Éric Zemmour
Éric Zemmour (* 31. August 1958 in Montreuil bei Paris) ist ein französischer Politiker, Journalist und Autor. Die Sicherheits- und Migrationspolitik bilden den Kern seines Diskurses. Er bedient sich eines polemischen Stils, seine Ansichten werden der extremen Rechten zugeordnet („polémiste d’extrême droite“).[1] Er wurde im Jahr 2011 wegen Aufrufs zu rassistischer Diskriminierung rechtskräftig verurteilt. Zemmour kandidiert für die französische Präsidentschaftswahl, die im April 2022 stattfinden wird.
Leben
Herkunft und Ausbildung
Éric Zemmour wurde 1958 in Montreuil bei Paris als Sohn von Roger und Lucette Zemmour in eine jüdische Familie algerischer Herkunft geboren; die Eltern waren 1952 nach Frankreich gekommen.[2][3] Die französische Staatsangehörigkeit algerischer Juden geht auf das Décret Crémieux von 1870 zurück. Nach dem Abschluss des Studiums am Institut d’études politiques de Paris scheiterten zwei Versuche Zemmours, in die École nationale d’administration (ENA) aufgenommen zu werden.[4]
Laufbahn als Journalist
Zemmour arbeitete zunächst bei Le Quotidien de Paris.[4] Später kam er zu Info-Matin und schrieb für Globe Hebdo, ein wöchentlich erscheinendes Nachrichtenmagazin. 1996 wurde er politischer Kolumnist der konservativen Tageszeitung Le Figaro (bis 2009). Danach arbeitete Zemmour als Kolumnist des französischen Rundfunksenders RTL und wirkte wöchentlich an der populären Samstagabend-Talkshow des öffentlich-rechtlichen TV-Senders France 2, On n’est pas couché, mit. Von 2019 bis September 2021 moderierte er eine wöchentliche Sendung auf CNews (früher i-Télé).[5] Zemmour schrieb außerdem Biografien über Jacques Chirac und Édouard Balladur und einige politische Essays.
Politik und Präsidentschaftskandidatur
Zemmours polemische Stellungnahmen machten ihn zeitweilig zu einem umworbenen Stichwortgeber der konservativen Partei Les Républicains.[5] 2019 wurden ihm Angebote angetragen, sich als Kandidat bei den Wahlen zum europäischen Parlament aufstellen zu lassen, die er ausschlug.[4] Seit 2020 galt Zemmour als möglicher Kandidat für die Präsidentschaftswahl 2022. Nachdem seine mögliche Kandidatur bekannt wurde, beendete CNews im September 2021 die Zusammenarbeit mit Zemmour.[6] Ende November 2021 erklärte er schließlich offiziell seine Kandidatur für die im April 2022 stattfindende Wahl. Seine Umfragewerte, die ihm im Frühherbst 2021 eine Aussicht auf den Einzug in die Stichwahl gaben, lagen zu dieser Zeit zwischen 12 % und 15 %, weit hinter Marine Le Pen, die eine ähnliche Wählerschaft anspricht.[7]
Unterstützt wird Zemmour unter anderem von Paul-Marie Coûteaux,[4] der katholisch-konservativen Kleinpartei VIA, la voie du peuple[4] und ehemaligen Wählern des Rassemblement National. Auch die noch als royalistische Splittergruppe bestehende Action française[8] hat Zemmour Gefolgschaft versprochen. Seine Sichtweise nimmt das Magazin Valeurs Actuelles ein. Um ihn hat sich ein Unterstützungslager aus rechtsgerichteten Staats- und Wirtschaftsvertretern gebildet, die einerseits die Partei Les Républicains stärker rechts positionieren, andererseits eine Wahl Marine Le Pens verhindern wollen. Zu ihnen zählen Pierre Brochand, Henri Proglio, Vincent Bolloré und Loïk Le Floch-Prigent.[4][9] Der Letztgenannte hat Verbindungen zu der seit den späten 1960er Jahren bestehenden rechten Denkfabrik GRECE, der Erstgenannte steht der Fondation Res Publica nahe.[4] Zeitweise erhielt Zemmour auch Zuspruch von Jean-Marie Le Pen, dem Vater Marine Le Pens und ehemaligen Vorsitzenden des Front National.[10] Zemmour hat die Partei Reconquête[3] (dt. „Rückeroberung“) und eine Jugendorganisation, die Gruppe Génération Z,[11] gegründet. Der Journalist Vincent Bresson veröffentlichte im Februar 2022 ein Buch über seine zeitweilige Mitarbeit in der Gruppe. Darin beschreibt er die koordinierten Versuche von Anhängern Zemmours, Einfluss auf Soziale Medien und die französischsprachige Wikipedia[11] zu nehmen, um, wie Bresson einen Wikipedia-Administrator zitiert, „Minderheitsmeinungen als Mehrheitsmeinungen auszugeben“.[11]
