Falcon Heavy
Die Falcon Heavy ist eine Schwerlast-Trägerrakete des US-amerikanischen Herstellers SpaceX. Sie besteht aus drei modifizierten, wiederverwendbaren Erststufen der Rakete Falcon 9 sowie einer Falcon-9-Zweitstufe. Der erste Testflug eines Prototyps fand am 6. Februar 2018 statt, der erste kommerzielle Einsatz am 12. April 2019 (jeweils MESZ).
Mit einer Transportkapazität von bis zu 63,8 Tonnen ist die Falcon Heavy die bei weitem stärkste verfügbare Trägerrakete. Historisch wird sie nur von der Saturn V (13 erfolgreiche Flüge 1967–1973) und der Energija (2 erfolgreiche Flüge 1987–1988) übertroffen. Entgegen ursprünglichen Planungen soll die Falcon Heavy nur für unbemannte Missionen verwendet werden.
Einsatzprofile
Erdumlaufbahn
Die Falcon Heavy kann schwere Satelliten in eine Erdumlaufbahn transportieren – im Gegensatz zur Falcon 9 auch direkt in eine geostationäre Bahn. Für eine niedrige Erdumlaufbahn (LEO) gibt SpaceX die maximale Nutzlast mit 63.800 kg an, für einen Geotransfer-Orbit (GTO) mit 26.700 kg.[1] Wenn die beiden Seitenbooster und ggf. die zentrale Erststufe geborgen werden sollen, sinkt die maximale Nutzlast, weil nicht die volle Brenndauer der Stufe ausgenutzt werden kann.
Ein besonders lukrativer Markt ist der Start von US-amerikanischen Militär- und Geheimdienstsatelliten.[2] Mit ihrem ersten Flug qualifizierte sich die Falcon Heavy für die Teilnahme an entsprechenden Ausschreibungen und mit dem dritten Flug im Juni 2019 für die Ausführung der seitdem gewonnenen Startaufträge.[3]
Zu anderen Himmelskörpern
Die Falcon Heavy kann Raumsonden zu anderen Himmelskörpern bringen. Für eine Mission zum Mars wird die maximale Nutzlast mit 16.800 kg angegeben, zum Pluto mit 3.500 kg.[1] Im Rahmen des Artemis-Programms der NASA soll die Rakete auch das Versorgungsraumschiff Dragon XL auf den Weg zur Mond-Raumstation LOP-G bringen.[4] Außerdem kommt sie für den Start der Raumstation selbst in Betracht.
Missionen zur Marsoberfläche waren unter der Bezeichnung Red Dragon mit unbemannten Dragon-2-Raumschiffen geplant; der erste Start hätte frühestens 2020 erfolgen sollen.[5] Dies wurde jedoch zugunsten des in Entwicklung befindlichen Starship verworfen, das besser für diesen Zweck geeignet sei.[6]
Im Juli 2021 gab die NASA bekannt, dass die Falcon Heavy für den für Oktober 2024 geplanten Start der Europa-Clipper-Mission zum Jupitermond Europa vorgesehen sei. Sie ersetzt damit die SLS-Rakete, deren Entwicklung zuletzt ins Stocken geraten war.[7]
Weltraumtourismus
Zeitweise war auch im Gespräch, die Falcon Heavy für bemannte Dragon-2-Flüge einzusetzen. So sollte mit zwei Weltraumtouristen, deren Namen damals nicht veröffentlicht wurden (darunter der japanische Unternehmer Yusaku Maezawa), eine Mondumrundung durchgeführt werden. Als Starttermin wurde Ende 2018 angekündigt.[8] Am 5. Februar 2018, einen Tag vor dem Falcon-Heavy-Erstflug, gab der SpaceX-CEO Elon Musk bekannt, dass mit der Falcon Heavy keine bemannten Flüge mehr geplant sind.[9]
Start- und Landeplätze
Als Hauptstartplatz für die Falcon Heavy verwendet SpaceX den Launch Complex 39A (LC-39A) des Kennedy Space Centers am Cape Canaveral in Florida. Er wurde 2014 für 20 Jahre gemietet.[10] Die erforderlichen Umbauten wurden teilweise zwischen den dort erfolgten Starts der Falcon 9 durchgeführt.[11] Vom LC-39A aus startete die Falcon Heavy am 6. Februar 2018 zu ihrem Erstflug.
