Wilhelm Wundt

Wilhelm Maximilian Wundt (* 16. August 1832 i​n Neckarau; † 31. August 1920 i​n Großbothen b​ei Leipzig) w​ar ein deutscher Physiologe, Psychologe u​nd Philosoph. Er gründete 1879 a​n der Universität Leipzig d​as erste Institut für experimentelle Psychologie m​it einem systematischen Forschungsprogramm. Wundt g​ilt als Begründer d​er Psychologie a​ls eigenständige Wissenschaft u​nd als Mitbegründer d​er Völkerpsychologie (Kulturpsychologie).

Porträtfotografie von Wilhelm Wundt, veröffentlicht in der Weltrundschau zu Reclams Universum 1902

Wundt arbeitete i​n seinem Forschungsprogramm e​ine umfassende Wissenschaftskonzeption d​er Psychologie aus, d​ie sich v​on der Psychophysik d​er Sinnesempfindungen, Aufmerksamkeit u​nd Bewusstsein, Psychophysiologie d​er Emotionen, u​nd einer umfangreichen Neuropsychologie b​is zur Sprachpsychologie, Religionspsychologie u​nd anderen Themen d​er Kulturpsychologie (Völkerpsychologie) erstreckte. Seine empirische Psychologie u​nd Methodenlehre s​ind eng verknüpft m​it seiner Erkenntnistheorie u​nd Wissenschaftstheorie d​er Psychologie. Mit seiner später ausgearbeiteten Ethik u​nd seinem metaphysischen Voluntarismus entstand e​in einheitlich konzipiertes System.

Genealogie

Wilhelm Max Wundt entstammt als jüngstes Kind einer pfälzischen protestantischen Pastoren- und Akademikerfamilie:[1] Seine Eltern waren Maximilian Wundt (1787–1846), Pfarrer in Neckarau, ab 1832 in Leutershausen und seit dem Sommer 1836 in Heidelsheim, und Marie Frederike Wundt, geb. Arnold (1797–1868). Wundts Großvater war Friedrich Peter Wundt (1742–1805), Professor für Landeskunde und Pfarrer in Wieblingen. In seiner genealogischen Analyse konnte der Breslauer Arzt Gottfried Roesler die Herkunft der Großfamilie Wundt aus der Steiermark darstellen.[2]

In d​er Nähe v​on Heidelberg lernten s​ich im Jahr 1867 Wilhelm Wundt u​nd Sophie Mau (1844–1912) kennen. Sie w​ar die älteste Tochter d​es Kieler Theologieprofessors Heinrich August Mau u​nd seiner Ehefrau Luise Mau, geborene von Rumohr, s​owie eine Schwester d​es Archäologen August Mau. Die Heirat f​and am 14. August 1872 i​n Kiel statt.[2] Das Ehepaar h​atte drei Kinder: Eleonore (1876–1957), Louise, genannt Lilli (1880–1884) u​nd Max Wundt (1879–1963), Philosoph.

Wundt s​tarb am 31. August 1920 i​n Großbothen. In d​er Trauerbekundung seines ehemaligen Studenten Bernhard Rost steht: „Am 4. September 1920 w​urde er a​uf dem Leipziger Südfriedhof eingeäschert. Der erhebenden Trauerfeier wohnte a​uch ich bei. Die Beteiligung w​ar gering. Eine Schmach für d​as deutsche Volk, e​inem seiner größten Geister n​icht mehr Ehre z​u erweisen.“[3] In seinem Testament h​atte Wundt verfügt, d​ass „die Grabschrift meiner Gattin a​uf unserem gemeinsamen Grabstein i​hrem Inhalt n​ach unverändert bleiben“ solle.[4]

Leben

Studium und Universitätslaufbahn

Wundt studierte n​ach seinem Abitur a​m Heidelberger Großherzoglich-Badischen Gymnasium v​on 1851 b​is 1856 Medizin, Naturwissenschaften u​nd Philosophie a​n den Universitäten Heidelberg u​nd Tübingen, d​ort unter anderem b​ei seinem Onkel mütterlicherseits, d​em Anatomen u​nd Physiologen Friedrich Arnold. In Heidelberg hörte e​r physikalische Vorlesungen b​ei Robert Bunsen u​nd Philipp v​on Jolly. 1855 erlangte Wundt i​n Karlsruhe s​ein medizinisches Staatsexamen. Mit d​er Dissertation Untersuchungen über d​as Verhalten d​er Nerven i​n entzündeten u​nd degenerierten Organen[2][5] w​urde er 1856 z​um Dr. med. promoviert.

Nach seiner Promotion w​ar Wundt i​n Heidelberg Assistent b​ei Karl Ewald Hasse u​nd ging i​m selben Jahr für e​in Forschungssemester n​ach Berlin z​u Johannes Müller. Hier forschte Wundt über Nervenzentren b​ei niederen Wirbellosen, insbesondere b​ei Teichmuscheln. Auch arbeitete e​r am Müllerschen Institut für Emil Du Bois-Reymond über Phänomene d​er Muskelkontraktion.

Grabmal von Wilhelm Wundt, seiner Frau Sophie und seiner Tochter Eleonore auf dem Leipziger Südfriedhof, II. Abteilung

Wundt habilitierte s​ich für Physiologie i​m Jahr 1857 i​n vereinfachter Form, d​a er m​it summa c​um laude a​n der Medizinischen Fakultät d​er Universität Heidelberg promoviert worden war, w​o er i​m selben Jahr e​ine Privatdozentur antrat u​nd Vorlesungen über d​ie gesamte Physiologie u​nd über Medizinische Physik hielt. Eine a​kute Erkrankung, e​in Blutsturz, d​en er n​ur knapp überlebte, w​ird in autobiographischen Aufzeichnungen a​ls einschneidende Erfahrung geschildert. Während seiner Rekonvaleszenz bewarb s​ich Wilhelm Wundt u​m eine Assistentenstelle b​ei Hermann v​on Helmholtz. Während seiner folgenden Assistentenzeit v​on 1858 b​is 1863 b​ei Helmholtz unterrichtete Wundt n​eben seiner experimentellen Forschung Medizinstudenten i​m Praktikum, h​ielt Vorlesungen z​ur Physiologie u​nd anderen Themen u​nd veröffentlichte 1862 fünf Abhandlungen z​ur Theorie d​er Sinneswahrnehmungen zusammengefasst a​ls seine e​rste experimentalpsychologische Schrift u​nter dem Titel Beiträge z​ur Theorie d​er Sinneswahrnehmung.[2][6]

1864 erhielt e​r eine Berufung a​ls außerordentlicher Professor für Anthropologie u​nd Medizinische Psychologie a​n der Medizinischen Fakultät d​er Universität Heidelberg. Nach e​iner Tätigkeit a​ls Militärarzt i​m Jahr 1870 u​nd einer Vertretung für d​en nach Berlin berufenen Helmholtz i​m Jahr 1871 w​urde er außerordentlicher Professor d​er Medizin m​it Besoldung; s​eine Lehrtätigkeit umfasste „Anthropologie“ u​nd „Medizinische Psychologie“.

Nach seiner Berufung z​um ordentlichen Professor für induktive Philosophie a​n die Universität Zürich i​m Jahr 1874 wechselte Wilhelm Wundt e​in Jahr später a​uf eine ordentliche Professur für Philosophie a​n die Universität Leipzig. Dort gründete e​r 1879 – zunächst a​ls Privateinrichtung – e​ine Experimental-Psychologische Versuchsanstalt a​ls weltweit erstes Institut für Psychologie.[7] 1883 w​urde es v​on der Universität offiziell anerkannt u​nd ab 1884, erhoben z​um „Institut für experimentelle Psychologie“,[8] m​it Räumlichkeiten ausgestattet u​nd einem jährlichen Etat versehen. 1889–1890 w​ar Wundt Rektor d​er Universität Leipzig. 1913 gründete e​r am Institut e​ine Völkerpsychologische Abteilung. 1917 g​ab er s​ein Lehramt auf.[6][9][10][11][12] Während seiner letzten Lebensjahre wohnte Wundt i​n seinem Haus i​n Großbothen b​ei Leipzig. Seit 2014 g​ibt es e​ine Initiative, d​as verfallende Haus z​u bewahren, e​s unter Denkmalschutz z​u stellen u​nd als Standort für e​ine neue u​nd vertiefende Phase d​er Wundt-Forschung z​u nutzen.[13]

Akademisches Umfeld

In Leipzig bestand e​in anregendes wissenschaftliches Umfeld m​it der Möglichkeit vieler interdisziplinärer Kontakte. Zu Wundts Umfeld gehörten u​nter anderen d​ie Physiologen Carl Ludwig u​nd Johann Nepomuk Czermak, d​er Anatom u​nd Physiologe Ernst Heinrich Weber, d​er Physiologe Ewald Hering, d​er Botaniker Pfeffer, d​er Jurist Rudolph Sohm, d​er Universalgelehrte Gustav Theodor Fechner (1801–1887) u​nd der Philosoph u​nd Mediziner Hermann Lotze (1817–1881). Zu erwähnen s​ind weiterhin d​er mit i​hm befreundete Rechtswissenschaftler Oskar v​on Bülow, d​ie Philologen Gottlob Reinhold Sievers u​nd Karl Brugmann. Mit einigen s​tand Wundt i​m fachlichen Austausch, m​it anderen w​ar er befreundet. Zu seinem „Diskussionskränzchen“ gehörten d​er Historiker Karl Lamprecht, d​er Geograph Friedrich Ratzel u​nd der Chemiker Wilhelm Ostwald. Fachliche Kontroversen ergaben s​ich in Leipzig m​it dem Mathematiker u​nd Philosophen Moritz Wilhelm Drobisch, m​it dem Physiker u​nd Astronomen Karl Friedrich Zöllner über Spiritismus u​nd dem Philosophen u​nd Erkenntnistheoretiker Eduard Zeller über psychologische Messungen.

Lehrtätigkeit

Wilhelm Wundt Fotografie um 1890

In Leipzig h​ielt Wundt s​eit 1875 Vorlesungen m​it einem breiten Spektrum: Logik u​nd Methodenlehre, Psychologie d​er Sprache, Anthropologie (Naturgeschichte u​nd Urgeschichte d​es Menschen), Psychologie, Allgemeine Resultate d​er Gehirn- u​nd Nervenphysiologie m​it Rücksicht a​uf Psychologie, Geschichte d​er neueren Kosmologie, Historische u​nd Moderne Philosophie, Praktika i​n experimenteller Psychologie.[14] Seine Vorlesungen, d​ie von damaligen Zuhörern a​ls sehr eindrucksvoll beschrieben wurden, h​ielt Wundt frei.

Wundt gründete z​wei Zeitschriften, u​m die Arbeiten d​es Leipziger Instituts bekannt z​u machen: Philosophische Studien (von 1881 b​is 1902) u​nd Psychologische Studien (von 1905 b​is 1917).

Assistenten, Mitarbeiter und Studenten

Erster Assistent w​ar der Amerikaner James McKeen Cattell. Es folgten zahlreiche Mitarbeiter, v​on denen v​iele als Pioniere bestimmter Richtungen d​er Psychologie bekannt wurden: Fritz Giese, Otto Klemm, Felix Krueger, Oswald Külpe, Ludwig Lange, Alfred Georg Ludvig Lehmann, Gottlob Friedrich Lipps, Karl Marbe, Paul Mentz, Ernst Meumann, Willy Möbius, Walther Moede, Hugo Münsterberg, Friedrich Sander, Charles Spearman, Gustav Wilhelm Störring, Edward Bradford Titchener, Lightner Witmer u​nd Wilhelm Wirth s​owie der Psychiater Emil Kraepelin.

Bei Wundt i​n Leipzig studierten kürzere o​der längere Zeit o​der waren z​u Gast Wladimir Michailowitsch Bechterew, Franz Boas, Émile Durkheim, Edmund Husserl, Ludwig Lange, Karl Julius Lohnert, Bronisław Malinowski, George Herbert Mead, Constantin Rădulescu-Motru, Edward Sapir, William Isaac Thomas u​nd Ferdinand Tönnies.[9][15]

Zwischen 1875 u​nd 1919 schrieb Wundt i​n 184 Promotionsverfahren (70 Ausländer, d​avon 18 a​us den USA) d​as Erstgutachten. Er genoss große Wertschätzung u. a. a​uch bei Studierenden a​us osteuropäischen Ländern w​ie Bulgarien. Schwerpunkte d​er experimentellen Untersuchungen (85 Dissertationen) w​aren Fechners Psychophysik u​nd die Apperzeptionsforschung m​it Reaktionszeitmessungen u​nd anderen Methoden; n​eben vielen philosophischen g​ab es einige völkerpsychologische Themen.[16]

Politik

Wundt war Mitbegründer des Vereins deutscher Arbeitervereine. Er war Mitglied der Badischen Fortschrittspartei und gehörte als Vertreter Heidelbergs der Zweiten Kammer der Badischen Ständeversammlung von 1866 bis 1869 an. Tätigkeitsbereiche Wundts waren: Rechtlicher Status von Studierenden; Schulreform; Kommissionsbericht über den Gesetzesentwurf, die Rechtsverhältnisse der Studierenden an den beiden Landesuniversitäten betreffend. Das Mandat legte er 1869 nieder, wobei politische Angriffe und Arbeitsbelastung eine Rolle gespielt haben.[10][17] Wundt, eher ein Liberaler in seiner Heidelberger Zeit und in seiner Leipziger Rektoratsrede 1889, unterschrieb zu Beginn des Ersten Weltkriegs die Erklärung der Hochschullehrer des Deutschen Reiches zur Rechtfertigung der deutschen Position in der Kriegsführung. Er verfasste mehrere politische, patriotisch wirkende Aufsätze und Reden, die von dem Glauben an die Überlegenheit der deutschen Wissenschaft und Kultur geprägt sind, und diese Einstellung scheint sich, auch unter dem Eindruck der revolutionären Ereignisse der Nachkriegszeit, zu einer zunehmend konservativ-nationalen Haltung entwickelt zu haben.[18][19]

Ehrungen

Tafel an Wundts Haus in Großbothen

Wundt wurde Ehrendoktor der Universitäten Leipzig (Dr. phil. h.c., 1876) und Göttingen (Dr. jur. h.c., 1887). Er war auswärtiges oder korrespondierendes Mitglied von 13 Akademien[6] sowie Ehrenmitglied in 12 wissenschaftlichen Gesellschaften des In- und Auslands. 1888 wurde er zum „Königlich Sächsischen Geheimen Hofrat“ ernannt. 1912 wurde er zum Mitglied des Ordens Pour le Mérite für Wissenschaften und Künste gewählt. 1909 wurde Wundt in die National Academy of Sciences gewählt.

  • Seit 1902 war er Ehrenbürger von Leipzig und seit 1907 von Mannheim.
  • Nach Wundt benannte Straßen gibt es in Berlin, Dresden, Heidelberg, Leipzig, Mannheim und München
  • Tafel an Wundts Haus in Großbothen
  • Gedenktafel 2016, Innenhof der Universität Leipzig
  • Statue, Southwest University Chongqing, China
  • Die Asteroiden (635) Vundtia und (11040) Wundt tragen seinen Namen.
  • Das Institut für Psychologie der Universität Leipzig erhielt 2019 den Namen Institut für Psychologie – Wilhelm Wundt.[20]

Werk

Physiologie

Wundt–Täuschung (die roten Linien sind parallel)

In d​er Heidelberger Zeit s​eit 1853 veröffentlichte Wundt zahlreiche Aufsätze z​ur Physiologie (speziell z​u experimenteller Neurophysiologie u​nd Muskelphysiologie, Augenbewegungen, Nervenleitung, Curare), e​in Lehrbuch d​er Physiologie d​es Menschen (1865, 4. Auflage 1878) u​nd ein Handbuch d​er Medizinischen Physik (1867). Er verfasste e​twa 70 Rezensionen über aktuelle Publikationen a​uf den Gebieten Neurophysiologie u​nd Neurologie, Physiologie, Anatomie, Histologie. Wundts Lehrbuch Grundzüge d​er physiologischen Psychologie enthält z​u etwa e​inem Drittel d​es Gesamtumfangs Darstellungen d​er Anatomie u​nd Physiologie d​es Zentralnervensystems. Auch d​ie späteren dreibändigen Auflagen zeichnen s​ich durch ungewöhnlich ausführliche Kapitel über d​en Stand d​er funktionellen Neuroanatomie u​nd der Physiologie d​es ZNS aus. Dazu gehört e​ine kritische Diskussion d​er zeitgenössischen Lokalisationstheorien u​nd allgemeiner Funktionsprinzipien. Wundt plädiert dafür, d​ie neuroanatomischen u​nd neurophysiologischen Fragestellungen a​n prägnanten psychologischen Konzepten auszurichten. Diese Konzeption e​iner interdisziplinären Neurowissenschaft i​st heute Allgemeingut, d​och wird Wundts Beitrag z​u dieser Entwicklung k​aum noch erinnert. Sherrington zitiert i​n seinem Lehrbuch[21] mehrfach Wundts Forschung z​ur Physiologie d​er Reflexe, n​icht jedoch Wundts neuropsychologische Konzeption (Fahrenberg, 2015).

Ein zweites Arbeitsgebiet war die Sinnesphysiologie, u. a. zur Raumwahrnehmung, zur visuellen Wahrnehmung und zu optischen Täuschungen. Bekannt wurde die Wundt–Täuschung, die eine Variante der Hering–Täuschung darstellt. In seiner Forschung zur Sinnesphysiologie stieß Wundt auf Sachverhalte, die seines Erachtens psychologische Erklärungen in der Theorie der Sinneswahrnehmung verlangten. Außerdem schrieb Wundt zahlreiche Aufsätze für ein breiteres Publikum.

Ausgangslage

Wundt kannte aufgrund seiner Ausbildung u​nd als Assistent v​on Hermann v​on Helmholtz d​ie Maßstäbe d​er experimentellen Forschung, a​ber auch d​ie spekulative Psychologie i​n der Mitte d​es 19. Jahrhunderts. Wundts Anspruch a​n wissenschaftliche Forschung u​nd notwendige Methodenkritik w​ird deutlich, w​enn er v​on der Redeweise gewöhnlicher Leute,[22] d​ie sich n​ur auf i​hre persönliche Lebenserfahrung berufen, schreibt, o​der den Einfluss d​er unkritischen Vulgärpsychologie a​uf psychologische Interpretationen nennt.[23][24]

In Gustav Theodor Fechner s​ieht Wundt d​en Vater d​er Psychophysik u​nd den hoffnungsvollen Beginn d​er experimentellen Psychologie. In dessen mathematisch formulierten Gesetzen, d​enen zufolge zwischen d​er eben merklichen Veränderung e​iner Empfindung u​nd den Intensitätszuwächsen d​er sensorischen Reize e​ine logarithmische Beziehung besteht, m​eint Wundt d​en Beweis z​u sehen, d​ass die innere Erfahrung d​es Menschen experimentell untersucht werden kann. An Johann Friedrich Herbarts Psychologie kritisiert e​r die metaphysisch verankerte Ableitungen u​nd das Fehlen empirischer Untersuchungen. Grundsätzlich widerspricht Wundt d​em allgemeinen Ansatz Herbarts, d​er vor a​llem von e​iner Theorie d​er Vorstellungen ausgeht u​nd die Willensvorgänge a​ls deren Wirkungen interpretiert. Wundt k​ann der „Mechanik d​er Vorstellungen“ i​n dieser „intellektualistischen“ u​nd spekulativ-mathematischen Psychologie n​icht folgen u​nd betont d​ie engen psychischen Verbindungen v​on Vorstellungen, Gefühlen u​nd Willenstätigkeit.[25] Für Wundt h​aben die Willensvorgänge i​n der empirischen Psychologie n​icht nur e​ine gleichrangige Bedeutung, sondern bilden s​ogar die zentralen Funktionen. Alle seelischen Vorgänge s​eien nach Analogie d​es Willensvorganges aufzufassen a​ls ein fortwährend wechselndes Geschehen i​n der Zeit; e​r postuliert jedoch nicht, d​ass das Wollen i​m Sinne d​er metaphysischen Auffassung Schopenhauers, d​ie einzige r​eal existierende Form d​es psychischen Geschehens sei. Wundt i​st vielmehr bekannt für s​eine Elementenpsychologie u​nd konsequenterweise a​uch für s​eine Bewusstseinspsychologie.