Privatleben
Éric Zemmour ist mit Mylène Chichportich verheiratet. Das Paar hat zwei Söhne und eine Tochter. Nach eigenen Angaben gegenüber dem Magazin Le Point von 2014 hält Zemmour (zuhause[2]) koschere Küche und geht an hohen Feiertagen gelegentlich in die Synagoge,[2] über seine Religionszugehörigkeit äußert er sich selten. Seine Frau hat sich aus Sorge um die Kinder gegen eine Präsidentschaftskandidatur ihres Ehemannes ausgesprochen.[4] Im November 2021 berichtete die französische Regenbogenpresse von Zemmours Liaison mit seiner 28-jährigen Politikberaterin, Sarah Knafo, und deren Schwangerschaft; Zemmour ging gegen die Veröffentlichung dieser Berichte gerichtlich vor.[12]
Politische Positionen
Zemmour gilt als einer der bekanntesten Exponenten der islamkritischen bis islamfeindlichen und frauenfeindlichen[13] sowie geschichtsrevisionistischen[14] Rechten in Frankreich. Er sorgte wiederholt mit Äußerungen über arabische und schwarze Einwanderer für Aufsehen.[15] Weiteres Aufsehen erregte seine sarkastische These, man müsse Molenbeek bei Brüssel bombardieren, wenn man die Terroristen treffen wolle, und nicht Rakka im fernen Syrien.[16] Am Tag seiner Kandidatur erklärte Zemmour, keinen Unterschied mehr zwischen Islam und Islamismus machen zu wollen; beides sei für ihn dasselbe.[17] Die Ermordung des Lehrers Samuel Paty hat er ebenfalls polemisch verarbeitet.[18] Der Historiker Gérard Noiriel zog 2019 einen Vergleich zwischen dem offen antiislamischen Zemmour und dem Antisemiten Édouard Drumont (1844–1917) und dessen Buch La France juive.[5] Beiden attestiert er strukturelle Analogien in ihrer Art, hasserfüllte Polemiken in die Öffentlichkeit zu tragen.
Den Feminismus bezeichnete er als „Vernichtungskrieg“ gegen den weißen heterosexuellen Mann,[5] die Parität von Frauen und Männern will er als „positive Diskriminierung“ abschaffen.[19][4] Zemmour behauptet, noch nie eine Frau getroffen zu haben, die intelligenter gewesen sei als er.[17] In der Familienpolitik fordert er, dass das Gesetz Eltern zur Wahl „französischer Vornamen“ verpflichtet.[4] Die französische Sprache sieht er durch die Einwanderung von Maghrebinern in Gefahr.[18] Auch würden die öffentlichen Krankenhäuser „von einer aus der ganzen Welt hergekommenen Bevölkerung belagert“.[18] Die Wiedereinführung der Todesstrafe befürwortet er aus philosophischen Gründen („philosophiquement favorable“).[4] Zemmour stand, wie im Fall einer Autogrammstunde in der Buchhandlung Dobrée in Nantes im Dezember 2014, in direktem Kontakt zu dem Verlag Diffusion de la pensée française,[4] auch bekannt als Chiré, der in seinem Verlagsprogramm Bücher des Holocaustleugners Robert Faurisson, des antisemitischen Verschwörungstheoretikers Léon de Poncins und von Pierre Pascal, dem Verantwortlichen für das staatliche Rundfunkwesen in Vichy-Frankreich, anbietet, und erhielt damit Zugang zu dessen Kontakten im rechtskatholischen Umfeld.[4] Von der Bewegung der Gelbwesten sagte sich Zemmour hingegen los, als sich diese als unempfänglich für seine Forderungen erwies.[5] Zemmour ist für wirtschaftlichen Protektionismus und spricht sich gegen den Abschluss weiterer Freihandelsabkommen aus.[18] Die Aufkündigung bestehender Verträge hingegen betrachtet er als undurchführbar.