RTL (Frankreich)
RTL ist ein französischer privater Hörfunksender, der zu 100 Prozent zur RTL Group gehört. Der Sender wurde 1933 als Radio Luxembourg gegründet und 1966 in RTL umbenannt. Das Programm wurde bis 1981 teils in Paris, teils in Luxemburg produziert. Der Standort Luxemburg war aus rechtlichen Gründen notwendig, da bis zur Einführung der privaten Hörfunks nur öffentlich-rechtliche Sender aus Frankreich für Frankreich senden durften. Mit der Abschaffung des staatlichen Fernmeldemonopols 1981 änderte sich die Situation, und alle Sendungen kamen seither aus den Studios in der Rue Bayard in Paris; inzwischen betreibt RTL ein neues Funkhaus am Pariser Stadtrand. Das Programm ist ein Vollprogramm mit einem hohen Wortanteil und daher nicht mit dem musikorientierten redaktionsarmen Programm von RTL Radio, dem Nachfolger des deutschen Radio Luxemburg, vergleichbar.
RTL | |
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Hörfunksender (Privatrechtlich) | |
Empfang | analog terrestrisch, Kabel & Satellit |
Empfangsgebiet | Frankreich, Luxemburg |
Sendestart | 15. März 1933 |
Eigentümer | RTL Group |
Geschäftsführer | Christopher Baldelli |
Programmchef | Jacques Expert |
Liste von Hörfunksendern |
RTL ist der älteste bis in die Gegenwart tätige Privatsender Europas. Von 1933 bis 1992 gab es auch ein englischsprachiges Abendprogramm, das seit den 1950er Jahren zusammen mit den luxemburgischsprachigen, den niederländischsprachigen und (seit 1957) den deutschsprachigen Sendungen auf einer Mittelwellenfrequenz ausgestrahlt wurde; das niederländischsprachige Programm wurde zugunsten der Ausweitung des deutschen Programms seit den 1950er Jahren stufenweise aufgegeben, das luxemburgische Programm auf UKW verlagert. Die Verbreitung des französischen Programms erfolgt in Frankreich und Luxemburg analog terrestrisch (Langwelle und UKW). RTL ist seit den 1970er Jahren mit Schwankungen der meistgehörte oder zweitmeistgehörte Sender in Frankreich; 2012 schalteten etwa 12,3 % der französischen Radiohörer täglich RTL ein.[1] 2019 lag der öffentlich-rechtliche Sender France Inter zum ersten Mal seit dreißig Jahren in der Hörergunst knapp vor RTL.[2]
1991 wurde ein französischsprachiges belgisches Programm, Bel RTL, gegründet, das dort über UKW empfangen werden kann und inhaltlich einen ähnlichen Ansatz wie RTL Frankreich (radio généraliste) verfolgt, aber auf eine belgische Hörerschaft zugeschnitten ist und mit einheimischen Journalisten und Moderatoren arbeitet.
Geschichte
Die Anfänge und Aufstieg zu einem bevorzugten Unterhaltungssender der Franzosen
Die Geschichte des Rundfunks in Luxemburg begann 1924, als die Brüder François und Marcel Anen einen Sender auf dem Dachboden ihres Hauses in der Rue Beaumont einrichteten. Ab April 1924 sendeten sie ein reguläres Musikprogramm von Schallplatten. 1925 gründeten sie die Association Radio Luxembourg. Der Wortanteil war überwiegend auf Luxemburgisch, aber auch auf Deutsch, Französisch und Englisch.[3]
Ende der 1920er-Jahre waren Investorengruppen aus Frankreich, Großbritannien und Deutschland an Sendungen aus Luxemburg interessiert. Die Compagnie Nationale de Radiodiffusion Luxembourgeoise (CNRL) von Jacques Trémoulet (Radio Toulouse) begann 1929 mit dem Bau eines Senders in Cessange (Kohlenberg), um den Anen-Sender fortzuführen. Jedoch schuf der luxemburgische Staat per Gesetz[4] eine Genehmigungserfordernis für Rundfunk, untersagte aufgrund dieses Gesetzes im Januar 1930 den weiteren Betrieb des bestehenden Senders und erteilte im September 1930 der von der französischen Compagnie des Compteurs angeführten Société Luxembourgeoise d’Études Radiophonique (SLER) vertraglich eine Genehmigung auf 25 Jahre unter der Bedingung, dass 30 Prozent