Agder
Agder ist eine historische Region und Landschaft in Norwegen als auch seit dem 1. Januar 2020 ein Fylke. Grundlage ist ein Beschluss des Storting vom 8. Juni 2017, der im Zuge einer Regionalreform eine Reduzierung auf elf Fylke vorsah und Aust-Agder und Vest-Agder zusammenlegte.[1] Sitz der Fylkeskommune ist Kristiansand, Sitz des Statsforvalter Arendal.[2]
Wappen | Karte |
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Basisdaten | |
Land: | Norwegen |
Verwaltungszentrum: | Kristiansand/Arendal |
Fläche: | 16.434 km² |
Einwohner: | 311.134 (1. Januar 2022) |
Bevölkerungsdichte: | 18,9 Einw. pro km² |
Kommunen: | 25 |
ISO 3166-2 | NO-42 |
Internet: | Agder |
Politik | |
Fylkesordfører: | Arne Thomassen (2019) |
Statsforvalter: | Stein A. Ytterdahl |
Geografie
Die Provinz Agder grenzt im Westen an Rogaland, im Osten an Vestfold og Telemark und im Süden an den Skagerrak. Die Provinz ist deckungsgleich mit dem Landesteil Sørlandet.
Größter Fluss ist die Otra, die das Setesdal von Nord nach Süd durchfließt. Höchster Berg in der Provinz ist der 1507 moh. hohe Sæbyggjenuten an der Grenze zur Telemark.
Wichtige Straßenverbindungen sind die E 18 von Oslo nach Kristiansand und die E 39 von Kristiansand nach Bergen. Bedeutendste Nord-Süd-Verbindung ist der Riksvei 9 im Setesdal. Als Eisenbahnverbindung steht die Sørlandsbanen (Oslo–Stavanger) mit ihrer Zweigstrecke nach Arendal (Arendalsbanen) zur Verfügung. Größter Flughafen der Provinz ist der Flughafen Kristiansand.
Name
Historisch gesehen ist der Begriff Agder etwa über 1500 Jahre alt und leitet sich von dem altnordischen Wort agðir bzw. ǫgd ab und dieses wiederum vom urgermanischen agio. Agder ist etymologisch verwandt mit dem englischen Wort edge für ‚Kante‘ oder auch dem deutschen Wort ‚Ecke‘.[3] Ausgedrückt wurde mit Agder die Kanten der Landschaft zum angrenzenden Meer, ähnlich wie bei der norwegischen Küstenlandschaft Jæren, wo jare ebenfalls für die ‚Kante‘ und den gleichen Sinn steht. Einer weiteren Interpretation zufolge könnte es sich auch von dem altnordische Wort agi ‚anschwellen‘ ableiten, was in etwa bedeutet: Land an der unruhigen See.[4]
Geschichte
Agder war ursprünglich in der Wikingerzeit ein kleines Königreich mit der damaligen Schreibweise Agðir. Durch unterschiedliche Allianzen, Hochzeiten, Erbteilungen und Kriege kam es in diesen heutigen norwegischen Landstrichen zu ständigen Herrschafts- und Grenzveränderungen sowie Auf- und Abstieg dieser norwegischen Königreiche. Das Klein-Königreich Agder (Agdir) war zu dieser Zeit in viele dieser Kriege und Familienfehden zu benachbarten norwegischen Territorien verwickelt. Unter Harald Schönhaar wurden in Norwegen im 10. Jahrhundert schließlich die einzelnen Königreiche zusammengeführt. Viele dieser Ereignisse wurden in den Chroniken der norwegischen Könige, wie unter anderem in der Heimskringla und der Ynglingasaga sowie in der Ágrip, festgehalten.[5][6] In der heutigen Wissenschaft sind diese Werke nicht ganz unumstritten. Ebenfalls umstritten ist die Titulatur als „König“ für norwegische Herrscher in dieser Zeit, inklusive derer von Agder, ebenso wäre aus heutiger wissenschaftlicher Sicht eine Bezeichnung als Fürst oder Häuptling möglich.[7]
Legendäre Könige
- Harald Agderking
- Víkar
- Kissa
- König Bjearling
Könige von Agder: 790–987
- Harald Granraude 7??–815, von Åsa
- Åsa, zwischen 815 und 834–838, Mutter von Halvdan Svarte
- Halvdan Svarte, Vater von Harald Schönhaar von 838
- Kjøtve den rike, im 8. Jahrhundert
- Harald Gudrødsson Grenske, 976–987
Später wurde Agder nach einem Beschluss des Gulatinget (norwegischer Thing) in eine Fylke (Egða fylki) umgewandelt. Administrativ gehörte die Fylke Agder zu Agdesiden len (Agder-Lehn) und war einer der neun wichtigsten Gebiete als Lehen im 16. Jahrhundert in Norwegen. Agdesiden bestand aus folgenden Landstrichen: Lister Len, (Mandal Len, auch genannt Midtsyssel Len), Nedenes Len und Råbyggelaget. Mit Einführung der Ämter im späten 17. Jahrhundert wurden die Ämter Lister und Mandal sowie Nedenes (auch Nedenes und Råbbygelaget) gebildet, die die direkten Vorläufer der bis Ende 2019 existierenden Fylke Vest- und Aust-Agder sind.