[18] Während einer von Marion Maréchal organisierten „Zusammenkunft der Rechten“ (Convention de la droite)[5] hielt Zemmour im September 2019 in Paris eine programmatische, den Kern seines Denkens aufzeigende Grundsatzrede.[5] Darin prangerte er den sogenannten „Progressivismus“ als „immer ausgefeilteren repressiven Apparat der Kanalisierung und der Zensur“ an, dem die Justiz als Vollstreckerin diene, „um Dissidenten zu schikanieren und die einst schweigsame, jetzt gelähmte Mehrheit zu terrorisieren“. Dieser „Progressivismus“ diene zwei „Totalitarismen“, die „gleichzeitig Rivalen und Komplizen“ seien:
„Wir sind also gefangen zwischen Hammer und Amboss zweier Universalismen, die unsere Nationen, unsere Völker, unsere Territorien, unsere Traditionen, unsere Lebensweise, unsere Kulturen zerstören: auf der einen Seite der Marktuniversalismus, der unsere Gehirne im Namen der Menschenrechte versklavt und sie zu entwurzelten Zombies macht; andererseits der islamische Universalismus, der sehr geschickt von unserer Menschenrechtsreligion profitiert, um […] Teile des französischen Territoriums zu besetzen und zu kolonisieren und sie allmählich, durch die schiere Kraft der Zahl und des religiösen Rechts, in ausländische Enklaven zu verwandeln, in das, was der algerische Schriftsteller Boualem Sansal […] ,Islamische Republiken im Entstehen‘ nannte. […]
Früher bedeutete Einwanderung, aus dem Ausland zu kommen, um seinen Kindern eine französische Zukunft zu ermöglichen. Heute kommen Einwanderer nach Frankreich, um weiter wie in ihrem Herkunftsland zu leben. […] Sie verhalten sich also wie in einem eroberten Territorium, wie die Pied-noir in Algerien oder die Engländer in Indien: sie verhalten sich wie Kolonisatoren. […] In Frankreich wie auch anderswo in Europa werden alle unsere Probleme durch die Einwanderung verschärft […]. Und alle unsere Probleme, die durch die Einwanderung verschärft werden, werden durch den Islam verschärft. Es ist eine doppelte Gefahr. Wir leben unter der Herrschaft eines neuen Hitler-Stalin-Paktes. Unsere beiden Totalitarismen haben sich zusammengeschlossen, um uns zu zerstören, ehe sie sich gegenseitig in Stücke reißen.“[20]
Der Schriftsteller François Bégaudeau bescheinigt Zemmour ein Desinteresse an sozialen Anliegen und einen Glauben an die „identitäre Leidenschaft und den fundamentalen Rassismus der unteren Schichten“.[5] Laut Bégaudeau richtet sich Zemmours Polemik auch gegen Homosexuelle. So spricht Zemmour von der „Homosexuellenlobby“.[5] Zemmour fordert dezidiert ein „katholisches Frankreich“ und verweist dabei auf Polen, das den Katholizismus konsequent verteidige.[5]
Zemmour nahm im September 2021 auf Einladung von Ungarns Premier Viktor Orbán in Budapest an einem internationalen „Gipfel zur Demographie“ teil und sagte aus diesem Anlass, Orbán habe die Entwicklung der Welt verstanden, er verteidige die Identität seines Landes und Europas.[21]
Zemmour hat sich zugunsten einer Abschaffung von französischen Gesetzen geäußert, die Holocaustleugnung sowie rassistische und antisemitische Äußerungen unter Strafe stellen.[8] Dem Antisemiten Dieudonné[8][22] bekundete er Sympathie. Er äußerte sich relativierend bzw. verharmlosend über die Haltung des Vichy-Regimes gegenüber Juden.[5][18] Dabei nimmt Zemmour eine Unterscheidung zwischen französischen und eingewanderten oder nach Frankreich geflüchteten Juden vor und behauptet, Vichy habe erstere vor der Deportation geschützt, was Historiker wie Robert Paxton[8] widerlegt haben. Zemmour hat sich zugunsten des Nazi-Kollaborateurs Maurice Papon geäußert,[8] der 1998 für seine Komplizenschaft bei der massenhaften Ermordung von Juden gerichtlich verurteilt wurde. Die Unschuld von Alfred Dreyfus hingegen zog Zemmour 2014 in Zweifel.