Raumstation

Raumstationen sind Raumflugkörper, die sich meist im Orbit eines Himmelskörpers befinden und es Menschen ermöglichen, lange Zeit auf ihnen zu leben. Sie sind, da sie selbst nicht über einen Antrieb zur Fortbewegung oder Landevorrichtungen verfügen, auf Raumfahrzeuge für Transporte angewiesen. Eine Unterform von Raumstationen sind Raumlabore.

Die Internationale Raumstation ISS am 7. März 2011, aufgenommen aus dem Space Shuttle Discovery
Modell der chinesischen Raumstation Tiangong 2 mit dem Raumschiff Shenzhou 11
Die russische Raumstation Mir im Jahr 1998
Skylab, die bislang einzige US-amerikanische Raumstation, im Jahr 1974

Probleme

Technisch herausfordernd beim Betrieb einer Raumstation ist vor allem die Versorgung der Besatzung. Aufgrund der hohen Kosten für Transporte mussten Systeme entwickelt werden, die den Betrieb einer Raumstation weitgehend autark erlauben, d. h. in einem geschlossenen Kreislauf. Besonders bei der Aufbereitung von Wasser und Luft wurden dabei große Fortschritte erzielt.

Raumstationen umkreisen die Erde typischerweise in einer niedrigen Umlaufbahn (Low Earth Orbit) von 300 bis 400 Kilometern Höhe. Diese niedrigen Umlaufbahnen sind nicht stabil, da die Thermosphäre, eine dünne äußere Schicht der Erdatmosphäre, die Raumstationen ständig abbremst. Ohne regelmäßigen Schub in höhere Umlaufbahnen würden Raumstationen daher nach einigen Monaten oder Jahren wieder in die Erdatmosphäre eintreten. Auch die Gravitation anderer Himmelskörper stört die Umlaufbahn einer Raumstation. Bei der ISS erfolgen die sogenannten „Reboost-Manöver“ meist über die Triebwerke angekoppelter Raumschiffe und erfordern etwa 7 t Treibstoff pro Jahr. Die Chinesische Raumstation nutzt hierfür einen mit Xenon betriebenen, sehr treibstoffsparenden Hallantrieb, der aufgrund seiner geringen Schubkraft die Station bei den Bahnkorrekturmanövern auch mechanisch weniger beansprucht.

Die Raumstationen im Einzelnen

Die erste Raumstation war 1971 die sowjetische Saljut 1. Eine der bedeutendsten Raumstationen war die sowjetische Station Mir, die fast 15 Jahre lang schrittweise ausgebaut und genutzt wurde. Mit der ISS ist heute eine Raumstation in internationaler Kooperation permanent bemannt.

Bisher wurden vierzehn Raumstationen in die Erdumlaufbahn gebracht, davon wurden zwölf bemannt:

NameStartAbsturzAnzahl
Langzeitbesatzungen
Besetzte
Tage
Masse
in kgb)
Bemerkung
Saljut 119. April 197111. Oktober 197110024018.500Alle drei Besatzungsmitglieder starben auf dem Rückflug in der Sojus 11 beim Wiedereintritt.
Saljut 23. April 197328. Mai 197300000018.500Druckverlust und Instrumentenausfall führten zu einem vorzeitigen Absturz der Station
Kosmos 55711. Mai 197322. Mai 197300000019.400erreichte keinen stabilen Orbit
Skylab14. Mai 197311. Juli 197930171077.088bisher einzige rein US-amerikanische Raumstation
Saljut 324. Juni 197424. Januar 197510015018.500 
Saljut 426. Dezember 19742. Februar 197720092018.500 
Saljut 522. Juni 19768. August 197720067019.000 
Saljut 629. September 197729. Juli 198260683019.824erste wiederauftankbare Raumstation
Saljut 719. April 19827. Februar 199150816018.900 
Mir19. Februar 198623. März 2001284594124.340bisher größte russische Raumstation
ISS20. November 1998(im Orbit)bisher 667790a)455.000unter internationaler Kooperation
Tiangong 129. September 20112. April 2018[1]20021008.506erste chinesische Raumstation
Tiangong 215. September 201619. Juli 2019[2]10030008.600
Chinesische
Raumstation
29. April 2021(im Orbit)bisher 20228a)022.500im Aufbau
a Stand vom 2. März 2022
b teilweise gerundet oder geschätzt

