt“ gewidmet wurde. Die Kirche erhielt mannigfache Umbauten.

Erst n​ach den Marienerscheinungen erhielt d​ie Kirche d​ie heutige Form.

Die Pfarrei Gietrzwałd gehört j​etzt zum Dekanat Olsztyn III-Gutkowo i​m Erzbistum Ermland.

Entwicklung zum Wallfahrtsort

Wallfahrtskirche Sankt Marien

Das größte Ereignis i​n diesem kleinen ermländischen Dorf w​aren mehrere Erscheinungen i​m Jahre 1877 während d​es Zeitraumes v​om 27. Juni b​is 16. September. Wie erzählt wird, s​ei der damals 13-jährigen Justine Schafrinska (poln. Justyne Szafryńska) u​nd der 12-jährigen Barbara Samulowska a​us Woritten – b​eide kamen a​us armen polnischsprachigen ermländischen Familien – d​ie Gottesmutter Maria erschienen u​nd habe i​n polnischer Sprache z​u ihnen gesprochen. (In Erzählungen d​ort vor d​em Krieg lebender Menschen hieß es, b​ei Justine Schafrinska handelte e​s sich u​m ein deutsches Mädchen m​it Namen Krause a​us Neumühle. Allerdings fehlen z​u dieser Angabe weitere Belege.)

Seitdem w​urde Dietrichswalde e​in Wallfahrtsort. Mit d​em Namen Kirche d​er Gottesmutter v​on Gietrzwałd erinnern polnische Gotteshäuser a​n das Ereignis.

Bereits in dem im Jahre 1877 auf Deutsch und Polnisch erschienenen Untersuchungsbericht zu den Erscheinungen wird der große Anteil der polnischsprachigen Bevölkerung in diesem Gebiet betont. Der Priester und Theologieprofessor Franz Hipler, selbst des Polnischen mächtig, schildert darin die ersten Wallfahrten: „Stehend, sitzend und kniend auf dem vom Regen aufgeweichten Lehmboden des Kirchhofes, der groß genug war, die ganze Menschenmenge zu fassen, hatten die Wallfahrer bald je nach Sprache, Stammverwandtschaft und Heimat sich zusammen gefunden; die deutschen und die polnischen Ermländer, die Litauer und die Masuren, die Koschneider und die Kaschuben, die Oberländer und die Niederunger, überaus zahlreich die Polen, nicht nur aus dem preußischen Anteil und aus Galizien, sondern auch aus Russland, trotz der Sperre und der Grenzsoldaten.“

Bischof Maximilian Kaller erkannte Dietrichswalde a​ls diözesanen Wallfahrtsort an.[13] Erst Józef Drzazga, s​ein Nachfolger a​ls Bischof v​on Ermland, erkannte d​ie Erscheinung 1977 (zum 100. Jahrestag) offiziell a​n und genehmigte s​omit die Verehrungen.[14]

Wallfahrtskirche

Der Paderborner Dom- u​nd Diözesanbaumeister Arnold Güldenpfennig vergrößerte d​ie Mariä-Geburt-Kirche i​n den Jahren 1878–1884 u​nd ließ s​ie zur Wallfahrtskirche ausbauen. Papst Paul VI. e​rhob sie 1970 z​ur Basilica minor.

Evangelische Kirche

Dietrichswalde w​ar bis 1945 i​n die evangelische Kirche Allenstein[15] i​n der Kirchenprovinz Ostpreußen d​er Kirche d​er Altpreußischen Union eingepfarrt. Heute gehört Gietrzwałd z​ur evangelischen Kirche Łęguty (Langgut), e​iner Filialkirche v​on Ostróda (Osterode i​n Ostpreußen) i​n der Diözese Masuren d​er Evangelisch-Augsburgischen Kirche i​n Polen.

Verkehr

Der Ort i​st über d​ie Landesstraße 16 z​u erreichen, d​ie die Woiwodschaften Kujawien-Pommern, Ermland-Masuren u​nd Podlachien verbindet u​nd bis a​n die Grenze n​ach Litauen führt. Mit d​er Woiwodschaftsstraße 531 verbindet e​ine Nebenstraße d​en Ort, d​er außerdem über e​ine von Tomaszkowo (Thomsdorf) herkommende Nebenstraße Anschluss a​n die Schnellstraße 51 hat. Ein eigener Eisenbahnanschluss besteht nicht. Die nächste Bahnstation i​st Biesal u​nd liegt a​n der Bahnstrecke Toruń–Tschernjachowsk.