[2][8] Entgegen dem Urteil von Historikern behauptet Zemmour, dass die rechtsextreme, nationalistische und monarchistische Organisation Action française[8] die Hauptbewegung innerhalb der Résistance gebildet habe. Der Journalist Roger Cohen schrieb in der New York Times, die Kampagne Zemmours wirke „spaltend“ auf die jüdische Gemeinschaft.[2] Bernard-Henri Lévy sagt, Zemmour „ist gefährlich und beleidigt die Juden moralisch“.[2][23] Der französische Oberrabbiner Haïm Korsia sagte im Oktober 2021, Zemmour sei « antisémite certainement, raciste évidemment »[8] („Antisemit sicherlich, Rassist offensichtlich“). Zemmour bezeichnete die Aussage Korsias darauf als „dem Verhalten eines Hofjuden“[8] würdig. Für Empörung unter Frankreichs Juden sorgte Zemmours implizite Aussage beim Fernsehsender France 2 im September 2021, dass die jüdischen Opfer der Anschlagsserie in Midi-Pyrénées im März 2012 keine echten Franzosen gewesen seien,[2] weil deren Angehörige entschieden hatten, sie in Israel zu beerdigen. Élie Korchia, Leiter des Consistoire central israélite, beschuldigt Zemmour, die antisemitischen Thesen der anti-dreyfusards Maurice Barrès[8] (1862–1923) und Charles Maurras[8] (1868–1952) zu verteidigen.
In einer Gesprächsveranstaltung mit der Teilnahme von Rabbiner Gilles Bernheim[8] in der Großen Synagoge von Paris im Jahr 2016 trug Zemmour eine Reihe von Kritikpunkten bezüglich der französischen Juden der Zwischenkriegszeit vor (übergroße wirtschaftliche Macht etc.),[8] die dem herkömmlichen Katalog antisemitischer Anwürfe gegen Juden entsprechen. Ein Meinungsartikel in der linksliberalen israelischen Zeitung Haaretz beschrieb Zemmour im Oktober 2021 als „viel schlimmer als Donald Trump“ und als den „jüdischen Erben einer besonders bösartigen Form des antisemitischen Nationalismus in Frankreich“.[24] Der Philosoph Alain Finkielkraut empfiehlt hingegen: „Wir sollten Zemmour nicht verteufeln. Wir sollten die Probleme lösen, die er anspricht.“[25] Zuspruch erhält Zemmour auch von der Journalistin Élisabeth Lévy,[2] die mit Finkielkraut und anderen das rechtsaußen positionierte Magazin Causeur herausgibt. Simone Rodan-Benzaquen, Geschäftsführerin des American Jewish Committee in Europe, beklagt, dass Zemmours Kampagne die Glaubwürdigkeit ihrer Arbeit gegen islamistischen Antisemitismus untergräbt.[2] Der Historiker Serge Klarsfeld forderte Zemmour 2021 auf, sich im Ton zu mäßigen.[26]
Gerichtsverfahren (Auswahl)
Gegen Éric Zemmour wurden bisher 16 Verfahren vor französischen Gerichten eröffnet (Stand November 2021). Davon endeten fünf mit Freispruch, zwei mit Verurteilung, neun sind noch nicht abgeschlossen.[27] Nach einem der Verfahren, die im nationalen Instanzenweg mit Verurteilungen endeten, legte Zemmour Beschwerde beim Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte ein.[28] Laut Zemmours Anwalt endete deshalb nur eines der 16 Gerichtsverfahren bisher mit einer endgültigen Verurteilung.[28]
Rechtskräftige Verurteilung
Im Februar 2011 verurteilte die 17e chambre correctionnelle in Paris (ein für unzulässige Äußerungen von Journalisten zuständiges Gericht) Zemmour zu zwei Bewährungsstrafen von je 1000 Euro und zur Zahlung von 10.000 Euro Schadensersatz wegen Aufrufs zu rassistischer Diskriminierung. Geklagt hatten insgesamt fünf Organisationen, darunter SOS Racisme. Dabei ging es um zwei Äußerungen Zemmours am 6. März 2010. In einer Fernsehsendung auf Canal+ hatte er gesagt, Einwanderer würden häufiger von der Polizei kontrolliert, weil „die Mehrheit der Drogendealer Schwarze oder Araber“ seien. Am selben Tag hatte er erklärt, seiner Meinung nach hätten Arbeitgeber das Recht, Araber oder Schwarze abzulehnen. Bezüglich der ersten Äußerung sprach ihn das Gericht vom Vorwurf der rassistischen Diskriminierung frei. Die zweite Äußerung bewertete das Gericht hingegen als strafbar. Sie sei tatsächlich diskriminierend. Zemmour habe eine illegale, diskriminierende Praxis als rechtmäßig hingestellt und damit die Grenzen der Meinungsfreiheit überschritten.[29]
