Marion Maréchal
Marion Maréchal (* 10. Dezember 1989 in Saint-Germain-en-Laye), die bis Mai 2018 unter dem Nachnamen Maréchal-Le Pen auftrat, ist eine französische Politikerin des rechtsextremen Rassemblement National (zuvor Front National). Die Enkelin des Parteigründers Jean-Marie Le Pen und Nichte von Marine Le Pen wurde 2012 für das Département Vaucluse im Alter von 22 Jahren als jüngste Abgeordnete in die Nationalversammlung der Fünften Französischen Republik gewählt.[1] Im Mai 2017 kündigte sie ihren Rückzug aus der Politik an.
Werdegang
Marion Maréchal ist die Tochter von Yann Le Pen, die Enkelin des Front-National-Gründers Jean-Marie Le Pen und die Nichte von Marine Le Pen, der Parteivorsitzenden des Rassemblement National. Nach Angaben ihrer Mutter war der 2014 verstorbene Diplomat, Journalist und Spion Roger Auque der biologische Vater. Der von 1993 bis 2007 mit Yann Le Pen verheiratete ehemalige Wahlkampfmanager von Jean-Marie Le Pen, Samuel Maréchal, erkannte Marion als seine Tochter an.[2] Bereits mit zwei Jahren war sie auf einem Wahlplakat der Front National auf dem Arm ihres Großvaters abgebildet. Sie wuchs in einer abgeschlossenen Wohnanlage im Pariser Vorort Saint-Cloud auf. Bis zur dritten Klasse ging sie auf eine öffentliche Schule, dann wechselte sie aus „Sicherheitsgründen“ auf eine private, katholisch-traditionalistische Mädchenschule.[3] Eine Klassenkameradin war Madeleine de Jessey, spätere Politikerin der konservativen Républicains und Anführerin der Proteste gegen die gleichgeschlechtliche Ehe.[4] Sie absolvierte ein Master-Studium in öffentlichem Recht an der Universität Paris II (Panthéon-Assas), das sie 2012 abschloss.[5]
Mit 18 Jahren trat sie der Front National bei.[6] Erstmals um ein öffentliches Amt bewarb sie sich erfolglos bei den Regionalwahlen 2010 auf dem zweiten Platz der FN-Liste im Département Yvelines.[7] Im selben Jahr ergänzte sie ihren Nachnamen um den der Mutter zu Marion Maréchal-Le Pen.[8] Am 10. Juni 2012 kam sie im ersten Wahlgang der französischen Parlamentswahlen im als FN-Hochburg bekannten Carpentras (Départements Vaucluse) mit 34,6 % auf den ersten Platz.[9] Im zweiten Wahlgang wurde sie mit 42,09 % der Stimmen vor der Sozialistin Catherine Arkilovitch und dem bisherigen konservativen Abgeordneten Jean-Michel Ferrand (UMP), der dieses Amt insgesamt sechs Legislaturperioden lang innehatte, gewählt.[10] Sie war in dieser Legislaturperiode bis 2017 eine von zwei Abgeordneten ihrer Partei (neben Gilbert Collard).
Nach der Niederlage Marine Le Pens bei den Präsidentschaftswahlen im Mai 2017 erklärte Marion Maréchal-Le Pen ihren Rückzug aus der Politik. Beobachter sahen darin u. a. die Absicht, sich nicht in einen offenen Machtkampf mit ihrer Tante ziehen zu lassen.[11][12] Nach ihrem Rückzug aus der Politik gründete sie im Mai 2018 die private Hochschule Institut des sciences sociales économiques et politiques (Issep; Institut für Sozialwissenschaften, Wirtschaft und Politik) in Lyon. Sie ist seither Direktorin des Instituts, an dem 2019 sechzig Studenten eingeschrieben waren.[13] Im Mai 2018 gab sie den Namenszusatz Le Pen in ihrem Nachnamen auf.