der durch die Station erwirtschafteten Gewinne als Gebühr an die luxemburgische Regierung gezahlt werden. Die Mitglieder der SLER gründeten daraufhin am 30. Mai 1931 die Compagnie Luxembourgeoise de Radiodiffusion (CLR), die von François Anen, dem französischen Herausgeber Henry Etienne und dem französischen Ingenieur Jean le Duc geführt wurde. Es gab außerdem eine geheime Vereinbarung mit der CSF-Gruppe, dem damaligen Mehrheitseigentümer von Radio-Paris. Radio-Paris wollte in Luxemburg eine leistungsfähige periphere Radiostation jenseits der restriktiven Vorschriften Frankreichs aufbauen, die nur öffentlich-rechtliche Radiostationen erlaubten.[5] Anen wurde bei der CLR technischer Leiter. Im selben Jahr wurde ein für damalige Zeiten starker Langwellensender in Junglinster errichtet, der aus zwei 40 Meter hohen Türmen bestand, die 90 Meter auseinander lagen.[5][6]
Der Sender sollte ursprünglich im Sommer 1932 seinen Betrieb aufnehmen, tatsächlich begann man jedoch erst Ende 1932 mit ersten Versuchsausstrahlungen. Da man jedoch keine passende Sendefrequenz zugewiesen bekam, bemühte sich die CLR mit Unterstützung luxemburgischer Behörden beim Weltrundfunkverein (UIR) um eine Frequenz. Es wurde eine Wellenlänge gewählt, die in Kombination mit der Sendeleistung eine möglichst hohe Reichweite erzielen sollte. Da sich einige Mitgliedsländer der UIR der Frequenzvergabe an Luxemburg widersetzten, erklärte diese offiziell, dass die geringe Größe des Großherzogtums Luxemburg den Einsatz der gewählten Wellenlänge nicht rechtfertige. Begründet wurde dies damit, dass andere Staaten dadurch gestört werden könnten. Großbritannien befürchtete sogar, dass das inländische Monopol britischer Rundfunksendungen durch Radio Luxembourg widersetzt werden könnte.[7]
Am 14. Januar 1933 begann die versuchsweise Ausstrahlung von Radio Luxembourg auf der selbstgewählten Wellenlänge 1191 m = 252 kHz (200 kW) vom Langwellensender in Junglinster (später 232 kHz).
Trotz weiterer Bemühungen bekam der Sender keine offizielle Sendefrequenz zugewiesen und startete am 15. März 1933 um 19 Uhr auf der nicht offiziell zugeteilten, selbstgewählten Frequenz mit aufgenommener leichter Musik. Moderiert wurde das Programm in Deutsch, Französisch und Luxemburgisch. Die Sendezeit war nun täglich von 19 bis 23 Uhr. Zu dieser Zeit nannte sich der Sender „Radio Luxembourg Expérimental“. Man hoffte weiterhin auf eine offizielle Sendefrequenz und bekam sie schließlich 1948 im Kopenhagener Wellenplan zugewiesen.
Im September 1939 wurde während des Zweiten Weltkrieges der Sendebetrieb eingestellt und im November 1945 wieder gestartet. Allerdings nutzte die Berliner Reichsrundfunk GmbH während der deutschen Besetzung Luxemburgs den 200 kW starken Langwellensender von Radio Luxembourg auf 232 kHz zu propagandistischen Zwecken und bezeichnete ihn als Sendestelle Luxemburg.[8]
Seit dem Jahr 1946 ist der Sender in Frankreich leicht zu empfangen. Schnell fand Radio Luxembourg mit seinem Unterhaltungsprogramm ein großes Publikum in Frankreich. 1972 wurde der Sendebetrieb auf der Langwelle, inzwischen 234 kHz, zum Sender Beidweiler verlagert.
Nach Inbetriebnahme des starken Langwellensenders 1932 wurde erstmals der Luxemburgeffekt beschrieben.
1955 startete der Konkurrenzsender Europe 1, der ebenfalls aus dem Ausland sendete (über den Langwellensender in Überherrn im Landkreis Saarlouis im Saarland) und sich vorwiegend an ein junges Publikum richtete. Mit dem Jahreswechsel 2019/20 endete dessen Ausstrahlung auf der Langwelle[9]. Der Betrieb wird jedoch über innerfranzösische UKW-Sender und weitere Verbreitungswege fortgesetzt; die Hörerzahlen von Europe 1, das einst RTL in der Hörergunst in Frankreich überflügelte, sind eingebrochen.
