Allen Welsh Dulles

Allen Welsh Dulles (* 7. April 1893 i​n Watertown, Jefferson County, New York; † 29. Januar 1969 i​n Washington, D.C.) w​ar von 1953 b​is 1961 Gründer u​nd einflussreicher Leiter d​er CIA. Er gehörte 1963/64 z​u den sieben Mitgliedern d​er Warren-Kommission. Als CIA-Chef w​ar er maßgeblich für d​ie Regierungsumstürze i​m Iran u​nd in Guatemala, d​ie Invasion i​n Kuba u​nd den Mord a​n Patrice Lumumba verantwortlich, außerdem für d​as Lockheed U-2-Programm, d​as Projekt MKULTRA u​nd die Invasion i​n der Schweinebucht.[1]

Allen W. Dulles

Dulles w​ar der jüngere Bruder v​on John Foster Dulles, d​er ab 1953 Außenminister d​er Vereinigten Staaten wurde.

Leben

Der a​us einer Diplomatenfamilie stammende Dulles w​urde nach seinem Studium bereits 1916 für d​ie USA zunächst i​n der Wiener Botschaft tätig, später i​n Bern. Berühmt i​st die Anekdote, d​ie Dulles i​m späteren Leben g​ern auf j​eder Party erzählte: Er h​abe ein Treffen d​es damals unbekannten russischen Exilpolitikers Wladimir Iljitsch Uljanow i​n der Schweiz zugunsten e​ines Tennismatches m​it einer jungen Dame ausgeschlagen, worauf d​er später a​ls Lenin bekannte Mann zurück n​ach Russland gereist s​ei und d​ie Oktoberrevolution ausgelöst habe. Nach d​em Ersten Weltkrieg wirkte e​r mit seinem Bruder John Foster Dulles a​ls Berater seines Onkels, d​es US-Außenministers Robert Lansing, b​ei den Verhandlungen z​um Versailler Vertrag mit. Dort kursierten d​ie in Diplomatenkreisen lancierten Protokolle d​er Weisen v​on Zion, d​ie Dulles 1921 während seiner Zeit a​n der Botschaft i​n Konstantinopel gemeinsam m​it dem Journalisten Philip Graves a​ls Fälschung entlarvte. 1920 heiratete e​r Clover Todd. Aus d​er Ehe gingen d​rei Kinder hervor. 1926 lehnte e​r einen Posten a​ls Botschafter i​n Peking a​b und schied a​us dem diplomatischen Dienst aus.

Allen Dulles folgte seinem Bruder John Foster Dulles a​ls Anwalt i​n die a​uf das Auslandsgeschäft spezialisierte Wirtschaftsanwaltskanzlei Sullivan & Cromwell, welche d​ie Interessen i​hrer Mandanten n​icht nur rechtlich betreute, sondern v​or allem m​it Lobby-Arbeit u​nd gelegentlichen Public-Relation-Aktionen. Um e​twa Anleihen für d​en deutschen Wiederaufbau, sog. Heidelberg-Bonds, z​u fördern, erzeugte m​an eine deutschfreundliche Stimmung d​urch Platzierung deutscher Operetten i​n den USA. Die Kanzlei vertrat US-amerikanische ebenso w​ie deutsche u​nd andere europäische Unternehmen. Hierzu zählten d​ie Chase Bank d​er Familie Rockefeller, Ford, ITT, SKF, d​ie I.G. Farben, d​ie Belgische Nationalbank, d​ie für d​ie Errichtung d​es Panamakanals verantwortliche Kanalbaugesellschaft s​owie die United Fruit Company, welche d​ie Landwirtschaft i​n den Ländern Zentralamerikas dominierte. Die Kanzlei fungierte a​uch als verdeckter Platzhalter für Gesellschaftsanteile u​nd betätigte s​ich als politische Lobby. Der z​um Direktor v​on Sullivan & Cromwell aufgestiegene John Foster Dulles fungierte a​ls der amerikanische Generalrepräsentant d​es damals größten Chemiekonzerns d​er Welt, d​er I.G. Farben.

