Breslauer Dom
Der Breslauer Dom, die Kathedrale St. Johannes der Täufer (polnisch Archikatedra św. Jana Chrzciciela) des Erzbistums Breslau, wurde in den Jahren von 1244 bis 1341 im Stil der Gotik errichtet. Er ist eines der Wahrzeichen von Breslau. Seine zwei Türme sind mit knapp 98 Metern die höchsten Kirchtürme der Stadt und prägen wie in Brünn, Prag und Wien das Straßenbild.[1]
Geschichte
Unter der Kathedrale befinden sich Mauerreste der Vorgängerkirchen. Es wird vermutet, dass sich vor der Errichtung der ersten christlichen Kirche am Standort des Doms eine heidnische Kultstelle in der Form eines Brunnens befand.
Böhmische Kirche
Frühere Forscher der Kirche nahmen nach spätmittelalterlichen Erwähnungen als sicher an, dass die erste Domkirche in Breslau im Jahr 1000 aus Holz gebaut wurde. Die Ausgrabungen vor Ort, die nach dem Zweiten Weltkrieg durch Marcin Bukowski durchgeführt wurden, haben allerdings erwiesen, dass man bereits bei dem Bau des ersten Doms Natursteinmauerkonstruktion verwendet hat. Des Weiteren wurde bei den neuesten Ausgrabungen (1996–1997, Edmund Małachowicz et al.) eine noch ältere Kirche entdeckt, die in der polnischen Literatur als Böhmische Kirche (oder Tschechische Kirche) bezeichnet wird. Diese gemauerte Kirche ist bereits in der Mitte des 10. Jahrhunderts entstanden, als sich Schlesien noch unter der Herrschaft der böhmischen Přemysliden befand. Die Überbleibsel der Kirchenfundamente wurden an der Stelle gefunden, wo heute die Apsis und das breitere östlichste Joch des Hauptschiffes aneinander treffen.
Diese älteste Breslauer Kirche bestand gemäß der Rekonstruktion von Małachowicz aus einem Schiff mit einem kräftigen Querschiff und einer Apsis im östlichen Teil, so dass der Grundriss vermutlich ein Lateinisches Kreuz darstellte. Die Mauern wurden aus Feldstein mithilfe von Kalkmörtel errichtet. Die Gesamtlänge der Kirche betrug max. 25 m. Die Kirche weist einige Analogien mit der böhmischen Architektur ihrer Zeit auf.
1. Dom des Tapferen
Nach dem Jahr 1000, als das Bistum Breslau gegründet wurde, wurde die Böhmische Kirche durch eine deutlich größere Kathedrale ersetzt. Es handelte sich um eine dreischiffige vorromanische Basilika. Im östlichen Teil befanden sich zwei Türme und eine Krypta mit Gewölbe auf vier Pfeilern. Als Stifter dieser ersten Domkirche gilt der polnische Herzog Bolesław der Tapfere, der für die Gründung des Bistums sorgte. Die Domkirche war 33,5 m lang. Die ausgegrabenen Details (z. B. eine Basis einer Blendsäule) bezeugen die Präsenz einer architektonischen Gliederung. Der in der Nähe des heutigen Doms ausgegrabene Holzbalken mit großem Querschnitt, in dem man einen Bestandteil des Dachstuhls vermutet, wurde auf das Jahr 1004 datiert. Der erste Dom wurde während des tschechischen Einfalls von 1038–1039 unter Břetislav I. bzw. des sogenannten Heidenrückfalls abgebrannt und vermutlich anschließend durch die Bevölkerung abgebaut.
2. Dom des Erneuerers
In den 50er und 60er Jahren des 11. Jahrhunderts wurde als Stiftung des polnischen Herzogs Kasimir I., genannt Erneuerer, eine neue Domkirche auf dem alten Ort errichtet. Die Richtung der früher nach Nordosten gerichteten Hauptachse wurde beim Neubau korrigiert. Die neue Orientierung wurde durch Nachfolgebauten bzw. bis zum heutigen Tag beibehalten. Der 2. Dom war eine frühromanische dreischiffige Basilika aus Bruchstein mit einem kurzen Querschiff, einschiffigem Chor sowie einer Apsis. Unter den letztgenannten befand sich eine dreischiffige, gewölbte Krypta. Wahrscheinlich gab es keine Türme und die Schiffe waren mit einer hölzernen Decke gedeckt. Nur wenige Details aus dem 2. Dom sind bis heute erhalten, da mehrere Teile beim Bau des 3. Dom wiederverwendet wurden.