15 km entfernt betreibt SpaceX den Landing Complex 1 mit dem Falcon-9-Landeplatz Landing Zone 1 (LC-1). Um beide Booster der Falcon Heavy gleichzeitig landen zu können, wurde hier zusätzlich eine Landing Zone 2 (LZ2) angelegt.
Für polare Umlaufbahnen, die von Florida aus schwer erreichbar sind, begann SpaceX bereits 2011 mit dem Umbau des Space Launch Complex 4E (SLC-4E) auf der Vandenberg Air Force Base in Kalifornien, von dem aus früher Titan-IVB-Raketen gestartet waren. Ursprünglich sollte dort der Falcon-Heavy-Erstflug stattfinden.[12] Stattdessen wurde der SLC-4E bislang nur für Falcon-9-Starts genutzt.
Zusätzlich war der Bau eines dritten Startplatzes auf der SpaceX South Texas Launch Site im Süden von Texas geplant. Er hätte 2016 in Betrieb gehen sollen. Boca Chica liegt zweieinhalb Breitengrade näher am Äquator als Cape Canaveral, was etwas größere Nutzlasten bei GTO-Missionen ermöglichen würde.[13] Stattdessen wird dieses Gelände heute für Entwicklung und Test der neuen SpaceX-Rakete Starship und Super Heavy genutzt.
Für Wasserlandungen im Atlantik betreibt SpaceX zwei schwimmende Plattformen (Autonomous spaceport drone ship) an der US-Ostküste.[14] Ein drittes Schiff ist im Bau.[15]
Entwicklung
Bereits 2005, als die Falcon 9 noch im frühen Entwicklungsstadium war, strebte SpaceX den Bau einer stärkeren Variante mit zwei zusätzlichen Boostern an.[16] 2009 stellte Elon Musk einen Erstflug der Falcon Heavy für 2012 in Aussicht.[17] Zwei Jahre später wurde ein Start für 2013 angekündigt,[18] der sich jedoch wegen Verzögerungen in der Entwicklung Jahr für Jahr weiter verschob.[19] Als Grund nannte Elon Musk die Komplexität des Projekts, die man stark unterschätzt habe. Der Wechsel von einem auf drei cores sei „schockierend kompliziert“ gewesen.[20] „Wir waren in der Hinsicht ziemlich naiv.“[21]
Während die Falcon 9 zu immer stärkeren Versionen weiterentwickelt wurde, vergrößerte sich auch die geplante Nutzlastkapazität der Falcon Heavy. 2006 veröffentlichte SpaceX erstmals Leistungsdaten und gab maximal 25 Tonnen Nutzlast für den Transport in eine niedrige Erdumlaufbahn an[22] – etwas mehr, als seit 2015 mit der Falcon 9 v1.2 möglich ist. 2011 hatte sich diese Zahl auf 53 Tonnen erhöht.[23] Im April 2016 stieg sie auf 54,4 Tonnen[24][25] und im April 2017 weiter auf 63,8 Tonnen.[26][27] Entsprechend stieg auch die Kapazität für den Transport in eine geostationäre Transferbahn.
Im August 2017 war schließlich je ein Exemplar der Erststufe und beider Booster fertiggestellt, und die drei Komponenten wurden einzeln getestet.[28] Der bei SpaceX übliche Triebwerkstest der fertigen Rakete fand am 24. Januar 2018 auf der Startrampe 39A statt.[29] Am 6. Februar gelang von dort nach zwei Stunden witterungsbedingter Verzögerung der Erstflug. Als „Nutzlast“ wurde ein Tesla-Roadster-Elektroauto (Leergewicht etwa 1200 kg) aus dem Besitz von Elon Musk in eine Erde-Mars-Bahn um die Sonne gebracht.[30][31] Die Entwicklungskosten für die Rakete bis zu diesem Zeitpunkt schätzte Elon Musk auf über 500 Mio. US-Dollar. Sie seien vollständig durch das Unternehmen finanziert worden, ohne staatliche Zuschüsse.[32]
Aufbau und Funktionsweise
Gesamtsystem
Die Falcon Heavy ist eine zweistufige Rakete mit zwei zusätzlichen Seitenboostern, die der ersten Stufe ähneln. Ihr Aufbau entspricht damit der 10–15 Jahre älteren Delta IV Heavy.