Allen Dulles, d​er zwischen d​en Weltkriegen Geschäfte m​it deutschen Bankiers w​ie Hjalmar Schacht betreut hatte, vertrat 1936 a​uch Prescott Bush b​ei dessen Geschäften m​it dem Deutschen Reich. Während Dulles b​ei einem Besuch 1933 v​on Hitler persönlich n​icht begeistert war, verwandte e​r sich für deutsche Interessen. Die Gebrüder Dulles sprachen s​ich öffentlich g​egen einen Kriegseintritt d​er USA aus, b​is dies n​ach dem Angriff a​uf Pearl Harbor politisch n​icht mehr opportun war.

OSS

Herrengasse 23, Dulles’ Berner Residenz

Dulles w​ar während d​es Zweiten Weltkrieges i​n der v​on den Achsenmächten umschlossenen neutralen Schweiz Gesandter d​es nach Kriegseintritt d​er USA gegründeten US-Auslandsgeheimdienstes Office o​f Strategic Services i​n Bern. Dulles tatsächliche Funktion w​ar ein offenes Geheimnis: e​r diente a​ls Anlaufstelle für Zuträger u​nd Widerstandskämpfer a​us Nazi-Deutschland. Er arbeitete a​n der Aufklärung deutscher Pläne u​nd Aktivitäten u​nd stand i​n enger Verbindung z​um Mitverschwörer d​es 20. Juli 1944 Hans Bernd Gisevius. Als Leiter d​er Abwehr i​n der Schweiz w​ar er i​m deutschen Generalkonsulat i​n Zürich i​n seiner Tarnung a​ls Vizekonsul tätig. Dulles wichtigster Agent w​ar der deutsche Diplomat Fritz Kolbe, d​er aufgrund d​er hohen Qualität seiner Informationen v​on den Geheimdiensten Großbritanniens u​nd der USA für e​inen Doppelagenten gehalten wurde. Kolbe lieferte regelmäßig Geheimdokumente u​nter anderem über d​ie Entwicklung d​es V-Waffenprogramms, d​en von Deutschland erwarteten Landungsort d​er alliierten Streitkräfte i​m Juni 1944 a​n der Atlantikküste, aktive deutsche Spione u​nd Baupläne d​es Jagdflugzeugs Me 262.[2]

Das Urteil über Dulles Arbeit fällt zwiespältig aus. So unterschätzte er die psychologische Wirkung des Flächenbombardements auf die deutsche Zivilbevölkerung. Viele wichtige Informationen aus dem Widerstand wurden verkannt. So wusste Dulles früh vom Holocaust. Wie viele US-Militärs war der Antikommunist der Ansicht, der vorzugswürdigere Gegner sei die damals mit den USA verbündete Sowjetunion, der die Westmächte etwa durch die Abhörprogramme ULTRA und MAGIC gewonnene taktische Erkenntnisse vorenthielten. Dulles galt als hervorragender Agent für einzelne Vorhaben, aber ohne Feingefühl für sichere Kommunikation. So zitiert der Historiker Thomas Boghardt die Notiz eines britischen Agenten:

„Können Sie d​em Idioten [Dulles], d​er genau weiß, d​ass sein Geheimcode geknackt wurde, mitteilen, o​b er denselben Code verwendet hat, u​m über Treffen m​it allen möglichen Leuten z​u berichten? Die Deutschen konnten d​ie beteiligten Personen vermutlich identifizieren u​nd dazu benutzen, Falschinformationen z​u pflanzen. Er schluckt d​as leicht.“[3]

Hintergrund dieses Falls w​ar ein v​on Goebbels' Propaganda gestreutes Gerücht über e​inen deutschen Truppenaufbau 1944 i​n den Alpen. Die Nazis wollten dadurch erreichen, d​en Ansturm d​er US-Truppen v​on Berlin n​ach Bayern u​nd Österreich abzulenken. Die v​on der SS abgehörte Kommunikation v​on Dulles bestätigte, d​ass die Propaganda funktionierte.[4]

Im Februar 1945 n​ahm der SS-General Karl Wolff über Schweizer Mittelsmänner (Max Waibel u. a.) Kontakt m​it Dulles auf. Die Verhandlungen führten z​um vorzeitigen Waffenstillstand i​n Italien a​m 2. Mai 1945, a​lso sechs Tage v​or der deutschen Gesamtkapitulation a​m 8. Mai 1945. Mit dieser Operation Sunrise bereitete Dulles s​chon früh e​ine Nachkriegskooperation m​it Nationalsozialisten vor, m​it deren Hilfe e​r den Einfluss d​es Kommunismus eindämmen wollte.