Die große Reform: Radio Luxembourg wird RTL (1966)
Radio Luxembourg änderte seinen Namen am 11. Oktober 1966 im Zuge einer großen Programmreform, bei der eine völlig neue Equipe zusammengestellt wurde, in RTL. Die Abkürzung sollte prägnanter und moderner klingen und den Zusammenhang mit dem alten Programm, das unter dem Namen Radio Luxembourg gelaufen war, vergessen lassen. Das deutsche und englische Programm behielt den ursprünglichen Namen.
Im Mai 1968 (Pariser Mai) streikten die französischen öffentlich-rechtlichen Hörfunkanstalten und die Fernsehsender waren nicht unabhängig von der Regierung, um zuverlässig von diesem Ereignis zu berichten. Einzig die Sender RTL und Europe 1 versorgten die französische Bevölkerung unabhängig und zuverlässig mit Informationen zu diesem Streik. Sie wurden deshalb „barricades radio“ (Radio-Barrikaden) genannt.
Bis in die 1980er-Jahre durfte nur der französische öffentlich-rechtliche Rundfunk von Frankreich aus senden. Für private Sender war dies damals nicht gestattet; so war Frankreich umgeben von "postes périphériques", die durch Werbung finanziert Programme für das französische Publikum sendeten. Neben Radio Luxembourg und Europe 1, waren das Radio Andorre, Radio des Vallées (ebenfalls aus Andorra, späterer Name: Sud Radio), Radio Monte-Carlo. Radio Luxembourg gilt als einer der ersten Privatsender, die sich vom Ausland aus den französischen Werbemarkt erschlossen haben. Schon früh hatte der französische Staat Einfluss auf die Programme und sich das Recht erwirkt, die Besetzung des Chefredakteurspostens zu bestimmen. Politische Verlässlichkeit war die Bedingung dafür, dass die Programme zunächst teilweise, später ganztags live in Paris produziert werden und somit am Puls der Zielgruppe, des französischen Publikums, sein konnten.
Im Jahr 1981 beschloss der damalige französische Präsident François Mitterrand, dass auch Private Radiosender in Frankreich senden dürfen. RTL sendete nun unter anderem auf der UKW-Frequenz 104,3 MHz und war von 1981 bis 2002 der meistgehörte Radiosender in Frankreich.
Im Jahr 1991 startete der Belgische Ableger Bel RTL, der ebenfalls in französischer Sprache sendet. Das Programm hat seine Zielgruppe im französischsprachigen Teil von Belgien und sendet aus Brüssel. Das Programm ist von den belgischen Behörden lizenziert und sendet auf mehreren UKW-Frequenzen in Brüssel und Wallonien. Das Programm hat keinerlei programmliche Verbindung zum französischen RTL.
Seit 2000 gab es bei RTL eine Krise. Um zu verhindern, dass die RTL-Hörer im Durchschnitt immer älter werden, gab es programmliche Änderungen, die vielen Hörern nicht gefallen haben. Von 2000 bis 2002 verlor RTL daher ein Drittel seinen Hörer und kam auf dem zweiten Platz hinter NRJ. Von November 2006 bis Juli 2012 war es wieder führend auf dem französischen Radiomarkt, wurde jedoch nach und nach wieder von NRJ verdrängt. Im November 2012 kehrte RTL jedoch wieder auf den ersten Platz zurück. Täglich schalten etwa 12,3 % der gesamten Radiohörer Frankreichs über 13 Jahre ein, zum Vergleich: NRJ kommt auf 11,6 %, France Inter auf 10,6 %, Europe 1 auf 8,9 %, France Info auf 8,8 %, RMC auf 7,5 % und France Bleu auf 7,3 %.[1]
Empfang
RTL sendet sein Programm heute über UKW in Frankreich, über Kabel, über Satellit, über das Internet und über die Langwellenfrequenz 234 kHz über den Sender Beidweiler.
