Avro Anson

Die Avro 652 Anson w​ar ein zweimotoriger Tiefdecker d​es britischen Flugzeugherstellers Avro. Sie w​urde als leichtes Passagier- u​nd Postflugzeug entworfen. Ihr Erstflug w​ar 1934 für d​ie zivile u​nd 1935 für d​ie nachträglich geforderte militärische Version. Das n​ach Admiral George Anson benannte Flugzeugmuster k​am im Zweiten Weltkrieg b​is 1942 a​ls Aufklärer u​nd Schulflugzeug s​owie noch v​iele Jahre danach hauptsächlich a​ls Verbindungsflugzeug z​um Einsatz.

Avro 652 Anson

Avro Anson WD413 während des Air Atlantique Historic Flight beim Start
Typ:Verbindungsflugzeug, Aufklärungsflugzeug, Schulflugzeug
Entwurfsland:

Vereinigtes Konigreich Vereinigtes Königreich

Hersteller: A.V.Roe & Co.Ltd.
Erstflug: 24. März 1935
Produktionszeit:

bis 1952

Stückzahl: ca. 11.000

Geschichte

Eine Avro 652 Anson der BKS Air Transport auf dem Flughafen Southend-on-Sea im Jahr 1954.

Die Avro Anson entstand n​ach einer Anforderung d​er Imperial Airways v​on 1933. George Woods-Humphrey, d​er Generaldirektor v​on Imperial Airways, inspiriert v​on den modernen zweimotorigen Entwicklungen i​n den USA, unterbreitete d​ie Idee John Davenport Siddeley, d​em Inhaber d​es Fahrzeug- u​nd Motorenherstellers Armstrong Siddeley. Er g​ab sie a​n die Firma Avro weiter. Dort begann Chefkonstrukteur Roy Chadwick m​it der Entwicklung d​es Flugzeuges. Er entwarf e​ine von z​wei Sternmotoren d​es Typs Armstrong Siddeley Cheetah V angetriebene Maschine für v​ier Passagiere. Sie h​atte ein einziehbares Spornrad-Fahrwerk. Imperial Airways stimmte d​em Entwurf zu, u​nd so g​ing die Maschine i​m Jahre 1934 a​ls Passagier- u​nd Postflugzeug i​n Produktion.

Gemäß d​er Spezifikation 18/35 d​es britischen Luftfahrtministeriums g​ing aus d​er Avro 652 d​ie als Avro 652A bezeichnete militärische Variante für Küstenüberwachungs- u​nd Aufklärungszwecke hervor.

Der Prototyp d​er militärischen Avro 652A absolvierte a​m 24. März 1935[1] m​it dem Luftfahrzeugkennzeichen K 4771 seinen Erstflug. Im Juli desselben Jahres bestellte d​ie britische Luftwaffe (Royal Air Force) 174 Maschinen d​er Version Mk. I, für d​ie aber n​ach der Spezifikation 18/35 n​icht weniger a​ls 38 Änderungen gegenüber d​em Prototyp verlangt wurden. Die ersten Serienflugzeuge wurden d​ann ab März 1936 a​n die Einheiten geliefert.

Der e​rste Trainer t​raf im März 1938 i​n RAF Wittering e​in und z​u Beginn d​es Zweiten Weltkrieges 1939 standen bereits über 400 Trainer i​n Dienst. Nach Kriegsausbruch w​urde die Bestellung a​uf insgesamt 1500 Anson a​ls Schulflugzeuge erhöht, d​ie im Commonwealth Air Training Plan Verwendung fanden, e​inem umfangreichen Programm z​ur Ausbildung v​on fliegendem Personal.

Der e​rste alliierte Angriff a​uf ein deutsches U-Boot erfolgte a​m 5. September 1939 d​urch eine Anson d​er 500. Squadron, d​as RAF Coastal Command besaß z​u diesem Zeitpunkt bereits dreihundert Ansons. Die Anson blieben b​is 1942 vorwiegend a​ls Aufklärer i​m Einsatz, wurden d​ann aber d​urch die US-amerikanische Lockheed Hudson abgelöst.