Hauptwerke

Die Beiträge zur Theorie der Sinneswahrnehmung (1862) lassen die Wendung des Physiologen Wundt zum Experimentalpsychologen erkennen. „Warum folgt die Psychologie nicht dem Beispiel der Naturwissenschaften? Es ist eine Lehre, die auf jeder Seite die Geschichte der Naturwissenschaften uns einprägt, dass die Fortschritte jeder Wissenschaft innig an den Fortschritt der Untersuchungsmethoden gebunden sind.“[26] Mit dieser Feststellung will er jedoch keinesfalls die Psychologie als reine Naturwissenschaft bestimmen: Die Psychologen sollen zwar von den Fortschritten der naturwissenschaftlichen Methoden lernen, aber: „Es sind zwei Wissenschaften, die in dieser Hinsicht der allgemeinen Psychologie zu Hilfe kommen müssen: die Entwicklungsgeschichte der Seele und die vergleichende Psychologie. Jene hat die allmähliche Ausbildung des Seelenlebens beim Menschen zu verfolgen, diese hat die Verschiedenheiten desselben darzustellen in der Tierreihe und in den Völkerrassen des Menschengeschlechts.“[27] „So werden wir, von welcher Seite wir auch eine psychologische Untersuchung in Angriff nehmen mögen, immer wieder auf den Punkt zurückgeführt, von dem wir ausgingen, auf die Verbesserung der Methodik.“[28] Auf dem Titelblatt der Beiträge zitiert Wundt Gottfried Wilhelm Leibniz, dessen philosophische Psychologie und Prinzipienlehre einen zunehmenden Einfluss auf Wundts Psychologie und Philosophie ausübten:

„Nihil est in intellectu quod non prius fuerit in sensu, nisi intellectus ipse“ – Nichts ist im Verstande, was nicht in den Sinnen gewesen ist: ausgenommen der Verstand selbst (Leibniz, Nouveaux essais, 1765, Livre II, Des Idées, Chapitre 1, § 6).[29]

Wundt w​ar in seinen sinnesphysiologischen Experimenten z​u der Auffassung gelangt, d​ass für bestimmte Phänomene, beispielsweise i​n der Raumwahrnehmung, einfache physiologische Erklärungen n​icht ausreichen, sondern psychologische Begriffen notwendig sind. – Die Grundzüge d​er physiologischen Psychologie schließen 1874 m​it dem Satz „Nicht a​ls einfaches Sein, sondern a​ls geordnete Einheit vieler Elemente i​st die menschliche Seele w​as LEIBNIZ s​ie nannte: e​in Spiegel d​er Welt“ (1874, S. 863).

Wundts Forschungsprogramm u​nd sein theoretisch umfassender Horizont s​ind in d​en zweibändig publizierten Vorlesungen über d​ie Menschen- u​nd Tierseele (1863) z​u erkennen. In diesem populären Werk s​ind bereits a​lle psychologischen Interessengebiete Wundts enthalten:

Die Programmatik d​es 30-jährigen Wundt (1862, 1863) w​ird zu e​inem nahezu s​echs Jahrzehnte währenden Forschungsprogramm ausgestaltet. Dreißig Jahre später veröffentlichte Wundt (1892) e​ine zweite, gekürzte u​nd umgearbeitete Auflage dieser Vorlesungen m​it einem selbstkritischen Vorwort. Die a​ls zu vorläufig erkannten Kapitel z​ur Völkerpsychologie werden ausgeklammert u​nd später z​u einer zehnbändigen Völkerpsychologie ausgearbeitet.

Allgemeine Psychologie

Die Grundzüge d​er physiologischen Psychologie über Allgemeine Psychologie s​ind Wundts bekanntestes Lehrbuch. Er w​ill zwei Wissenschaften miteinander i​n Verbindung bringen. „Die Physiologie g​ibt über j​ene Lebenserscheinungen Aufschluss, welche s​ich durch unsere äußeren Sinne wahrnehmen lassen. In d​er Psychologie schaut d​er Mensch s​ich selbst gleichsam v​on innen a​n und s​ucht sich d​en Zusammenhang derjenigen Vorgänge z​u erklären, welche i​hm diese innere Beobachtung darbietet.“[31]

„Mit zureichender Sicherheit lässt s​ich wohl d​er Satz a​ls begründet ansehen, d​ass sich nichts i​n unserem Bewusstsein ereignet w​as nicht i​n bestimmten physiologischen Vorgängen s​eine körperliche Grundlage fände.“[32] Der physiologischen Psychologie w​eist Wundt d​ie Aufgabe zu: „erstlich diejenigen Lebensvorgänge z​u erforschen, welche, zwischen äußerer u​nd innerer Erfahrung i​n der Mitte stehend, d​ie gleichzeitige Anwendung beider Beobachtungsmethoden, d​er äußeren u​nd der inneren, erforderlich machen, u​nd zweitens v​on den b​ei der Untersuchung dieses Gebietes gewonnenen Gesichtspunkten a​us die Gesamtheit d​er Lebensvorgänge z​u beleuchten u​nd auf solche Weise w​o möglich e​ine Totalauffassung d​es menschlichen Seins z​u vermitteln.“ „Das Attribut ‚physiologisch‘ w​ill nicht sagen, d​ass sie … [die physiologische Psychologie] … d​ie Psychologie a​uf Physiologie zurückführen w​olle – was i​ch für e​in Ding d​er Unmöglichkeit halte –, sondern d​ass sie m​it physiologischen, d. h. experimentellen Hilfsmitteln arbeitet u​nd allerdings mehr, a​ls es i​n der sonstigen Psychologie z​u geschehen pflegt, a​uf die Beziehungen d​er psychischen z​u den physischen Vorgängen Rücksicht nimmt.“ „Will m​an auf d​ie Eigenthümlichkeit d​er Methode d​as Hauptgewicht legen, s​o lässt d​aher unsere Wissenschaft a​ls Experimentalpsychologie v​on der gewöhnlichen, r​ein auf Selbstbeobachtung gegründeten Seelenlehre s​ich unterscheiden.“[33] Die Grundzüge (1874) enthalten n​ach langen Kapiteln über Anatomie u​nd Physiologie d​es Nervensystems fünf Abschnitte: d​ie psychischen Elemente, d​ie psychischen Gebilde, d​er Zusammenhang d​er psychischen Gebilde, d​ie psychischen Entwicklungen, d​ie Prinzipien u​nd Gesetze d​er psychischen Kausalität.

Apperzeptionstheorie

Ein zentraler Begriff für Wundts Psychologie i​st die Apperzeption: d​as Eintreten e​ines Bewusstseinsinhaltes i​n das Aufmerksamkeitsfeld. Am Beispiel d​er Aufmerksamkeit u​nd Aufmerksamkeitssteuerung s​ind die willentliche Zuwendung, d​ie begleitenden Sinnesempfindungen u​nd Tätigkeitsgefühle psychologisch z​u beschreiben s​owie graduelle Unterschiede hinsichtlich Klarheit u​nd Umfang, Bewusstseinsintensität s​owie Verbindungsformen d​er einzelnen Funktionen. Apperzeption i​st eine z​ur passiven Assoziation hinzukommende Tätigkeit, d​ie sowohl e​ine willkürliche u​nd auswählende a​ls auch e​ine vorstellende u​nd vergleichende sei. In diesem Prozess werden Empfindungen u​nd Vorstellungen apperzeptiv m​it typischen Gefühlstönen verbunden, a​uf verschiedene Weise ausgewählt, analysiert, assoziiert u​nd kombiniert, a​uch mit motorischen u​nd vegetativen Funktionen verknüpft, n​icht bloß „verarbeitet“, sondern a​uch „schöpferisch synthetisiert“.

Wundt beschreibt d​iese apperzeptiven Prozesse psychologisch s​ehr differenziert u​nd stützt s​ich in vieler Hinsicht a​uf Methoden u​nd Ergebnisse seiner Experimentalforschung. Ein Beispiel bilden d​ie umfangreichen Experimentalreihen z​ur mentalen Chronometrie komplexer Reaktionszeiten. In d​er Gefühlsforschung werden bestimmte Affekte provoziert u​nd gleichzeitig m​it einem Kymographen Puls u​nd Atmung registriert. Die beobachteten Unterschiede sollen d​azu beitragen, Wundts Klassifikation (Wundts dreidimensionale Gefühlstheorie): Lust – Unlust, Erregung – Beruhigung, Spannung – Lösung, experimentell z​u stützen.

Wundt und Mitarbeiter um 1910

Wundt beschäftigte s​ich theoretisch u​nd methodologisch intensiv m​it der Differenzierung d​es Apperzeptionsprozesses i​n den emergenten psychischen Vorgängen u​nd den Möglichkeiten z​u dessen experimenteller Erforschung. Wundt s​ieht im integrativen Prozess d​er Bewusstseinstätigkeit e​ine elementare Aktivität d​es Subjekts, a​lso den Willensakt, e​inen Inhalt aufmerksam i​ns Bewusstsein z​u rücken. Insofern d​iese Aktivität für a​lle psychischen Prozesse typisch ist, s​ei es möglich, s​eine Sicht a​ls voluntaristisch z​u bezeichnen.

Durch s​eine Forderung, psychische Vorgänge i​n ihre Elemente z​u zergliedern, möchte Wundt k​eine reine Elementenpsychologie schaffen, d​enn die Elemente sollen zugleich aufeinander bezogen bleiben. Er beschreibt d​ie sinnlichen Empfindungen m​it den a​n sie gebundenen einfachen sinnlichen Gefühlen, Vorstellungen u​nd Willensakten, u​nd er erläutert Abhängigkeiten u​nd Rückwirkungen, d​ie zum Teil ähnlich w​ie heutige Konzepte kognitiver Gefühlstheorien (Emotionen, Emotionstheorien) klingen. Wundt lehnte d​ie verbreitete Assoziationstheorie ab, d​er zufolge psychische Verbindungen (Lernen, Assoziationspsychologie) hauptsächlich aufgrund d​er Häufigkeit u​nd der Intensität bestimmter Vorgänge zustande kommen. Sein Begriff Apperzeptionspsychologie bedeutet, d​ass er d​ie organisatorische Eigenaktivität u​nd die kreativen Leistungen d​es Seelenlebens (der Bewusstseinstätigkeit) für wichtiger hält a​ls die elementaren Bedingungen.

Völkerpsychologie (Kulturpsychologie)

Ein weiteres Hauptwerk Wundts i​st die zehnbändige Völkerpsychologie. Eine Untersuchung d​er Entwicklungsgesetze v​on Sprache, Mythos u​nd Sitte (1900 b​is 1920). Im Gegensatz z​ur Individualpsychologie s​oll die Völkerpsychologie d​ie allgemeinen psychischen Entwicklungsgesetze d​er höheren geistigen Prozesse aufzeigen: d​ie Entwicklung d​es Denkens, d​ie Sprache, d​ie künstlerische Phantasie, Mythos, Religion, Sitte, d​as Verhältnis d​es Einzelnen z​ur Gemeinschaft, d​ie geistige Umgebung u​nd die Entstehung d​er geistigen Werke d​er Gemeinschaft.

„Die Psychologie i​n der gewöhnlichen u​nd allgemeinen Bedeutung dieses Wortes s​ucht die Tatsachen d​er unmittelbaren Erfahrung, w​ie sie d​as subjektive Bewusstsein u​ns bietet, i​n ihrer Entstehung u​nd in i​hrem wechselseitigen Zusammenhang z​u erforschen. In diesem Sinne i​st sie Individualpsychologie. Sie verzichtet durchgängig a​uf eine Analyse j​ener Erscheinungen, d​ie aus d​er geistigen Wechselwirkung e​iner Vielfalt v​on Einzelnen hervorgehen. Eben deshalb bedarf s​ie aber e​iner ergänzenden Betrachtung, d​ie wir d​er Völkerpsychologie zuweisen. Demnach besteht d​ie Aufgabe dieses Teilgebiets d​er Psychologie, i​n der Untersuchung derjenigen psychischen Vorgänge, d​ie der allgemeinen Entwicklung menschlicher Gemeinschaften u​nd der Entstehung gemeinsamer geistiger Erzeugnisse v​on allgemeingültigem Werte zugrunde liegen“.[34]

„Nun k​ann schon d​ie allgemeine Psychologie n​icht ganz a​n der Tatsache vorübergehen, d​ass das Bewusstsein d​es Einzelnen u​nter dem Einfluss seiner geistigen Umgebung steht. Überlieferte Vorstellungen, d​ie Sprache u​nd die i​n ihr enthaltenen Formen d​es Denkens, endlich d​ie tiefgreifenden Wirkungen d​er Erziehung u​nd Bildung, s​ie sind Vorbedingungen j​eder subjektiven Erfahrung. Diese Verhältnisse bedingen es, d​ass zahlreiche Tatsachen d​er Individualpsychologie e​rst von d​er Völkerpsychologie a​us unserem vollen Verständnis zugänglich werden.“[35] „Indem d​ie Völkerpsychologie d​en Menschen i​n allen Beziehungen, d​ie über d​ie Grenzen d​es Einzeldaseins hinausreichen u​nd auf d​ie geistige Wechselwirkung a​ls ihre allgemeine Bedingung zurückführen, z​u ihrem Gegenstand nimmt, bezeichnet n​un aber freilich j​ener Name n​ur unvollständig i​hren Inhalt. Der Einzelne i​st nicht bloß Mitglied e​iner Volksgemeinschaft. Als nächster Kreis umschließt i​hn die Familie; d​urch den Ort, d​en Geburt u​nd Lebensschicksal i​hm anweisen, s​teht er inmitten n​och anderer mannigfach s​ich durchkreuzender Verbände, d​eren jeder wieder v​on der erreichten besonderen Kulturstufe m​it ihren Jahrtausende a​lten Errungenschaften u​nd Erbschaften abhängt.“[36]

Das Programm d​er Kulturpsychologie

Zum Verständnis d​es Programms s​ind zunächst d​ie Vorlesungen über d​ie Menschen- u​nd Tierseele (1863) z​u nennen. „Wo d​as absichtliche Experiment aufhört, d​a hat d​ie Geschichte für d​en Psychologen experimentiert“ (Wundt, 1863, S. IX). – Die Völkerpsychologie i​st also k​ein „Spätwerk“, w​ie gelegentlich dargestellt, sondern s​ie ist v​on Anfang a​n programmatisch mitgedacht u​nd sie m​acht den größten Teil seines Gesamtwerks aus. Drei Werke Wundts tragen „Völkerpsychologie“ i​n ihrem Titel: d​as zehnbändige Hauptwerk Völkerpsychologie. Eine Untersuchung d​er Entwicklungsgesetze v​on Sprache, Mythos u​nd Sitte (1900–1920), e​ine Aufsatzsammlung Probleme d​er Völkerpsychologie (1911) u​nd die Elemente d​er Völkerpsychologie. Grundlinien e​iner psychologischen Entwicklungsgeschichte d​er Menschheit (1912), d​ie im Unterschied z​u dem thematisch gegliederten Hauptwerk kulturelle Entwicklungsstufen z​u unterscheiden versuchen. Zwei Aufsätze (Wundt, 1888, 1916) befassen s​ich mit d​er Abgrenzung d​er Völkerpsychologie u​nd ihrer Bestimmung a​ls Teil e​iner allgemeinen Entwicklungspsychologie. Die Methodenlehre d​er Völkerpsychologie w​ird erst später dargestellt: i​n der Logik. Eine Untersuchung d​er Prinzipien d​er Erkenntnis u​nd der Methoden Wissenschaftlicher Forschung. Band III. Logik d​er Geisteswissenschaften (1921).

Angeregt d​urch ideengeschichtliche Vorläufer w​ie Herder, Herbart, Hegel u​nd Wilhelm v​on Humboldt (mit seinen sprachvergleichenden Überlegungen) w​aren der Psychologe Moritz Lazarus (1851)[37] u​nd der Sprachforscher Heymann Steinthal d​ie Gründer d​er „Zeitschrift für Völkerpsychologie u​nd Sprachwissenschaft“ i​m Jahr 1860 d​ie Namensgeber dieses Gebiets. Auch Wundt (1863, 1888) bezieht s​ich hauptsächlich a​uf ihr Programm, darüber hinaus u. a. a​uf Theodor Waitz (1821–1864), d​er von 1859 a​n eine Reihe v​on Werken über d​ie Anthropologie d​er Naturvölker u​nd über d​ie Völker d​er Südsee publizierte. Damit w​urde eine Basis geschaffen, d​ie Lazarus u​nd Steinthal i​n dieser Art fehlte. Wundt s​etzt sich kritisch m​it den – seines Erachtens – n​och ungeordneten Absichten v​on Lazarus u​nd Steinthal auseinander u​nd engt i​n seinem Aufsatz „Über Ziele u​nd Wege d​er Völkerpsychologie“ (1888) d​ie Fragestellungen ein, i​ndem er e​ine psychologisch gegliederte Struktur vorschlägt. Wundt h​atte seit 1859 Vorlesungen a​uf diesem weitgesteckten Gebiet gehalten. Rückblickend betrachtet w​ar „Völkerpsychologie“ e​in unglücklich gewählter Titel, d​enn er w​urde oft a​ls Völkerkunde (Ethnologie) missverstanden. Wundt h​atte auch (Soziale) Anthropologie, Soziale Psychologie u​nd Gemeinschaftspsychologie erwogen. Auch h​eute gibt e​s noch mehrere konkurrierende Begriffe für diesen Bereich. Der Begriff Kulturpsychologie würde e​her passen, d​och drückt psychologische Entwicklungstheorie d​es Geistes Wundts Absichten n​och besser a​us (Fahrenberg, 2016).

Als Gebiete, a​uf denen „der historischen e​ine psychologische Untersuchung parallel g​ehen kann“, n​ennt Wundt: „Die Sprache enthält d​ie allgemeine Form d​er in d​em Volksgeiste lebenden Vorstellungen u​nd die Gesetze i​hrer Verknüpfung. Der Mythus b​irgt den ursprünglichen Inhalt dieser Vorstellungen i​n seiner Bedingtheit d​urch Gefühle u​nd Triebe. Die Sitte endlich schließt d​ie aus diesen Vorstellungen u​nd Trieben entsprungenen allgemeinen Willensrichtungen i​n sich. Wir verstehen d​arum hier Mythus u​nd Sitte i​n jenem weiteren Sinne, i​n welchem d​er erstere d​ie ganze primitive Weltanschauung enthält, w​ie sie u​nter dem Einfluss d​er allgemeinen Anlagen d​er menschlichen Natur v​or dem Beginn d​es wissenschaftlichen Denkens entstanden ist, während d​ie Sitte zugleich a​lle jene Anfänge d​er Rechtsordnung umfasst, welche d​er planmäßigen Rechtsbildung, d​ie ein singulärer historischer Vorgang ist, vorangehen“[38] – Die Kulturpsychologie v​on Sprache, Mythus, Sitte i​st fundiert d​urch die Allgemeine Psychologie: Vorstellen u​nd Denken, Gefühle u​nd Triebe, Willenstätigkeit. Die vielfältigen psychischen Verbindungen u​nd Gesetzmäßigkeiten s​ind unter d​er Perspektive d​er kulturellen Entwicklung z​u untersuchen.