Die vier Teile der Falcon Heavy werden von insgesamt 28 Merlin-1D-Raketentriebwerken angetrieben. Alle Triebwerke sind mehrfach zündbar; hierzu wird ein hypergoles Gemisch aus Triethylaluminium und Triethylboran (sog. TEA-TEB) verwendet.[33] Als Treibstoff kommt jeweils gekühltes RP-1 zum Einsatz, ein hochraffiniertes Kerosin. Als Oxidator dient extrem tiefgekühlter Flüssigsauerstoff mit einer Temperatur von etwa −207 °C. Diese Tiefkühlung des Sauerstoffs ist eine Besonderheit der Falcon-Raketen und mitentscheidend für deren Wiederverwendbarkeit, weil sie die Dichte des Sauerstoffs um etwa 8 Prozent erhöht. So kann zusätzlicher Treibstoff und Oxidator geladen werden, der für die Landung benötigt wird.[34][35]
Eine weitere Besonderheit der Falcon-Raketen ist die vollkommen zerstörungsfreie Stufentrennung: Anders als bei herkömmlichen Raketen werden die Booster und die zweite Stufe nicht mit Sprengladungen, sondern durch pneumatische Vorrichtungen gelöst und weggestoßen. Dies vereinfacht die Wiederverwendung und ermöglicht einen Vorabtest der Trennvorrichtung.[36][37]
Die erste gebaute und geflogene Falcon Heavy war ein Unikat. Sie basierte auf den Falcon-9-Versionen Block 3 und Block 4, während die endgültige, kommerziell eingesetzte Heavy-Rakete von der leistungsstärkeren Version Block 5 abgeleitet ist.[38][39][40]
Erste Stufe und Booster
Der untere Teil der Falcon Heavy besteht aus einer modifizierten Falcon-9-Erststufe, an der seitlich zwei weitere modifizierte Falcon-9-Erststufen befestigt sind. Die mittlere Komponente nennt SpaceX center core („zentraler Kern“) und die Seitenteile side cores („Seitenkerne“). Die Bezeichnungen „erste Stufe“ und „Booster“ werden hingegen unterschiedlich gebraucht: Teils ist mit der ersten Stufe nur der center core gemeint, teils der gesamte untere Teil der Rakete. Als „Booster“ werden häufig nur die side cores bezeichnet, manchmal aber auch der center core. In diesem Artikel ist mit „Erststufe“ nur der center core gemeint und „Booster“ bezeichnet nur die side cores.
Die mittlere Einheit wurde laut Elon Musk „(fast) vollständig überarbeitet“ und strukturell verstärkt, um die von den Boostern ausgeübten Kräfte aufnehmen zu können.[41] Jede der drei Komponenten verfügt – wie die Falcon-9-Erststufe – über einen Kranz von acht Triebwerken mit einem neunten Triebwerk in der Mitte; SpaceX nennt diese Anordnung Octaweb. Alle Triebwerke sind mittels hydraulischer Aktoren schwenkbar, um die Flugrichtung zu steuern. Den Schub gibt SpaceX mit insgesamt 22.819 kN in Meereshöhe und 24.681 kN im Vakuum an; dies entspricht etwa 845 bzw. 914 kN für jedes der 27 Triebwerke.[1] Durch die große Anzahl von Triebwerken soll eine hohe Zuverlässigkeit erreicht werden, weil es in den meisten Fällen möglich sein soll, den Ausfall eines oder mehrerer Triebwerke zu kompensieren. Zudem können durch Serienproduktion in hohen Stückzahlen Design- und Herstellungsfehler schneller erkannt und ausgemerzt werden.[42]
Beim Start zünden alle 27 Triebwerke gleichzeitig; zwei Sekunden später werden die Festhalteklammern der Startvorrichtung gelöst und die Rakete hebt ab.[43][44] Für den weiteren Verlauf war ursprünglich geplant, die Erststufe mit Treibstoff von den Boostern zu versorgen (propellant crossfeed), sodass zuerst der Treibstoff der Booster aufgebraucht wird und diese zur Gewichtsersparnis möglichst früh abgeworfen werden können.[45][46] Diese technisch komplizierte Lösung wurde jedoch verworfen. Stattdessen wird kurz nach dem Start der Schub der Erststufe reduziert, während die beiden Booster zunächst mit voller Leistung arbeiten.[1] Um den Zeitpunkt der maximalen aerodynamischen Belastung (Max-Q) herum und kurz vor dem Abtrennen der Booster wird deren Leistung ebenfalls reduziert.