Partnergemeinden

Menslage i​n Niedersachsen i​st Partnergemeinde v​on Gietrzwałd.[16]

Persönlichkeiten

  • Johannes Schwalke (1923–2007), katholischer Geistlicher, Apostolischer Protonotar und Visitator

Literatur

in d​er Reihenfolge d​er Ausgabe

  • Franz Hipler: Die Erscheinungen in Dittrichswalde für das katholische Volk nach amtlichen Berichten dargestellt. Mit Genehmigung des hochwürdigsten Bischofs von Ermland, Ermländische Zeitungs- und Verlagsdruckerei, Braunsberg 1877 (2. Auflage 1924; auf Polnisch 1877 und 1883).
  • Leon Niborski: Ein neues Marpingen in der Provinz Preußen. oder: Die Vorgänge in Dietrichswalde, für alle Denkenden geschrieben. Strzeczek, Löbau 1877.
  • Alois Bulitta: Der Gnadenort Dietrichswalde. In: Leo. Ein Sonntagsblatt für das katholische Volk, Jg. 1927, Nr. 33, S. 492.
  • Rainer Sippekamp (Bearb.): Erinnerungen an Klein-Schönau und Dietrichswalde. Mönchengladbach 1986.
  • Hubert Orłowski: Rzecz o dobrach symbolicznych. Gietrzwałd 1877. Stiftung Borussia, Olsztyn 2003, ISBN 83-89233-21-5.
  • Schwester M. Gudula: 125 Jahre Dietrichswalde. Jubiläumswallfahrt der Ermlandfamilie vom 5. bis 12. September 2002. In: Ermlandbuch, ISSN 0421-3793, Jg. 55 (2004), S. 163–170.
  • Ulrich Fox: Bischof Philipp Krementz und die Erscheinungen in Dietrichswalde im Jahre 1877. Zu einer Veröffentlichung von Hubert Orłowski. In: Unsere Ermändische HeimatMitteilungsblatt des HVE für Ermland, Jg. 52 (2006), Heft 2 (Pfingsten), S. V–VII.
  • Ulrich Fox: Die Rezeption der Ereignisse von Dietrichswalde bei den Ermländern unter Bezugsnahme auf das Engagement von Bischof Maximilian Kaller. In: Sedes sapientiae. Mariologisches Jahrbuch, Jg. 13, Heft 2, Kevelaer 2009, 2, S. 77–80.
  • Swetlana Fink: Dietrichswalde: Das ostpreußische Marpingen? Die Marienerscheinungen im Vergleich. In: Zeitschrift für die Geschichte und Altertumskunde Ermlands (ZGAE), ISSN 0342-3344, Bd. 59 (2015), S. 3–30.
  • Hubert Orłowski: Dietrichswalde – ein Erinnerungsort? In: Zeitschrift für die Geschichte und Altertumskunde Ermlands (ZGAE), Bd. 59 (2015), S. 49–56.

Einzelnachweise

  1. GUS 2011: Ludność w miejscowościach statystycznych według ekonomicznych grup wieku (polnisch), 31. März 2011, abgerufen am 28. Mai 2017
  2. Poczta Polska: Oficjalny Spis Pocztowych Numerów Adresowych, 2013, S. 296 (polnisch)
  3. Alexander August Mützell, Leopold Krug: Neues topographisch-statistisch-geographisches Wörterbuch des preussischen Staats. Band 1: A–F. Halle 1821, S. 274, Ziffer 1204.
  4. Rolf Jehke: Amtsbezirk Dietrichswalde
  5. Herbert Marzian, Csaba Kenez: Selbstbestimmung für Ostdeutschland. Eine Dokumentation zum 50. Jahrestag der ost- und westpreussischen Volksabstimmung am 11. Juli 1920. Herausgeber: Göttinger Arbeitskreis, 1970, S. 67.
  6. Adolf Schlott: Topographisch-statistische Uebersicht des Regierungs-Bezirks Königsberg, nach amtlichen Quellen. Hartung, Königsberg 1861, S. 36, Ziffer 203.
  7. Preußisches Finanzministerium: Die Ergebnisse der Grund- und Gebäudesteuerveranlagung im Regierungsbezirk Königsberg. Berlin 1966, Kreis Allenstein, S. 2, Ziffer 34.
  8. Gustav Neumann: Geographie des Preußischen Staats. 2. Auflage, Band 2. Berlin 1874, S. 18–19, Ziffer 13.
  9. http://wiki-de.genealogy.net/Dietrichswalde_(Kreis_Allenstein)
  10. Michael Rademacher: Allenstein. Online-Material zur Dissertation. In: treemagic.org. 2006;.
  11. Pfarrei Gietrzwałd: Geschichte der Pfarrei
  12. ostpreussen.net: Gietrwałd - Dietrichswalde
  13. Andrzej Kopiczko: Die neueste Geschichte der Diözese Ermland. In: Rainer Bendel (Hrsg.): Kirchen- und Kulturgeschichtsschreibung in Nordost- und Ostmitteleuropa. Initiativen, Methoden, Theorien. Lit, Münster 2006, ISBN 3-8258-6178-3, S. 139–152, hier S. 144.
  14. Sanktuarium Matki Bozej Gietrzwałdzkiej (Memento des Originals vom 2. Oktober 2017 im Internet Archive)  Info: Der Archivlink wurde automatisch eingesetzt und noch nicht geprüft. Bitte prüfe Original- und Archivlink gemäß Anleitung und entferne dann diesen Hinweis.@1@2Vorlage:Webachiv/IABot/sanktuariummaryjne.pl (polnisch), abgerufen am 1. Mai 2018.
  15. Walther Hubatsch, Geschichte der evangelischen Kirche Ostpreußens, Band 3 Dokumente, Göttingen 1968, S. 489
  16. Eintrag über Menslages Partnergemeinde Gietrzwałd auf der Homepage der Samtgemeinde Artland Aufgerufen am 4. Mai 2019, 20:10
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