Programm
Das französischsprachige Programm von RTL ist ein Mischprogramm und wird in Frankreich zu den radios généralistes gezählt, die ein breites Programmangebot vorhalten, um ein großes Publikum zu erreichen. Der Wortanteil mit einem Fokus auf Nachrichten und aktuellem Zeitgeschehen beträgt 50 %. Die Hauptkonkurrenten von RTL waren seit den 1950er Jahren Europe 1 und der staatliche Radiosender France Inter. Diese Stationen betrieben wie RTL starke Langwellensender, die einen großen Teil des Landes abdecken (insbesondere nördlich des Zentralmassivs, das topographisch und zugleich sendetechnisch den Mittelmeerraum von den nördlichen Landesteilen abschottet). Seit der Liberalisierung des Rundfunkmarktes in den 1980er Jahren betreibt RTL in ganz Frankreich auch UKW-Sender.
Schon seit Ende der 1960er-Jahre ist das Programm von RTL stark auf seine berühmten Moderatoren (animateurs) ausgerichtet; viele Sendungen hatten keinen eigenen Titel, sondern der Name des Animateur reichte aus, er stand für die Sendung, die er präsentierte.
Langjährige RTL-Moderatoren:
- Maurice Favières (musikalische Frühsendungen)
- Anne-Marie Peysson (1967–1999, insbesondere 1970–76 am Wochenende in der in Minikonzerte gegliederten Wunschsendung "Stop ou encore", die sich zum Dauerbrenner entwickelte und noch bis 2021 mit wechselnden Moderatoren im Programm ist; Servicesendungen im Dienste der Hausfrau 1972–1981 vormittags, ab 1981 im Nachmittagsprogramm; 1981–1990 "Les auditeurs ont la parole" mit Hörerfragen zur politischen Tagesaktualität nach den Mittagsnachrichten)
- Patrick Sabatier
- Fabrice
- Michel Drucker
- Stéphane Bern
- Menie Grégoire (1967–1981: bahnbrechende psychologisch ausgerichtete Rundfunksendung im französischen Radio unter dem Titel "Allô Menie", "La responsabilité sexuelle", "Aux frontières de la nuit", die jedoch keine Ratgeberfunktion übernahm, sondern anhand von Anrufen und Briefen aus der Hörerschaft sexualtherapeutische sowie familien- und gesellschaftspolitische Fragestellungen umriss und zahlreiche Tabuthemen wie das weibliche und männliche Rollenverständnis in der Partnerschaft, den weiblichen Orgasmus, Gewalt in der Ehe, Homosexualität, Frigidität u. ä. ansprach)
- Philippe Bouvard (1977–2014: "Les grosses têtes", nachmittägliche Unterhaltungssendung mit einem wechselnd besetzten Rateteam aus bekannten Autoren, Kabarettisten, Schauspielern etc.)
- Laurent Ruquier (seit 2014: "Les grosses têtes")
- Marc-Olivier Fogiel
- Jean-Bernard Hébey (Popprogramme für junge Leute)
- le Président Rosko (Popprogramme für junge Leute)
- Bernard Schu (Popprogramme für junge Leute)
- Georges Lang (seit 1971 Nachtsendungen mit überwiegend angelsächsischer Musik)
- André Torrent
- Sam Bernett (Popprogramme für junge Leute)
- Max Meynier
- Jean-Pierre Imbach (musikalische Frühsendungen)
- Lionel Richebourg (musikalisches Nachtprogramm)
- Jean-François Johann (musikalisches Nachtprogramm)
- René Guitton (musikalisches Nachtprogramm)
- Chris Baldo (musikalisches Nachtprogramm)
- Sophie Garel
- Evelyne Pagès
- Virginie
- Chantal
- Nicole
Das Programm von RTL besteht unter anderem aus den folgenden Sendungen:
- RTL Matin, Morgennachrichten
- Ça peut vous arriver
- La tête dans les étoiles, Spiel mit einem Prominenten
- RTL soir, Abendnachrichten
- Les nocturnes, Nachtprogramm
- Stop ou encore, Musiksendung
- Le journal inattendu, Nachrichtensendung
- Le grand jury, Politiksendung
- Les grosses têtes, Talkshow