3. Dom des Bischofs Walter
Der 2. Dom war eine relativ schlichte Kirche. Eine prächtigere Domkirche in Stil der Romanik wurde ab 1158 durch den Bischof Walter von Malonne errichtet. Teile der Außenmauer des Vorgängerbaus wurden in die neue Konstruktion einbezogen, jedoch von außen verstärkt. Eine Erwähnung von Walter als Erbauer des ersten gemauerten Dom in einer mittelalterlichen Chronik war indem übertrieben und der Grund für spätere Missinterpretationen in der Geschichtsschreibung des Doms.
Die dreischiffige Basilika mit Querschiff und zwei Westtürmen wurde erst 1180 fertig gestellt und durch den Nachfolger Walters, Bischof Siroslaus II. eingeweiht. Der Grundriss und die räumliche Form des Walterdoms ist nicht nur aus den Ausgrabungen bekannt. Die Kirche wurde auch auf dem erhaltenen Siegel von Siroslaus II. dargestellt, das als älteste Abbildung des Breslauer Doms gilt. Die Forscher sehen Ähnlichkeiten mit der damaligen Kathedrale von Płock, die unter Alexander von Malonne, dem Bruder Walters, errichtet wurde. Die Länge des 3. Breslauer Doms betrug 48,5 m und die Breite 24,5 m. Die neuen Fassaden aus weißem Kalkstein waren reichlich und kontrastvoll mit buntem Sandstein verziert. Mehrere Details aus diesem Kirchenbau sind erhalten und wurden derzeit im Museum der Erzdiözese aufbewahrt. Unter dem heutigen Chor sind Reste der Krypta erhalten.
Der 3. Dom, ähnlich wie die sonstige Bebauung der Dominsel, überstand im Jahr 1241 den Mongolenangriff vermutlich ohne größere Zerstörungen.
4. Dom
Gotischer Grundbau
In den nachfolgenden Jahrzehnten wurde in mehreren Etappen die gotische Erweiterung bzw. der Neubau vollzogen. Als dessen Ergebnis ist der Grundbau der bis in die Gegenwart existierenden 4. Domkirche bzw. der 5. Kirche an dieser Stelle entstanden.
In den Jahren 1244–1272 ersetzte man den für das Domkapitel zu klein gewordenen Chorbau des Walterdoms durch einen wesentlich längeren und höheren Chor mit Ambulatorium. Der neue Chor mit einem orthogonalen Abschluss zur Ostseite entstand unter dem Bischof Thomas I. im Stil der Kathedralgotik, vermutlich durch eine Zisterzienserbauhütte. Über den Ecken des Ambulatoriums wurden zwei (Ost-)Türme erbaut, die jedoch unvollendet blieben. Im Wettbewerb der Dombaumeister stießen die damaligen handwerklichen Techniken oft an ihre Grenzen.[1] Die zur Wallanlage der Dominsel gerichtete neue Ostfassade erhielt ein großes farbiges Glasfenster und in den Giebel wurde ein relativ großes funktionsloses dekoratives Fenster eingebaut, das zum Dachstuhlraum führte. Die Ostfassade wurde zur repräsentativen Schaufassade des Baus, der nunmehr aus den Schiffen des Walterdoms und dem neuen Hochchor bestand. Der neue Chorraum wurde mit sechsgeteilten Spitzbogengewölben gewölbt.