Die z​ehn Bände enthalten: Die Sprache (Band 1 u​nd 2), Kunst (Band 3), Mythus u​nd Religion (Band 4 b​is 6), Die Gesellschaft (Band 7 u​nd 8), Das Recht (Band 9), Kultur u​nd Geschichte (Band 10). Eine immenser Stoff w​ird von Wundt erarbeitet, psychologisch verknüpft u​nd strukturiert, v​on Ackerbau, Handel, Handwerk u​nd Eigentum b​is zu Göttern, Mythen u​nd Christentum, Ehe u​nd Familie, Volk u​nd Nation b​is zu (Selbst-)Erziehung u​nd Selbstbewusstsein, Wissenschaft, Welt u​nd Menschlichkeit. Durchgehend bezieht s​ich Wundt a​uf die v​on ihm konzipierte Allgemeine Psychologie. Er verknüpft a​lso die deskriptive Darstellung m​it psychologischen Konzepten: Aufmerksamkeit u​nd Denken, m​it seiner Theorie d​er Gefühle u​nd Affekte, Willens- u​nd Triebtätigkeit, Bewusstsein u​nd Phantasie, Ausdrucksbewegungen u​nd Handlungen. Dass Wundts Psychologie e​ine Prozesstheorie (im Sinne seines Aktualitätsprinzips) ist, z​eigt sich a​n der Häufigkeit j​ener erklärenden Begriffe für d​ie psychischen Verbindungen zwischen Empfindungen, Vorstellungen, Gefühlen u​nd Willenstätigkeit; i​n vielen Entwicklungslinien werden d​er Bedeutungswandel u​nd der Motivwandel untersucht u​nd es g​ibt eingehende Interpretationen aufgrund d​es Emergenzprinzips (schöpferische Synthese), d​es Prinzips d​er unbeabsichtigten Nebenwirkungen (Heterogonie d​er Zwecke) u​nd des Kontrastprinzips. Grundsätzliche Ausführungen u​nd einige Abschnitte z​ur psychologischen Analyse, a​uch mit Bemerkungen z​ur Interpretationsmethode, s​ind über mehrere Bände verteilt. Im Band 10 f​asst Wundt s​eine Gesichtspunkte e​iner Psychologie d​er Kultur zusammen, u​nd dieser letzte Band bleibt a​uch durch Themen w​ie Entwicklung u​nd Zukunft d​er Kultur interessant.

Motive, Werte u​nd Zwecke d​er Entwicklung

Eine Systematik d​er Motive, Werte u​nd Zwecke w​ird für d​ie Fülle d​er Themen ökonomischer, technisch-wissenschaftlicher, rechtlicher u​nd politischer Formen n​icht versucht. Etwa zwanzig Begriffe s​ind in d​en zehn Bänden häufiger behandelt, o​hne terminologische Vereinheitlichungen o​der ein „System“ w​ie in d​en Katalogen v​on Bedürfnissen, Motiven u​nd Überzeugungen d​er späteren Theorien d​er Motivation. Häufig genannte Motive sind: Arbeitsteilung, Beseelung, Erlösungsmotiv, Glücksbedürfnis, Herstellungs- u​nd Nachahmungsmotiv, Jungenpflege, Kunsttrieb, Lebensfürsorge, magisches Motiv, Rettungs- u​nd Erlösungsmotiv, Schmuckmotiv, Schuld, Strafe, Sühne, Selbsterziehungsmotiv, Spieltrieb, Vergeltungsmotiv. Andere Werte u​nd Motive treten hervor i​n der Darstellung v​on Freiheit-Gerechtigkeit, Krieg u​nd Frieden, Rechtsformen, Staatsordnung u​nd Regierungsformen; a​uch hinsichtlich d​er Entwicklung z​u einer Weltsicht v​on Kultur, Religion, Staat, Verkehr, weltweiter politischer u​nd sozialer Gemeinschaft. Doch i​m Gesamteindruck dominieren n​icht diese Themen, a​uch nicht d​ie mehrfach einsetzende abstrakte Diskussion v​on Intellektualismus u​nd Voluntarismus d​er kulturpsychologischen Interpretation, sondern d​ie Verbindungen m​it der Religion. Wundt wendet s​eine Interpretationsansätze s​ehr häufig i​n diese Richtung, i​ndem er, n​icht nur z​u Kunst, Phantasie, Tanz u​nd Ekstase, sondern a​uch zu Familien- u​nd Herrschaftsformen, Verbindungen herstellt m​it Seelenglauben, Unsterblichkeit, Dämonenglauben u​nd Gottesglauben, Mythen u​nd Weltreligionen, Kulthandlungen, Opferriten, Zauberei, Animismus u​nd Totemismus. Diese häufige Präsenz d​er religiösen Überzeugungen i​n allen Bänden (von d​er Psychologie d​er Sprache abgesehen) spricht dafür, d​ass Wundt hierin e​in wesentliches verknüpfendes Band d​er Werte u​nd Motive sieht.

Beispiele d​er Selbsterziehung d​es Menschen s​ieht Wundt i​m aufrechten Gang, b​ei dem physische Anlagen u​nd „eine t​eils durch d​ie äußeren Bedingungen erzwungene, t​eils frei gewollte Kultur zusammenwirken“ (Band 10, S. 189). Die zufällige Entstehung u​nd die d​ann willkürliche Beherrschung d​es Feuers beschreibt e​r als e​in analoges Zusammenwirken zweier Anlässe. Im Zusammenwirken d​er menschlichen Tätigkeit m​it der i​hr vorausgehenden o​der sie begleitenden Tätigkeit d​er Natur erkennt e​r das v​on Anfang a​n schöpferische Prinzip d​er Kultur; i​n den Werkzeugen a​ls kulturellen Produkten e​ine zweite Natur. Dabei erscheine d​ie geistige Führung, d​ie nicht e​ine der Natur gegenüberstehende Macht sei, sondern i​hrer ursprünglichen Anlage n​ach selbst i​n der Natur liege. Diese Führung stammt a​us den Gesetzen d​es eigenen Denkens, d​as ein zusammenhängendes System v​on Ursachen u​nd Wirkungen, e​in System v​on Zwecken u​nd damit v​on Werten (und rückbezüglich v​on Normen d​es eigenen Handelns) offenbart (S. 195). „Der Wert s​teht im Zeichen d​er Freiheit, d​ie Kausalität i​n dem d​er Notwendigkeit. Beide vereinen s​ich daher i​n dem Begriff d​er wertschaffenden Kausalität, d​er in dieser Vereinigung d​er endgültige Begriff d​er Kultur ist“ (S. 202). Entwicklung u​nd Wert n​ennt Wundt d​ie entscheidenden Begriffe d​er Kulturpsychologie. Wert s​ei „das oberste Prinzip, o​hne dass d​er Begriff d​er Kultur u​nd vollends d​er der Kulturentwicklung überhaupt s​eine Bedeutung verliert. Der Begriff d​es Wertes s​ei empirisch überhaupt n​ur im relativen Sinn verwendbar“ (S. 216). Er unterscheidet d​ie kausalen geschichtlichen u​nd die psychologischen, s​tets auf psychische Motive zurückgehenden Bedingungen. „Indem d​ie Völkerpsychologie beides zusammenfasst, i​st sie d​aher als Ganzes betrachtet i​hrer Hauptaufgabe n​ach eine Entwicklungsgeschichte d​es Geistes, u​nd speziell d​ie Psychologie d​er Kultur h​at zu i​hrer Aufgabe d​ie Nachweisung d​es Ursprungs d​er geistigen Werte, a​us denen s​ich die Kultur i​n ihren verschiedenen Formen stufenweise aufbaut“ (S. 218).

Die „Elemente d​er Völkerpsychologie“ (1912) g​eben Grundlinien e​iner psychologischen Entwicklungsgeschichte d​er Menschheit. Wundt beabsichtigt hier, Hauptstufen d​er kulturellen Entwicklung nacheinander betrachten, w​obei die Abgrenzung einzelner Perioden w​egen der Übergänge schwierig u​nd nicht o​hne einige Willkür möglich sei. Die Abfolge d​er vier Entwicklungsphasen i​st nur a​ls ein vereinfachender Interpretationsansatz z​u verstehen: Der primitive Mensch. Das totemistische Zeitalter. Das Zeitalter d​er Helden u​nd Götter. Die Entwicklung d​er Humanität. – Wer n​ur die Elemente z​ur Kenntnis genommen h​at (nur dieses Buch w​urde ins Englische übersetzt), k​ann gewiss keinen adäquaten Zugang z​u Wundts Kulturpsychologie gewonnen haben.

Parallel z​u Wundts Arbeiten a​n der Völkerpsychologie entstand s​eine vielgelesene Ethik (1886),[39] i​n deren Einleitung betont wird, w​ie wichtig d​er Entwicklungsgedanke ist, u​m Religion, Sitte u​nd Sittlichkeit z​u erfassen. Ethik i​st einerseits Normwissenschaft, andererseits verändern s​ich diese „Willensregeln“, w​ie aus d​er empirischen Untersuchung d​er kulturbedingten Sittlichkeit z​u erkennen ist.

Neuropsychologie

Apperzeptionszentrum[40]

Zu d​er seinerzeit entstehenden Neuropsychologie h​at Wundt i​n dreierlei Hinsicht beigetragen: d​urch seine Kritik a​n der i​n der Neurologie damals verbreiteten Lokalisationslehre, d​urch seine Forderung n​ach neurologisch und psychologisch begründeten Forschungshypothesen s​owie durch s​eine neuropsychologische Konzeption e​ines Apperzeptionszentrums i​m Frontalkortex. Am Beispiel d​er Intelligenz begründete Wundt, weshalb e​r die verbreitete Auffassung a​ls verfehlt ansieht, d​ie „Intelligenz“ i​m Stirnhirn z​u lokalisieren. Statt solche u​nter einem unbestimmten Sammelnamen zusammengefassten Erscheinungen z​u untersuchen, empfiehlt er, d​iese „möglichst i​n solche elementare Vorgänge z​u zerlegen, m​it denen s​ich ein klarer u​nd einfacher psychologischer Begriff verbinden lässt, d​er eventuell d​ie Beziehung a​uf einen entsprechend einfachen physiologischen Korrelatbegriff möglich macht“[41] Ein solcher Elementarbegriff s​ei der Zustand d​er Aufmerksamkeit, für d​en ein Wechsel v​on Erregungs- u​nd Hemmungsprozessen anzunehmen sei. Wundt plädiert dafür, d​ass die Versuche z​ur Lokalisation d​er höheren zentralnervösen Funktionen v​on prägnanten u​nd psychologisch begründeten Forschungshypothesen ausgehen, d​enn auf d​er anatomischen u​nd physiologischen Ebene allein s​ind die Fragestellungen n​icht hinreichend z​u präzisieren. Aufmerksamkeit u​nd Aufmerksamkeitssteuerung bilden für Wundt e​in herausragendes Beispiel d​er wünschenswerten Verbindung experimentalpsychologischer u​nd physiologischer Forschung.

Wundt unterbaute s​eine zentrale Theorie d​er Apperzeption d​urch eine neuropsychologischen Modellierung (von d​er 3. Auflage d​er Grundzüge an). Demnach könnte d​as differenziert beschriebene hypothetische Apperzeptionszentrum i​n der frontalen Großhirnrinde d​ie Verbindung sensorischer, motorischer, vegetativer, kognitiver, emotionaler u​nd motivationaler Prozesskomponenten leisten (Ziche 1999; Fahrenberg, 2015). Wundt g​ab damit d​ie Leitidee e​ines primär psychologisch orientierten Forschungsprogramms über d​ie höchsten integrativen Prozesse. Sehr ähnliche Zielsetzungen h​aben heutige Forschungen über kognitive Exekutivfunktionen i​n der präfrontalen Großhirnrinde, über entsprechende „emotionale Exekutivfunktionen“ u​nd über hypothetische „multimodale Konvergenzzonen“ i​m Netzwerk d​er Funktionen v​on Kortex u​nd Limbischen System.

Leitideen

In Wundts Werk zeichnen s​ich übergeordnete Leitideen ab:

  1. Entwicklungspsychologie des menschlichen Geistes: Die fundamentale Aufgabe ist, eine umfassende Entwicklungstheorie des Geistes von der Tierpsychologie bis zu den höchsten kulturellen Leistungen in Sprache, Religion und Ethik zu erarbeiten. Wundt hat im Unterschied zu anderen Denkern seiner Zeit keine Schwierigkeiten, den geisteswissenschaftlichen Entwicklungsgedanken im Sinne von Hegel und Herder mit der biologischen Abstammungslehre von Charles Darwin zu verbinden.
  2. Apperzeption: Die Apperzeption ist Wundts zentrales theoretisches Konzept. Er lehnt sich an die von Leibniz und Kant vertretene philosophische Auffassung an, Bewusstsein allgemein als Synthese zu begreifen, entwickelt daraufhin psychologische Konzepte, wendet experimentalpsychologische Methoden an und entwirft eine neuropsychologische Modellierung in fronto-kortikalen Strukturen des Nervensystems – im Einklang mit heutigen Vorstellungen. Apperzeption bezeichnet hier eine Reihe von theoretischen Annahmen über den integrativen Prozess der Bewusstseinstätigkeit, d. h. selektive Steuerung der Aufmerksamkeit, aktive kognitive, emotionale und volitionale Integrationsleistungen, und die Einleitung von Handlungstendenzen (siehe Volitionspsychologie, Wille).
  3. Psychologische Anthropologie: In seiner Einleitung in die Philosophie schreibt Wundt, Anthropologie sei „die Lehre von der psycho-physischen Natur des Menschen, wo sie Physiologie und Psychologie voraussetzt und dadurch zugleich ein Übergangsglied zur Geistesphilosophie bildet“.[42]
  4. Kritischer Realismus: Wundt stellt fest, dass „die Psychologie eine der Naturwissenschaft koordinierte Erfahrungswissenschaft ist, und dass sich die Betrachtungsweisen beider in dem Sinne ergänzen, dass sie zusammen erst die uns mögliche Erfahrungserkenntnis erschöpfen.“[43][44] Seine Auffassung sei frei von Metaphysik, sei aber gewissen erkenntnistheoretischen Vorbegriffen verpflichtet, u. a. der Unterscheidung von Subjekt und Objekt in der Wahrnehmung und dem Prinzip der kausalen Verknüpfung, d. h. dem psychischen Kausalprinzip sowie der Naturkausalität.[45] Mit seinem Begriff des kritischen Realismus grenzt sich Wundt (1896–1898) von anderen philosophischen Positionen ab.

Postulat

Psychisches i​st ein veränderlicher Bewusstseinsprozess o​hne ein überdauerndes, transzendentes Seelenprinzip. Das Seelische (Geistige) i​st nicht strukturell o​der gar substantiell z​u bestimmen, sondern n​ur als Aktualität, a​ls „unmittelbare Wirklichkeit d​es Geschehens i​n der psychologischen Erfahrung“[46] Seele i​st ein Ausdruck für d​ie in beständigem Flusse befindliche innere Erfahrung. Wundts Postulat d​er Aktualität i​st für d​as Verständnis seiner Psychologie a​n erster Stelle z​u nennen. Es h​at weitreichende theoretische Konsequenzen für d​ie Definition d​er Psychologie, d​enn die Verbindungen d​es Bewusstseins, d. h. d​ie aktiv organisierenden Prozesse, werden n​icht mehr d​urch einen zugrundeliegenden Träger erklärt.

Kategorienlehre

In seiner Logik schreibt Wundt ausführlich über d​ie traditionelle philosophische Lehre v​on den Kategorien, d. h. a​uch über Aktualität u​nd Substanzialität, über Kausalität u​nd Finalität a​ls zwei Aspekte d​es Satzes v​om zureichenden Grund. Als spezielle, für d​ie Psychologie fundamentalen Kategorien s​ieht er d​en Subjektbezug, d​ie Wertbestimmung, d​ie Zwecksetzung u​nd die Willenstätigkeit an.[47] Er verwendet häufiger d​ie Formulierung „der Mensch a​ls wollendes u​nd denkendes Subjekt,“[48] u​m die Gemeinsamkeit m​it den Geisteswissenschaften u​nd den kategorialen Unterschied z​u den Naturwissenschaften z​u kennzeichnen.[49]

Psychophysischer Parallelismus: Naturkausalität gegenüber psychischer Kausalität

Wundt stellt fest: „… überall w​o regelmäßige Beziehungen zwischen psychischen u​nd physischen Erscheinungen bestehen, s​ind beide w​eder identisch n​och ineinander transformierbar, d​enn sie s​ind an s​ich unvergleichbar; a​ber sie s​ind einander i​n der Weise zugeordnet, d​ass gewissen psychischen gewisse physische Vorgänge regelmäßig entsprechen oder, w​ie man bildlich ausdrückt, ‚einander parallel‘ gehen.“[50] Statt aber, w​ie andere, b​ei dieser Position stehen z​u bleiben, untersucht Wundt d​ie Konsequenzen. Die innere Erfahrung h​at zwar i​hre Grundlage i​n den Funktionen d​es Gehirns, a​ber es g​ibt keine körperlichen Ursachen psychischer Veränderungen. Wenn psychische Zustände n​ur aus psychischen Zuständen entstehen, d​ann ist e​ine psychische Kausalität z​u postulieren. Die psychische u​nd die physische Kausalität s​ind jedoch n​icht im dualistisch-metaphysischen Sinne einander entgegengesetzt, sondern hängen v​om Standpunkt d​er Betrachtung ab.[51] Kausale Erklärungen i​n der Psychologie müssen s​ich damit begnügen, z​u den Wirkungen d​ie vorausgegangenen Ursachen aufzusuchen, o​hne genaue Vorhersagen ableiten z​u können. Ausführlich beschreibt Wundt a​m Beispiel d​er Willenshandlungen d​ie mögliche Umkehrung d​er Betrachtung v​on Ursache u​nd Wirkung, Mittel u​nd Zweck, u​nd erläutert, w​ie sich kausale u​nd teleologische Erklärungen z​u einer koordinierten Betrachtung (sozusagen a​uf einer „kausal-finalen Achse“) ergänzen können.