- Malice, kulturelles Spiel
- Hit parade, Musiksendung
- La valise RTL, Spiel
RTL-Werbe-Slogans
- 1977–1990: « RTL, c’est vous »
- 1990–1991: « Les infos, c’est comme le café, c’est bon quand c’est chaud et quand c’est fort »
- 1991–1996: « RTL, L’information en capitales »
- 1996–2001: « RTL, Essentiel »
- 2001–2006: « RTL, Vivre ensemble »; « RTL, Vivrensemble »
- 2006–2007: « RTL, c’est vous »
- 2007–2008: « Le plus RTL »
- 2008–2009: « 100 % RTL »; « RTL, c’est vous »
- 2009–2011: « RTL, première radio de France »
- 2011–2012 : « Qui vous connait mieux que RTL? »
- seit 2012: « RTL, toujours avec vous »
Geschäftsführer und Programmdirektoren
Liste der Geschäftsführer:
- 1933–1953: Jacques Lacour-Gayet
- 1953–1975: Jean Prouvost
- 1975–1979: Christian Chavanon
- 1979–2000: Jacques Rigaud
- 2000–2005: Rémy Sautter
- 2005–2009: Axel Duroux
- seit 2009: Christopher Baldelli
Liste der Programmdirektoren:
- 1933–1934: Jehan Martin
- 1934–1966: René-Louis Peulvey
- 1966–1978: Jean Farran
- 1978–1985: Raymond Castans
- 1985–2000: Philippe Labro
- 2000–2001: Stéphane Duhamel
- 2001–2005: Robin Leproux
- 2005–2006: Axel Duroux
- 2006–2010: Frédéric Jouve
- 2007–2008: Stellvertretender Geschäftsführer: Jean-Marc Dorangeon
- 2010–2012: Yves Bigot
- seit 2013: Jacques Expert
Liste der directeurs de l’antenne:
- 2005–2006: Jean-François Latour
- seit 2006: Jean-Yves Hautemulle
Programme in weiteren Sprachen
Das englischsprachige Programm
Programme in englischer Sprache gab es ab dem 3. Dezember 1933 unter der Leitung von Stephen Williams, die in Studios in Avenue Monterey und der Villa Louvigny produziert wurden. Moderatoren dieser Sendung waren Willams selbst, Léon Moulin, Eva Siewert und Evelyn Wybrands. Diese Sendung etablierte sich schließlich auf der ganzen Welt. Finanziert wurde diese Sendung durch Werbung, die stark von der Presse kritisiert wurde.[7]
Auch das englischsprachige Programm von Radio Luxembourg wurde nach Kriegsende wieder aufgenommen und von 19:00 Uhr bis 24:00 Uhr über die Mittelwellenfrequenz 208 m/1440 kHz ausgestrahlt. Es gehörte in Großbritannien zu den beliebtesten Radioprogrammen und war dort in den 50er und 60er Jahren hauptsächlich für die Verbreitung der Popmusik zuständig, da die BBC diese Musikart zunächst kaum beachtete. Bereits 1948 starteten die ersten Top 20-Musikcharts, die zunächst noch nicht auf Plattenverkäufen, sondern auf dem Absatz von Notenblättern basierten.[8] Erst mit dem Aufkommen der Piraten- und Seesender Mitte der 1960er Jahre ging die Popularität von Radio Luxemburg in Großbritannien zurück.
Mit dem Ende der Seesender stieg die Popularität des englischen Programms von „2-0-8“ (gesprochen als Senderkennung „Two O Eight“, die Wellenlänge 208 m entspricht 1439 bzw. später 1440 kHz) in Großbritannien wieder und gewann Kultstatus, auch in Skandinavien. Die bekanntesten DJs waren Benny Brown, Bob Stewart, Tommy Vance, Tony Prince, Mike Hollis, Stuart Henry, Olli Henry und Paul Burnett.
Da die britische Regierung 208 Happy Radio Luxemburg – so wurde der englischsprachige Dienst von Radio Luxembourg genannt – nicht mehr gestattete, das englischsprachige Programm von London aus zu senden, produzierte der englischsprachige Dienst seine Sendungen live in den Studios der Villa Louvigny in Luxemburg, in denen zu der Zeit auch die deutschen, die luxemburgischen und einzelne französische Programme entstanden. Das englischsprachige Programm bestand aus Unterhaltung und populärer Musik.