Im Falle einer wiederverwendbaren Konfiguration werden die Booster etwa 150 Sekunden nach dem Abheben abgetrennt, kehren selbstständig in die Nähe des Startplatzes zurück und landen dort auf ihren vier ausklappbaren Beinen. Nach ungefähr einer weiteren Minute trennt sich die Erst- von der Zweitstufe und landet anschließend auf einem der Drohnenschiffe im Ozean.[47][48] Wie bei der Falcon 9 werden dazu die Triebwerke jeweils dreimal gezündet – zunächst zum Abbremsen und ggf. zur Umkehr der Flugrichtung (boostback burn) und dann zum erneuten Abbremsen beim Wiedereintritt in die Atmosphäre (reentry burn); Letzteres verhindert Überhitzung und strukturelle Überlastung durch atmosphärische Reibung. Schließlich brennen nochmals 1–3 Triebwerke während des letzten Flugabschnitts (landing burn) bis zum weichen Aufsetzen auf dem Landeplatz. Während des gesamten Vorgangs wird die Fluglage durch stickstoffbetriebene Kaltgastriebwerke (nitrogen thrusters, ugs. „Steuerdüsen“) gesteuert, beim Abstieg durch die Atmosphäre zusätzlich auch durch vier Gitterflossen (grid fins) aus Titan. Die Gitterflossen der Booster wurden gegenüber der Falcon 9 verändert, weil die Booster mit einer konischen Abdeckung versehen sind, die ihre Aerodynamik beeinflusst.[49]
In der nicht wiederverwendbaren Variante entfallen die Gitterflossen und Landebeine. Eine dritte Möglichkeit ist die teilweise Wiederverwendung; hierbei landen nur die beiden Seitenbooster, entweder an Land oder auf zwei Drohnenschiffen.[50][15]
Je weniger Treibstoff und Material für Landungen mitgeführt werden muss, desto höher ist die erreichbare Endgeschwindigkeit und damit die Transportleistung der Rakete. Am ungünstigsten ist die Landung an Land; der Rückflug dorthin benötigt relativ viel Treibstoff.
Zwischenstufe
Oben auf der ersten Stufe ist die Zwischenstufe (interstage) fest montiert. Sie verbindet die beiden Stufen und umhüllt die Triebwerksdüse der Zweitstufe. Die Zwischenstufe besteht hauptsächlich aus einer Röhre aus kohlenstofffaserverstärktem Kunststoff in Aluminiumwabenkern-Sandwichbauweise.[51] Auch die Zwischenstufe wurde bei der Falcon Heavy verstärkt.[41]
Zweite Stufe und Nutzlastsektion
Die zweite Stufe der Falcon Heavy war beim ersten gebauten Exemplar identisch mit der Zweitstufe der Falcon 9.[52] Sie verfügt über ein Merlin-1D-Vakuumtriebwerk (kurz MVac-D), das sich von den 27 Triebwerken an der Unterseite der Rakete durch eine größere Ausströmdüse unterscheidet. Für die kommerziell angebotene Falcon Heavy gibt SpaceX eine Triebwerksleistung von 934 kN und eine Brenndauer von bis zu 397 Sekunden an.[1] Diese kann durch Abschalten und Neuzünden des Triebwerks in zwei oder mehr Abschnitte unterteilt werden, um komplexe Bahnmanöver zu fliegen.
Anfangs wurde angestrebt, auch die zweite Stufe wiederverwendbar zu gestalten.[53] Später wurde dieser Plan zunächst aufgegeben; dann wurde für 2018 ein Landeversuch mit der zweiten Stufe im Meer angekündigt,[54][55] der aber nicht stattfand.
Auf der zweiten Stufe wird mit einem Adapter die Nutzlast angebracht, welche von einer zweiteiligen Verkleidung (fairing) aus kohlenstofffaserverstärktem Kunststoff[51] umhüllt und geschützt wird. Wegen der erheblichen Herstellkosten von je 6 Mio. US-Dollar arbeitete SpaceX bereits seit Mitte der 2010er Jahre daran, auch die Nutzlastverkleidung wiederverwenden zu können. Sie wurde mit einem eigenen Steuerungssystem mit Kaltgastriebwerken und mit einem lenkbaren Fallschirm versehen. Spezialschiffe bergen sie nach einer Wasserung aus dem Meer. Die erste Wiederverwendung in der Raumfahrtgeschichte gelang SpaceX im November 2019 mit einer Verkleidungshälfte, die zuvor beim Start des Satelliten Arabsat 6A mit einer Falcon Heavy eingesetzt worden war. Bis Anfang 2021 wurde auch versucht, die Verkleidungshälften mit den Schiffen GO Ms. Tree und GO Ms. Chief direkt aus der Luft in einem großen Netz aufzufangen.