Anhängige Verfahren
Im September 2020 verurteilte ihn dasselbe Gericht wegen Ehrverletzung und Aufrufs zum Hass (injure et provocation à la haine)[30] zu einer Geldstrafe von 10.000 Euro. Das Urteil war die Folge einer Aussage Zemmours am 28. September 2019 auf der Veranstaltung Convention de la droite, im politischen Umfeld von Marion Maréchal. In der Urteilsbegründung wurde dargelegt:
„[...] indem er unter den Franzosen eine Trennung vollzog zwischen der Gesamtheit der Muslime und den alteingesessenen Franzosen [français de souche] und indem er sie, ebenso wie die in Frankreich lebenden muslimischen Immigranten, nicht nur als die kriminellen Täter der Attentate von 2015 bezeichnete, sondern sie zu Kolonisatoren gewordenen ehemaligen Kolonisierten erklärte, stellen diese Worte eine Aufforderung – ebenso implizit wie explizit – zur Diskriminierung und zum Hass gegenüber der muslimischen Gemeinschaft und ihrer Religion dar.“[30]
Das Gericht sah es als erwiesen an, dass Zemmour seine Aussagen nicht spontan gemacht hatte, sondern darauf vorbereitet war, wobei er seine Worte bewusst wählte. Die in der Rede gemachten Aussagen würden, so das Gericht, die Grenzen der Meinungsäußerungsfreiheit überschreiten, weil es sich um verletzende Äußerungen gegenüber einer Gemeinschaft und ihrer Religion handle („outrepassent les limites de la liberté d’expression puisqu’il s’agit de propos injurieux envers une communauté et sa religion“[30]). Die Ligue des droits de l’homme, SOS Racisme und sechs weitere Organisationen erhielten vom Gericht ein symbolisches Schmerzensgeld von 1 Euro und 1500 Euro für entstandene Prozesskosten zugesprochen.[30] Zemmour legte Berufung ein. Das Berufungsgericht sprach ihn am 8. September 2021 frei.[31] Am 14. September legte die Staatsanwaltschaft Revision ein.[32]
Die Pariser Staatsanwaltschaft eröffnete im Oktober 2020 in einem weiteren Fall eine Untersuchung gegen Zemmour. Dabei geht es laut Staatsanwaltschaft um „Aufstachelung zum Rassenhass“ (provocation à la haine raciale)[33] und „öffentliche Beleidigungen rassistischer Art“ (injures publiques à caractère raciste).[33] In einer von der Journalistin Christine Kelly auf CNews geführten Debatte nach einem Anschlag auf die ehemaligen Redaktionsräume von Charlie Hebdo hatte sich Zemmour folgendermaßen über unbegleitet eingewanderte Minderjährige geäußert: „Ils n’ont rien à faire ici, ils sont voleurs, ils sont assassins, ils sont violeurs, c’est tout ce qu’ils sont, il faut les renvoyer et il ne faut même pas qu’ils viennent.“[33][34] (Deutsch etwa: „Die haben hier nichts zu suchen, das sind Diebe, das sind Mörder, das sind Vergewaltiger, das ist alles, was sie sind, man muss sie zurückschicken und sie sollen gar nicht erst herkommen.“) Die Beigeordnete Ministerin für Diversität und Chancengleichheit Elisabeth Moreno verurteilte die Aussage Zemmours. SOS Racisme und andere Organisationen kündigten Strafanzeigen an. Im März 2021 wurde CNews vom Conseil supérieur de l’audiovisuel, der Aufsichtsbehörde für Radio und Fernsehen, deswegen zu einer Buße von 200.000 Euro verurteilt.[35]
Literatur
Publikationen von Éric Zemmour
- Balladur, immobile à grands pas. Grasset et Fasquelle, 1995, ISBN 2-246-48971-7.