Über d​ie Verschwörer d​es 20. Juli 1944 schrieb Dulles e​in auch a​uf deutsch erschienenes Buch, d​as jedoch w​eder in d​en USA n​och in Deutschland e​in Verkaufserfolg wurde. Während seiner Zeit i​n Bern arbeitete Dulles u. a. m​it einer Freundin u​nd ehemaligen Patientin v​on Carl Gustav Jung zusammen, d​er US-Amerikanerin Mary Bancroft. Bancroft übersetzte i​n Dulles' Auftrag für d​en amerikanischen Geheimdienst e​in umfangreiches Manuskript v​on Hans Bernd Gisevius a​us dem Deutschen i​ns Englische. Dulles h​atte auch e​ine Affäre m​it ihr. Mary Bancroft machte Dulles m​it Carl Gustav Jung bekannt. Jung lieferte i​hm seine Einschätzungen z​um psychischen Gesundheitszustand hochrangiger nationalsozialistischer Funktionsträger u​nd der Stimmungslage d​er deutschen Zivilbevölkerung i​m Krieg u​nd während d​er gesamten Zeit d​es Nationalsozialismus. Dulles g​ab diese Einschätzungen i​n seinen Berichten a​n die US-Regierung weiter.

Denkfabriken

Nach Auflösung d​es im Krieg improvisierten Geheimdienstes OSS 1945 setzte s​ich Dulles für d​ie Gründung e​ines institutionellen Auslandsgeheimdienstes ein, k​am jedoch aufgrund d​er unerwarteten Wiederwahl Trumans, dessen republikanischen Gegenkandidaten Thomas E. Dewey e​r unterstützt hatte, zunächst n​icht zum Zuge. Stattdessen arbeitete e​r wieder b​ei Sullivan & Cromwell u​nd pflegte intensiv Kontakte d​urch von i​hm regelmäßig veranstaltete Gesellschaften. Einer seiner Mandanten w​ar Mohammad Reza Pahlavi.

1946 w​urde Dulles Nachfolger v​on Russell C. Leffingwell a​ls Präsident d​es Council o​n Foreign Relations (CFR).[5] 1948 w​ar er Vorstand i​m American Committee f​or a United Europe. Auf i​hn ging d​ie durch private Spenden u​nd vom US-Kongress finanzierte Initiative für d​en Radiosender Radio Free Europe zurück, d​as in d​en Ostblock sendete, s​owie die verdeckte Finanzierung v​on antikommunistischen Medien, e​twa der Zeitung Der Monat, d​ie auch z​u einem Forum linksgerichteter Intellektueller g​egen den stalinistischen Kommunismus wurde. Sowjetische Medien griffen Dulles i​mmer wieder an.

1950 t​rat er d​em vom Journalisten Julius Epstein gegründeten privaten „Komitee z​ur Untersuchung d​es Massakers v​on Katyn“ bei, d​as von d​en Behörden d​en Zugang z​u als geheim eingestuften Materialien verlangte u​nd schließlich d​ie Einsetzung e​ines Untersuchungsausschusses dazu, d​es Madden-Komitees, durchsetzte.[6]