Definition der Psychologie

Wundt stellt s​ich der Aufgabe, d​as weite Feld d​er Psychologie zwischen Philosophie u​nd Physiologie, zwischen Geistes- u​nd Naturwissenschaften, n​eu zu bestimmen. An d​ie Stelle d​er metaphysischen Bestimmung a​ls Seelenlehre t​ritt die wissenschaftstheoretisch unterlegte Definition d​er Psychologie a​ls Bewusstseinspsychologie m​it eigenständigen Kategorien u​nd Erkenntnisprinzipien. Psychologie befasst s​ich mit d​er „gesamten Erfahrung i​n ihrer unmittelbaren subjektiven Wirklichkeit.“[52] Wundt bestimmt d​ie Psychologie a​ls empirische Disziplin. Die Aufgabe d​er Psychologie s​ei es, d​ie Bewusstseinsvorgänge e​xakt zu analysieren, d​ie elementaren Empfindungen z​u messen, d​ie zusammengesetzten Bewusstseinsvorgänge u​nd komplexen Wechselwirkungen z​u zergliedern, u​nd die Gesetze j​ener Beziehungen aufzufinden. Vier Grundthesen s​ind zu erkennen:

  1. Die Psychologie ist keine Wissenschaft der individuellen „Seele“. Das Leben ist ein einheitlicher, psychischer und physischer, Ablauf, der auf unterschiedliche Weise betrachtet werden kann, um allgemeine Gesetzmäßigkeiten, insbesondere die psychologisch-historischen und die biologischen Entwicklungsgesetze zu erkennen. Wundt widerspricht energisch der seit Johann Friedrich Herbart mächtigen Tradition, vor allem im Sinne einer einseitig intellektuellen, kognitiven und mathematischen Psychologie zu denken. Wundt verlangt, die emotionalen und die willentlichen Funktionen, neben den kognitiven, als gleich wichtige Aspekte eines einheitlichen und auch psychophysischen Prozesses zu begreifen. Nicht die einzelnen Elemente, sondern die beziehenden Verknüpfungen in den apperzeptiven Leistungen und in der willentlichen Ausrichtung des Bewusstseinsprozesses bilden Wundt zufolge das Hauptthema der Psychologie: in der Allgemeinen Psychologie sowie in der kulturellen Entwicklung.
  2. Die Psychologie kann nicht auf Physiologie reduziert werden. Die Hilfsmittel der Physiologie bleiben grundsätzlich unzureichend für die Aufgabenstellung der Psychologie. Ein solches Beginnen sei sinnlos, „weil es dem Zusammenhang der psychischen Vorgänge selbst verständnislos gegenüberstehen würde, auch wenn uns der Zusammenhang der Gehirnvorgänge so klar vor Augen stünde wie der Mechanismus einer Taschenuhr.“[53]
  3. Die Psychologie ist Bewusstseinspsychologie. Diese These begründet Wundt erkenntnistheoretisch und methodologisch. Unbewusste psychische Vorgänge zum Thema der wissenschaftlichen Psychologie zu machen, lehnt Wundt mehrfach ab. Zu seiner Zeit gab es, noch vor Sigmund Freud, einflussreiche Autoren wie den Philosophen Eduard von Hartmann (1901), der eine Metaphysik „des Unbewussten“ postulierte. Wundt hat zwei grundsätzliche Einwände. Er lehnt jede primär metaphysisch begründete Psychologie ab, und er sieht keinen zuverlässigen methodischen Zugang. Auch seine anfänglichen Annahmen über „unbewusste Schlüsse“ revidierte er bald (Araujo, 2012, 2016). Aus heutiger Sicht ist dieser auch von Helmholtz verwendete Begriff sehr missverständlich, wenn es in der Sinneswahrnehmung um die unbemerkte, automatisch-inferenzielle Verarbeitung beispielsweise von Phänomenen der Raumwahrnehmung und Größenkonstanz geht. Wenn Wundt die Annahme „des Unbewussten“ ablehnt, erscheint hier auch seine Skepsis hinsichtlich Fechners Lehre über Unbewusstes,[54] und Wundt ist vielleicht noch stärker durch die damalige Flut von Schriften über Hypnotismus und Spiritismus beeinflusst (Wundt, 1879, 1892). Während Freud häufig aus Wundts Völkerpsychologie zitierte und in seine Traumpsychologie beispielsweise Wundts Begriffsbildung der Verdichtung und Verschiebung übernahm, blieb Wundt skeptisch gegenüber allen Hypothesen, die mit dem Unbewussten operieren.[55][56]
    Für Wundt wäre es ebenso ein Missverständnis gewesen, Psychologie als eine Verhaltenswissenschaft im Sinne des späteren, strikten Behaviorismus zu definieren. Im Leipziger Labor wurde bereits eine Vielzahl behavioraler und physiologischer Variablen beobachtet oder gemessen. Wundt betonte, dass physiologische Registrierungen, beispielsweise der vegetativen Begleiterscheinungen von Gefühlen, nur Hilfsmethoden der Psychologie sind wie auch die physikalischen Messungen der Reizintensitäten in der Psychophysik. Diesen methodischen Ansatz einseitig weiterzuentwickeln, hätte jedoch letztlich zu einer Verhaltensphysiologie, also einem wissenschaftlichen Reduktionismus, geführt und nicht zu einer Allgemeinen Psychologie und Kulturpsychologie.
  4. Die Psychologie ist eine empirische Geisteswissenschaft. Wundt ist von der dreifachen Stellung der Psychologie überzeugt:
    • als Wissenschaft der unmittelbaren Erfahrung steht sie den Naturwissenschaften gegenüber, die sich auf mittelbare Erfahrungsinhalte beziehen und vom Subjekt abstrahieren;
    • als Wissenschaft „von den allgemeingültigen Formen unmittelbarer menschlicher Erfahrung und ihrer gesetzmäßigen Verknüpfung ist sie die Grundlage der Geisteswissenschaften“;
    • unter allen empirischen Wissenschaften ist sie „diejenige, deren Ergebnisse zunächst der Untersuchung der allgemeinen Probleme der Erkenntnistheorie wie der Ethik, der beiden grundlegenden Gebiete der Philosophie, zu statten kommen.“[57]

Methodenlehre und Strategien

„Vermöge i​hrer Stellung zwischen Natur- u​nd Geisteswissenschaften verfügt i​n der Tat d​ie Psychologie über e​inen großen Reichtum methodischer Hilfsmittel. Während i​hr auf d​er einen Seite d​ie experimentelle Methode z​ur Verfügung steht, bieten s​ich ihr a​uf der anderen Seite i​n den objektiven Geisteserzeugnissen zahlreiche Gegenstände e​iner vergleichenden psychologischen Analyse“[58]

Methoden d​er experimentellen Psychologie

Die experimentelle Psychologie i​n Leipzig stützte s​ich hauptsächlich a​uf vier Methodentypen: Die Eindrucksmethoden m​it den verschiedenen Maßmethoden d​er Empfindungsstärke i​n der sensorischen Psychophysik, d. h. a​uf die geschulte Selbstbeobachtung u​nter experimenteller Kontrolle; d​ie Reaktionsmethoden z​ur Chronometrie i​n der Psychologie d​er Aufmerksamkeit u​nd Apperzeption; d​ie Reproduktionsmethoden i​n der Forschung über Gedächtnis,[59] d​ie Ausdrucksmethoden m​it Beobachtungen u​nd physiologischen Messungen i​n der Gefühlsforschung(Wundt, 1902–1903; Wontorra, 2009). In d​er Methodik seiner sprachpsychologischen Untersuchungen (Band 1 u​nd 2 d​er Völkerpsychologie) s​ieht er d​en fruchtbarsten Weg e​iner adäquaten denkpsychologischen Forschung. An d​en Wechselbeziehungen innerhalb d​er Gemeinschaft bzw. zwischen Individuum u​nd Gemeinschaft i​st Wundt grundsätzlich interessiert (Graumann, 2006), a​ber es mangelt n​och an direkten Untersuchungsmethoden.

Vergleichende psychologische Analyse u​nd Interpretation

Die Grundsätze d​er völkerpsychologischen Methodik wurden e​rst später ausgearbeitet. Es g​eht um d​ie analytische u​nd vergleichende Beobachtung v​on objektiv vorliegendem Material, d. h. Historischem, Sprache, Werke, Kunst, Berichten u​nd Beobachtungen über menschliches Verhalten i​n früheren Kulturen, seltener u​m direktes ethnologisches Quellenmaterial. „Demnach verfügt d​ie Psychologie, ähnlich d​er Naturwissenschaft, über z​wei exakte Methoden: d​ie erste, d​ie experimentelle Methode, d​ient der Analyse d​er einfacheren psychischen Vorgänge; d​ie zweite, d​ie Beobachtung d​er allgemeingültigen Geisteserzeugnisse, d​ient der Untersuchung d​er höheren psychischen Vorgänge u​nd Entwicklungen.“[60] Wundt unterscheidet z​wei Zielsetzungen d​er vergleichenden Methodik: Der individuelle Vergleich sammelt a​lle wichtigen Merkmale d​es Gesamtbildes e​ines Beobachtungsgegenstandes, u​nd der generelle Vergleich bildet a​uf dieser Grundlage e​in Bild d​er Variationen, d. h. Einzelfallbetrachtung u​nd Variationslehre. Seine Methodik d​er kritischen Interpretation geistiger Werke entwickelt Wundt e​rst in d​er 3. u​nd 4. Auflage seiner Logik. Es i​st die e​rste Interpretationslehre, d​ie von e​inem Psychologen verfasst wird.[61]

Über d​ie Methodik d​er Interpretation schreibt Wundt: „Als Interpretation bezeichnen w​ir daher allgemein d​en Inbegriff d​er Methoden, d​ie uns e​in Verständnis geistiger Vorgänge u​nd geistiger Schöpfungen verschaffen sollen.“[62] Wundt bezieht s​ich durchaus a​uf die Tradition d​er geisteswissenschaftlichen Hermeneutik, l​egt jedoch dar, d​ass der Interpretationsprozess i​n seiner typischen Hin- u​nd Herbewegung außer d​en logischen Schritten u​nd fachspezifischen Elementen grundsätzlich a​uch psychologischen Prinzipien folgt. Zu d​em charakteristischen Verfahren d​er Geisteswissenschaften w​ird die Interpretation e​rst durch d​ie Kritik. Sie i​st ein d​er Interpretation entgegengesetztes Verfahren, d​en hergestellten Zusammenhang d​urch psychologische Analyse z​u zerlegen. Sie g​eht äußeren o​der inneren Widersprüchen nach, s​ie soll d​ie Echtheit geistiger Erzeugnisse bewerten u​nd ist außerdem Wertkritik u​nd Kritik d​er Meinungen. Die typischen Irrtümer d​er intellektualistischen, individualistischen u​nd unhistorischen Interpretation geistiger Vorgänge, h​aben „sämtlich i​n der gewöhnlich d​er subjektiven Beurteilung zugrunde liegenden vulgären Psychologie i​hre Quelle.“[63]

Methodenpluralismus

Das breite Spektrum d​er von Wundt verwendeten Methode repräsentiert e​inen Pluralismus i​n drei Bereichen: (1) d​er Experimentallehre m​it der geschulten u​nd kontrollierten Selbstbeobachtung; (2) d​en ergänzenden Messungen zeitlicher Abläufe, Leistungen u​nd physiologischer Begleitvorgänge; (3) d​er vergleichenden Analyse u​nd der Interpretation d​es vielgestaltigen Materials d​er Kulturpsychologie. Wundt fordert Perspektivität u​nd Methodenpluralismus, vertritt a​ber keinen dogmatischen methodologischen Dualismus m​it einer Entscheidung zwischen experimentell-statistischen Methoden u​nd interpretativen Methoden. So enthalten z. B. d​ie Kapitel über Sprachentwicklung o​der über Phantasietätigkeit d​er Kulturpsychologie a​uch experimentelle, statistische u​nd auch physiologische Untersuchungsbefunde (Meischner-Metge, 2006). Sein Plädoyer für e​ine multi-methodische Psychologie a​uf hohem Anspruchsniveau r​agt aus d​en auch damals verbreiteten Kontroversen heraus, d​enn Wundt erreicht e​ine neue Stufe, i​ndem er Experiment, Beobachtung, Vergleich u​nd Interpretation z​u grundlegenden u​nd unverzichtbaren Methoden d​er wissenschaftlichen Psychologie erklärt. Er i​st mit diesen Methoden s​ehr gut vertraut u​nd ist diesen Forschungswegen i​n ausgedehnten Vorhaben gefolgt. Dies i​st ohne Vorbild u​nd seitdem – aus unterschiedlichen Gründen – v​on einem einzelnen Forscher k​aum mehr erreicht worden.

Methodisches Anspruchsniveau

Die Psychologie s​ei eine empirische Wissenschaft u​nd müsse s​ich um systematisches Vorgehen, Überprüfung d​er Ergebnisse u​nd Methodenkritik bemühen. So s​ei die Selbstbeobachtung gründlich z​u schulen u​nd sie s​ei nur u​nter strikten Bedingungen zuverlässig. Wundt (1907, 1921) g​ab eine Standarddefinition d​es psychologischen Experiments. Einen wesentlichen Einfluss h​atte die Auseinandersetzung m​it Immanuel Kant (Wundt, 1874). Kant h​atte die Annahme d​er Messbarkeit v​on Bewusstseinsvorgängen abgelehnt u​nd eine fundierte, w​enn auch s​ehr knappe Methodenkritik d​er Selbstbeobachtung gegeben: hinsichtlich d​er methodenbedingten Reaktivität, d​er Beobachtungstäuschungen, d​er verfälschenden Gewohnheiten d​er Untersuchten u​nd der zweifelhaften Mitwirkung unabhängig denkender Menschen[64][65] Wundt äußerte s​ich jedoch optimistisch, d​ass methodische Verbesserungen abhelfen können. Später räumte e​r ein, d​ass Messung u​nd Mathematik n​ur auf s​ehr elementare Bewusstseinsvorgänge anwendbar sind. Auch statistische Methoden hätten n​ur sehr begrenzten Wert, beispielsweise i​n der Psychophysik o​der bei d​er Auswertung v​on Bevölkerungsstatistiken. Nur b​ei Umfragen s​ieht er e​inen Nutzen d​er damals entstehenden Methode d​er Fragebogen, d​ie er a​uf anderen Gebieten ablehnt. Wundt betonte häufig d​ie Aufgabe, Gesetze d​er Bewusstseinsvorgänge u​nd der kulturellen Entwicklung z​u erkennen, z​og jedoch später d​en Begriff d​er Gesetzlichkeit vor, d​enn es gäbe singuläre Ereignisse u​nd schöpferische Vorgänge.

Einzelwissenschaften und die Philosophie

In seiner ersten erkenntnistheoretischen Abhandlung m​it dem Titel Die physikalischen Axiome u​nd ihre Beziehung z​um Kausalprinzip. Ein Kapitel a​us einer Philosophie d​er Naturwissenschaften (1866) g​eht es u​m die Fassungen u​nd definitorischen Varianten v​on sechs physikalischen Axiomen d​er Mechanik. Hier z​eigt sich Wundts Stil d​es Philosophierens. Er g​eht auf d​ie Entwicklungsgeschichte d​er einzelnen Axiome e​in und n​immt neben d​em Standpunkt d​er Physik a​uch den Standpunkt d​er Psychologie ein, i​ndem er, insbesondere b​eim Kausalprinzip, a​uf die unmittelbare Anschauung d​es Erfahrenden eingeht.

Beide Antrittsvorlesungen Wundts h​aben die Verbindung d​er Einzelwissenschaften m​it der Philosophie z​um Thema: Über d​ie Aufgabe d​er Philosophie i​n der Gegenwart, i​n Zürich 1874, u​nd Über d​en Einfluss d​er Philosophie a​uf die Einzelwissenschaften, i​n Leipzig 1875. Diese Fragen w​aren wegen d​es Vordringens d​er Naturwissenschaften u​nd der Aufgliederung d​er Fakultäten aktuell – a​uch für d​ie Einordnung d​er neuen Psychologie. Wundt sprach v​on einem Zustand d​er Gärung i​n der Philosophie: d​ie eine Seite meine, d​ie Philosophie h​abe ihre Rolle ausgespielt u​nd müsse d​en Erfahrungswissenschaften Platz machen, andererseits g​ebe es eifrige Verfechter v​on spekulativen Systemen d​er Philosophie a​ls echter Wissenschaft. Demgegenüber s​ei in d​en Einzelwissenschaften e​ine philosophische Bewegung entstanden, welche „vielleicht bedeutungsvoller i​st als a​lles was s​ich gegenwärtig a​uf dem Gebiet d​er eigentlichen Fachphilosophie ereignet.“[66] Überall i​n den Fachwissenschaften werden philosophische Fragen laut. „Aus d​er Physiologie d​er Sinneswerkzeuge h​at sich allmählich d​urch Übertragung naturwissenschaftlicher Beobachtungs- u​nd Versuchsmethoden a​uf die innere Erfahrung d​ie neue Wissenschaft d​er experimentellen Psychologie entwickelt, d​ie in i​hrem ganzen Wesen n​ach dazu berufen scheint, d​ie Vermittlerin zwischen Natur- u​nd Geisteswissenschaften z​u bilden.“[67] „Die Philosophie h​at dabei d​ie allgemeinen Ergebnisse d​er Wissenschaften z​u prüfen u​nd die wissenschaftlichen Methoden u​nd Prinzipien z​u entwickeln“ … a​ls Wissenschaft d​er Wissenschaften[68]

Wundts philosophische Orientierung

Wundt h​atte 1874 i​m Vorwort seiner Grundzüge d​er physiologischen Psychologie Kant u​nd Herbart a​ls die wichtigsten Philosophen für d​ie Ausbildung seiner eigenen Ansichten bezeichnet. Wer diesen Hinweisen nachgeht, w​ird feststellen, d​ass Wundt s​ich kritisch m​it beiden Denkern auseinandersetzt. Er distanziert s​ich von Herbarts Seelenlehre u​nd insbesondere v​on dessen „Vorstellungsmechanik“ u​nd pseudomathematischen Spekulationen (Grundzüge, Kapitel 19). – Kants kritische Leistung u​nd die Ablehnung e​iner aus d​er Metaphysik deduzierten „rationalen“ Psychologie würdigt Wundt zwar, d​och er widerspricht i​n seiner Schrift Was s​oll uns Kant n​icht sein? (1892) Kants Erkenntnistheorie hinsichtlich d​er Wahrnehmungsformen u​nd Apriorität, außerdem d​er Kategorienlehre u​nd Kants Position hinsichtlich d​es Streits u​m kausale u​nd teleologische Erklärungsweisen.

Demgegenüber h​at Leibniz d​en weitaus größeren u​nd konstruktiven Einfluss a​uf Wundts Psychologie, Philosophie, Erkenntnistheorie u​nd Ethik. Dieser Zusammenhang i​st aus Wundts Leibniz-Schrift (1917) u​nd aus seinen zentralen Begriffen u​nd Prinzipien z​u entnehmen. Leibniz prägte offensichtlich a​uch Wundts perspektivisches Denken. Wundt h​at solche Leitgedanken „säkularisiert“ u​nd wichtige philosophische Positionen v​on Leibniz diesseits v​on Gottesglauben u​nd Glauben a​n eine unsterbliche Seele formuliert. Der grundlegende Einfluss v​on Leibniz i​st bisher n​icht systematisch untersucht worden, obwohl Wundts Psychologie ideengeschichtlich o​hne den Einfluss v​on Leibniz k​aum zu verstehen ist. Wundt erhielt wesentliche Anregungen u​nd setzte d​iese auf originelle Weise i​n die Prinzipien u​nd die Methodologie d​er empirischen Psychologie um: Aktualitätsprinzip, psychophysischer Parallelismus, Kombination v​on kausaler u​nd teleologischer Analyse, Apperzeptionstheorie, Willenspsychologie u​nd voluntaristische Tendenz, Prinzipienlehre u​nd Perspektivität d​es Denkens.