Für größere Nutzlasten ist eine verlängerte Variante der Nutzlastverkleidung in Entwicklung.[56] Denkbar wäre auch eine Erhöhung der Transportleistung durch Verlängerung der zweiten Stufe, insbesondere falls sich die Fertigstellung des Nachfolgemodells Starship und Super Heavy verzögern sollte.[57]
Technische Daten
Höhe | 70 m[1] | Schub Erststufe + Booster | 22.819–24.681 kN | |
Durchmesser (einer Stufe) | 3,66 m | Schub Zweitstufe | 934 kN | |
Durchmesser Nutzlastverkleidung | 5,2 m[42] | max. Nutzlast LEO1 | 63.800 kg | |
Breite an der Basis | 12,2 m[1] | max. Nutzlast GTO1 | 26.700 kg | |
Maximale Startmasse | 1.421 t[1] | max. Nutzlast Mars | 16.800 kg | |
Treibstoff (alle Stufen) | RP-1 | max. Nutzlast Pluto2 | 3.500 kg | |
Oxidator (alle Stufen) | fl. Sauerstoff | 1 Ab Cape Canaveral mit 28,5° Bahnneigung 2 Im direkten Anflug ohne Swing-by-Manöver | ||
Druckmittel | Helium |
Preisgestaltung
Der Preis für die Buchung eines Falcon-Heavy-Starts lag im Jahr 2011 bei 80–125 Millionen US-Dollar[58] und stieg bis 2018 auf 90–150 Millionen US-Dollar. Damit lag er um etwa 50 % über dem für die Falcon 9, bei fast dreifacher Leistung. Der Grund für den unterproportionalen Preiszuwachs liegt im höheren Anteil wiederverwendbarer Komponenten.
Für den Transport von bis zu 8 Tonnen Nutzlast in eine geostationäre Transferbahn gibt SpaceX auf der Firmenwebsite einen Preis von 90 Mio. US-Dollar an.[59] Ungefähr 95 Mio. US-Dollar soll der Start laut Elon Musk kosten, wenn die beiden Booster auf je einem Autonomous spaceport drone ship landen und die zentrale Erststufe nicht wiederverwendet wird.[60] Die maximale Nutzlast soll in dieser Konfiguration etwa 10 % niedriger sein als bei einer Einwegnutzung der Booster.
Den Startpreis für eine komplett nicht wiederverwendbare Falcon Heavy, die die volle Transportkapazität bietet, gab Elon Musk mit 150 Millionen US-Dollar an.[61]
Die Falcon Heavy ist damit weitaus günstiger als die zweitstärkste verfügbare Trägerrakete, die Delta IV Heavy mit etwa 400 Mio. US-Dollar pro Start. Für die Beförderung der größtmöglichen Nutzlast in eine niedrige Erdumlaufbahn ergeben sich rein rechnerisch etwa 2.350 Dollar pro kg mit der Falcon Heavy im Vergleich zu 13.900 Dollar/kg mit der Delta IV Heavy und 2.720 Dollar/kg mit der Falcon 9. Die Falcon Heavy ist in dieser Hinsicht die preiswerteste Rakete auf dem Markt.[62][59] Die geplante Rakete Starship und Super Heavy mit wiederverwendbarer Oberstufe soll nochmals wesentlich kostengünstiger sein.[63][64][65]
Starts
Abgesagte Starts
Wegen der Verzögerungen bei der Entwicklung der Falcon Heavy entschlossen sich mehrere Kunden, ihre Satelliten mit anderen Raketen zu starten.
Den ersten Auftrag für einen kommerziellen Start der Falcon Heavy erteilte Intelsat im Jahr 2012.[66] Der 6,8 Tonnen schwere Kommunikationssatellit Intelsat 35e sollte in eine geostationären Transferbahn abgesetzt werden. Verbesserte Leistungsdaten der Falcon 9 ermöglichten es, die Mission auf Letztere umzubuchen; der Start erfolgte schließlich am 5. Juli 2017 vom Kennedy Space Center Launch Complex 39 unter voller Ausnutzung der Falcon-9-Leistungsreserven.[67]
Inmarsat plante den Start von drei schweren Kommunikationssatelliten mit der Falcon Heavy.[68] Einer davon wurde auf die Falcon 9 umgebucht und fand am 5. Mai 2017 statt, ein weiterer am 28. Juni 2017 mit einer Ariane 5.[69][70] Auch der 6,4 Tonnen schwere ViaSat-2 startete im Juni 2017 mit einer Ariane 5 anstatt – wie geplant[71] – mit der Falcon Heavy.