- Le Livre noir de la droite. Grasset et Fasquelle, 1998, ISBN 2-246-56251-1.
- Le Coup d’État des juges. Grasset et Fasquelle, 1998, ISBN 2-246-52551-9.
- Le Dandy rouge. Plon, 1999, ISBN 2-259-19058-8.
- Les Rats de garde. (mit Patrick Poivre d’Arvor), Stock, 2000, ISBN 2-234-05217-3.
- L’Homme qui ne s'aimait pas. Balland, 2002, ISBN 2-7158-1408-9.
- L’Autre. Denoël, 2004, ISBN 2-207-25496-8.
- Le Premier sexe. Denoël, 2006, ISBN 2-207-25744-4.
- Petit frère. Denoël, 2008, ISBN 978-2-207-25668-8.
- Mélancolie française. Fayard /Denoël, 2010, ISBN 978-2-213-65450-8.[36]
- Z comme Zemmour. Le Cherche midi, 2010, ISBN 978-2-7491-1865-9.
- Le Bûcher des vaniteux. Albin Michel, 2012, ISBN 978-2-226-24024-8.
- Le Bûcher des vaniteux 2. Albin Michel, 2013, ISBN 978-2-226-24541-0.
- Le Suicide français. Albin Michel, 2014, ISBN 978-2-226-25475-7.
- Un quinquennat pour rien. Albin Michel, 2016, ISBN 978-2-226-32008-7.
- Destin français. Albin Michel, 2018, ISBN 978-2-226-32007-0.
- La France n’a pas dit son dernier mot. Rubempré, 2021, ISBN 978-2-9579305-0-0.
Publikationen über Éric Zemmour
- Vincent Bresson: Au cœur du Z – Un journaliste a infiltré la campagne d’Éric Zemmour. Éditions Goutte d’Or, Paris février 2022, ISBN 979-10-96906-33-8.
- Cécile Alduy: La Langue de Zemmour. Collection Seuil Libelle, Éditions du Seuil, Paris février 2022, ISBN 978-2-02-149747-2.
- Historikerkollektiv (Alya Aglan, Florian Besson, Jean-Luc Chappey, Vincent Denis, Jérémie Foa, Claude Gauvard, Laurent Joly, Guillaume Lancereau, Mathilde Larrère, André Loez, Gérard Noiriel, Nicolas Offenstadt, Philippe Oriol, Catherine Rideau-Kikuchi, Virginie Sansico, Sylvie Thénault): Zemmour contre l’Histoire. In: Tracts Gallimard. Nr. 34, Éditions Gallimard, Paris février 2022, ISBN 978-2-07-298837-0.
- Gilles Gaetner: Le monde selon Zemmour – Récit imaginaire d’un rêve brisé. Mareuil Éditions, Paris janvier 2022, ISBN 978-2-372-54236-4.
- Hubert Prolongeau: Mon année en Zemmourie. Band 1 bis 4:
- 1: L’enfance d’un chef. Éditions Flammarion, Paris janvier 2022, ISBN 978-2-08-028025-1.
- 2: Éric le cathodique. Éditions Flammarion, Paris janvier 2022, ISBN 978-2-08-028023-7.
- 3: Femmes : mode d’emploi. Éditions Flammarion, Paris janvier 2022, ISBN 978-2-08-028024-4.
- 4: Une haine française. Éditions Flammarion, Paris janvier 2022, ISBN 978-2-08-028026-8.
- Laurent Joly: La falsification de l’Histoire. Éric Zemmour, l’extrême droite, Vichy et les juifs. Éditions Grasset & Fasquelle, janvier 2022, ISBN 978-2-246-83081-8.
