Zips
Die Zips (slowakisch Spiš; polnisch Spisz; ungarisch Szepes; lateinisch Scepusium) ist eine Landschaft in der nordöstlichen Slowakei und – ein kleiner Teil – im Süden der polnischen Woiwodschaft Kleinpolen. Von ihr leitet sich der Name des ehemaligen ungarischen Komitats Zips ab.
Lage
Das Gebiet liegt in der nordöstlichen Slowakei auf der Fläche der Hohen Tatra und im Gebiet östlich davon. Die südliche Grenze bilden die Niedere Tatra und das Slowakische Erzgebirge (slowakisch Slovenské rudohorie), im Westen grenzt die Zips an die traditionell als Liptau (slowakisch Liptov) bekannte Landschaft. Die Zips ist größtenteils um die Flüsse Poprad und Hernad (slowakisch Hornád) (nur bis Jaklovce) gelegen. Ein kleiner Teil des Gebietes liegt seit 1918 in Polen.
Politisch ist die Landschaft (seit 1996) zwischen den Landschaftsverbänden Košický kraj und Prešovský kraj geteilt. Wichtige Städte sind Poprad (deutsch Deutschendorf), Levoča (deutsch Leutschau), Spišská Nová Ves (deutsch Zipser Neudorf) und das traditionelle kulturelle Zentrum Kežmarok (deutsch Kesmark oder Käsmark).
Geschichte
Mittelalter und ältere Neuzeit
Das Gebiet wurde in der zweiten Hälfte des 11. Jahrhunderts von Ungarn erobert und etwa 100 Jahre später verwaltungstechnisch als die Zipser Gespanschaft (comitatus Scepusiensis) organisiert, die im Wesentlichen bis zur Entstehung der Tschechoslowakei im Jahre 1918 existierte. Bis 1802 gab es allerdings östlich der Stadt Poprad im südlichen Teil der Zips eine winzige separate slowakische Gespanschaft (Namen: Parvus comitatus, Sedes superior, Sedes X lanceatorum, Städte der 10 Lanzenträger), deren Ursprung unbekannt ist.
Die meisten Zipser Städte haben ihren Ursprung in deutschen Siedlungen (in der Unterzips vor allem Bergbausiedlungen). Die ursprünglich hauptsächlich slawische Bevölkerung in diesem Gebiet war beim Mongoleneinfall 1242 ausgerottet oder vertrieben worden. In der Folgezeit, teilweise auch schon im 12. Jahrhundert, wurden deutsche Spezialisten und Bergleute aus Schlesien, Thüringen und möglicherweise auch Sachsen von den Ungarnkönigen ins Land geholt. Diese sogenannten Zipser Sachsen („Sachsen“ bedeutet wie bei den Siebenbürger Sachsen eine im ungarischen Feudalsystem mit autonomer Selbstverwaltung privilegierte deutschsprachige Minderheit) bildeten bis ins 19. und teilweise noch 20. Jahrhundert das wirtschaftliche und kulturelle Rückgrat der Zips.
Die Bewohner der Zips schufen im 13. Jahrhundert eine eigene geistliche Organisation, die Bruderschaft der 24 königlichen Pfarrer, und parallel dazu die politische Organisation Bund der 24 Zipser Städte, an deren Spitze der Zipser Graf stand, der von den Richtern der Städte gewählt wurde. Der Bund erhielt eine Selbstverwaltung, die etwa derjenigen der königlichen Freistädte entsprach. Die Zips erlebte im 14. Jahrhundert ihre wirtschaftliche und kulturelle Blüte. Ab 1370 wandten die 24 Städte des Bundes sowie 20 weitere Zipser Siedlungen ein einheitliches Zipser Recht (Zipser Willkür) an.
Der Bund der 24 Zipser Städte wurde 1412 aufgelöst, als König Sigismund von Luxemburg aus finanziellen Gründen (Kreditaufnahme für den Krieg gegen Venedig) 13 dieser Städte sowie das Gebiet um die Burg Stará Ľubovňa (deutsch Altlublau, polnisch Lubowla) an Polen verpfändete, das in ihre Selbstverwaltung allerdings nicht eingriff. Nominell gehörten die verpfändeten Gebiete weiterhin zum Königreich Ungarn und es wurde nur ihre wirtschaftliche Nutzung und Verwaltung, vor allem die Steuereinnahmen, verpfändet. Die verpfändeten Städte bildeten 1412 den Bund der 13 Zipser Städte und verzeichneten aufgrund ihrer Mittlerrolle (an Polen verpfändete deutsche Städte in Ungarn mit slowakischen Untertanen) einen wirtschaftlichen Aufschwung. Die restlichen 11 Städte, die 1412 den Bund der 11 Zipser Städte bildeten, konnten hingegen die traditionell privilegierte Stellung der Städte in der Zips nicht halten und gerieten bereits 1465 in die Abhängigkeit der Zipser Burg. Sie sind in der Folge auf das Niveau bedeutungsloser Dörfer herabgesunken und haben großteils auch ihren deutschen Charakter verloren.