Durchgeführte Starts
Die Falcon Heavy startete bislang dreimal. Alle drei Starts waren in Bezug auf das Missionsziel – das Aussetzen der Nutzlasten in die gewünschten Umlaufbahnen – erfolgreich. Ebenso gelang bei allen Flügen die Landung und Bergung beider Booster, während die Erststufen aus verschiedenen Gründen verloren gingen.
Lfd. Nr. | Datum (UTC), Ergebnis |
Erststufe, Booster1 | Startplatz | Missionsbezeichnung Nutzlast |
Art der Nutzlast | Nutzlast in kg2 | Orbit3 |
---|---|---|---|---|---|---|---|
2018 | |||||||
1 | 6. Februar 2018 20:45[72] Erfolg |
B1033 B1023.2 B1025.2 |
KSC LC-39A | Falcon Heavy Demo Tesla Roadster[30] |
Elektroauto als Massesimulator | ca. 1250[73] | elliptische Sonnenumlaufbahn im Bereich von Erd- bis Marsorbit[31] |
Demonstrationsflug; erfolgreiche Landung beider Seitenbooster auf den Landezonen 1 und 2 der Cape Canaveral Air Force Station; Bruchlandung der Erststufe neben dem Drohnenschiff Of Course I Still Love You im Atlantik, weil zu wenig Zündflüssigkeit (TEA-TEB) vorhanden war und nur eines von drei Triebwerken zündete.[33][74] (Foto: Der Tesla Roadster mit der Puppe „Starman“ nach dem Start; im Hintergrund die Erde) | |||||||
2019 | |||||||
2 | 11. April 2019 22:35[75] Erfolg |
B1055 B1052.1 B1053.1 |
KSC LC-39A | Arabsat 6A | Kommunikationssatellit | 6465[76] | hochelliptische geostationäre Transferbahn (GTO), Apogäum ca. 90.000 km |
Erster kommerzieller Start; erster Falcon-Heavy-Start der Raketenversion Block 5 mit 10 % mehr Schub; erfolgreiche Dreifachlandung, wie beim Erstflug auf den Landezonen 1 und 2 und der schwimmenden Plattform Of Course I Still Love You. Wegen starken Seegangs kippte die Erststufe jedoch beim Rücktransport um und zerbrach; nur das untere Drittel konnte geborgen werden.[77][78] (Foto: Landung der beiden Booster) | |||||||
3 | 25. Juni 2019 06:30 Erfolg |
B1057.1 B1052.2 B1053.2[79] |
KSC LC-39A | STP-2, ELaNa XV DSX, Formosat 7A–7F, GPIM, OTB 1, 15 weitere Kleinsatelliten |
militärische und wissenschaftliche Forschungssatelliten | 600 6 × 278 180 138 ca. 260 |
MEO LEO LEO LEO LEO |
Bislang komplexester Falcon-Flug mit vier Zündungen des Zweitstufentriebwerks und 20 separaten Nutzlastauswürfen in drei Orbitgruppen. Erfolgreiche Landung beider Seitenbooster auf den Landezonen 1 und 2; Bruchlandung der Erststufe im Meer wegen Triebwerksschaden infolge einer planmäßig extrem hohen Landegeschwindigkeit. Erstmals gelang das Auffangen einer Nutzlastverkleidungshälfte mit dem Spezialschiff GO Ms. Tree.[80][81] (Foto: Die Falcon Heavy am Tag vor dem Start) |
Geplante Starts
Letzte Aktualisierung: 4. Oktober 2021
Datum (UTC) | Erststufe, Booster | Startplatz | Missionsbezeichnung Nutzlast |
Art der Nutzlast | Nutzlast in kg2 | Orbit3 |
---|---|---|---|---|---|---|
2022 | ||||||
1. Quartal 2022[82] | KSC LC-39A | USSF-44 Tetra-1[83] |
2 militärische Satelliten experimenteller Cubesat |
2× ca. 2000[84] |
geosynchrone Umlaufbahn[84] | |
2022[85] | KSC LC-39A | USSF-52 | militärischer Satellit | 6350[86] | geosynchrone Transferbahn[86] | |
2022[87] | KSC LC-39A | ViaSat 3 Americas Aurora 4A |
Kommunikationssatellit Kommunikationssatellit |
ca. 6400[88] 300 |