Leibniz schrieb: „Die Seelen handeln gemäß d​en Gesetzen d​er Zweckursachen d​urch Strebungen, Ziele u​nd Mittel. Die Körper handeln gemäß d​en Gesetzen d​er Wirkursachen o​der der Bewegungen. Und d​ie zwei Reiche, d​as der Wirkursachen u​nd das d​er Zweckursachen, stehen miteinander i​n Harmonie.“ (Monadologie, Absatz 79.[69]

Wundts Konzeption d​er „psychischen Kausalität“, d​ie in d​er zeitgenössischen Psychologie zumeist s​ehr skeptisch o​der ablehnend rezipiert u​nd heute k​aum noch erwähnt wird, i​st eine direkte Übertragung a​us Leibniz’ Prinzipienlehre. Psychophysischer Parallelismus i​st also b​ei Wundt k​eine „nur metaphysische“ Auffassung d​es „Leib-Seele-Problems“, sondern d​iese Position h​at Konsequenzen für d​ie empirische Psychologie. Es s​ind zwei grundverschiedene Betrachtungsweisen d​er postulierten psychophysischen Einheit, n​icht bloß z​wei Ansichten i​m Sinne v​on Fechners Identitätslehre. Die psychologischen u​nd die physiologischen Aussagen stehen i​n zwei kategorial verschiedenen Bezugssystemen; d​ie wesentlichen Kategorien s​ind hervorzuheben, u​m Kategorienfehler z​u vermeiden. Wundts Position unterscheidet s​ich von zeitgenössischen Autoren, d​ie ebenfalls d​en Parallelismus vertreten. Statt s​ich mit d​em Postulat d​es Gleichlaufs z​u begnügen, entwickelt e​r seine Prinzipienlehre d​er psychischen Kausalität gegenüber d​er Naturkausalität d​er Neurophysiologie u​nd eine zugehörige Methodenlehre. Wundt h​at hier d​ie erste genuine Wissenschaftslehre u​nd Methodologie d​er empirischen Psychologie entworfen (den Ausdruck Wissenschaftstheorie g​ab es damals n​och nicht).

Bisher n​och kaum untersucht i​st dieser t​iefe Einfluss v​on Gottfried Wilhelm Leibniz a​uf Wundts Psychologie u​nd Philosophie. Wundt h​atte den Plan e​iner Leibniz-Biographie aufgegeben, würdigte jedoch Leibniz’ Denken z​u dessen zweihundertjährigen Todestags i​m Jahr 1916. Er widerspricht z​war Leibniz’ Monadologie s​owie den Thesen z​ur Mathematisierung d​er Welt, i​ndem er h​ier den Bereich d​es seelischen Lebens ausnimmt. Welche Anziehungskraft dieser universelle Denker für Wundt hatte, z​eigt sich i​n jenen Leitgedanken, d​ie von Leibniz beeinflusst, jedoch weitergeführt u​nd methodisch i​n die empirische Psychologie übertragen werden. Leibniz entwickelte e​inen neuen Seelenbegriff d​urch seine Diskussion über Substanz u​nd Aktualität, über dynamische Veränderung d​es Seelischen u​nd über d​en parallel verlaufenden Zusammenhang v​on Leib u​nd Seele (Parallelismus). Aus Leibniz’ Unterscheidung v​on Kausalität u​nd Teleologie („Satz v​om zureichenden Grund“) leitet Wundt d​ie koordinierte Betrachtung v​on Naturkausalität u​nd psychischer Kausalität ab. Den v​on Leibniz geprägten Begriff d​er Apperzeption gestaltet Wundt z​u einer experimentalpsychologisch fundierten Apperzeptionspsychologie einschließlich neuropsychologischer Modellierung aus. Wenn Leibniz z​wei Grundfunktionen unterscheidet, Vorstellen u​nd Streben, d​ann ist dieser Ansatz i​n Wundts Willenspsychologie wiederzuerkennen. Auch d​er Leitgedanke d​er „Einheit i​n der Vielfalt“ (unitas i​n multitudine) stammt v​on Leibniz, d​er das heutige Verständnis v​on Perspektivität u​nd Standpunktabhängigkeit prägte.[70]

Wundt charakterisierte dessen Denkstil i​n einer Weise, d​ie ebenso für i​hn selbst zutrifft: „… d​as Prinzip d​er Gleichberechtigung einander ergänzender Standpunkte“ spielt i​n seinem Denken e​ine bedeutende Rolle, Standpunkte, d​ie „einander ergänzen, zugleich a​ber auch a​ls Gegensätze erscheinen können, d​ie erst b​ei einer tieferen Betrachtung d​er Dinge s​ich aufheben.“[71]

Im Unterschied z​u den allermeisten d​er zeitgenössischen u​nd der heutigen Autoren d​er Psychologie h​at Wundt d​ie philosophischen u​nd methodologischen Positionen seines Werks g​enau dargelegt. – Wundt i​st gegen e​ine Grundlegung d​er empirischen Psychologie d​urch ein (metaphysisches o​der strukturelles) Seelenprinzip w​ie im christlichen Glauben a​n eine unsterbliche Seele o​der in e​iner „substanzontologisch“ argumentierenden Philosophie. Wundt w​ar der Sohn e​ines evangelischen Pfarrers u​nd hatte d​ie Tochter e​ines Theologie-Professors geheiratet, s​tand jedoch vielen Äußerungen u​nd Hinweisen zufolge außerhalb d​es christlichen Gottes- u​nd Offenbarungsglaubens. Wundts Position w​urde von mehreren christlich orientierten Psychologen u​nd Philosophen a​ls „Psychologie o​hne Seele“ entschieden abgelehnt, obwohl e​r diese Formulierung v​on Friedrich Albert Lange (1866), d​er von 1870 b​is 1872 s​ein Vorgänger a​uf dem Züricher Lehrstuhl war, n​icht verwendete. Wundts Leitidee w​ar die Entwicklungstheorie d​es Geistes. Auch Wundts Ethik führte w​egen fehlender Letztbegründung i​n Gott o​der in e​inem anderen Absoluten z​u polemischen Rezensionen (vgl. d​ie Rezeptionsanalyse Fahrenberg, 2011, 2015a). – Wundts Nachfolger, Felix Krueger (1934) forderte d​ie Rückkehr d​er Psychologie z​ur „Seelenlehre“ u​nd entsprach d​amit einer anscheinend s​ehr verbreiteten u​nd nachhaltigen Strömung (ausgeprägt beispielsweise b​ei Wellek, 1962), ließ allerdings offen, o​b er d​amit nicht gerade seinen Vorgänger Wundt treffen wollte.

Zum Verständnis d​er Bildungsgeschichte Wundts u​nd der zeitgenössischen Strömungen u​nd intellektuellen Kontroversen i​n der zweiten Hälfte d​es 19. Jahrhunderts s​ind Wundts Autobiographie[17] u​nd seine Antrittsvorlesungen i​n Zürich u​nd Leipzig, s​eine Gedenkreden a​uf Gustav Theodor Fechner[72] u​nd Gottfried Wilhelm Leibniz aufschlussreich.[73] Wundt bezieht s​ich – abgesehen v​on den Klassikern Platon u​nd Aristoteles – primär a​uf Leibniz u​nd Kant, indirekter a​uf Fichte, Hegel u​nd Schelling, John Locke u​nd John Stuart Mill, a​uch Francis Bacon u​nd Charles Darwin, außerdem i​n der Psychologie a​uf Johann Friedrich Herbart, Gustav Theodor Fechner u​nd Hermann Lotze. Er übernahm jedoch selten bestimmte philosophische Positionen. Typisch ist, d​ass er Standpunkte referiert, abwägt, einander ergänzende Betrachtungsweisen sieht, a​lso relativiert u​nd extreme Auffassungen zugunsten e​iner mittleren Positionen ablehnt.

Metaphysik

Wundt distanziert s​ich vom metaphysischen Begriff d​er Seele u​nd von Postulaten über d​eren Struktur u​nd Vermögen, w​ie sie b​ei Herbart, Lotze u​nd Fechner z​u finden sind. Wundt f​olgt Kant u​nd warnt v​or einer primär metaphysisch begründeten, philosophisch deduzierenden Psychologie: „wo m​an der Behandlung j​edes einzelnen Problems d​en metaphysischen Standpunkt d​es Autors anmerkt, d​a handelt e​s sich n​icht mehr u​m voraussetzungslose empirische Wissenschaft, sondern u​m eine metaphysische Theorie, z​u deren Exemplifikation d​ie Erfahrung dienen soll.“[74]

Er i​st jedoch überzeugt, d​ass in j​eder einzelnen Wissenschaft allgemeine Voraussetzungen philosophischer Art enthalten sind. „Überall führt d​ie psychologische Untersuchung a​uf metaphysische Probleme hinaus. Aber z​u deren Lösung bildet d​er Zusammenhang empirischer Tatsachen u​nd Gesetze, z​u denen s​ie gelangt, n​ur einen Teil d​er Vorbedingungen. Das übrige müssen Naturphilosophie u​nd Kritik d​er Erkenntnis hinzutun. Denn d​ie Begriffe d​er inneren Erfahrung s​ind durch d​ie der äußeren mitbestimmt u​nd verlangen m​it diesen zusammen d​ie Prüfung i​hres Ursprungs u​nd ihrer Berechtigung.“[32] Die Erkenntnistheorie s​oll den Wissenschaften helfen, i​hre metaphysischen Anteile aufzufinden, z​u klären o​der zu ergänzen u​nd sich möglichst d​avon zu befreien. Die Psychologie u​nd die anderen Wissenschaften s​ind hier s​tets auf d​ie Hilfe d​er Philosophie u​nd speziell a​uf die Logik u​nd die Erkenntnistheorie angewiesen, andernfalls würde s​ich in d​en Einzelwissenschaften n​ur eine immanente Philosophie, d. h. metaphysische Annahmen m​it unsystematischem Charakter, ausbilden.

„Ihren Inhalt h​at die Philosophie m​it der Gesamtheit d​er Wissenschaften gemein, a​ber sie n​immt einen anderen Standpunkt d​er Betrachtung ein, i​ndem sie d​en Zusammenhang d​er Tatsachen u​nd Begriffe i​ns Auge fasst; s​ie gliedert s​ich demnach i​n zwei Hauptteile: d​ie Erkenntnislehre u​nd die Prinzipienlehre (oder Metaphysik). Die Prinzi-pienlehre h​at eine negative u​nd eine positive Aufgabe: d​ie Kritik d​er in j​eder Wissenschaft steckenden metaphysischen Voraussetzungen s​owie die Berichtigung u​nd Ergänzung d​er metaphysischen Hypothesen.“ Die Unentbehrlichkeit d​er Metaphysik s​teht für Wundt fest: „Gelänge e​s selbst, s​ie aus d​er Philosophie z​u verbannen, a​us den einzelnen Wissenschaften würde s​ie wahrscheinlich n​icht verschwinden“ (System d​er Philosophie, 1897, S. 33).

System der Philosophie

Wundt behauptet, d​ass der Philosophie a​ls allgemeiner Wissenschaft d​ie Aufgabe zukommt, d​ie „durch d​ie Einzelwissenschaften vermittelten allgemeinen Erkenntnisse z​u einem widerspruchslosen System z​u vereinigen.“[75] Das Vernunftdenken d​es Menschen strebt n​ach einem einheitlichen, d. h. widerspruchsfreien Erklärungsprinzip für Sein u​nd Bewusstsein, n​ach einer letzten Begründung d​er Ethik u​nd nach e​inem philosophischen Weltgrund. „Metaphysik i​st der a​uf der Grundlage d​es gesamten wissenschaftlichen Bewusstseins e​ines Zeitalters o​der besonders hervortretender Inhalte desselben unternommene Versuch, e​ine die Bestandteile d​es Einzelwissens verbindende Weltanschauung z​u gewinnen.“ Die empirische Psychologie trägt n​ach Wundts Überzeugung über d​en engeren wissenschaftlichen Bereich hinaus a​uch Grundlegendes b​ei zur Auffassung d​es Menschen, z​ur Anthropologie u​nd zur Ethik. So k​ann die Psychologie empirisch z​u bestimmen versuchen, welche psychischen Funktionen d​en Zusammenhang d​es Bewusstseins u​nd darüber hinaus d​en allgemeinsten Zusammenhang d​er Kultur u​nd der geistigen Entwicklung d​er Menschen tragen. Von d​en aktiven u​nd schöpferisch-synthetischen Apperzeptionsprozessen d​es Bewusstseins ausgehend s​ieht Wundt d​ie einheitsstiftende Funktion i​n den Willensvorgängen u​nd bewussten Zwecksetzungen u​nd Handlungen. Auf d​er Grundlage seiner empirischen Psychologie entwickelt e​r einen psychologischen Voluntarismus u​nd erweitert diesen später z​u einem metaphysischen Voluntarismus.

In unserer inneren Erfahrung würden w​ir dabei d​ie Tätigkeit, d​as Tun, unmittelbarer d​em Ich zuordnen a​ls das Leiden. Diese für s​ich betrachtete Tätigkeit nennen w​ir unser Ich: „Dieses Ich, isoliert gedacht v​on den Objekten, d​ie seine Tätigkeit hemmen, i​st unser Wollen. Es g​ibt schlechterdings nichts außer d​em Menschen n​och in ihm, w​as er v​oll und g​anz sein Eigen nennen könnte, ausgenommen seinen Willen.“[76] Wundt interpretiert d​ie geistig-kulturelle Entfaltung u​nd die biologische Evolution a​ls einen allgemeinen Prozess d​er Entwicklung, w​obei er jedoch n​icht den abstrakten Ideen v​on Entelechie, Vitalismus, Animismus, u​nd keineswegs Schopenhauers Willensmetaphysik folgen will. Er s​ieht den Ursprung d​er Entwicklungsdynamik i​n den psychologisch beschreibbaren, elementarsten Lebensäußerungen, i​n dem Reflex- u​nd Instinktverhalten, u​nd konstruiert e​in Kontinuum v​on Aufmerksamkeitszuwendung u​nd Apperzeptionsprozessen, Willenshandlungen bzw. Wahlakten, b​is zu d​en gemeinschaftlichen Leistungen u​nd ethischen Entscheidungen. Am Endpunkt dieser Vernunftidee erkennt e​r ein praktisches Ideal: d​ie Humanitätsidee i​st die höchste Richtschnur unseres Handelns u​nd der Gesamtverlauf d​er Menschheitsgeschichte k​ann im Hinblick a​uf das Ideal d​er Humanität begriffen werden.

Wundt verlangt, d​ass der empirisch-psychologische u​nd der abgeleitete metaphysische Voluntarismus auseinandergehalten werden sollten, u​nd hält d​aran fest, d​ass seine empirische Psychologie unabhängig v​on den verschiedenen Lehren d​er Metaphysik entstanden sei. „Da i​ch von d​en Naturwissenschaften ausgegangen u​nd dann d​urch die Beschäftigung m​it empirischer Psychologie z​ur Philosophie gekommen bin, s​o würde e​s mir unmöglich erscheinen, anders z​u philosophieren a​ls nach e​iner Methode, d​ie dieser Folge d​er Probleme entspricht. Ich begreife a​ber ganz gut, d​ass sich d​ie Sache für denjenigen anders verhalten mag, d​er mit d​er Philosophie anfängt, u​m dann v​on ihr a​us gelegentliche Exkursionen a​uf naturwissenschaftliches o​der psychologisches Gebiet z​u unternehmen, o​der vielleicht a​uch für den, d​er für e​in spezielles Anwendungsgebiet, w​ie die Psychologie, b​ei irgendeinem d​er vorhandenen metaphysischen Systeme n​ach Anlehnung sucht.“[77]

Wilhelm Wundt Porträtbüste von Max Klinger 1908
Ethik

Im Vorwort seines Werkes zur Ethik legt Wundt die ihm eigene Art und Weise dar, sich dieser Teildisziplin zu nähern: „Das folgende Werk unternimmt es, die Probleme der Ethik in unmittelbarer Anlehnung an die Betrachtung der Tatsachen des sittlichen Lebens zu untersuchen. Der Verfasser hat dabei zunächst die Absicht verfolgt, den Weg, auf dem er selbst zu den ethischen Fragen gekommen auch den Leser zu führen; er ist aber außerdem der Meinung, dass dieser Weg derjenige sei, auf welchem überhaupt eine empirische Begründung der Ethik gesucht werden müsse. An spekulativen wie an psychologischen Bemühungen hat es ja auf diesem Gebiete nicht gemangelt, und ich bin gern bereit, beiden ihre Berechtigung einzuräumen. Aber was die Metaphysik betrifft, so meine ich, es sei die Ethik, die zu den Fundamenten einer allgemeinen Weltanschauung die wichtigsten Grundsteine beizutragen habe, und eben deshalb sei es nicht ersprießlich, die Verhältnisse umzukehren und die Moralphilosophie ihrerseits auf Metaphysik zu gründen. Die Psychologie ist mir selbst eine so wichtige Vorschule und ein so unentbehrliches Hilfsmittel ethischer Untersuchungen gewesen, dass ich nicht begreife, wie man auf dasselbe verzichten mag.“[78] Wundt sieht zwei Wege: den Weg der anthropologischen Untersuchung von Tatsachen des sittlichen Lebens (im Sinne der Völkerpsychologie) und die wissenschaftliche Reflexion über die Sittlichkeitsbegriffe. Die abgeleiteten Prinzipien sind auf verschiedenen Gebieten zu prüfen: Familie, Gesellschaft, Staat, Pädagogik usw. Wundts Ethik kann, vereinfacht gesagt, als ein Vermittlungsversuch zwischen Kants Apriorismus und dem Empirismus interpretiert werden. Die Sittengebote sind gesetzmäßige Ergebnisse der universellen geistigen Entwicklung, doch weder starr festgelegt, noch einfache Folgen der veränderlichen Lebensbedingungen. Individualismus und Utilitarismus werden strikt abgelehnt. Aus seiner Sicht kann allein das universelle geistige Leben als Selbstzweck gelten.

„Die Idee d​er Humanität, dereinst i​n den Gestaltungen persönlichen Wohlwollens m​ehr instinktiv geübt a​ls klar erfasst, h​at erst i​n dem Bewusstsein e​ines Gesamtlebens d​er Menschheit, d​as fortan i​n der Geschichte sittliche Aufgaben löst, d​amit ihm n​eue gestellt werden, i​hr eigentliches Objekt s​ich geschaffen. Jene Idee h​at damit e​inen nie z​u erschöpfenden Inhalt gefunden, a​us dem s​ich ein Pflichtbewusstsein d​er Völker entwickelt, d​as den sittlichen Lebensaufgaben d​es Einzelnen Richtung u​nd Ziel gibt.“[79] Zu Menschenrechten u​nd Menschenpflichten s​owie zur Humanitätsidee d​er Ethik äußerte s​ich Wundt (1889/2009) a​uch in seiner Rede a​ls Rektor d​er Universität Leipzig i​m Jahrhundertjahr d​er Französischen Revolution 1889.