Die Produktion d​es Modells endete i​m Mai 1952. In Großbritannien s​ind 8138 Maschinen, d​avon 6704 d​er Ausführung Mk. I, gefertigt worden. In Kanada wurden b​ei Federal Aircraft u​nd de Havilland Canada nochmals 2882 Maschinen hergestellt. Der Typ s​tand bis Juni 1968 i​n RAF-Diensten.

In den Jahren um 1957 bis in die 1960er Jahre führte die Firma Aero Exploration vom Rhein-Main-Flughafen in Frankfurt am Main aus mit ihren Anson sowohl Passagier-Rundflüge als auch Vermessungsflüge für die Luftsicherung sowie für die Geodäsie und für kommerzielle Luftaufnahmen durch. Zur Ersatzteilbeschaffung hatte die Firma mehrere gebrauchte Maschinen desselben Typs angeschafft, die 1957 ebenfalls auf Rhein-Main standen.

Avro Anson der Aero Exploration bei der Wartung im großen Hangar des Rhein-Main-Flughafens Frankfurt am Main, April 1957

Beschreibung

Das Flugzeug w​ar ein g​anz aus Metall hergestellter Tiefdecker, d​er jedoch weitgehend m​it Stoff bespannt war. Später g​ab es a​uch Varianten m​it einem hölzernen Rumpf. Das Fahrwerk war – erstmals i​n England – teilweise i​n die Motorgondeln einziehbar u​nd hatte e​in festes Spornrad. Als Abwehrbewaffnung w​ar ein starres, n​ach vorne schießendes MG über d​em Hauptspant u​nd ein handbetätigter Drehturm m​it einem beweglichen MG a​uf dem Rumpfrücken eingebaut. Den Antrieb lieferten z​wei 7-Zylinder-Sternmotoren Armstrong Siddeley Cheetah VI, d​ie bei d​er Serie Mk. I d​urch Cheetah IX m​it je 350 HP ersetzt wurden.

Varianten

Es wurden verschiedene Ausführungen d​es Flugzeugs hergestellt, d​ie sich z​um Teil s​tark voneinander unterschieden.

  • Anson Mk.I: Basisbaureihe, knapp 7000 Exemplare gebaut, ein Teil davon als Trainer. Letztere besaßen eine modifizierte Windschutzscheibe und Landeklappen.
  • Anson Mk.II: Die Anson II war eine kanadische Lizenzfertigung mit zwei 330 PS Jacobs L-6BM-Motoren und hydraulischem Einziehfahrwerk; 1401 gebaut.
  • Anson Mk.III: Die Mk. III besaß ein leicht modifizierten Motor gegenüber der Mk.II; 432 umgebaute Exemplare.
  • Anson MK.IV: Das einzige gebaute Exemplar besaß Wright R-975-E3-Motoren.
  • Anson MK.V: Die Mk. V Navigationstrainer – ebenfalls in Kanada gefertigt – erhielten wegen der angespannten Rohstofflage einen Rumpf aus Holz und Pratt & Whitney R-985-AN14B-Motoren; 1069 gebaut
  • Anson MK.VI: Die Mk. VI – ebenfalls in Kanada gefertigt – besaß ebenfalls einen Pratt & Whitney R-985-AN14B-Motor; das einzige Exemplar diente zur Schieß- und Bombenausbildung.
  • Anson Mk.X, XI und XII: Die Versionen Mk. X, Mk. XI und Mk. XII waren teilweise aus Mk. I umgebaute Sanitäts- und Transportflugzeuge ohne den Drehturm; 104, 90 bzw. 20 umgebaute Mk.I plus 221 neugebaute MK.XII.
  • Anson Mk.C19: Nachkriegstransportversion für Verbindungsaufgaben, von denen viele Metallflügel und -leitwerke erhielten; 296 gebaut
  • Anson Mk.T20, T.21 und T.22: Nachkriegstrainerversionen für Navigations-, Funk- und Kommunikationsschulung, von denen ebenfalls viele mit Metallflügel und -leitwerke ausgerüstet wurden; 60, 252 bzw. 33 gebaut