Bis zum 14. Jahrhundert war Agder ein rein ländlicher Raum und zwischen Skien und Stavanger gab es keine weiteren Städte. Im 15. Jahrhundert entwickelten sich städtische Zivilisationen zuerst in Arendal und in der Ladested (amtliche Hafenstadt) Tønsberg.
Bis 1902 gehörte Agder zum Landesteil Vestlandet. Zu dieser Zeit war es üblich, Agder in eine Küstenregion und die andere Seite in die Inlandsregion Råbyggelaget zu unterteilen. Råbyggelaget umfasste den Inlandsteil der Fylke Aust-Agder samt Åseral und einen Teil des heutigen Vest-Agder.
Ab 1902 gab es zu Agder die rivalisierende Bezeichnung Sørlandet (Südland). Unter diesem Namen sollte ursprünglich ein viel größeres Gebiet als das heutige Fylke Agder umfassen. Sørlandet ist der Name eines der fünf norwegischen Landesteile mit der Landeshauptstadt Kristiansand. Der Name Sørlandet wurde bewusst ausgewählt, um das Umland der Hauptstadt Kristiansand zu integrieren.
Heutige Zeit
Agder umfasst derzeit die folgenden ehemaligen Bereiche: Lister, Lindesnesregionen, Kristiansandregionen, Setesdal und Østre Agder. Städte, die zu Agder gehören, sind Flekkefjord, Farsund, Lyngdal, Mandal, Kristiansand, Lillesand, Grimstad, Arendal, Tvedestrand und Risør.
Der Name Agder wird heute weiterhin noch in verschiedenen Zusammenhängen verwendet: Personen, die aus dem Fylke kommen, werden heute immer noch in Norwegen als Egder (Agder) bezeichnet.
Die norwegische Tageszeitung Agderposten erscheint in Arendal,[8] und die Zeitschrift Agder Flekkefjords Tidende wird in Flekkefjord herausgegeben.[9] Die Universität Agder hat Standorte in Kristiansand und Grimstad.[10] Der Agderparken ist ein großes Gewerbegebiet in Arendal.
Das Agder bispedømme (Bistum Agder) ist eine ehemalige Bezeichnung für das heutige Bistum Agder und Telemark (Agder og Telemark bispedømme) der Norwegischen Kirche.
Das Einzugsgebiet des Agder Lagmannsrett (Agder-Berufungsgericht) umfasst die Fylken in Agder Telemark und Vestfold.
Politik
Die erste Fylkestingswahl für die neu entstandene Provinz fand am 9. September 2019 statt. Es waren 238.214 Personen wahlberechtigt. Erster Fylkesordfører der neuen Provinz wurde am 23. Oktober der Høyre-Politiker Arne Thomassen.[11]
Partei | Ergebnis 2019 | ||||
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Stimmen | % | Sitze | |||
Konservative (H) | 29.698 | 21,1 | 10 | ||
Arbeiterpartei (Ap) | 29.018 | 20,7 | 10 | ||
Christliche Volkspartei (KrF) | 18.380 | 13,1 | 6 | ||
Zentrumspartei (Sp) | 13.917 | 9,9 | 5 | ||
Fortschrittspartei (FrP) | 13.224 | 9,4 | 5 | ||
Umweltpartei Die Grünen (MDG) | 8.207 | 5,8 | 3 | ||
Demokratene i Norge (DiN) | 7.529 | 5,4 | 3 | ||
Sozialistische Linkspartei (SV) | 6.228 | 4,4 | 2 | ||
Liberale (V) | 4.299 | 3,1 | 2 | ||
Rot (R) | 3.477 | 2,5 | 1 | ||
Pensjonistpartiet | 2.168 | 1,6 | 1 | ||
Partiet De Kristne | 2.118 | 1,5 | 1 | ||
Sonstige | 2.208 | 1,5 | 0 | ||
Gesamt | 142.530 | 100,0 | 49 | ||
Wahlbeteiligung | 59,8 | ||||
Quellen: [12] |
Verwaltungsgliederung
Die Provinz Agder ist in 25 Kommunen gegliedert. Drei Kommunen entstanden zum selben Zeitpunkt wie die Provinz durch die Zusammenlegung von Altgemeinden: Kristiansand (aus Kristiansand, Songdalen und Søgne), Lindesnes (aus Lindesnes, Mandal und Marnardal) sowie Lyngdal (aus Audnedal und Lyngdal).[13]
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Kommunen- nummer |
Karte | Name | Einwohner (1. Januar 2022) |
Fläche (km²) |
Sprach- form |
Landschaft |
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4201 | Risør | 6735 | 192,98 | neutral | Østre Agder | |
4202 | Grimstad | 24.017 | 303,60 | Bokmål | Østre Agder | |
4203 | Arendal | 45.509 | 270,19 | Bokmål | Østre Agder | |
4204 | Kristiansand | 113.737 | 644,63 | neutral | Kristiansandregion | |