Als Ersatz für den übrigen Teil des Walterdoms ließ der Breslauer Bischof Nanker ein neues Langhaus mit zwei Westtürmen errichten. Dieses im Jahre 1341 vollendete Langhaus und die ungefähr zur gleichen Zeit entstandene neue Sakristei im Südosten des Chorbaus sind im Stil der Reduktionsgotik gehalten. Die neuen Schiffe wurden von der westlichen Seite aus um die Gemäuer des Walterdoms gebaut, sodass dieser vermutlich erst dann abschnittsweise abgerissen wurde, als die Arbeiten am Neubau fortgeschritten waren. Infolge eines Vermessungsfehlers ist die Achse des Hauptschiffes um ca. 15 cm nach Süden verschoben, so dass die neuen Seitenwände nicht auf die bestehenden Chorwände trafen und bis in die Gegenwart ein Mauervorsprung in der Südfassade sichtbar bleibt. Außerdem soll das doppelbreite östlichste Joch des Hauptschiffes erwähnt werden, das an Stelle des früheren romanischen Querschiffs vermutlich zuletzt errichtet wurde. Einige Forscher vermuten sogar, dass zunächst ein gotisches Querschiff geplant war.
Mit der Einweihung des Chors wurde der gotische Bau vollendet. In der nächsten Bauetappe wurde allerdings zunächst vom Baumeister Peschel zwischen 1354 und 1368 östlich des Hochchors der so genannte Kleinchor, eine Marienkapelle, hinzugefügt. Die Kapelle wurde vom Bischof Preczlaw von Pogarell als dessen Grablege gestiftet.
Nächste Erweiterungen wurden im Laufe des 15. Jahrhunderts getätigt. Dazu gehörten die seitlichen Kapellen und die Obergeschosse des Nordwestturmes samt bleigedeckten hölzernen Turmspitze. Der Südwestturm blieb zu dieser Zeit lediglich viergeschossig. 1517 stiftete der Bischof Johannes V. das neue Portal der Sakristei, das als erstes Beispiel der Renaissance in Schlesien gilt.
Umbauten der Renaissance und des Barocks
Am 19. Juni 1540 zerstörte ein Großbrand das Dach, die Turmspitze und die Kirchenglocken. Der Wiederaufbau des Helms auf dem Nordwestturm geschah 1556 im Renaissancestil. Zwischen 1568 und 1580 wurde der bisher nur viergeschossige Südwestturm zunächst auf die gleiche Höhe aufgestockt, dabei wurden die gotische Grundform des Nordwestturms wiederholt, allerdings vereinfachter Ausführung und ohne Ornamente. Der neu errichtete Turmhelm glich dem Renaissance-Helm des Nordwestturms. Als weitere größere Änderung gilt die Abtragung der stark durch den Brand in Mitleidschaft gezogenen Dachrinnernbalustrade sowie die Aufstockung der Chormauer um ca. 1 m, so dass seine Gesimshöhe an das Langhaus angeglichen wurde. Der Chorraum selbst wurde verputzt und mit Stuck gegliedert. Bischof Andreas von Jerin stiftete 1590 einen silbernen Hochaltar im Renaissancestil. Zu dieser Zeit, vielleicht schon 1540, trug man den Lettner ab.
1633 wurden während der Belagerung Breslaus durch Schweden, Sachsen und Brandenburger der Südwestturm, die südliche Fassade und das Dach der Sakristei beschädigt. Diese Zerstörungen konnten anschließend beseitigt werden und der Turm erhielt wieder seinen Helm. Der Bau der barocken Sakramentskapelle erfolgte 1672, der Elisabethkapelle zwischen 1680 und 1700. Dazu kamen u. a. 1716–1724 die Fronleichnamskapelle (Kurfürstenkapelle) und 1749 die Totenkapelle.
Sanierungen und Restaurierungen des Klassizismus und Historismus
Der nächste Großbrand, der am 9. Juni 1759 auf der Dominsel wütete, zerstörte den Dom erheblich. Die Westtürme mit Helmdächern und Glocken, die gotische Westfassade, das Dach des Langhauses, die Sakristei, der Kleinchor und die Orgel fielen dem Brand zum Opfer. Die Beseitigung der Schäden zog sich über die nachfolgenden 150 Jahre. Zunächst wurden die Westtürme mit niedrigen Zeltdächern gedeckt. Der eingestürzte Westgiebel wurde in einer einfacheren an Klassizismus angelehnten Form wiederaufgebaut.