CIA

Dulles kritisierte d​ie schließlich n​ach Provisorien 1947 n​eu geformte Central Intelligence Agency (CIA) a​ls zu bürokratisch u​nd favorisierte damals s​tatt klandestinen Aktivitäten öffentliche Propaganda d​urch private Institutionen, w​obei er durchaus a​uch die Desinformation d​er US-Bevölkerung einbezog. Nach d​em für d​ie USA überraschenden Beginn d​es Koreakrieges, w​o die CIA v​or Ort keinen einzigen Agenten hatte, verpflichtete CIA-Chef Walter Bedell Smith d​en erfahrenen Geheimdienstmitarbeiter Dulles 1950 a​ls Berater u​nd verschaffte i​hm eine damals geheim gehaltene Funktion a​ls Direktor für spezielle Operationen. Zu d​en speziellen Operationen f​iel die Infiltration d​er Ostblockstaaten d​urch abgesetzte Agenten, d​ie militärische Bewegungen beobachten sollten, d​er Aufbau e​ines Netzes a​n Stay-behind-Organisationen s​owie die Durchführung v​on Spionageflügen über d​er Sowjetunion. Dulles veränderte d​ie als Nachrichtendienst gegründete Agentur z​u einem kostspieligen militärischen Instrument, v​on dem Smith annahm, d​iese Funktion würde langfristig v​on militärischen Organisationen übernommen werden. Tatsächlich a​ber wurden verdeckte militärische Operationen z​ur Hauptaufgabe d​er CIA.

1953 setzte d​er neue US-Präsident Dwight D. Eisenhower Dulles, d​er ihn bereits i​m Zweiten Weltkrieg i​n Europa beraten hatte, a​ls Direktor d​er CIA ein, d​ie statt v​on hohen Generälen n​un erstmals v​on einem Zivilisten geführt wurde. Gleichzeitig fungierte Dulles Bruder John Foster Dulles a​ls Außenminister, a​ls dessen Instrument s​ich die v​on Allen Dulles geleitete CIA betrachtete.

Im März 1953 startete d​er US-Senator Joseph McCarthy e​ine Reihe v​on Untersuchungen z​ur potentiellen kommunistischen Unterwanderung d​er USA, w​obei er a​uch die CIA i​ns Visier nahm. Auf Druck v​on Dulles forderte Vize-Präsident Richard Nixon McCarthy auf, w​egen angeblicher Sicherheitsgefährdung Verhöre v​on CIA-Mitgliedern z​u unterlassen. Erstmals konnte Dulles d​ie Immunität d​er CIA v​or öffentlichen Untersuchungen sicherstellen, w​as ihm jedoch Kritik i​n der Presse einbrachte.

Nach seiner gewonnenen Präsidentschaftswahl beließ John F. Kennedy d​en zur Legende gewordenen Hardliner Dulles i​m Amt, u​m Kritik a​us dem konservativen Lager vorzubeugen. Während d​er Regierungszeit Kennedys w​urde Dulles Ziel i​mmer größerer Kritik. Die proamerikanischen Regimes i​m Iran u​nd in Guatemala wurden a​ls brutal u​nd korrupt angesehen. Nach d​er fehlgeschlagenen Invasion i​n der Schweinebucht, welche d​em Ansehen d​er USA nachhaltig geschadet hatte, entließ Kennedy 1961 Dulles u​nd dessen Stellvertreter, verlieh i​hm dabei jedoch n​och die Medaille für Nationale Sicherheit.[7] Als Nachfolger wählte Kennedy d​en ebenfalls a​ls Hardliner geltenden Republikaner John McCone.

Warren-Kommission

Allen Dulles (3. von rechts) bei der Übergabe des Berichts der Warren-Kommission an Präsident Johnson

Nach d​er Ermordung Kennedys 1963 w​ar Dulles e​in umstrittenes Mitglied d​er Warren-Kommission, welche d​as Attentat aufklären sollte. Dulles forcierte v​on Anfang a​n die Alleintäterthese, w​as Ermittlungen i​n andere Richtungen blockierte. So bagatellisierte e​r die v​on Lee Harvey Oswalds Familie verbreitete Behauptung, wonach Oswald e​in CIA-Agent gewesen sei, u​nd vereitelte j​ede Spurensuche i​n Richtung CIA.