- Manuel Valls: Zemmour l’antirépublicain. Face aux dangers de la « contre-Histoire », un autre récit est possible. Éditions de l’Observatoire/Humensis, Paris janvier 2022, ISBN 979-10-329-2527-0.
- Noël Mamère, Patrick Farbiaz: Le cas Zemmour. Comment en est-on arrivé là. Éditions les petits matins, Paris janvier 2022, ISBN 978-2-36383-330-3.
- Étienne Girard: Le Radicalisé – Enquête sur Éric Zemmour. Éditions du Seuil, Paris octobre 2021, ISBN 978-2-02-146462-7.
- Geoffroy Lejeune: Zemmour Président, de la fiction à la réalité – Suivi de: Une élection ordinaire, édition définitive. Éditions Ring, Paris septembre 2021, ISBN 978-2-37934-100-7.
- Gérard Noiriel: Le venin dans la plume – Édouard Drumont. Éric Zemmour et la part sombre de la République. Éditions La Découverte, Paris septembre 2019, ISBN 978-2-348-04572-1.
- Noël Mamère, Patrick Farbiaz: Contre Zemmour. Réponse au Suicide français. Éditions les petits matins, Paris 2014, ISBN 978-2-36383-168-2.
Weblinks
Einzelnachweise
- Philippe Boulet-Gercourt, Rémi Clément: Provocation, mensonges, médias : pourquoi Eric Zemmour est le Trump français. In: Challenges. 30. Oktober 2021, abgerufen am 12. Dezember 2021 (Druckausgabe Nr. 716 vom 28. Oktober 2021, S. 18–22).
- Roger Cohen: A Jewish Far-Right Pundit Splits the French Jewish Community as He Rises. In: The New York Times. 25. Oktober 2021, abgerufen am 9. Dezember 2021.
- Harriet Wolff: Der Hassprediger von Paris. In: Die Tageszeitung. 12. Dezember 2021, abgerufen am 13. Dezember 2021.
- Camille Vigogne Le Coat: „Le Radicalisé“, une lecture essentielle pour comprendre le mystère Zemmour. In: L’Express. 28. Oktober 2021, abgerufen am 6. November 2021 (der Artikel enthält Auszüge aus dem Buch von Étienne Girard: Le Radicalisé – Enquête sur Éric Zemmour. Éditions du Seuil, Paris 2021).
- Serge Halimi: Rendezvous mit einem Brandstifter. In: Le Monde diplomatique. 7. November 2019 (Halimi ist Direktor der Hauptausgabe in Paris).
- Aude Dassonville, Sandrine Cassini: CNews remplace Eric Zemmour par plusieurs éditorialistes ultraconservateurs. In: Le Monde. 13. September 2021, abgerufen am 15. September 2021 (französisch).
- Les Echos: Présidentielle 2022 : Eric Zemmour se lance dans la bataille, 30. November 2021 (franz.)
- Glenn Cloarec: Eric Zemmour : « son » judaïsme, « son » identité française et toutes ses polémiques. In: The Times of Israel. 5. Dezember 2021, abgerufen am 13. Dezember 2021.
- Leo Klimm: (S+) Wahlkampf in Frankreich: Warum unterstützt der Medienmogul Vincent Bolloré den Rechtsextremen Éric Zemmour? In: Der Spiegel. 2. Dezember 2021, ISSN 2195-1349 (spiegel.de [abgerufen am 9. Dezember 2021]).
- Astrid de Villaines: Jean-Marie Le Pen préfère finalement sa fille à Zemmour, "pas à la hauteur". In: Huffington Post, 17. November 2021, abgerufen am 18. November 2021.
- Juliette Geay: Ce que nous apprend le livre "Au coeur du Z" sur la stratégie numérique d’Éric Zemmour. In: France Inter. 18. Februar 2022, abgerufen am 27. Februar 2022.
- Aziz Zemouri: Éric Zemmour assigne « Closer » qui révèle la grossesse de sa conseillère. In: Le Point. 25. November 2021.
- Marie Claire: Eric Zemmour, mise au point sur un misogyne. 2014, abgerufen am 18. November 2021 (französisch).
- Eric Zemmour: Le Suicide français. Albin Michel, Paris 2014, ISBN 978-2-226-25475-7, S. 534.