Die größte neugotische Restaurierung des 19. Jahrhunderts wurde von Carl Johann Lüdecke geleitet. Der Innenraum des Hochchors wurde regotisiert, ebenfalls das Portalhaus und die Westfassade, wobei man die letzte Arbeit schon nach kurzer Zeit als ungelungen empfand. Der bis dahin existierende silberne Hochaltar von Jerins wurde durch eine neugotische Konstruktion ersetzt, einige alte silberne Teile hat man wiederverwendet.
Weitere Sanierungs- und Wiederherstellungsarbeiten wurden am Anfang des 20. Jahrhunderts von Hugo Hartung durchgeführt. Unter anderem wurden die 1759 zerstörten Natursteinverzierungen der oberen Partie des Nordwestturmes rekonstruiert und der bislang detaillose Südwestturm erhielt der Symmetrie zuliebe eine gleiche Verzierung. In den Jahren 1912 und 1926 wurden die Helmdächer in neugotischer Form errichtet, wobei der spätere auf dem Südwestturm durch Joseph Ebers und stark vereinfacht gestaltet wurde. Zu der geplanten Fertigstellung der Osttürme und erneutem Umbau der Westfassade kam es nicht.
1907 erhielt die Kirche durch Papst Pius X. den Rang einer Basilica minor verliehen. 1930 wurde das Bistum Breslau zum Erzbistum, so wurde auch der Dom zur Erzbischofskirche. Die folgende Renovierung des Innenraumes durch Günther Grundmann umfasste u. a. die Entfernung der Wandfresken aus dem 19. Jahrhundert und des neugotischen Gesimses im Chorraum.
Zerstörung und Wiederaufbau
In den letzten Tagen des Zweiten Weltkrieges wurde der Dom durch die einrückende Rote Armee schwer beschädigt. Besonders gravierend war der Bombenangriff am 2. April 1945. Den Einschätzungen zufolge wurden 70 % der Bausubstanz zerstört, unter anderem die Helm- und Hauptdächer sowie die Gewölbe des Hauptschiffes und des Hochchors. Ein Teil der Südwand stürzte ab. Von der Inneneinrichtung wurden das Chorgestühl, die Orgel, mehrere Gemälde sowie der Hochaltar durch Brand vernichtet.[2] Ein Teil der geretteten Einrichtung wurde durch die nunmehr polnische Verwaltung beschlagnahmt bzw. in andere Teile Polens ausgelagert. Unter anderem befindet sich ein Altar aus der Leopoldkapelle derzeit im Nationalmuseum Warschau und zwei der ursprünglich vier Darstellungen der Kirchenlehrer in einer Kirche in Stężyca[3].
Der vorläufige Wiederaufbau unter der Leitung von Marcin Bukowski wurde im Jahre 1951 abgeschlossen. Man musste einen Teil der Innenausstattung wie den Altar durch Stücke aus anderen Kirchen ersetzen. Am 29. Juli dieses Jahres wurde der Dom von Stefan Kardinal Wyszyński wiedereingeweiht.
Ende der 1960er Jahre wurde die zweite Wiederaufbauphase unter der Leitung von Edmund Małachowicz aufgenommen. Zunächst wurden die neugotische Verkleideung der Westfassade abgenommen und anhand der vorgefundenen Relikte das große Westfenster rekonstruiert. Der Giebel ist eine moderne Kreation, welche die wahrscheinlichen gotischen Formen vereinfacht wiedergibt. Danach wurde ebenfalls der seit der Wiederherstellung nach dem Brand in 1540 vermauertes Dachraumfenster im Ostgiebel geöffnet sowie die provisorische keramische Dachdeckung gegen das dem historischen Vorbild entsprechende Kupferblech ausgetauscht. Der Wiederaufbau konnte nach der Aufstellung neuer pseudogotischer Turmhelme erst im Jahre 1992 im Wesentlichen abgeschlossen werden. Seitdem wurden weitere kleine Arbeiten im Inneren und Äußeren durchgeführt, so die im Jahre 1759 zerstörte Totenleuchte am Kaiserchor nachgebaut.