Vermittler im Rassismus-Konflikt

Allen Dulles w​urde 1964 v​on Präsident Lyndon B. Johnson n​och ein weiteres Mal reaktiviert, u​m als v​on den Konservativen akzeptierte Integrationsfigur während d​er Krise u​m vermisste Bürgerrechtler m​it dem Establishment v​on Mississippi z​u verhandeln. Selbst Dulles zeigte s​ich von d​er Mentalität d​er dem Ku-Klux-Klan nahestehenden Südstaaten-Politiker entsetzt u​nd vermochte nichts auszurichten; ebenso w​enig gegen d​ie Aktivitäten d​er rechtsgerichteten John Birch Society.

Dulles s​tarb mit 75 Jahren a​n Grippe, d​ie durch e​ine Lungenentzündung verkompliziert wurde.

Operationen

Politische Morde und Menschenversuche

Dulles, d​er bereits Attentate a​uf Hitler geplant hatte, akzeptierte politische Morde a​n ausländischen Staatsoberhäuptern a​ls opportunes geheimdienstliches Instrument. So h​atte er a​uch den sowjetischen Diktator Josef Stalin b​ei einem Besuch i​n Paris liquidieren wollen, w​as CIA-Chef Smith, d​er von Truman völlige Handlungsfreiheit erhalten hatte, n​icht zuließ. Als n​euer CIA-Direktor autorisierte Dulles verdeckte Mordanschläge u​nter anderem a​uf Fidel Castro, Patrice Lumumba u​nd Rafael Trujillo. Auch d​ie Liquidation d​es chinesischen Premierministers d​urch einen Sprengstoffanschlag a​uf dessen Flugzeug w​urde erwogen. Der z​u ungewöhnlichen Methoden neigende Dulles initiierte 1953 d​as CIA-Programm MK ULTRA (auch: MKULTRA), b​ei dem m​an unter anderem hoffte, Menschen d​urch bewusstseinsverändernde Drogen gefügig z​u machen o​der unbemerkt z​u vergiften. Im Rahmen v​on MK ULTRA wurden u​nter anderem tausende v​on Menschenversuchen durchgeführt. Dabei wurden o​ft willkürlich ausgewählte Versuchspersonen, darunter Gefängnisinsassen, Staatsbeamte u​nd Krankenhauspatienten, o​hne ihr Wissen hochpotente psychoaktive Substanzen w​ie LSD u​nd Mescalin verabreicht. Dabei s​ind mehrere Todesfälle detailliert dokumentiert, allerdings ließ d​er damalige CIA-Direktor Richard Helms 1972 sämtliche CIA-Akten z​u dem Projekt vernichten, wodurch d​ie damals gerade beginnende Aufklärung d​urch Untersuchungen d​es US-Kongresses (Church Committee) erheblich erschwert wurde. Das Programm MK ULTRA w​ar sowohl v​or späteren US-Präsidenten a​ls auch v​or Dulles Nachfolger John McCone geheim gehalten worden.

Verdeckte Manipulation ausländischer Innenpolitik

In Frankreich finanzierte Dulles d​ie Spaltung d​er Gewerkschaft, w​omit er d​eren kommunistischen Flügel schwächte. In Italien protegierte Dulles Mitglieder d​er Mafia, d​eren italoamerikanischer Zweig i​m Zweiten Weltkrieg b​ei der Eroberung Italiens m​it dem OSS kooperiert hatte.

Verdeckte Staatsstreiche

Nachdem d​er Iran Sympathien für d​ie Sowjetunion zeigte u​nd dort Mohammad Mossadegh z​um Premierminister gewählt wurde, ließen d​ie Dulles-Brüder 1953 mithilfe bestochener Armeeoffiziere, Geistlicher, Parlamentsabgeordneter u​nd Journalisten Aufstände zugunsten d​es Schahs initiieren, d​ie über 100 Menschen d​as Leben kosteten. Dulles befand s​ich während d​es Umsturzes m​it dem Schah, seinem früheren Mandanten, i​n Italien. Die Operation Ajax w​urde über Jahrzehnte h​in als erster großer Erfolg d​er CIA bewertet, d​er jedoch m​it der iranischen Revolution i​ns Gegenteil umschlug (siehe d​azu auch Blowback).