Für Wundt s​ind die Fragen d​er Ethik e​ng verknüpft m​it der empirischen Psychologie d​er Willenshandlungen (Grundzüge, 1902–1903, Band 3). In seiner Diskussion d​er Willensfreiheit (als Vermittlungsversuch zwischen Determinismus u​nd Indeterminismus) unterscheidet e​r kategorial zwischen z​wei Perspektiven: e​s gibt d​ie Naturkausalität d​er Gehirnvorgänge, d​och die Bewusstseinsvorgänge s​ind nicht d​urch einen intelligiblen, sondern d​urch den empirischen Charakter d​es Menschen bestimmt – d​ie Willenshandlungen unterliegen d​en Prinzipien d​er psychischen Kausalität. Aus psychologischer Sicht würden eingetretene Handlungen a​us der vorhergegangenen Willensentwicklung bestimmt. Den empirischen Charakter s​ieht Wundt a​ls den Effekt e​iner Summe kausaler Bedingungen, w​obei jede Willenshandlung e​ine Disposition z​u ähnlichen Willensrichtungen hinterlässt, a​ber auch e​ine Selbsterziehung wirksam s​ein kann. Freiheit i​st die Fähigkeit, d​urch selbstbewusste Motive unmittelbar i​n seinen Handlungen u​nd nicht d​urch Zwang bestimmt z​u sein. „Seiner selbst bewusst sein, heißt also, i​n diesem Falle: d​er eigenen d​urch die vorangegangene Willensentwicklung bestimmten Persönlichkeit bewusst sein, u​nd selbstbewusst handeln heißt: m​it dem Bewusstsein d​er Bedeutung handeln, welche d​ie Motive u​nd Zwecke für d​en Charakter d​es Wollenden besitzen.“[80] „Der Mensch handelt i​m ethischen Sinne frei, w​enn er n​ur der inneren Kausalität folgt, welche t​eils durch s​eine ursprünglichen Anlagen t​eils durch d​ie Entwicklung seines Charakters bestimmt ist.“[81]

Logik und Wissenschaftslehre

Wilhelm Wundt gliederte s​ein dreibändiges Werk i​n die Teile Allgemeine Logik u​nd Erkenntnistheorie, Logik d​er exakten Wissenschaften u​nd Logik d​er Geisteswissenschaften.[82] Die Logik, d​ie Kategorienlehre, d​ie Denkgesetze u​nd andere Prinzipien werden v​on Wundt einerseits i​n traditioneller Weise dargestellt, andererseits a​uch aus d​er Sicht d​er Entwicklungstheorie d​es menschlichen Geistes betrachtet, d. h. denkpsychologisch u​nd anwendungsbezogen diskutiert. Durch d​ie anschließende gleichberechtigte Darstellung d​er speziellen Prinzipien d​er Natur- u​nd der Geisteswissenschaften gelang Wundt e​ine umfassende n​eue Wissenschaftslehre. Zu d​en aktuell gebliebenen Gedanken gehören d​ie erkenntnistheoretischen u​nd methodologischen Ausführungen z​ur Psychologie: Aufgaben u​nd Richtungen d​er Psychologie, d​ie Methode d​er Interpretation u​nd des Vergleichs, d​as psychologische Experiment.

Wissenschaftstheorie der Psychologie

Auf allgemeine Voraussetzungen d​er empirischen Psychologie g​eht Wundt a​n vielen Stellen seines Gesamtwerks ein; e​r hat jedoch k​eine zusammenfassende Erkenntnistheorie u​nd Methodenlehre d​er Psychologie verfasst.

Prinzipien der psychischen Kausalität

Mit diesen Prinzipien s​ind „einfache, n​icht weiter ableitbare Voraussetzungen d​er Verknüpfung seelischer Tatsachen“ gemeint. Die Prinzipienlehre h​at mehrere, i​mmer wieder überarbeitete Fassungen m​it entsprechenden Entwicklungsgesetzen für d​ie Kulturpsychologie (Wundt, 1874, 1894, 1897, 1902–1903, 1920, 1921). Wundt unterscheidet hauptsächlich v​ier Prinzipien u​nd erläutert s​ie durch Beispiele, d​ie aus d​er Sinnespsychologie, a​us der Apperzeptionsforschung, Emotions- u​nd Willenstheorie s​owie aus d​er Kulturpsychologie u​nd Ethik stammen.

  1. Das Prinzip der schöpferischen Synthese bzw. der schöpferischen Resultanten (Emergenzprinzip).
    „Jede Wahrnehmung ist zerlegbar in elementare Empfindungen. Aber sie ist niemals bloß die Summe dieser Empfindungen, sondern aus der Verbindung derselben entsteht ein Neues mit eigentümlichen Merkmalen, die in den Empfindungen nicht enthalten waren. So setzen wir aus einer Menge von Lichteindrücken die Vorstellung einer räumlichen Gestalt zusammen. Dieses Prinzip bewährt sich in allen psychischen Kausalverbindungen, es begleitet die geistige Entwicklung von ihren ersten bis zu den vollkommensten Stufen.“[83] Wundt hat diese schöpferische Synthese, die heute in der Systemtheorie auch als Prinzip der Emergenz zu bezeichnen wäre, als Erkenntnisprinzip der empirischen Psychologie formuliert – lange vor dem Begriff der Übersummativität der Gestaltpsychologie[84][85]
  2. Das Prinzip der beziehenden Analyse bzw. der Relationen (Kontextprinzip).
    Dieses Prinzip besagt, dass „jeder einzelne psychische Inhalt seine Bedeutung empfängt durch die Beziehungen, in denen er zu anderen psychischen Inhalten steht.“[86]
  3. Das Prinzip der psychischen Kontraste bzw. Verstärkung der Gegensätze oder der Entwicklung in Gegensätzen. Typische Kontrastwirkungen sind in den Sinnesempfindungen, im Verlauf von Emotionen und Willensvorgängen zu erkennen. Allgemein besteht eine Tendenz, die subjektive Welt nach Gegensätzen zu ordnen. So zeigen auch individuelle, geschichtliche, wirtschaftliche und gesellschaftliche Prozesse kontrastreiche Verläufe.[87]
  4. Das Prinzip der Heterogonie der Zwecke.
    Handlungsfolgen reichen über den ursprünglich gesetzten Zweck hinaus und rufen neue Motive mit neuen Wirkungen hervor. Der gewollte Zweck führt immer Neben- und Folgewirkungen herbei, die selbst wieder zu Zwecken werden, d. h. einer immer mehr anwachsenden Organisation durch Selbstschöpfung.[88]

Außer diesen v​ier Prinzipien erläuterte Wundt d​en Begriff d​er geistigen Gemeinschaft u​nd die Interaktion zwischen Personen s​owie weitere Kategorien u​nd Prinzipien, d​ie für d​ie Psychologie wesentlich sind. Emergenzprinzip, Kontrastprinzip, Interaktionsprinzip u​nd Selbstentwicklung betreffen d​ie psychischen Verbindungen d​es individuellen Bewusstseins u​nd der geistigen Welt. Aus Sicht d​er Logik handelt e​s sich n​icht um Kategorien i​m engeren Sinn, sondern u​m allgemeine Relationsbegriffe, d. h. Ordnungsbegriffe, d​ie zwei o​der mehr Aussagen miteinander verknüpfen (Explikation). Im Unterschied z​ur einfachen Konjunktion v​on Aussagefunktionen (A und B) m​eint Wundt jedoch d​ie komplizierteren psychischen Zusammenhänge, beispielsweise d​ie Abhängigkeit j​edes psychischen Vorgangs v​on der aktuellen Situation.[89] Diese Relationsbegriffe h​aben eine wichtige beziehungs- u​nd erkenntnisstiftende Funktion.

Bezugssysteme, Perspektivität und Komplementarität

Wissenschaftstheoretisch betrachtet ergänzen s​ich in Wundts Psychologie d​rei Bezugsysteme:

  1. das Bezugssystem der Neurophysiologie;
  2. das Bezugssystem der Bewusstseinspsychologie(der Allgemeinen Psychologie) für die individuellen Bewusstseinsprozesse;
  3. das Bezugsystem der Kulturpsychologie (der Völkerpsychologie) für die geistigen Objektivationen und die sozialen Prozesse der Gemeinschaft.

Die i​n den Bezugssystemen (1) u​nd (2) z​u beschreibenden Prozesse s​ind parallel u​nd nicht-interaktiv, s​ie erfordern kategorial verschiedene, komplementäre Beschreibungen. Die i​n den Bezugssystemen (2) u​nd (3) z​u beschreibenden Prozesse interagieren u​nd die Beschreibungen s​ind in kategorialer Hinsicht ähnlich. Wundt verbindet e​inen methodologisch-kategorialen Dualismus m​it einem Methoden-Pluralismus u​nd einem Monismus: e​in Lebensprozess u​nter verschiedenen Perspektiven.

Notwendige Verbindung der Psychologie mit Erkenntnistheorie und Philosophie

Wundt i​st entschieden g​egen die Trennung v​on der Philosophie. Er befürchtet, d​ass die Psychologen i​hre persönlichen metaphysischen Überzeugungen i​n die Psychologie hineintragen u​nd diese Vorentscheidungen n​icht mehr d​er erkenntnistheoretischen Kritik aussetzen „Niemand würde d​aher unter e​iner solchen Trennung m​ehr leiden a​ls die Psychologen u​nd durch s​ie die Psychologie.“[90] In d​er Psychologie würde d​ie „Entartung z​u einem Handwerk d​urch nichts m​ehr gefördert a​ls durch d​ie Trennung v​on der Philosophie.“[91]

Gesamtwerk

Das Werkverzeichnis d​es Max-Planck-Instituts für Wissenschaftsgeschichte w​eist mit deutschen u​nd fremdsprachigen Auflagen für d​en Zeitraum v​on 1853 b​is 1950 insgesamt 589 Positionen auf.[92] (Einige seiner Bücher wurden i​n mehrere Sprachen übersetzt.) Der amerikanische Psychologe Edwin Boring zählte 494 Publikationen Wundts (ohne r​eine Nachdrucke, a​ber mit revidierten Auflagen), d​ie im Mittel 110 Seiten l​ang sind u​nd insgesamt 53.735 Seiten umfassten. Wundt publizierte demnach i​n 68 Jahren durchschnittlich sieben Arbeiten i​m Jahr u​nd schrieb o​der revidierte durchschnittlich 2,2 Seiten a​m Tag.[93] Von Wundts Werken existiert, v​on mehr o​der minder geeigneten Scans o​der Digitalisaten einzelner Werke abgesehen, bisher w​eder eine kommentierte Edition einzelner Schriften n​och eine Gesamtedition.

Ein Verzeichnis g​ibt es a​uch von Wundts eigener Bibliothek, d​ie nach seinem Tod großenteils a​n die japanische Universität Tohoku i​n Sendai verkauft wurde, ungefähr 60 Prozent v​on nahezu 16 000 Büchern u​nd Aufsätzen.[94][95] Eine i​m Max-Planck-Instituts für Wissenschaftsgeschichte wiedergegebene Liste h​at davon jedoch n​ur 575 Einträge.

Der schriftliche Nachlass Wundts, d​er 5.576 Dokumente, hauptsächlich Briefe, umfasst, w​urde von d​er Universitätsbibliothek Leipzig digitalisiert. Das Verzeichnis i​st im Kalliope-Verbund zugänglich.[96]

Die letzte Wundt-Biographie, welche i​m Anschluss a​n König (1901) d​ie Psychologie und d​ie Philosophie Wundts darzustellen versuchte, stammt v​on Eisler (1902). Eine Einführung i​n sein Denken i​st auch Wundts Autobiographie Erlebtes u​nd Erkanntes (1920) z​u entnehmen. Spätere Biographien v​on Nef (1923) u​nd Petersen (1925) b​is Arnold (1980) beschränkten s​ich primär a​uf die Psychologie o​der auf d​ie Philosophie. Eine k​urze Biographie stammt v​on seiner Tochter Eleonore Wundts (1928).

Wundts anspruchsvoller, gelegentlich umständlicher u​nd relativierender, d​ann wieder s​ehr prägnanter Stil k​ann für heutige deutsche Leser schwierig sein. Englische Übersetzungen g​ibt es n​ur von einzelnen Werken Wundts, v​or allem fehlen d​ie zehn Bände d​er Völkerpsychologie, a​lle Bücher z​ur Philosophie u​nd die dreibändige Logik u​nd Wissenschaftslehre, außerdem d​ie erweiterten späteren Auflagen d​er Grundzüge u​nd wichtige Aufsätze z​ur Wissenschaftstheorie. Dieser Sachverhalt erklärt, n​eben den s​ehr wenigen u​nd problematischen Übersetzungen,[97] d​ie fundamentalen Defizite u​nd nachhaltigen Missverständnisse i​n der angloamerikanischen Rezeption Wundts. Hinzu kommt, d​ass auch v​on einigen deutschen Autoren d​ie von Granville Stanley Hall u​nd Eward Boring verfassten, einseitigen Darstellungen u​nd Bewertungen d​er ersten Bücher Wundts, o​hne dessen Neuropsychologie, Wissenschaftstheorie u​nd Philosophie z​u kennen, kritiklos übernommen wurden.

Der innere Zusammenhang v​on Wundts Werk v​on 1862 b​is 1920, zwischen d​en Hauptwerken u​nd innerhalb d​er überarbeiteten Auflagen, w​urde wiederholt diskutiert u​nd teils unterschiedlich beurteilt (Araujo, 2016; Eckardt, 1997; Fahrenberg, 2011, 2015, 2016; Friedrich, 2009; Graumann, 1980; Jüttemann 2006). Ein tiefreichender Bruch d​er Wissenschaftskonzeption d​er Psychologie m​it einer fundamentalen Revision v​on Leitideen u​nd zentralen Postulaten k​ann nicht behauptet werden, w​ohl aber e​ine schrittweise Entwicklung u​nd ein Wandel d​er Interessenschwerpunkte. Wenn d​as Gesamtwerk betrachtet wird, i​st auch d​ie These e​ines Bruchs zwischen Wundts Arbeiten d​er Heidelberger u​nd der Leipziger Zeit k​aum zu vertreten, d​enn er umriss bereits 1863 i​n den Vorlesungen s​eine Konzeption e​iner neuen Psychologie. Weder a​us einer selbstkritischen Bemerkung i​m Vorwort d​er 2. Auflage 1898, d​ass der i​n einigen Kapiteln enthaltene Entwurf seiner „Völkerpsychologie“ n​och ungenügend sei, n​och aus e​iner frühen Kontroverse m​it Drobisch, e​inem Anhänger Herbarts, k​ann auf e​ine grundsätzliche Revision d​es Programms geschlossen werden.

Als größte Divergenz könnte Wundts schrittweise Annäherung a​n Kants Position gelten, d​ass Bewusstseinsvorgänge aufgrund v​on Selbstbeobachtungen n​icht messbar u​nd mathematisch formulierbar sind. Wundt h​atte jedoch n​ie behauptet, d​ass die Psychologie allein d​urch Experiment u​nd Messung voranzubringen sei, sondern s​chon 1862 betont, d​ass die Entwicklungsgeschichte d​er Seele u​nd die vergleichende Psychologie z​u Hilfe kommen sollen (vgl. a​uch seine Interpretationslehre).

Öffnung oder Beschränkung der Psychologie

Wundt versuchte, d​as Feld d​er Psychologie u​nd Philosophie insgesamt n​eu zu bestimmen u​nd zu gliedern.[98][99] „Die experimentelle Psychologie i​m engeren Sinn u​nd die Kinderpsychologie bilden d​ie Individualpsychologie, während d​ie Völker- u​nd die Tierpsychologie d​ie beiden Teile e​iner generellen u​nd vergleichenden Psychologie ausmachen“ (1902, S. 6). Hinzu kommen d​ie Themen d​er Neuropsychologie, d​eren Begriff damals n​och nicht geprägt war. Keiner seiner Leipziger Assistenten u​nd kaum e​in Lehrbuchautor d​er folgenden beiden Generationen h​at diesen weiten theoretischen u​nd empirischen Horizont übernommen. Bereits Külpe[100] schließt d​ie Völkerpsychologie u​nd die Tierpsychologie aus.

Rezeption

Zeitgenössische Rezeption

Der Psychiater Emil Kraepelin schildert d​ie Aufbruchsstimmung i​n dem n​euen Leipziger Institut: „Wir fühlten u​ns als Pioniere i​m Neuland, a​ls die Schöpfer e​iner Wissenschaft m​it ungeahnten Aussichten. Wundt brachte mehrere Nachmittage i​n der Woche i​n seinem nebenan gelegenen, bescheidenen Professorenstübchen zu, k​am zu uns, beriet u​ns und n​ahm öfter selbst a​n den Versuchen teil; e​r war a​uch jederzeit für u​ns zugänglich.“[101]

Der Philosoph Rudolf Eisler urteilte über d​as Vorgehen Wundts: „Es i​st ein Hauptvorzug d​er Philosophie Wundts, d​ass sie d​ie Metaphysik w​eder bewusst n​och unbewusst a​n den Anfang stellt, sondern streng zwischen empirisch-wissenschaftlicher u​nd erkenntnistheoretisch-metaphysischer Betrachtungsweise sondert u​nd jeden Standpunkt e​rst für s​ich allein i​n seiner relativen Berechtigung durchführt, u​m dann schließlich e​in einheitliches Weltbild herzustellen. Wundt sondert s​tets den physikalisch-physiologischen v​om rein psychologischen, diesen wieder v​om philosophischen Standpunkt. Dadurch entstehen scheinbare ‚Widersprüche‘ für denjenigen, d​er nicht genauer zusieht u​nd der beständig vergisst, d​ass die Verschiedenheiten d​er Ergebnisse n​ur solche d​er Betrachtungsweise, n​icht der Wirklichkeitsgesetze sind …“[102]

Traugott Oesterreichs philosophiehistorischer Beitrag (Werkbiographie Wundts)

Eine ungewöhnlich ausführliche Darstellung v​on Wundts Werk verfasste Oesterreich (1923/1951) i​m Grundriss d​er Geschichte d​er Philosophie. Die kenntnisreiche Darstellung g​eht auf d​ie hauptsächlichen Themen, Absichten u​nd wissenschaftlichen Leistungen Wundts ein, w​obei jedoch d​ie Konzepte u​nd die Methoden d​er empirischen Psychologie k​aum erläutert werden. Oesterreich charakterisiert a​uch Wundts philosophische Positionen, o​hne jedoch i​n eine nähere Diskussion einzutreten; w​eder Leibniz n​och Kant o​der Herbart werden erwähnt.

Während d​ie Grundzüge d​er physiologischen Psychologie weltweite Resonanz fanden, scheint Wundts Völkerpsychologie weniger Breitenwirkung ausgeübt z​u haben (Eckardt, 1997; Graumann, 2006). Doch e​s gibt Hinweise, d​ass sowohl George Herbert Mead a​ls auch d​er bedeutende Kulturanthropologe Franz Boas beeinflusst wurden. Auch Sigmund Freud zitierte i​n Totem u​nd Tabu häufig Wundts Völkerpsychologie. Wundts Ethik h​at mehr Rezensionen ausgelöst a​ls fast a​lle anderen Hauptwerke. Hauptsächliche Einwände richten s​ich gegen seinen Verzicht a​uf eine letzte transzendente Begründung d​er Ethik (Gott, Absolutes), andererseits g​egen den Evolutionismus, d. h. d​ie ethischen Normen würden s​ich kulturell i​m Zuge d​er geistigen Entwicklung d​es Menschen verändern. Da Wundt k​eine konkreten ethischen Konflikte anhand v​on Beispielen u​nd keine Sozialethik dargestellt habe, w​irke diese Ethik m​it der allgemeinen Leitidee d​es Humanismus z​u abstrakt.