Ausstattung
Hochaltar des Bischofs Jerin
1591 stiftete der 1585–1596 amtierende Bischof Andreas von Jerin für 10.000 Taler einen neuen Hochaltar mit Silberskulpturen von der Hand des Breslauer Goldschmiedes Paul Nitsch (1548–1609) und Gemälden von Bartholomäus Fichtenberger (tätig 1561–1592). Vor der Belagerung Breslaus am Ende des Zweiten Weltkrieges wurden die Gemäldeflügel und die Silberfiguren ausgelagert, der Schrein blieb in der Kathedrale und fiel der Bombardierung 1945 zum Opfer. 2019 wurde der Schrein rekonstruiert und zunächst im Breslauer Nationalmuseum ausgestellt,[4] im Dezember 2019 erfolgte die Wiederaufstellung im Dom. Im Schrein befindet sich eine Kreuzigungsgruppe, während seitlich in den Nischen der Innenflügel die Figuren der Heiligen Johannes der Täufer, Vinzenz, Andreas und Hedwig von Schlesien auftreten. Bei der ersten Wandlung des Altars erscheinen auf den Rückseiten der Innenflügel und auf den Außenflügeln acht Szenen aus dem Leben des Dompatrons Johannes der Täufer. Bei Schließung der Außenflügel sieht man in gemalten Nischen die vier Kirchenväter Gregor der Große, Hieronymus, Ambrosius und Augustinus.
Grabmal
Im Dom befindet sich das Grabmal des Kardinals Adolf Bertram. Er war der letzte deutsche Erzbischof von Schlesien. Obwohl er bereits im Jahre 1945 gestorben war, konnte er erst im Jahre 1991 in „seiner“ Kirche begraben werden.
Chorkapellen
Hinter dem Chor befinden sich drei Kapellen:
- Die Elisabethkapelle im Süden aus den Jahren 1682–1700 wurde als Stiftung des Kardinals und Breslauer Bischofs Friedrich von Hessen-Darmstadt als sein Mausoleum errichtet. Gilt als schönster barocker Anbau und bildet das architektonische Pedant zur Kurfürstenkapelle. Der Entwurf stammt vermutlich von Giacome Scianzi († 1702), dem auch die Deckenmalereien in der Kuppel zugeschrieben werden. Die Skulptur der Hl. Elisabeth schuf Ercole Ferrata, ein Schüler Gian Lorenzo Berninis. Das Grabmal mit der dem Altar zugewandten knienden Stifterfigur schuf Domenico Guidi (1625–1701), ebenfalls ein Bernini-Schüler. Den Marmoraltar gestaltete Steinmetzmeister Giovanni Battista Passerini im Jahre 1682.
- Die gotische Marienkapelle direkt hinter dem Chor wurde vom Baumeister Peschel als Stiftung des Bischofs Preczlaw von Pogarell 1354–1365 errichtet. Neben dem Grabmal für den Stifter enthält sie auch ein Tumbengrab für Bischof Johann IV. Roth, das von Peter Fischer d. Ä. geschaffen wurde, und andere Epitaphien.
- Die barocke Kurfürstenkapelle im Norden gehört mit ihrem ovalen Grundriss zu den bedeutendsten Barockbauten in Polen. Sie wurde 1716–1724 nach Plänen von Johann Bernhard Fischer von Erlach als Mausoleum für Bischof Franz Ludwig von Pfalz-Neuburg errichtet. Die Wandmalereien des Antwerpener Malers Franz de Backers stellen die typologisch aufeinander bezogenen Szenen Opfer des Melchisedech und Letztes Abendmahl einander gegenüber. Das opulente Kuppelfresko mit dem Sturz der Engel von Carlo Carlone muss vor dem Hintergrund der gegenreformatorischen Polemik jener Zeit als Kampf zwischen Gut und Böse, zwischen Katholizismus und Protestantismus gelesen werden. Die Skulpturen schuf der Prager Bildhauer Ferdinand Maximilian Brokoff.