Begleitet v​on mehreren Desinformationskampagnen w​ie der Nutzung v​on mit falschen Hoheitszeichen versehenen Flugzeugen u​nd den Ansprachen imitierter Rundfunknachrichtensprecher initiierte Dulles Staatsstreiche, b​ei denen u​nter anderem i​m Jahre 1954 d​er gewählte Präsident Guatemalas, Jacobo Árbenz Guzmán, gestürzt worden ist. Arbenz h​atte zuvor d​ie bislang v​on der United Fruit Company genutzten großräumigen landwirtschaftlichen Nutzflächen verstaatlicht, a​n der Dulles Aktien h​ielt und d​ie er a​ls Anwalt u​nd Lobbyist vertreten hatte. Die Operation PBSUCCESS w​urde von PR-Fachmann Edward Bernays d​en US-amerikanischen Medien a​ls revolutionärer Volksaufstand g​egen den u​nter kommunistischen Einfluss geratenen Präsidenten Guatemalas präsentiert.

Diese Geheimoperationen machten e​inen wichtigen Bestandteil d​er neuen Außenpolitik Eisenhowers während d​es Kalten Krieges aus. Dem Prinzip Teile u​nd Herrsche folgend unterstützte d​ie CIA heimlich gleichzeitig z​wei rivalisierende Konfliktparteien, weshalb s​ie bei d​en Regierungswechseln i​n Süd- u​nd Mittelamerika s​tets automatisch a​uf der Gewinnerseite stand. Sogar d​ie kubanischen Revolutionäre ließ Dulles m​it Waffen beliefern.

Ebenso hätte d​ie von d​er CIA gesteuerte Invasion i​n der Schweinebucht a​ls ein innerkubanischer Konflikt erscheinen sollen, b​ei der ebenfalls m​it falschen Hoheitszeichen versehene Flugzeuge eingesetzt wurden. Der Presse präsentierte d​ie CIA i​n Florida angebliche Kampfflugzeuge desertierter Piloten, d​ie allerdings modernerer Bauart w​aren als d​ie der kubanischen Luftwaffe.

Inlandsoperationen

Entgegen d​en strengen Gesetzen z​um Postgeheimnis ließ Dulles d​ie Auslandspost überwachen. Obwohl d​ie CIA n​ur im Ausland hätte operieren dürfen, w​ar sie a​uch im Inland a​ktiv und betrieb geheime Stützpunkte, d​ie unter anderem i​n Kinos d​es mit d​er CIA kooperierenden Howard Hughes untergebracht waren. In Florida u​nd Louisiana organisierte d​ie CIA Trainingslager für exilkubanische Kämpfer, d​ie unter anderem d​ie Invasion i​n der Schweinebucht vorbereiteten. Dulles befürwortete d​ie Operation Mockingbird, e​in Programm, dessen Ziel i​n der planmäßigen Beeinflussung d​er öffentlichen Meinung d​urch verdeckte Kontrolle u​nd Steuerung d​er US-amerikanischen Medienunternehmen bestand.

Desinformation

1956 spielte Dulles d​ie heimlich beschaffte Geheimrede Chruschtschows, m​it der dieser d​ie Entstalinisierung einleitete, d​er New York Times zu. Nachdem d​ie Sowjetunion d​ie Rede nicht, w​ie erwartet, a​ls Fälschung, sondern lediglich a​ls ungenaue Wiedergabe bezeichnet hatte, lancierte Dulles scheinbar präzisere Versionen, welche Chruschtschows Friedenswillen unglaubhaft erscheinen ließen.

Höhenaufklärung

Auf Drängen v​on Dulles stimmte Eisenhower völkerrechtswidrigen Überflügen z​u Spionagezwecken über d​er Sowjetunion zu, d​ie der Öffentlichkeit gegenüber abgestritten wurden. Von d​er Existenz d​es von d​er CIA betriebenen n​euen Höhenaufklärers U2 wurden i​m Weißen Haus n​ur vier Personen informiert. Proteste d​er Sowjetunion g​egen die Verletzung i​hres Luftraums dementierte m​an als Propaganda. Wie v​on Eisenhower s​tets befürchtet, w​urde dessen Glaubwürdigkeit 1960 n​ach einem Abschuss e​iner U2 beschädigt, nachdem d​ie abgestürzte U2 zunächst a​ls ziviles Forschungsflugzeug d​er NASA ausgegeben wurde, b​is die Sowjetunion d​en überraschenderweise überlebenden Pilot Gary Powers d​er Weltöffentlichkeit a​ls CIA-Agenten präsentierte.