geostationäre Umlaufbahn | |
3. Quartal 2022[89][90] | KSC LC-39A | Psyche Janus |
Asteroidensonde 2 Asteroidensonden |
Fluchtbahn | ||
3. Quartal 2022[91][92] | KSC LC-39A | USSF-67 | militärische(r) Satellit(en) | |||
2023 | ||||||
4. Quartal 2023[93] | KSC LC-39A | Griffin Mission One Griffin Viper |
CLPS-Mission Mondlander Mondrover |
Fluchtbahn | ||
2024–2025 | ||||||
April 2024[94] | KSC LC-39A | GOES-U | Wettersatellit | geostationär | ||
Oktober 2024[95] | KSC LC-39A | Europa Clipper | Raumsonde | |||
2024–2025[96] | KSC LC-39A | LOP-G HALO LOP-G PPE |
Raumstationmodule | hoher Erdorbit | ||
2024–2025[4][97] | KSC LC-39A | Dragon XL (GLS 1) | Versorgungsraumschiff | hoher Erdorbit[98] | ||
2026 | ||||||
2026[4][97] | KSC LC-39A | Dragon XL (GLS 2) | Versorgungsraumschiff | hoher Erdorbit |
Vergleich mit anderen Schwerlastraketen
Die stärksten derzeit verfügbaren oder in Entwicklung befindlichen Trägerraketen für den Transport in niedrige Erdumlaufbahnen (LEO) sind:
Rakete | Hersteller | Stufen | Seitenbooster | max. Nutzlast (LEO) | max. Nutzlast (GTO) | wiederverwendbar | interplanetare Missionen | bemannte Missionen | Erstflug |
---|---|---|---|---|---|---|---|---|---|
CZ-9[99] | CALT | 3 | 4 | 140 t | 66 t | nein | geplant | nicht geplant | ca. 2028 |
SLS Block 1B | Boeing | 2 | 2 | 105 t | keine Angabe | nein | geplant | geplant | 2026 (geplant) |
Starship | SpaceX | 2 | – | > 100 t1 | 21 t[100] (> 100 t2) |
vollständig | geplant | geplant | 2022 (geplant) |
SLS Block 1 | Boeing | 2 | 2 | 95 t | keine Angabe | nein | geplant | geplant | 2022 (geplant) |
Falcon Heavy | SpaceX | 2 | 2 | 64 t | 27 t | Erststufe, Seitenbooster, Nutzlastverkleidung | ja | nicht geplant | 2018 |
New Glenn | Blue Origin | 2 | – | 45 t1 | 13 t1 | Erststufe | möglich | geplant | ca. 2023 |
Angara A5V | Chrunitschew | 3 | 4 | 37,5 t | 12 t | nein | geplant | geplant | 2027 (geplant) |
Delta IV Heavy | ULA | 2 | 2 | 29 t | 14 t | nein | ja | nein | 2004 |
Vulcan | ULA | 2 | 6 | 27 t | 13,6 t | nein | geplant | geplant | Ende 2022 (geplant) |
CZ-5 | CASC | 2–3 | 4 | 25 t | 14 t | nein | ja | nicht geplant | 2016 |
Literatur
- Eugen Reichl: Private Raumfahrtprojekte, Motorbuchverlag, 2013, ISBN 978-3-613-03526-3
- Falcon Heavy. In: Bernd Leitenberger: US-Trägerraketen, Edition Raumfahrt, 2. Auflage von 2016, ISBN 978-3-7392-3547-9, S. 542–545
Weblinks
- SpaceX: Falcon Heavy (englisch)
- Falcon Heavy Test Flight auf YouTube (Testflug der Falcon Heavy)
- Animiertes Video eines Falcon-Heavy-Starts
- Falcon User’s Guide (PDF, englisch)
Einzelnachweise
- Falcon Heavy. SpaceX, abgerufen am 14. Februar 2018 (englisch).
- Eric Berger: Four rocket companies are competing for Air Force funding, and it is war. In: Ars Technica. 13. August 2019, abgerufen am 13. August 2019: „As the US military pays a premium for launch contracts to its nine reference orbits, this guaranteed revenue is extremely valuable to US companies aspiring to run a profitable launch business.“
- Sandra Erwin: Falcon Heavy’s first commercial launch to pave the way for reusable rockets in national security missions. In: Spacenews. 25. März 2019, abgerufen am 23. April 2019 (englisch).