Weitere Kapellen
- Die Erlöserkapelle am vierten Joch des südlichen Seitenschiffs dient als Sakramentskapelle. Sie wurde 1671–1672 aus der Stiftung des Kanonikers Johann Jacob Brunetti nach einem Entwurf von Carlo Rossi als barocker Backsteinbau errichtet. Die Stuckdekoration schuf Domenico Antonio Rossi. Epitaphien für den Stifter und seinen Bruder Bischof Johann Brunneti.
- Die Auferstehungskapelle am zweiten Joch des nördlichen Seitenschiffs, die auch als Totenkapelle bezeichnet wird, wurde 1749 als Stiftung des Domdechanten Johann Christoph von Rummerskirch vermutlich vom Baumeister Bartholomäus Wittwer errichtet. Den Bildschmuck schuf Felix Anton Scheffler. Die Wandmalereien und Stuckarbeiten von 1851 stammen von Raphael Joseph Albert Schall und seinem Schwager Theodor Hamacher.
Entwicklung
Im Dom befindet sich der größte Teil der ehemals größten Orgel der Welt, welche ursprünglich in der Breslauer Jahrhunderthalle aufgestellt war.
Das Instrument war 1913 von der Orgelbaufirma Wilhelm Sauer (Frankfurt/Oder) erbaut worden, die sich damals im Besitz des Orgelbauers Paul Walcker befand. Die Orgel hatte 200 Register (15.133 Pfeifen) auf fünf Manualen und Pedal. 187 Register waren auf Hauptorgel (Manuale I–III und Pedal) und Gegenorgel (V. Manual) verteilt; die „Gegenorgel“ war eine Fernorgel und hatte 31 Register. Hinzu kam ein Hochdruckwerk mit 13 Registern, das vom IV. Manual aus anspielbar war. Das Taschenladen-Instrument hatte elektro-pneumatische Trakturen. Der Spieltisch war mit 911 Kombinationszügen, 156 Druckknöpfen zwischen den Manualen, 25 Pedaltritten, vier Schwelltritten und einer Registerwalze ausgestattet. Die Orgel erstreckte sich auf eine Fläche von 260 m², war 22 m breit, 15 m hoch und 15 m tief, und wog insgesamt 51 Tonnen. Eingeweiht wurde es im September 1913. 1937 wurde die Orgel umgebaut und um 20 Register erweitert. 1946 wurde das Instrument abgebaut.[5]
Nach 1946 erhielt die Orgel nicht mehr ihre ursprüngliche Form: Das Pfeifenmaterial wurde aufgeteilt, und in drei („neuen“) Instrumenten untergebracht. Der größte Teil, ca. 85 Register, fand in der neuen Orgelanlage im Breslauer Dom Wiederverwendung. Die Anlage besteht aus der Hauptorgel auf der Westempore und der Chororgel. Die gesamte Orgelanlage hat 152 Register (13.207 Pfeifen) und ist damit die größte Orgel Polens.[6]
Hauptorgel
Auf der Westempore befindet sich die Hauptorgel. Das Instrument hat 127 Register und ein Effektregister (Glockenspiel) auf fünf Manualen und Pedal. Die Spiel- und Registertrakturen sind elektropneumatisch.
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- Koppeln:
- Normalkoppeln: II/I, III/I, IV/I, V/I, III/II, IV/II, V/II, IV/III, V/III, V/IV I/P, II/P, III/P, IV/P, V/P
- Superoktavkoppeln: I/I, II/I, III/I, II/II, III/II, IV/IV, V/V, P/P, IV/P
- Suboktavkoppel: V/V
- Spielhilfen: Feste Kombinationen (pp, p, mf, f, ff, tutti), vier freie Kombinationen, Crescendowalze,
Chororgel
Die Chororgel hat 25 Register auf zwei Manualen und Pedal. Das Instrument ist an die Hauptorgel angebunden und hat insofern die Funktion eines Fernwerks. Die beiden Manualwerke der Chororgel lassen sich von der Hauptorgel aus jedoch nur von einem Manual (dem V. Manual) anspielen.