2022 machte sie ihre Unterstützung für den rechtsextremen Kandidaten der Präsidentschaftswahl in Frankreich 2022 Éric Zemmour öffentlich. Sie wandte sich damit von ihrer Tante Marine Le Pen ab, die ebenfalls für das Amt kandidiert.[14]
Politische Standpunkte
Maréchal-Le Pen hat sich öffentlich dagegen gewehrt, als rechtsextrem bezeichnet zu werden.[15] Im Gegensatz zu vielen Anhängern des Rassemblement National hat sie sich gegen die Todesstrafe ausgesprochen, allerdings für eine „wirklich lebenslange“ Gefängnisstrafe.[16] Sie ist keine Gegnerin des gesetzmäßigen Schwangerschaftsabbruchs bei medizinischen oder sozialen Indikationen, lehnt aber die Kostenübernahme des Eingriffs durch die Krankenkassen ab, wenn dieser wiederholt erfolgt.[17] Sie hat sich außerdem gegen die Gleichberechtigung eingetragener homosexueller Partnerschaften mit der Ehe ausgesprochen und an öffentlichen Demonstrationen dagegen teilgenommen.[18] Bei einer Veranstaltung der royalistisch-rechtsextremen Action française bekannte sie, sie gehöre einer Generation an, die von den Werten der Republik „genervt“ sei (« saoulée par les valeurs de la République »), die „man uns ständig serviert und von denen man nicht weiß, was sie einfordern“. Die Republik habe für sie keinen Vorrang vor Frankreich, sie verteidige die Fünfte Republik, aber diese sei nur ein politisches System. Ihr Land sei Frankreich, das bereits Jahrhunderte vor der Französischen Revolution existiert habe. Charles Maurras, den historischen Anführer der Action française, bezeichnete sie – auch wenn sie nicht in allem mit ihm übereinstimme – als „politischen Denker ersten Ranges“.[19]
Maréchal-Le Pen galt unter den Anhängern ihrer Partei als sehr beliebt, besonders im Süden Frankreichs zog sie bei Wahlveranstaltungen regelmäßig große Menschenmengen an. In den Augen ihrer Anhänger wurde sie auch als mögliche Nachfolgerin ihrer Tante Marine Le Pen gesehen; dabei wurden ihre Positionen oft als gegensätzlich zu den anti-europäischen Stellungnahmen Marine Le Pens und ihres damaligen Stellvertreters Florian Philippot interpretiert.
Privates
Maréchal heiratete am 29. Juli 2014 den Unternehmer Matthieu Decosse. Im September 2014 brachte sie eine Tochter zur Welt. Sie trennte sich 2016 von Decosse.
Seit 2018 ist sie mit Vincenzo Sofo verlobt.[20] Sofo ist seit 2020 Mitglied des Europäischen Parlaments (bis Februar 2021 Lega Nord, seitdem Fratelli d'Italia).
Weblinks
- Website von Marion Maréchal-Le Pen (französisch)
- Angaben zur Abgeordneten auf der Seite der Nationalversammlung (französisch)
Einzelnachweise
- Marion Le Pen plus jeune députée de la Ve République, Le Figaro
- L'identité du véritable père de Marion Maréchal-Le Pen dévoilée Le Parisien, 7. November 2013
- Tugdual Denis: Marion Maréchal-Le Pen, l'effrontée nationale. In: L'Express, 18. März 2015.
- Michaela Wiegel: Marion Maréchals Mission – Eine Frau geht ihren rechten Weg. In: Frankfurter Allgemeine, 1. Juni 2018.
- Virginie Le Guay: Marine et Marion Le Pen: le choc des ambitions. In: Paris Match, 18. Oktober 2012.
- Marion, le nouveau visage du clan Le Pen, Le Figaro
- Französisches Innenministerium
- Nicht mehr in Opas Namen
- Marion Maréchal-Le Pen en tête dans le Vaucluse, Le Nouvel Observateur
- Législatives 2012: entendu au marché avec Marion Marechal-Le Pen, candidate dans le Vaucluse, Huffington Post
- Le Point: 'Marion Maréchal-Le Pen : un départ qui va laisser des traces', 12. Mai 2017, abgerufen am 16. Mai 2017 (französisch)
- Le Figaro: 'Le départ de Marion Maréchal-Le Pen, adieu ou au revoir ?', 10. Mai 2017, abgerufen am 16. Mai 2017 (französisch)
- Christel Haas, Cornelia Laqua: Marion Maréchal: Die rechte Kaderschmiede der Le-Pen-Nichte. In: ZDF Heute. 22. Februar 2019, abgerufen am 6. Juni 2019.
- Die Nichte, die Marine Le Pen in den Rücken fällt Der Standard online, abgerufen am 2. Februar 2022
- Marion Maréchal-Le Pen sur RTL : "Je ne suis pas d'extrême droite". RTL.fr, 8. November 2012, abgerufen am 20. März 2013 (französisch).
- « Peine de mort : Marion Maréchal-Le Pen dit non ». 20 minutes, 11. Oktober 2012, abgerufen am 20. März 2013 (französisch).
- Marion M. Le Pen sur les IVG : « l'État n'a pas à rembourser l'inattention de certaines femmes ». ladepeche.fr, 11. Oktober 2012, abgerufen am 20. März 2013 (französisch).
- « Marion Maréchal Le Pen agite l'argument de la polygamie ». (Nicht mehr online verfügbar.) Europe1: Le Lab, 29. November 2012, archiviert vom Original am 7. Januar 2013; abgerufen am 20. März 2013 (französisch). Info: Der Archivlink wurde automatisch eingesetzt und noch nicht geprüft. Bitte prüfe Original- und Archivlink gemäß Anleitung und entferne dann diesen Hinweis.
- Maréchal-Le Pen juge sa génération «saoulée par les valeurs de la République». www.lefigaro.fr, 27. April 2016
- Chi è Vincenzo Sofo, il «talebano» che Salvini vuole mandare in Europa. Abgerufen am 11. Juni 2021 (italienisch).