- Sascha Lehnartz: „Drogenhändler sind meist Schwarze oder Araber“. In: Die Welt. 14. Januar 2011.
- Andres Wysling: Intellektuelle im Krieg. In: Neue Zürcher Zeitung. 7. Januar 2016.
- Britta Sandberg: Der Sprengmeister. In: Der Spiegel. 49/2021, S. 98.
- Philippe Boulet-Gercourt, Rémi Clément, Thierry Fabre, Laurent Fargues: Zemmour, le Trump français. In: Challenges. Nr. 716. Paris 28. Oktober 2021, S. 18–22.
- Salomé Vincendon: Éric Zemmour se dit „contre toute discrimination positive, donc contre la parité“, BFMTV, 18. Oktober 2021.
- Rod Dreher: Eric Zemmour’s Blockbuster Speech. In: The American Conservative. 3. Okt. 2019, abgerufen am 31. Okt. 2019.
- Silvia Stöber: Wie Trump, nur intellektuell www.tagesschau.de, 6. Dezember 2021.
- Ariane Chemin: Et Zemmour devint Zemmour. In: Le Monde. 8. September 2021, abgerufen am 13. Dezember 2021.
- Bernard-Henri Lévy: Eric Zemmour’s Desecration of the Name – Already, the candidate’s violations of French Jewish moral values are perilous and obscene. In: Tablet. 25. Oktober 2021, abgerufen am 9. Dezember 2021.
- Robert Zaretsky: Eric Zemmour Isn't France's Donald Trump. He’s Far Worse – A far right pundit, vile misogynist, racist conspiracist and potential contender for the presidency, Zemmour is the Jewish heir to a particularly vicious French brand of antisemitic nationalism – repurposed to target other minorities. In: Haaretz. 25. Oktober 2021, abgerufen am 27. Oktober 2021 (englisch).
- Benedict Neff: Interwiew: Alain Finkielkraut: «Ich wurde viel häufiger beschuldigt, ein dreckiger Rassist zu sein als ein dreckiger Jude». In: Neue Zürcher Zeitung. 1. November 2021, abgerufen am 5. November 2021.
- François Bazin: Eric Zemmour – Jean-Marie Le Pen : écoutez la différence – Si le premier, polémiste devenu « phénomène », est un homme du système, le second, incarnation du « diable », était un marginal. In: L’Express. Nr. 3668, 21. Oktober 2021, ISSN 0014-5270, S. 36.
- Franck Johannès: Sur France 2, un portrait d’Eric Zemmour, « fils médiatique » de Jean-Marie Le Pen In: Le Monde. 4. November 2021.
- Combien de fois Eric Zemmour a-t-il déjà été condamné ? liberation.fr, 8. September 2021.
- Dorothée Moisan (Agence France-Presse): Eric Zemmour condamné pour provocation à la discrimination raciale (Memento vom 3. August 2011 im Internet Archive).
- Redaktion/Agence France-Presse: Eric Zemmour condamné à 10 000 euros d’amende pour injure et provocation à la haine. In: Le Monde. 25. September 2020, abgerufen am 17. Dezember 2020 (französisch).
- Eric Zemmour relaxé en appel pour des propos anti-islam et anti-immigration tenus en 2019 BFM TV, 8. September 2021.
- Après la relaxe d’Eric Zemmour pour des propos anti-islam, le parquet général se pourvoit en cassation lemonde.fr, 14. September 2021.
- Redaktion/Agence France-Presse: Enquête ouverte contre Eric Zemmour pour « provocation à la haine raciale » après ses propos contre les migrants. In: Le Monde. 1. Oktober 2020, abgerufen am 17. Dezember 2020 (französisch).
- Éric Chol: La somme de toutes les haines – La meilleure façon de combattre Eric Zemmour est de montrer qui il est : un poison pour la République. In: L’Express. Nr. 3669. Paris 28. Oktober 2021, S. 10.
- Aude Dassonville: CNews devra payer 200 000 euros d’amende après des propos d’Éric Zemmour contre les migrants. In: Le Monde. 18. März 2021, abgerufen am 19. September 2021 (französisch).
- Taschenbuchausgabe 2010, ISBN 978-2-253-15780-9.