Geplante Raumstationen

Die NASA möchte ab 2024 zusammen mit den ISS-Partnern erstmals eine Raumstation in einem Mondorbit, das Lunar Orbital Platform-Gateway, betreiben. Roskosmos, das sich mittlerweile von diesem Projekt zurückgezogen hat, plant den Aufbau der Russischen orbitalen Servicestation (in einem Erdorbit) ab 2025[3][4] und ISRO für circa 2030 die Einrichtung einer eigenen Raumstation.[5]

Darüber hinaus stehen mit Starlab (Nanoracks, Voyager Space und Lockheed Martin) ab 2027[6] und Orbital Reef (u. a. Blue Origin, Boeing und Sierra Space) ab Ende der 2020er[7] rein kommerzielle Raumstationen in Aussicht. Axiom Space möchte ab 2024 zunächst mehrere Module mit der ISS verbinden, die – nachdem deren Betrieb eingestellt wurde – wieder abgetrennt werden sollen und dann eine eigene Raumstation bilden.[8]

Ideen für alternative Konzepte

Zukünftige Raumstationen könnten in größerer Entfernung zur Erde in einem der Lagrange-Punkte des Erde-Mond-Systems positioniert werden. Die Lagrange-Punkte L4 und L5 ermöglichen der Raumstation einen wesentlich stabileren Orbit, was die nötigen Kurskorrekturen und damit den Treibstoffverbrauch erheblich reduzieren würde. Allerdings ist die Intensität der kosmischen Strahlung in einer größeren Entfernung zur Erde erheblich größer, weil dort der Schutz durch die Magnetosphäre der Erde fehlt. Für eine solche Raumstation wäre es also notwendig, besondere Vorkehrungen zum Strahlenschutz zu treffen.

Ein Konzept für neuartige Raumstationen sind zum Beispiel die O’Neill-Kolonien.

Literatur

  • Philip Baker: The Story of Manned Space Stations - An Introduction. Springer, Berlin 2007, ISBN 978-0-387-30775-6.
  • Roger D. Launius: Space station - base camps to the stars. Smithonian, Washington D.C. 2003, ISBN 1-58834-120-8.
  • Ernst Messerschmid et al.: Space Stations - Systems and Utilization. Springer, Berlin 1999, ISBN 978-3-642-08479-9.

Siehe auch

Wiktionary: Raumstation – Bedeutungserklärungen, Wortherkunft, Synonyme, Übersetzungen
Commons: Raumstationen – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien

Einzelnachweise

  1. Tiangong 1 verglüht in Erdatmosphäre. Süddeutsche Zeitung, 2. April 2018, abgerufen am 2. April 2018.
  2. Chinesische Raumstation „Tiangong-2“ über dem Südpazifik in der Atmosphäre verglüht. 19. Juli 2019, abgerufen am 19. Juli 2019.
  3. Russian Orbital Service Station, ROSS. Russian Space Web, 29. April 2021.
  4. Roscosmos chief expects 1st module of national orbital station to be launched in late 2025. TASS, 23. April 2021.
  5. Huma Siddiqui: India to have its own space station! ISRO plans to take historic leap. In: The Hindu. 13. Juni 2019, abgerufen am 13. Juni 2019.
  6. Meet Starlab: Private space station planned to fly in 2027. Space.com, 21. Oktober 2021.
  7. Blue Origin unveils plans to build a private space station called Orbital Reef by 2030. Space.com, 21. Oktober 2021.
  8. Axiom Space picks Thales Alenia to build commercial space station modules. Space.com, 24. Juni 2021.
  1. Jeff Foust: Nanoracks and Lockheed Martin partner on commercial space station project. SpaceNews, 21. Oktober 2021, abgerufen am 2. November 2021.
  2. Mike Wall: Blue Origin unveils plans to build a private space station called Orbital Reef by 2030. Space.com, Oktober 2021, abgerufen am 2. November 2021.
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