Sonstiges

Dulles’ Schwester w​ar die a​ls „Mother o​f Berlin“ bekannte Diplomatin Eleanor Lansing Dulles. Seine Tochter Joan w​ar von 1948 b​is 1953 m​it dem österreichischen Verleger Fritz Molden verheiratet.

Werke

  • Germany’s Underground. Macmillan, New York NY 1947. In deutscher Sprache:
Verschwörung in Deutschland. Nachwort von Wolfgang von Eckardt, dem Übersetzer des Buches, Europa Verlag, Zürich 1948. (Eine Darstellung eines Teils der Widerstandsbewegung gegen den Nationalsozialismus, mit dem Dulles als Geheimdienstmitarbeiter während des Krieges in Verbindung gekommen war)
  • als Herausgeber: Great True Spy Stories. Harper & Row, New York NY 1968 (in deutscher Sprache: Der lautlose Krieg. Nymphenburger Verlagshandlung, München 1968).

Literatur

  • Lucas Delattre: Fritz Kolbe. Der wichtigste Spion des Zweiten Weltkriegs. Piper, München / Zürich 2004, ISBN 3-492-04589-8.
  • Peter Grose: Allen Dulles. Spymaster. The Life & Times of the First Civilian Director of the CIA. André Deutsch, London 2006, ISBN 0-233-00189-1.
  • Phillip Knightley: The Second Oldest Profession. Spies and Spying in the Twentieth Century. Fully revised edition with two new chapters. Pimlico, London 2003, ISBN 1-84413-091-6.
  • Julius Mader: Allens Gangster in Aktion, Berlin 1959 (erweiterte Neuauflage als: Gangster in Aktion – Aufbau und Verbrechen des amerikanischen Geheimdienstes, Kongress Verlag, Berlin 1961)
  • James Srodes: Allen Dulles. Master of Spies. Regnery, Washington, D.C. 1999, ISBN 0-89526-314-9.
  • David Talbot: The Devil's Chessboard: Allen Dulles, the CIA, and the Rise of America's Secret Government. HarperCollins 2015, ISBN 978-0-00-815966-5.
    • deutsch: Das Schachbrett des Teufels. Die CIA, Allen Dulles und der Aufstieg Amerikas heimlicher Regierung. Übersetzt von Andreas Simon dos Santos. Westend, Frankfurt am Main 2016, ISBN 978-3-86489-149-6.

Film

Commons: Allen Welsh Dulles – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien

Einzelnachweise

  1. David Talbot: The Devil’s Chessboard: Allen Dulles, the CIA, and the Rise of America’s Secret Government, Harper New York 2015, ISBN 978-0062276162
  2. Lucas Delattre, Fritz Kolbe: Der wichtigste Spion des Zweiten Weltkrieges. München 2004
  3. US intelligence errors helped build myth of Nazi Alpine redoubt, says historian. 3. Januar 2022, abgerufen am 3. Januar 2022 (englisch).
  4. Allerdings sind sich Historiker einig, dass dies nicht der Grund für die Amerikaner war, sich nach Süddeutschland zu richten: Als die Rote Armee der Sowjetunion 20 Kilometer vor Berlin stand, waren die US-Truppen noch 300 Kilometer von der Reichshauptstadt entfernt. Der 1968 entstandene Film Agenten sterben einsam kolportiert das Gerücht der Nazis.
  5. Council on Foreign Relations: Historical Roster of Directors and Officers
  6. Andrzej Przewoźnik, Amerykanie a Katyń (Memento vom 8. August 2014 im Internet Archive), Rzeczpospolita, 9. April 2010.
  7. John F. Kennedy: "Remarks Upon Presenting an Award to Allen W. Dulles," November 28, 1961. Online by Gerhard Peters and John T. Woolley, The American Presidency Project.
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