- NASA’S management of the gateway program for the Artemis missions. NASA Office of Inspector General, 10. November 2020 (PDF), Seite 12f.
- Wolfgang Reszel: SpaceX: „Red Dragon“-Start um zwei Jahre verschoben. 19. Februar 2017, abgerufen am 16. Mai 2017.
- Loren Grush: Elon Musk suggests SpaceX is scrapping its plans to land Dragon capsules on Mars. In: The Verge. 19. Juli 2017, abgerufen am 6. November 2017.
- SpaceX soll für NASA zum Jupitermond Europa fliegen. Deutsche Welle, 24. Juli 2021, abgerufen am selben Tage.
- SpaceX to Send Privately Crewed Dragon Spacecraft Beyond the Moon Next Year. SpaceX, 27. Februar 2017, abgerufen am 16. Mai 2017 (englisch).
- Jeff Foust: SpaceX no longer planning crewed missions on Falcon Heavy. 5. Februar 2017, abgerufen am 7. Februar 2017 (englisch).
- Bob Granath: NASA, SpaceX Sign Property Agreement for Historic Launch Pad. NASA, 22. April 2014, abgerufen am 10. Mai 2017 (englisch).
- Chris Gebhardt: SpaceX aims for late-December launch of Falcon Heavy werk= NASASpaceFlight.com. Abgerufen am 6. November 2017 (amerikanisches Englisch).
- SpaceX Breaks Ground on Launch Site for Falcon Heavy. SpaceX, 13. Juli 2011, abgerufen am 10. Mai 2017 (englisch).
- Amy Svitak: Falcon 9 Performance: Mid-size GEO? (Memento vom 11. Januar 2018 im Internet Archive). Aviation Week, 8. März 2014.
- Just Read the Instructions. Abgerufen am 2. Juni 2020 (englisch).
- Stephen Clark: New drone ship under construction for SpaceX rocket landings. In: Spaceflight Now, 14. Februar 2018.
- June 2005 through September 2005 Update, SpaceX-News.
- Shit Elon Says – Transcript – Elon Musk on the future of SpaceX (Memento vom 15. März 2017 im Internet Archive). shitelonsays.com, Mitschnitt von der Mars Society Conference, Boulder, Colorado; abgerufen am 14. Februar 2018.
- Ryan Rakib: F9/Dragon: Preparing for ISS. In: SpaceX. 15. August 2011, abgerufen am 6. November 2017.
- Stephen Clark: Launch Schedule. (Nicht mehr online verfügbar.) Spaceflight Now, 2. März 2018, archiviert vom Original am 4. März 2018; abgerufen am 2. März 2018 (englisch).
- Stephen Clark: Musk previews busy year ahead for SpaceX. Spaceflight Now, 4. April 2017.
- Christian Davenport: Elon Musk is set to launch his Falcon Heavy rocket, a flamethrower of another sort. The Washington Post, 30. Januar 2018.
- Erik Seedhouse: SpaceX’s Dragon: America’s Next Generation Spacecraft, Seite 150. Springer 2015; eingeschränkte Vorschau in der Google-Buchsuche.
- SpaceX-Broschüre (Memento vom 9. August 2011 im Internet Archive), Seite 5, Juni 2011(PDF).
- Capabilities & Services (Memento vom 4. April 2016 im Internet Archive), SpaceX.
- Capabilities & Services (Memento vom 30. April 2016 im Internet Archive), SpaceX.
- Capabilities & Services (Memento vom 31. März 2017 im Internet Archive), SpaceX.
- Capabilities & Services (Memento vom 11. April 2017 im Internet Archive), SpaceX.
- Falcon Heavy’s 3 first stage cores have all completed testing at our rocket development facility in McGregor, TX. Twitter-Nachricht von SpaceX, 2. September 2017.
- Watch the Falcon Heavy roar to life. spaceflightnow.com, 24. Januar 2018.
- Sean O’Kane: SpaceX will use the first Falcon Heavy to send a Tesla Roadster to Mars, Elon Musk says, The Verge, 1. Dezember 2017.
- Alan Chamberlin: HORIZONS Web-Interface. Abgerufen am 8. Februar 2018 (englisch, als Target Body -143205 eingeben und auf Generate Ephemeris klicken.).
- Michael Sheetz: Elon Musk wants 'a new space race,' says new SpaceX rocket can launch payloads as far as Pluto. CNBC, 6. Februar 2018.
- Elon Musk celebrates successful Falcon Heavy rocket launch auf YouTube, Minute 1:10–2:20.
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