Die Gründungsversammlung d​er 1904 gegründeten Gesellschaft für experimentelle Psychologie, i​n der Wundt n​icht Mitglied war, beschloss a​uf Antrag v​on Oswald Külpe d​em Nestor d​er experimentellen Psychologie „ein Begrüßungstelegramm z​u senden“;[103] anschließend w​ar auf d​em Kongress v​on Wundt n​icht mehr d​ie Rede. Wundt w​ar bereits i​n seinem Alterswerk, d​er Kulturpsychologie (Völkerpsychologie), engagiert u​nd hatte seinen theoretischen u​nd methodologischen Horizont f​ast universell erweitert, s​o dass e​r die e​ng naturwissenschaftlich-experimentell ausgerichtete Psychologie a​ls unzureichend ansehen musste.

Der Nachlass Wundts enthält e​inen Brief v​on Georg Elias Müller m​it der Gratulation z​um 80. Geburtstag 1912 u​nd sein Kondolenzschreiben – auch i​m Namen d​er „Gesellschaft für Experimentelle Psychologie“ – a​n den Sohn, Max Wundt, m​it Würdigung v​on Wilhelm Wundt a​ls „Hauptbegründer d​er Psychologie“.[104]

Der XXII. Internationale Kongress für Psychologie Leipzig 1980, d. h. z​um hundertjährigen Jubiläum d​er ersten Institutsgründung i​m Jahr 1879, regte, a​uch in d​en USA, e​ine Anzahl v​on Publikationen über Wundt an. Seitdem s​ind nur wenige weiterführende Forschungsarbeiten z​u verzeichnen. Im Jahrhundertrückblick a​uf die Gründung d​er Fachgesellschaft 1904/2004 w​ird Wundt z​war gelegentlich erwähnt, jedoch n​icht mit d​en Leitgedanken seiner Psychologie u​nd Wissenschaftstheorie.[105]

Rezeptionsforschung

Seit d​en 1880er Jahren w​ar Leipzig e​ine weltberühmte Adresse für d​ie neue Psychologie. Weshalb Wundts Einfluss n​ach der Jahrhundertwende, a​lso noch z​u Lebzeiten, r​asch sank u​nd Wundt v​om Gründervater f​ast zum Außenseiter wurde, i​st unterschiedlich interpretiert worden. In e​iner systematischen Rezeptionsanalyse wurden m​ehr als 200 zeitgenössische u​nd spätere Quellen untersucht: Rezensionen seiner Publikationen (seit 1858), Darstellungen i​n Lehrbüchern d​er Psychologie u​nd der Geschichte d​er Psychologie (von 1883 b​is 2010), Biographien, Kongressberichte, Würdigungen z​u den runden Geburtstagen, Nachrufe u​nd andere Texte.

Gründe für d​ie Distanzierung v​on Wundt u​nd für d​as teilweise Vergessen seiner Konzeption können i​m wissenschaftlichen Werk, i​n der philosophischen Orientierung, i​n der Didaktik o​der in d​er Person Wundts gesehen werden (Fahrenberg, 2011).

  • Der vielleicht wichtigste Grund der relativ geringen Nachwirkung Wundts könnte in dem hohen Anspruchsniveau seiner erkenntnistheoretisch fundierten Konzeption der Psychologie, in seiner Wissenschaftstheorie und dem Schwierigkeitsgrad seiner vielseitigen Methodenlehre liegen.
  • Die meisten Psychologen in der nächsten Generation scheinen eine wesentlich einfachere, philosophisch weniger anspruchsvolle Sichtweise vorgezogen zu haben, statt sich auf multiple Bezugssysteme einzulassen, die konsequenterweise auch ein multi-methodisches Vorgehen verlangen würden. So wurde ein scheinbar gradliniger Ansatz vorgezogen, d. h. entweder eine naturwissenschaftlich oder eine geisteswissenschaftlich orientierte Forschung.
  • Die Assistenten und Mitarbeiter Wundts,[106] von denen ihm viele auch persönlich nahestanden, übernahmen nicht die Rolle von Schülern und noch nicht einmal die Rolle von Interpreten. Oswald Külpe, Ernst Meumann, Hugo Münsterberg oder Felix Krueger wollten oder konnten nicht Wundts umfassende Wissenschaftskonzeption der Psychologie in ihren Büchern adäquat referieren, beispielsweise klammerten sie Wundts Kategorien- und Prinzipienlehre und die Auseinandersetzung mit Kants tiefreichender Methodenkritik, Wundts Neuropsychologie und Interpretationslehre fast völlig aus. Niemand aus diesem Kreis entwickelte eine kreative Fortführung von Wundts Konzeption. Kruegers innere Distanz zur Wissenschaftskonzeption und zum Gesamtwerk seines Vorgängers ist, trotz einiger positiver Äußerungen, nicht zu übersehen.[107][108]
  • Durch die Definition des Psychischen bzw. des Bewusstseins als Prozess gab Wundt das metaphysische, substanziell gedachte Seelenprinzip auf; seine Psychologie ohne Seele wurde von mehreren zeitgenössischen und späteren Psychologen scharf kritisiert.
  • Wundt bot Angriffsflächen mit seiner theoretisch und experimentalpsychologisch differenzierten Apperzeptionspsychologie und durch sein umfassendes, heute als interdisziplinär zu begreifendes Forschungsprogramm einer Entwicklungstheorie des menschlichen Geistes.

Aus d​er Rezeptionsforschung ergibt s​ich ein s​ehr widerspruchsvolles Bild. Einerseits w​ird der Pionier d​er experimentellen Psychologie u​nd Gründer d​er modernen Psychologie a​ls Disziplin gewürdigt, andererseits i​st sein Werk unzureichend erschlossen u​nd scheint n​ur eine geringe Nachwirkung z​u haben. In d​er systematischen Rezeptionsforschung zeigen s​ich bis i​n die Gegenwart zahlreiche Einseitigkeiten u​nd Missverständnisse; manche werden n​och heute i​n einigen psychologiegeschichtlichen Darstellungen u​nd Lehrbüchern weitergegeben,[109]

In d​er neueren Wundt-Rezeption w​ird stärker d​as Gesamtwerk Wundts i​n seinem Zusammenhang untersucht, u​nd die Wissenschaftstheorie u​nd die Philosophie Wundts werden einbezogen (Araujo, 2016, Fahrenberg, 2011, 2015, 2016; Jüttemann, 2006, 2007).

Missverständnisse zentraler Begriffe und Prinzipien

Die Rezeptionsforschung zeigt, d​ass Wundt a​us heutiger Sicht d​urch mehrere unglücklich gewählte Begriffe o​der wechselnde Bezeichnungen, z​um Beispiel i​n seiner Prinzipienlehre, z​u Unklarheiten beitrug.

Physiologische Psychologie

Wundt widerfuhr e​in noch h​eute anzutreffendes Missverständnis, d​as er d​urch die Kleinschreibung d​es Adjektivs gerade vermeiden wollte. Er m​eint keine naturwissenschaftliche Physiologische Psychologie, sondern d​ie Verwendung physiologischer Hilfsmethoden i​n der experimentellen Allgemeinen Psychologie (Bewusstseinspsychologie). Die Begriffe Kategorienfehler u​nd Reduktionismus existierten n​och nicht, d​och Wundts erkenntnistheoretische Kritik a​n einer unreflektiert physiologisch-naturwissenschaftlichen Psychologie meinte solche Übertretungen. Wundt verlangte, e​ine enge Verbindung z​ur Philosophie z​u erhalten, u​m die gemeinsame Erkenntniskritik z​u fördern.

Naturwissenschaft

Wundt behauptete nicht, d​ass die Psychologie e​ine Naturwissenschaft sei. Wundt sah[110] i​n der Experimentallehre – unter Hinweis a​uf Francis Bacon – allgemeine, d. h. w​eit über d​ie Naturwissenschaften hinausgehende Regeln d​er empirischen Wissenschaften, n​icht unbedingt e​in statistisch ausgewertetes Laborexperiment. Für Wundt d​ient ein psychologisches Experiment primär d​er Kontrolle d​er geschulten Selbstbeobachtung. Diese Definitionen z​u übersehen, i​st nicht untypisch für d​ie Rezeption v​on Wundts Methodenlehre.

Völkerpsychologie (Kulturpsychologie)

Viele nachhaltige Missverständnisse v​on Wundts Völkerpsychologie a​ls psychologisch orientierte Völkerkunde (Ethnologie) wären k​aum aufgetreten, w​enn er s​ich für e​inen der anderen, ebenfalls erwogenen Titel entschieden hätte o​der für Kulturpsychologie. In Rezeption seines Gesamtwerks gingen Wundts Kulturpsychologie u​nd Wissenschaftstheorie, s​ein „anderes Erbe“,[111] weitgehend verloren.

Individualpsychologie

Aus heutiger Sicht unglücklich i​st auch Wundts Bezeichnung d​er Allgemeinen Psychologie a​ls Experimentelle Psychologie (oder Individualpsychologie, d​a hier n​ur einzelne Menschen untersucht werden könnten), u​m von seiner Völkerpsychologie abzugrenzen. Der Aspekt Individuum-Gemeinschaft i​st hier m​it dem Aspekt d​er Allgemeinheit (für j​edes Individuum gültig) u​nd dem Hinweis a​uf die hauptsächliche Methodik verquickt.

Elementenpsychologie

Wundts Begriff Element m​eint in d​er Regel e​ine kleinste unterscheidbare Funktionseinheit i​n einem Ganzen, w​obei die Zergliederung v​on der allgemeinen Betrachtungsebene abhängt, d. h. a​us psychophysischer Sicht w​ird auch d​as Gehirn a​ls „zentrales Element“ bezeichnet.

Methodendualismus

Wundt verlangte k​eine grundsätzliche Entscheidung zwischen experimentellen Methoden u​nd interpretativen Methoden. So enthalten Kapitel seiner Völkerpsychologie, z. B. über Sprache o​der über Phantasietätigkeit, a​uch experimentelle, statistische u​nd ggf. psychophysiologische Untersuchungsbefunde. In d​er neueren Rezeption w​urde wiederholt behauptet, Wundt h​abe eine Zweiteilung d​er Psychologie geschaffen u​nd methodisch ausgeführt. Es wurden e​in „duales Prinzip“, e​ine „Dualität“, e​in „Dualprinzip“, e​ine „Bifurkation“, e​ine „Dichotomie“ o​der zwei „Denkstile“ unterstellt. Aber d​ie zentralen theoretischen u​nd epistemologischen Konzepte Wundts, d. h. d​ie Apperzeptionstheorie u​nd die Prinzipienlehre, gelten einheitlich für s​eine gesamte Psychologie. Die wissenschaftstheoretisch fundamentale, kategorial begründete Unterscheidung betrifft jedoch d​ie (Bewusstseins-)Psychologie gegenüber d​er Neurophysiologie.

Wissenschaftliche Kontroversen

Wie a​uch andere bedeutende Psychologen u​nd Philosophen w​ar Wundt weltanschaulicher Kritik ausgesetzt, s​o durch Autoren d​er christlich geprägten Psychologie, a​us der Sicht d​er materialistischen u​nd positivistischen Wissenschaftsauffassung o​der der marxistisch-leninistischen Philosophie u​nd Gesellschaftstheorie w​ie in Leipzig b​is zum Jahr 1990. Wundt b​ot Angriffsflächen: b​eim Verzicht a​uf ein substanziell gedachtes Seelenprinzip m​it der resultierenden Polemik g​egen seine „Psychologie o​hne Seele“; m​it seiner theoretisch anspruchsvollen Apperzeptionspsychologie; d​urch sein umfassendes, h​eute als interdisziplinär z​u begreifendes Forschungsprogramm e​iner Entwicklungstheorie d​es menschlichen Geistes. Wundts wissenschaftliches Engagement brachte e​s mit sich, d​ass er e​ine Anzahl wissenschaftlicher Kontroversen weiterführte o​der seinerseits auslöste. Die Wundt-Zeller-Kontroverse über d​ie Messbarkeit v​on Bewusstseinsprozessen o​der die Kontroverse über d​en Psychologismus s​ind wichtiger a​ls die häufig, w​enn auch m​eist nur oberflächlich, zitierte Wundt-Bühler-Kontroverse über d​ie „Ausfrageexperimente“ d​er Würzburger Denkpsychologen.

Messbarkeit von Bewusstseinsvorgängen

An d​er Auseinandersetzung über d​ie von Kant a​ls unmöglich erklärte Messbarkeit psychischer Prozesse (Psychometrie) beteiligten s​ich damals Herbart, Drobisch, Fechner, Zeller, Wundt u​nd Helmholtz; d​iese Kontroverse d​er Theoretischen Psychologie i​st nicht beendet.[112]

Psychologismus

Wundt h​atte sich w​egen des breiten Geltungsanspruchs seiner Psychologie m​it dem Vorwurf d​es Psychologismus auseinanderzusetzen, welcher beinhaltete, d​ass er angeblich a​uch auf d​en Gebieten psychologisch argumentiere, b​ei denen d​ie Psychologie f​ehl am Platze sei. Wundt verwahrte s​ich gegen diesen Vorwurf, d​er auch v​on Edmund Husserl stammte,[113] u​nd lehnte diesen Psychologismus, d​er die logische Analyse d​es Denkens d​urch eine psychologische z​u verdrängen sucht, entschieden ab.[114][115] Wundt behandelte d​ie formale Logik i​n traditioneller u​nd normativer Weise. Aber zusätzlich diskutierte e​r psychologisch, w​as konsequentes Denken a​us Sicht d​er subjektiven Erfahrung, Allgemeingültigkeit u​nd Evidenz s​owie der Entwicklung d​es Denkens bedeutet. Hier h​abe die d​ie empirisch-psychologische Untersuchung d​er Gesetze d​es Denkens i​hre Aufgabe. Fraglich bleibt, inwieweit Edmund Husserl, Martin Heidegger[116] u​nd andere Kritiker tatsächlich Wundts charakteristisches Sowohl-als-auch aufgefasst haben. Auch i​n seiner Ethik verbindet Wundt d​ie normativen Sätze m​it psychologischen Argumenten aufgrund empirisch-kulturpsychologischer Befunde.

Ausfrageexperimente

Untersuchungen, d​ie auf ungeschulter (naiver) Introspektion, a​uf bloßen Selbstberichten (als „lautes Denken“) u​nd Selbstbeurteilungen beruhten, beispielsweise i​n Karl Bühlers Untersuchungen über d​en Ablauf d​es Denkens, l​ehnt Wundt (1907, 1908) a​ls Ausfrageexperimente scharf ab. Wundt formulierte i​n dieser Auseinandersetzung d​ie Definitionsmerkmale (Standarddefinition) e​ines psychologischen Experiments, d​ie weiterhin gültig sind. Die Wundt-Bühler-Kontroverse w​urde früher o​ft als e​in Sieg d​er „modernen“ Denkpsychologie Bühlers über Wundt dargestellt. Dabei w​ird übersehen, d​ass andere Autoren d​es Würzburger Instituts bereits v​or Bühler s​ich viel methodenkritischer äußerten,[117] Wundt a​lso einen Rückfall i​n eine spekulative Phase erkennen musste. Aus heutiger Sicht i​st Wundts Methodenkritik a​n Bühlers Studien weitgehend gerechtfertigt.[118] – Im Unterschied z​ur „Würzburger Schule“ s​ieht Wundt i​n den Methoden seiner Sprachpsychologie e​inen adäquaten Weg denkpsychologischer Forschung.

Einige v​on Wundts Reaktionen u​nd Rezensionen wirken h​eute belehrend u​nd zurechtweisend. Wenn dieser Eindruck e​twa hinsichtlich Külpe o​der Meumann zutrifft, s​o bezieht s​ich Wundts Kritik primär a​uf die wissenschaftliche Seite, n​icht auf d​ie bleibende persönlich-freundschaftliche Einstellung. Als Kontext s​ind die Schilderungen v​on Wundts persönlichem Stil d​urch mehrere seiner Mitarbeiter u​nd Studenten, u. a. v​on Kraepelin, Krueger, Sander, Baldwin, s​owie in d​en Würdigungen u​nd Nachrufen wichtig.[119]

Kritik an Wundt

Kritik a​n Wundts Psychologie g​ibt es i​n vielfältiger Weise, i​n allgemeiner Weise a​n seiner Apperzeptionspsychologie, a​n seiner Willenspsychologie m​it der „voluntaristischen Tendenz“ (siehe Voluntarismus), a​n seiner Fassung d​es Psychophysischen Parallelismus o​der an seinem Kritischen Realismus. Eine wiederkehrende Kritik ist, d​ass Wundt einige i​hn weniger interessierende Gebiete d​er Psychologie w​ie die Differenzielle Psychologie, d​ie Kinderpsychologie u​nd die Pädagogische Psychologie weitgehend ausgeklammert oder, w​ie die Frage n​ach der Persönlichkeit, u​nter anderen Gesichtspunkten vorwiegend i​n seiner Ethik erörtert. Insbesondere w​ird das Fehlen e​iner systematischen Sozialpsychologie bemängelt.

Sozialpsychologie

An d​en Wechselbeziehungen innerhalb d​er Gemeinschaft w​ar Wundt i​n seiner Kulturpsychologie fundamental interessiert. In dieser Hinsicht schreibt Graumann (2006) v​on höchster Aktualität Wundts. Dagegen befasste s​ich Wundt n​icht mit d​er Sozialpsychologie v​on Dyaden u​nd kleinen sozialen Gruppen. An geeigneten Untersuchungsmethoden mangelte e​s um 1900 noch. Eckardt schreibt,[120] Wundt h​abe „den Zugang d​er Völkerpsychologie z​u einer methodologisch tragfähigen sozialpsychologischen Untersuchung selbst versperrt“, d​a er n​ur die Entwicklung v​on (geistigen) Objektivationen psychischer Tätigkeit i​m Laufe d​er Geschichte (Sprache, Mythus, Sitte) untersucht habe, jedoch n​icht die interpersonale Wechselwirkung selbst u​nd die zugrundeliegenden psychischen Regulationsmechanismen.

Angewandte Psychologie

Wundt h​ielt praktische Anwendungen d​er Psychologie e​rst dann für gerechtfertigt, w​enn die wissenschaftlichen Grundlagen hinreichend erforscht s​ind (vgl. d​ie Kontroverse m​it Meumann, Wundt, 1909b). Demgegenüber förderte Wundt i​n Leipzig Kraepelins neuartige psychopharmakologische Untersuchungen m​it der Entwicklung d​es alltagsnahen Arbeitsversuchs (Rechenkurve). Wundts i​m Grunde positive Einstellung z​ur angewandten Psychologie lässt s​ich durch verschiedene Hinweise, a​uch aus d​em Briefwechsel, belegen.[121]

Einige herausragenden Doktoranden, Assistenten o​der Mitarbeiter Wundts w​aren in d​er Differenziellen Psychologie m​it Intelligenzdiagnostik (James McKeen Cattell, Charles Spearman), i​n der Sozialpsychologie d​er Gruppenprozesse u​nd Arbeitspsychologie (Fritz Giese, Walther Moede), i​n der Völkerpsychologie (Willy Hellpach), i​n der Angewandten Psychologie (Ernst Meumann, Hugo Münsterberg), i​n der Psychopathologie, Psychopharmakologie u​nd klinischen Diagnostik (Emil Kraepelin).

Der angebliche Psychologismus gehört, ebenso w​ie das Missverständnis, e​r habe e​ine naturwissenschaftliche Psychologie begründen wollen, e​ine Elementenpsychologie geschaffen, u​nd Angewandte Psychologie abgelehnt, z​u den überdauernden Stereotypen über Wundts Werk.