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- Koppeln: II/I, I/P, II/P
Organisten
(unvollständige Liste)
- Franz Winckler – von 1682 bis 1706
- Johann Krause
- Joseph Friedrich
- Joseph Gottwald (geb. 1754, gest. 1833)
- Franz Wolf – (von 1830 zweiter Organist) von 1833 bis 1842
- Moritz Brosig – von 1842 bis 1870
- Adolf Greulich – von 1870 bis 1884
- Emanuel Adler (geb. 1845, gest. 1926)
- Günther Nierte – von 1935 bis 1945
- Władysław Oćwieja – von 1951 bis 1955
- Romuald Sroczyński – von 1955 bis 1965
- Ryniewicz – von 1965 bis 1966
- Klemens Kamiński – von 1966 bis 2012
- Maciej Maszkiewski – von 2012
Siehe auch
- Liste der Breslauer Domprediger
- Jan Chrzciciel (Johannes der Täufer)
Literatur
- Zygmunt Antkowiak: Kościoły Wrocławia. Muzeum Archidiecezjalne, Wrocław 1991, ISBN 83-900018-1-1
- Dehio-Handbuch der Kunstdenkmäler in Polen Schlesien. Deutscher Kunstverlag, 2005, ISBN 3-422-03109-X.
- Izabella Gawin, Dieter Schulze, Reinhold Vetter: Schlesien – Deutsche und polnische Kulturtraditionen in einer europäischen Grenzregion. DuMont Verlag, Köln 1999, ISBN 3-7701-4418-X, S. 107–109.
- Jan Harasimowicz: Katedra Św. Jana Chrzciciela (…) In: Jan Harasimowicz (Hrsg.): Atlas architektury Wrocławia. Tom I. Budowle sakralne, Świeckie budowle publiczne. Wydawnictwo Dolnośląskie, 1997, ISBN 83-7023-592-1.
- Konstanty Kalinowski: Barock in Schlesien. Deutscher Kunstverlag, 1990, ISBN 3-422-06047-2, S. 95. (Dom, St. Elisabeth-Kapelle)
- Edmund Małachowicz: Katedra Wrocławska. Dzieje i architektura. Polska Akademia Nauk, 2000, ISBN 83-910911-2-0.
- Edmund Małachowicz: Wrocław na wyspach. Rozwój urbanistyczny i architektoniczny. ZNiO-Wydawnictwo, 1987, ISBN 83-04-02834-4.
- Breslauer Domchor
- Waldemar Matysiak: Breslauer Domkapellmeister von 1831–1925. Düsseldorf 1934. Dissertation der Universität München; Umfang: III, 51 S., 34 S. : Notenbeisp. ; 8°
- Waldemar Matysiak: Die Breslauer Schule in: Musica Sacra 1937/7, S. 148 f.
Weblinks
- „Katedra Wrocławska“ – Spherical Panorama (Memento vom 20. Februar 2012 im Internet Archive) (polnisch)
- Seite der Diözese zur Kathedrale (poln.)
Einzelnachweise
- Werner Müller/Gunther Vogel: dtv-Atlas zur Baukunst, Band 2, 5. Auflage 1987, Seite 401
- Małachowicz, Katedra wrocławska, S. 171.
- Beata Maciejewska, Wracaj Piotrze, Wrocław czeka, gazeta.pl Wrocław, 11. Juli 2002, abgerufen am 6. Oktober 2008
- Website des Nationalmuseums zur Ausstellung der Rekonstruktion 2019
- Nähere Informationen zur Sauer-Orgel (Memento vom 7. August 2013 im Internet Archive) in der Jahrhunderthalle; vgl. auch die Die größte Orgel der Welt (Memento vom 11. März 2012 im Internet Archive) des Deutschen Rundfunkarchivs
- Wrocław – Archikatedra Św. Jana Chrzciciela (polnisch) organy.art.pl. Archiviert vom Original am 16. April 2011. Info: Der Archivlink wurde automatisch eingesetzt und noch nicht geprüft. Bitte prüfe Original- und Archivlink gemäß Anleitung und entferne dann diesen Hinweis. Abgerufen am 24. Mai 2013.