4205 | Lindesnes | 23.147 | 933,53 | Bokmål | Lindesnesregion | |
4206 | Farsund | 9622 | 262,58 | Bokmål | Listerregion | |
4207 | Flekkefjord | 9048 | 544,08 | Bokmål | Listerregion | |
4211 | Gjerstad | 2427 | 322,13 | neutral | Østre Agder | |
4212 | Vegårshei | 2131 | 355,67 | neutral | Østre Agder | |
4213 | Tvedestrand | 6115 | 215,04 | Bokmål | Østre Agder | |
4214 | Froland | 6098 | 644,55 | neutral | Østre Agder | |
4215 | Lillesand | 11.279 | 190,32 | Bokmål | Kristiansandregion | |
4216 | Birkenes | 5342 | 637,35 | neutral | Kristiansandregion | |
4217 | Åmli | 1801 | 1.130,60 | Nynorsk | Østre Agder | |
4218 | Iveland | 1323 | 261,62 | neutral | Kristiansandregion | |
4219 | Evje og Hornnes | 3653 | 587,07 | neutral | Setesdal | |
4220 | Bygland | 1134 | 1.311,75 | Nynorsk | Setesdal | |
4221 | Valle | 1169 | 1.265,26 | Nynorsk | Setesdal | |
4222 | Bykle | 935 | 1.467,10 | Nynorsk | Setesdal | |
4223 | Vennesla | 15.123 | 384,49 | neutral | Kristiansandregion | |
4224 | Åseral | 912 | 887,50 | Nynorsk | Lindesnesregion | |
4225 | Lyngdal | 10.480 | 642,81 | neutral | Listerregion | |
4226 | Hægebostad | 1704 | 461,34 | Nynorsk | Listerregion | |
4227 | Kvinesdal | 5883 | 963,21 | neutral | Listerregion | |
4228 | Sirdal | 1810 | 1.554,27 | neutral | Listerregion | |
42 | Agder | 311.134 | 16.433,67 | neutral | Sørlandet |
Wappen
Im Juni 2018 wurde ein Beschluss über das neue Wappen von Agder getroffen. Es zeigt auf rotem Grund eine goldene Eiche. Es handelt sich um eine vereinfachte Version der Eiche auf dem Wappen von Vest-Agder in den Farben von Aust-Agder. Die Eiche steht dabei für langes Leben mit Verweisen in die Vergangenheit wie in die Zukunft, für Weisheit und Stabilität, die Blätter für Vitalität. Eichen waren oft ein Versammlungsplatz, gleichzeitig war Eichenholz ein historisch wichtiges Handelsgut der Region.[14]
Siehe auch
Literatur
- Agders historie, Ausgabe vom Agder historielag, 1991–, 4 Bände, ISBN 82-90575-21-1, Finn boken.
- Berit Andreassen: Agder-bibliografien, 1983–, 3 Bände
- Alv Kristiansen: Agder, 1977 (Bygd og by i Norge). ISBN 82-05-06463-6.
Einzelnachweise
- Nye fylker auf www.regjeringen.no, abgerufen am 1. Mai 2019
- Nå er det avgjort hvor Fylkesmennenes fellesadministrasjon skal ligge auf www.nrk.no vom 7. Juni 2017, abgerufen am 1. Mai 2019
- Ecke. In: DWDS. dwds.de, abgerufen am 1. August 2013.
- Agder – geografi. Store norske leksikon Geografi Norges geografi Aust-Agder. In: Store norske leksikon. snl.no, 14. Februar 2009, abgerufen am 1. August 2013 (norwegisch).
- Hans-Peter Naumann: Ynglinga saga. In: Reallexikon der Germanischen Altertumskunde. Nr. 34, de Gruyter, Berlin/ New York 2007, ISBN 978-3-11-018389-4, S. 379–382.
- Snorri Sturluson: Heimskringla – Sagen der nordischen Könige. Kommentiert von Hans-Jürgen Hube. Marix, Wiesbaden 2006, ISBN 3-86539-084-6.
- Johannes Fried: Weshalb Normannenherrscher für die Franken unvorstellbar waren. In: Bernhard Jussen (Hrsg.): Die Macht des Königs. Herrschaft in Europa vom Frühmittelalter bis in die Neuzeit. München 2005, ISBN 3-406-53230-6, S. 72.
- Agderposten. In: Agderposten. agderposten.no, abgerufen am 1. August 2013 (norwegisch).
- Agder Flekkefjords Tidende. In: Agder Flekkefjords Tidende. avisenagder.no, abgerufen am 1. August 2013 (norwegisch).
- Universitetet i Agder. In: Universität Agder. uia.no, abgerufen am 9. Januar 2019 (norwegisch).
- Historisk første fylkesting i ett samlet Agder - Kommer i 2020. Abgerufen am 27. Oktober 2019.
- Agder fylke. Valg.no, abgerufen am 13. September 2019 (norwegisch).
- Navn på nye kommuner auf www.regjeringen.no, abgerufen am 1. Mai 2019
- Cheryl Macdonald: Våpenskjold for Agder fylkeskommune endelig vedtatt auf http://www.vaf.no vom 19. Juni 2018, abgerufen am 1. Mai 2019