Durch die Beteiligung an dem irischen Sender Atlantic 252 verlor der Eigentümer nach und nach das Interesse an „2-0-8“. Nach mehr als 59 Jahren wurde der Sendebetrieb des englischsprachigen Radio-Luxemburg-Programms am 30. Dezember 1992 eingestellt. Die Hörgewohnheiten hatten sich seit dem Höhepunkt der Popularität des englischen Programms von Radio Luxemburg geändert, das Radiohören in den Abendstunden ist heute eher randständig; zudem hatte BBC 1, das Popprogramm der BBC, seine Sendungen in den Abend ausgeweitet, und der Ausbau des UKW-Netzes auf der britischen Insel gewöhnte Rundfunkhörer an eine bessere Empfangsqualität als die der bis dahin vorherrschenden Mittelwellensender; Radio Luxemburg konnte jedoch keine UKW-Sender auf der Insel betreiben.
Ab dem 12. September 2005 sendete Radio Luxembourg abermals ein englischsprachiges Programm auf DRM und als Livestream,[10] was eine optimale Empfangsqualität sicherte, doch wurde der Betrieb nach einer kurzen Testphase eingestellt. Eine ähnliche englischsprachige Unterhaltungssendung wurde von 2005 bis 2015 auf dem inländischen luxemburgischen RTL Radio Lëtzebuerg abends, nach dem Ende der luxemburgischsprachigen Beiträge, ausgestrahlt; dann wurden diese bis in die späten Abendstunden ausgedehnt und das englische Programm vollends von der Inlandswelle verdrängt.[11]
Niederländisches bzw. flämisches Programm
Es gab bei Radio Luxemburg auch ein Programm in niederländischer Sprache, zuletzt „flämisches Programm“ genannt. Es startete 1933 und lief bis in die frühen 1960er Jahre ab morgens bis 14 Uhr, vor den deutschsprachigen Sendungen, die 1957 ihren Dienst aufnahmen. Die Sendungen wurden überwiegend in Hilversum, dem Hauptstandort des Hörfunks in den Niederlanden, produziert.[12] Später wurde das niederländischsprachige Programm auf fünf, dann drei Stunden reduziert (von 9 bis 12 Uhr vormittags) und Ende der 1960er Jahre auf den frühen Abend verlegt und nochmals gekürzt (18 bis 19.30 Uhr, sonntags nur bis 19 Uhr). Von 1975 an lief es noch alltags eine halbe und sonntags eine Stunde zwischen dem deutschen Programm auf der (Mittelwellenfrequenz 208 m/1439 kHz und später 1440 kHz) sowie dem englischen Programm, sonntags mit der Benelux-Hitparade, an den anderen Tagen mit einer internationalen Brieffreundschaftsbörse; beides wurde von Mike Verdrengh moderiert, der auch beim staatlichen belgischen Rundfunk BRT tätig war. Niederländischsprachige DJs in den früheren Jahren waren außerdem Peter Koelewijn, Frans van der Drift, Jackie Dewaele (genannt Zaki), Felix Meurders und Peter van Dam, die neben den Sendungen von Radio Luxemburg auch bei der BRT oder dem niederländischen Rundfunk (Radio Hilversum) tätig waren. Das so genannte flämische Programm von Radio Luxemburg wurde in Brüssel auf Band vorproduziert und von Luxemburg ausgestrahlt. Am Ende fiel es kommerziellen Erwägungen der CLT zum Opfer; die Mittelwelle tagsüber ganz dem deutschen Programm zu überlassen, bedeutete die Erschließung eines größeren Werbemarktes.
Deutschsprachiges Programm
Am 15. Juli 1957 startete Radio Luxembourg sein deutschsprachiges Programm, das heute als RTL Radio bekannt ist.
Literatur
- Anna Jehle: Welle der Konsumgesellschaft. Radio Luxembourg in Frankreich 1945–1975. Göttingen 2018.
Einzelnachweise
- RTL repasse devant NRJ, Europe 1 devance France Info. lexpress.fr
- lefigaro.fr
- RTL Group - the history (PDF)
- Gesetz vom 19. Dezember 1929, betreffend die im Großherzogtum bestehenden oder zu errichtenden Rundfunksendestationen
- Radio Luxembourg. 100ansderadio.free.fr
- RTL Radio Luxemburg Chronik. radio-journal.de
- Vor 80 Jahren erstmals auf Langwelle: Radio Luxembourg. rtlgroup.com
- The History of: Radio Luxembourg. radio-journal.de
- Kai Ludwig: Langwellensender Felsberg abgeschaltet. 1. Januar 2020, abgerufen am 20. März 2020.
- radioszene.de
- Benny Brown gibt nicht auf
- icce.rug.nl abgerufen am 29. Dezember 2020.