In der Reformationszeit war die Zips zeitweise, vor allem anfangs, stark von der Täuferbewegung unter Andreas Fischer geprägt. In der zweiten Hälfte des 16. Jahrhunderts wandten sich die Zipser Städte unter dem Einfluss der Prediger Georg Leudischer, Valentin Großmann (gräzisiert: Valentin Megander), einem Melanchthonschüler, und Martin Cyriak Koch zumeist dem lutherischen Bekenntnis zu.[1] Die 1568 verfasste Confessio Scepusiana (Zipser Bekenntnis) wurde zur maßgeblichen Bekenntnisschrift der Zips. Sie lehnt sich stark an die Confessio Augustana an.[2]
Die Verpfändung der Zipser Städte sollte, wie damals üblich, nicht lange dauern, doch vergingen 360 Jahre, bis das vom Haus Österreich regierte Königreich Ungarn die Städte 1769 durch eine Militäraktion zurückgewann, ohne die Pfandsumme einzulösen. Habsburg nutzte die Schwäche Polens: Im Widerstand gegen die Reformen Stanisław August Poniatowskis hatte der polnische Adel die Konföderation von Bar gebildet. Das löste den polnisch-russischen Krieg von 1768–1772 aus, vor dessen Ende sich die Nachbarstaaten auf die Erste Teilung Polens einigten, bei der das Habsburgerreich dann auch noch den Süden Polens als Galizien gewann. Die Zips wurde ab 1778 formal als die Provinz der 16 Zipser Städte organisiert. Die Selbstverwaltung der Zipser Städte wurde erst 1876 aufgehoben, sie kamen zum Komitat Zips hinzu.
Nach dem Ersten Weltkrieg
Nachdem das Gebiet 1918 ein Teil der Tschechoslowakei geworden war, besetzte und annektierte das ebenfalls neu gegründete Polen 195 km² in der nördlichen Zips (siehe dazu Tschechoslowakisch-polnische Grenzkonflikte). Die bei der Tschechoslowakei verbliebenen Teile der Gespanschaft (nun slowakisch Spišská župa genannt) blieben bis 1922 bestehen, wobei aber die Kompetenzen dieses Verwaltungsgebietes völlig verschieden zu den vorherigen waren. 1923 wurde die Zips dann auf die neu geschaffenen Verwaltungseinheiten Untertatraer Gespanschaft (Podtatranská župa) und Kaschauer Gespanschaft (Košická župa) aufgeteilt. 1928–1939 und 1945–1948 war es dann Teil des wiederum neugeschaffenen Slowakischen Landes (Slovenská krajina).
Nachdem die Slowakei von 1939 bis 1945 als unabhängiger Staat bestanden hatte, wurde die Zips ab 1940 der östliche Teil der Tatraer Gespanschaft (Tatranská župa).
Nach dem Zweiten Weltkrieg
Nach dem Zweiten Weltkrieg war die Zips wieder ein Teil der Tschechoslowakei und wurde nach der Auflösung der Tatraer Gespanschaft 1945 ab 1949 ein Teil des Kaschauer (Košický kraj) und des Eperieser Landschaftsverbandes (Prešovský kraj), wobei deren Grenzen nicht mit denen der heute unter gleichen Namen existierenden Landschaftsverbänden übereinstimmen. Von Juli 1960 bis September 1990 war die Region Teil des Ostslowakischen Landschaftsverbandes (Východoslovenský kraj).
Die Zips war das Hauptsiedlungsgebiet der Karpatendeutschen, von denen sich Reste noch erhalten haben. Die meisten Deutschen sind aus der Zips vor der heranrückenden Roten Armee zwischen Mitte November 1944 und dem 21. Januar 1945 auf Initiative Adalbert Wanhoffs und mit Vorbereitungen des Bischöflichen Amtes der Deutschen Evangelischen Kirche ins Sudetenland, nach Österreich und nach Deutschland evakuiert worden.
Die meisten verbliebenen oder wieder zurückgekehrten Deutschen wurden enteignet und im Laufe des Sommers 1946 über das Aussiedlungslager Poprad nach Deutschland vertrieben. Nur im Dorf Chmeľnica (dt. Hopgarten) sowie in Medzev (Metzenseifen) konnte sich die deutsche Bevölkerung halten. Dank ihrer guten Beziehungen zu Slowaken und anderen Nationalitäten in den Nachbardörfern halfen diese ihnen, im Land zu bleiben.
Tourismusregion
Die Tourismusregion Zips (slowakisch Spišský región cestovného ruchu) erstreckt sich über die Bezirke:
Siehe auch
Weblinks
- Johann Loisch: Karte der Zips 1939. In: spis.sk.
- Friedrich Gottas: Sachsen (Zips). In: Enzyklopädie des europäischen Ostens. 26. März 2019 .
Einzelnachweise
- Ján Volný: Zipser Konfession. In: reformation-cities.org. 26. April 2018, abgerufen am 12. Juni 2019.
- Jan-Andrea Bernhard: Konsolidierung des reformierten Bekenntnisses im Reich der Stephanskrone. Ein Beitrag zur Kommunikationsgeschichte zwischen Ungarn und der Schweiz in der frühen Neuzeit (1500–1700). Vandenhoeck & Ruprecht, Göttingen 2015, ISBN 978-3-525-55070-0, S. 448.