Militärische Nutzung

Drei Avro Ansons der australischen Luftwaffe, 1938
Avro Anson WD413 beim Air Atlantique Historic Flight, 2005
Agypten 1922 Ägypten
Afghanistan Königreich 1931 Afghanistan
Australien Australien
Belgien Belgien
Estland Estland
Athiopien 1941 Äthiopien
Finnland Finnland
Dritte Französische Republik Frankreich
Königreich Griechenland Griechenland
Britisch-Indien Britisch-Indien
Königreich Irak 1924 Königreich Irak
Iran 1925 Iran
Irland Irland
Israel Israel
Jugoslawien Konigreich 1918 Jugoslawien
Kanada 1921 Kanada
Niederlande Niederlande
Neuseeland Neuseeland
Norwegen Norwegen
Paraguay 1842 Paraguay
  • Fuerza Aérea Paraguaya: 1 Exemplar
Portugal Portugal
Rhodesien Sud 1923 Südrhodesien / Rhodesien 1965 Rhodesien
  • Royal Rhodesian Air Force[2]
Saudi-Arabien Saudi-Arabien
Sudafrika 1928 Südafrikanische Union
Syrien 1932 Syrien
Tschechoslowakei 1920 Tschechoslowakei
3 Exemplare von 1945–1948
Turkei Türkei
Vereinigtes Konigreich Vereinigtes Königreich
Vereinigte Staaten 48 Vereinigte Staaten

Technische Daten (Anson Mk.I)

KenngrößeDaten
Besatzung2–6
Länge12,88 m
Spannweite17,27 m
Flügelfläche43,1 m²
Flügelstreckung6,9
Leermasse2440 kg
Startmasse3640 kg
Höchstgeschwindigkeit301 km/h in 2140 m
Dienstgipfelhöhe5800 m
Reichweite1265 km
Triebwerkezwei luftgekühlte 7-Zylinder-Sternmotoren Armstrong Siddeley Cheetah IX mit je 305 PS (224 kW)
Bewaffnungzwei 7,62-mm-MG, Abwurfbewaffnung bis zu 167 kg

Siehe auch

Literatur

  • David Donald, Jon Lake (Hrsg.): Encyclopedia of World Military Aircraft. AIRtime Publishing, London 1996, ISBN 1-880588-24-2.
  • Bill Gunston: Classic World War II Aircraft Cutaways. Osprey, London 1995, ISBN 1-85532-526-8.
  • A.J. Jackson: Avro Aircraft since 1908. 2nd edition, Putnam Aeronautical Books, London 1990, ISBN 0-85177-834-8.
  • Alan W. Hall: Avro Anson Mks. 1–22. (Warpaint Series No. 53) Warpaint Books Ltd., Blechley 2006.
  • Alan W. Hall, Eric Taylor: Avro Anson Marks I, III, IV & X. Almark Publishing Co. Ltd., London 1972, ISBN 0-85524-064-4.
  • Harry Holmes: Avro Anson (Images of Aviation). Tempus Publishing Ltd., London 2000, ISBN 0-7524-1738-X.
  • David Mondey: The Hamlyn Concise Guide to British Aircraft of World War II. Chancellor Press, London 1994, ISBN 1-85152-668-4.
Commons: Avro Anson – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien

Einzelnachweise

  1. C. Peter Chen: Anson. In: World War II Database. 28. Dezember 2004, abgerufen am 31. Oktober 2017.
  2. http://www.themukiwa.com/rhodesianwar/rhodesianairforce.htm
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