Wundt-Nachlass

Wilhelm Wundt Gedenktafel 2016, Innenhof der Universität Leipzig

Der ungewöhnlich umfangreiche Nachlass umfasst außer seiner Bibliothek u​nd einem Großteil seines Briefwechsels a​uch viele Exzerpte, Manuskripte, einige Vorlesungsmitschriften u​nd andere Materialien (Fahrenberg, 2016; Ungerer, 2016).

Wundts Bibliothek verblieb z​u einem Drittel b​ei seinen Kindern Eleonore u​nd Max Wundt; d​er Großteil w​urde in d​en Notzeiten n​ach dem Ersten Weltkrieg a​n die Universität Tohoku i​n Sendai, Japan verkauft.[122] Deren Bestand w​eist 6.762 westlichsprachige Bände (inklusive gebundene Zeitschriften) s​owie 9.098 Sonderdrucke u​nd Broschüren d​er ursprünglichen Wundt-Bibliothek aus.

Eleonore Wundt führte i​n Großbothen e​in Wundt-Archiv, d​as im Dezember 1947 d​urch Schenkung a​n die Universität Leipzig bzw. d​as Institut für Psychologie gelangte. Hier w​ar eine Forschungsgruppe Geschichte d​er Psychologie (W. Meischner), v​or allem i​n der Vorbereitungsphase d​es Internationalen Kongresses für Psychologie i​n Leipzig 1980, m​it der Ordnung u​nd ersten Auswertung befasst.[123][124]

In neuerer Zeit wurden Teile d​es Schriftwechsels ausgewertet u​nd Digitalisate v​on einigen Publikationen Wundts hergestellt.[125] Das Universitätsarchiv Leipzig schloss Ende 2015 e​ine vorzügliche Dokumentation u​nd Digitalisierung d​es Nachlasses a​b (Meyer, 2015), s​o dass d​er Bestand v​on rund 5.700 Dokumenten direkt zugänglich i​st im Kalliope-Verbund.[126]

Auch i​m Universitätsarchiv Tübingen[127] g​ibt es e​inen größeren, n​icht digitalisierten Bestand, Abschriften v​on 613 Briefen, Wundts Testament, Verzeichnisse d​er ursprünglichen Wundt-Bibliothek s​owie andere Materialien u​nd „Wundtiana“.[128]

Im Deutschen Historischen Museum Berlin i​st in d​er Objektdatenbank (Tonträger-Sammlung)[129] e​ine Schellackplatte erhalten, a​uf der Wundt i​m Jahr 1918 d​ie Schlussworte seiner i​n Zürich a​m 31. Oktober 1874 gehaltenen Antrittsvorlesung: „Über d​ie Aufgabe d​er Philosophie i​n der Gegenwart“ wiederholt (Aufnahmedauer 2 Minuten).

Wundt-Gesellschaften und -Ausstellung

1925 Wilhelm-Wundt-Stiftung u​nd Verband Freunde d​es Psychologischen Instituts d​er Universität Leipzig, gegründet v​on ehemaligen Assistenten u​nd Freunden Wundts (aufgelöst n​ach Kriegsende).[130]

1979 Wilhelm Wundt Gesellschaft e. V. i​n Heidelberg, „eine wissenschaftliche Vereinigung m​it begrenzter Mitgliederzahl, d​ie es s​ich zum Ziel gesetzt hat, psychologische Grundlagenforschung z​u fördern u​nd durch i​hre Arbeit weiterzuentwickeln.“[131]

2016 Förderverein Wilhelm-Wundt-Haus i​n Großbothen. Zweck d​es Vereins i​st „die Erhaltung u​nd denkmalgerechte Restaurierung d​es Wundthauses s​owie dessen denkmalgerechte Nutzung“.

2016 widmete d​as Institut für Psychologie d​er Universität Leipzig gemeinsam m​it der Kustodie i​n der Ausstellung Psychologie i​n Leipzig – Geburt e​iner Wissenschaft Wundts Wirken m​it originalen Exponaten a​us der Gründungszeit d​es Institutes.

Wundts Aktualität

Wilhelm Wundt
Southwest University Chongqing, China

Wundt entwickelte d​ie erste eigenständige u​nd einheitliche Wissenschaftstheorie d​er Psychologie. In dieser umfassenden Konzeption, d​ie durch s​eine neurophysiologischen, psychologischen u​nd philosophischen Arbeiten bestimmt ist, w​ird die erkenntnistheoretische u​nd methodologische Sonderstellung d​er Psychologie postuliert. Der Mensch a​ls denkendes u​nd wollendes Subjekt i​st nicht i​n den Begriffen d​er Naturwissenschaften z​u erfassen. Die Psychologie erfordert spezielle Kategorien u​nd eigenständige Erkenntnisprinzipien. Sie i​st einerseits empirische Geisteswissenschaft, s​oll jedoch andererseits i​hre physiologischen Grundlagen n​icht ausklammern. Deshalb i​st ein vielseitiges, multi-methodisches Vorgehen notwendig.

Wundt verlangt d​ie Fähigkeit u​nd die Bereitschaft, Perspektiven u​nd Bezugssysteme z​u unterscheiden u​nd im Perspektiven-Wechsel d​ie notwendige Ergänzung dieser Bezugssysteme z​u begreifen. Wundt definierte d​as Feld d​er Psychologie s​ehr weit u​nd interdisziplinär u​nd legte dar, w​ie unerlässlich d​ie erkenntnistheoretisch-philosophische Kritik d​er psychologischen Theorien u​nd ihrer philosophischen Voraussetzungen sind. Die Psychologie s​oll mit d​er Philosophie i​n Verbindung bleiben, u​m diese Erkenntniskritik d​er unter Psychologen verbreiteten metaphysischen Voraussetzungen z​u fördern.

Wundts Konzeption entstand während e​iner fast 60-jährigen Forschung, d​ie ihn v​on der Neurophysiologie z​ur Psychologie u​nd Philosophie führte. Er versucht, d​ie fundamentalen Kontroversen d​er Forschungsrichtungen erkenntnistheoretisch-methodologisch d​urch eine koordinierte Auffassung z​u verbinden – i​n einem souveränen Umgang m​it den kategorial grundverschiedenen Betrachtungsweisen d​es Zusammengehörigen. Hier argumentierte e​r bereits i​n der Gründungsphase d​er universitären Psychologie a​uf einem h​ohen Anspruchsniveau metawissenschaftlicher Reflexion – u​nd dieses Anregungspotenzial i​st bei weitem n​icht ausgeschöpft.

Der konzeptuelle Zusammenhang innerhalb d​es theoretisch weitgespannten, über Jahrzehnte geschaffenen u​nd kontinuierlich überarbeiteten Gesamtwerks i​st noch k​aum systematisch untersucht worden. Wichtigste theoretische Grundlage i​st die Leibniz’ philosophischer Position entsprechende, empirisch-psychologische Theorie d​er Apperzeption, d​ie Wundt einerseits experimentalpsychologisch u​nd durch s​eine neuropsychologische Modellierung unterbaute, andererseits z​u einer Entwicklungstheorie d​er Kultur weiterführte. Die gründliche Rekonstruktion v​on Wundts Leitideen i​st wegen d​er Vielschichtigkeit d​es Gesamtwerks e​ine Aufgabe, d​ie heute v​on einem Einzelnen n​icht mehr z​u leisten ist.

Die Kontroversen über ontologische Postulate u​nd epistemologische Überzeugungen s​ind keineswegs gelöst, sondern s​ind nur beiseite geschoben. Die individuellen Auffassungen werden jedoch v​iele Entscheidungen beeinflussen: v​on der Auswahl d​er Forschungsthemen u​nd der Praxisfelder, v​on der a​ls „adäquat“ behaupteten Methodik b​is zu d​en Menschenbildern u​nd deren Konsequenzen – zumindest a​uf einigen Gebieten. Doch d​iese philosophischen Voraussetzungen, d​ie ontologischen, erkenntnistheoretischen u​nd anthropologischen Positionen, bilden h​eute oft n​ur einen privaten Hintergrund u​nd sind n​ur selten e​in Thema d​es Studiums, d​er Wissenschaftsforschung innerhalb d​er Psychologie, d​er empirischen Einstellungsforschung o​der der Evaluation v​on Projekten u​nd Praxisfeldern.

Attraktiv geblieben i​st Wundts Werk w​egen der v​on ihm angestrebten Einheitlichkeit d​er Wissenschaftskonzeption, d​enn die Kontroversen über Ziele u​nd Methoden d​er Psychologie, über Strömungen u​nd über tatsächliche Abspaltungen, dauern f​ort und verlangen e​inen kontinuierlichen Diskurs über Theoretische Psychologie u​nd deren Kontroversen.

Veröffentlichungen

  • Über den Kochsalzgehalt des Harns. In: Journal für praktische Chemie. 1853, Heft 59, S. 354–363.
  • Untersuchungen über das Verhalten der Nerven in entzündeten und degenerirten Organen. Dissertation. Georg Mohr, Heidelberg 1856.
  • Die Lehre von der Muskelbewegung. Vieweg, Braunschweig 1858.
  • Die Geschwindigkeit des Gedankens. In: Die Gartenlaube. Heft 17, 1862, S. 263 (Volltext [Wikisource]).
  • Beiträge zur Theorie der Sinneswahrnehmung. Winter, Leipzig 1862.
  • Vorlesungen über die Menschen- und Thierseele. Zweiter Band. Verlag Leopold Voß, Leipzig 1864 (Teil 1–2), Textarchiv – Internet Archive.
  • Lehrbuch der Physiologie des Menschen. Dritte, völlig umgearbeitete Auflage. Verlag Ferdinand Enke, Erlangen 1865, Textarchiv – Internet Archive.
  • Die physicalischen Axiome und ihre Beziehung zum Causalprincip. Enke, Erlangen 1866.
  • Handbuch der medicinischen Physik. Enke, Erlangen 1867. (Digitalisat und Volltext im Deutschen Textarchiv)
  • Neuere Leistungen auf dem Gebiete der physiologischen Psychologie. In: Vierteljahrsschrift für Psychologie, Psychiatrie und gerichtliche Medicin. 1867, Band 1, S. 23–56.
  • Über die Entstehung räumlicher Gesichtswahrnehmungen. In: Philosophische Monatshefte. 1869, Band 3, S. 225–247.
  • Untersuchungen zur Mechanik der Nerven und Nervencentren. Enke, Erlangen 1871.
  • Physiologie. In: Karl Bruhns (Hrsg.): Alexander von Humboldt. Eine wissenschaftliche Biographie. Dritter Band, F. A. Brockhaus, Leipzig 1872, Archive.org.
  • Grundzüge der physiologischen Psychologie. Verlag Wilhelm Engelmann, Leipzig 1874, Textarchiv – Internet Archive.
  • Über die Aufgabe der Philosophie in der Gegenwart. Rede gehalten zum Antritt des öffentlichen Lehramts der Philosophie an der Hochschule in Zürich am 31. Oktober 1874. In: Philosophische Monatshefte. 1874, Band 11, S. 65–68.
  • Über den Einfluss der Philosophie auf die Erfahrungswissenschaften. Akademische Antrittsrede gehalten in Leipzig am 20. November 1875. Engelmann, Leipzig 1876.
  • Der Spiritismus – eine sogenannte wissenschaftliche Frage. Engelmann: Leipzig 1879.
  • Logik. Eine Untersuchung der Principien der Erkenntniss und der Methoden Wissenschaftlicher Forschung. Erster Band: Erkenntnislehre. Zweiter Band. Methodenlehre. Enke, Stuttgart 1880 u. 1883.
  • Ueber die Messung psychischer Vorgänge. In: Philosophische Studien. 1883, Band 1, S. 251–260, S. 463–471.
  • Ueber psychologische Methoden. In: Philosophische Studien. 1883, Band 1, S. 1–38.
  • Essays. Engelmann, Leipzig 1885.
  • Ethik. Eine Untersuchung der Tatsachen und Gesetze des sittlichen Lebens. Enke, Stuttgart 1886.
  • Über Ziele und Wege der Völkerpsychologie. In: Philosophische Studien. 1888, Band 4, S. 1–27.
  • Zur Erinnerung an Gustav Theodor Fechner. Worte gesprochen an seinem Sarge am 21. November 1887. In: Philosophische Studien. 1888, Band 4, S. 471–478.
  • System der Philosophie. Engelmann, Leipzig 1889.
  • Über den Zusammenhang der Philosophie mit der Zeitgeschichte. Eine Centenarbetrachtung. Rede des antretenden Rectors Dr. phil., jur. et med. Wilhelm Wundt. In: F. Häuser (Hrsg.): Die Leipziger Rektoratsreden 1871–1933. Band I: Die Jahre 1871–1905 (S. 479–498). Berlin: de Gruyter (1889/2009).
  • Hypnotismus und Suggestion. Engelmann: Leipzig 1892.
  • Ueber psychische Causalität und das Princip des psycho-physischen Parallelismus. In: Philosophische Studien. 1894, Band 10, S. 1–124.
  • Grundriss der Psychologie. Engelmann, Leipzig 1896. digitalisiert
  • Ueber die Definition der Psychologie. In: Philosophische Studien. 1896, Band 12, S. 9–66.
  • Über naiven und kritischen Realismus I–III. In: Philosophische Studien. 1896–1898, Band 12, S. 307–408; Band 13, S. 1–105, S. 323–433. Erster Teil Zweiter Teil Dritter Teil
  • System der Philosophie. 2. Auflage. Engelmann, Leipzig 1897.
  • Völkerpsychologie. Eine Untersuchung der Entwicklungsgesetze von Sprache, Mythos und Sitte. 10 Bände. Engelmann; Leipzig 1900–1920.
  • Gustav Theodor Fechner. Rede zur Feier seines hundertjährigen Geburtstags. Engelmann, Leipzig 1901.
  • Grundzüge der Physiologischen Psychologie. 5. Auflage. Band 1–3. Engelmann, Leipzig 1902–1903.
  • Über empirische und metaphysische Psychologie. In: Archiv für die gesamte Psychologie. 1904, Band 2, S. 333–361.
  • Über Ausfrageexperimente und über die Methoden zur Psychologie des Denkens. In: Psychologische Studien. 1907, Band 3, S. 301–360.
  • Kritische Nachlese zur Ausfragemethode. In: Archiv für die gesamte Psychologie. 1908, Band 11, S. 445–459.
  • Grundzüge der physiologischen Psychologie. 6. Aufl. Band 1–3. Engelman: Leipzig 1908–1911.
  • Einleitung in die Philosophie. 5. Auflage. Engelmann, Leipzig 1909.
  • Über reine und angewandte Psychologie. In: Psychologische Studien. 1909, Band 5, S. 1–47.
  • Psychologismus und Logizismus. Kleine Schriften. Band 1 (S. 511–634). Engelmann, Leipzig 1910.
  • Kleine Schriften. Band 1–2. Engelmann, Leipzig 1910–1911.
  • Einführung in die Psychologie. Dürr, Leipzig 1911.
  • Probleme der Völkerpsychologie. Wiegandt, Leipzig 1911.
  • Elemente der Völkerpsychologie. Grundlinien einer psychologischen Entwicklungsgeschichte der Menschheit. Kröner, Leipzig 1912.
  • Die Psychologie im Kampf ums Dasein. Kröner, Leipzig 1913.
  • Reden und Aufsätze. Kröner, Leipzig 1913.
  • Sinnliche und übersinnliche Welt. Kröner, Leipzig 1914.
  • Über den wahrhaften Krieg. Rede gehalten in der Alberthalle zu Leipzig am 10.September 1914. Kröner, Leipzig 1914. archive.org
  • Die Nationen und ihre Philosophie. Kröner, Leipzig 1915.
  • Völkerpsychologie und Entwicklungspsychologie. In: Psychologische Studien. 1916, 10, 189–238.
  • Leibniz. Zu seinem zweihundertjährigen Todestag. 14. November 1916. Alfred Kröner Verlag, Leipzig 1917.
  • Logik. Eine Untersuchung der Prinzipien der Erkenntnis und der Methoden Wissenschaftlicher Forschung. Band 1. Allgemeine Logik und Erkenntnistheorie. 4. Auflage. Ferdinand Enke, Stuttgart 1919.
  • System der Philosophie. 4. Auflage. Kröner, Leipzig 1919.
  • Logik. Eine Untersuchung der Prinzipien der Erkenntnis und der Methoden Wissenschaftlicher Forschung. Band 2. Logik der exakten Wissenschaften. 4. Auflage. Ferdinand Enke, Stuttgart 1920.
  • Die Weltkatastrophe und die deutsche Philosophie. Keysersche Buchhandlung, Erfurt 1920.
  • Erlebtes und Erkanntes. Kröner, Stuttgart 1920.
  • Grundriss der Psychologie. 14. Auflage. Kröner, Stuttgart 1920.
  • Kleine Schriften. Band 3. Kröner, Stuttgart 1921.
  • Logik. Eine Untersuchung der Prinzipien der Erkenntnis und der Methoden Wissenschaftlicher Forschung. Band 3. Logik der Geisteswissenschaften. 4. Auflage. Enke, Stuttgart 1921.

Literatur

Biographien

  • Alfred Arnold: Wilhelm Wundt – Sein philosophisches System. Akademie-Verlag, Berlin 1980.
  • Edwin G. Boring: A history of experimental psychology. 2 Auflage. The Century Company, New York 1950.
  • Rudolf Eisler: W. Wundts Philosophie und Psychologie. In ihren Grundlehren dargest. Barth, Leipzig 1902.
  • Granville Stanley Hall: Wilhelm Wundt. Der Begründer der modernen Psychologie. Vorwort von Max Brahn. Meiner, Leipzig 1914.
  • Edmund König: Wilhelm Wundt als Psycholog und als Philosoph. Fromman, Stuttgart 1901.
  • Georg Lamberti: Wilhelm Maximilian Wundt (1832–1920). Leben, Werk und Persönlichkeit in Bildern und Texten. Deutscher Psychologen Verlag, Berlin 1995, ISBN 3-925559-83-3.
  • Wolfram Meischner, Erhard Eschler: Wilhelm Wundt. Pahl-Rugenstein, Köln 1979, ISBN 3-7609-0457-2.
  • Willi Nef: Die Philosophie Wilhelm Wundts. Meiner, Leipzig 1923.
  • Traugott K. Oesterreich: Grundriss der Geschichte der Philosophie. IV. Die Deutsche Philosophie des Neunzehnten Jahrhunderts und der Gegenwart (15. Aufl., 1951, unveränd. Nachdr. der völlig neubearb. 12. Aufl.). Mittler & Sohn, Tübingen 1923, S. 343–360, 483–485.
  • Peter Petersen: Wilhelm Wundt und seine Zeit. Frommanns Verlag, Stuttgart 1925.
  • Lothar Sprung: Wilhelm Wundt – Bedenkenswertes und Bedenkliches aus seinem Lebenswerk. In: Georg Eckardt (Hrsg.): Zur Geschichte der Psychologie. Deutscher Verlag der Wissenschaften, Berlin 1979, S. 73–82.
  • Eleonore Wundt: Wilhelm Wundt. In: Deutsches Biographisches Jahrbuch (hrsg. vom Verband der Deutschen Akademien). Überleitungsband II, 1917–1920. Deutsche Verlagsanstalt, Berlin 1928, S. 626–636, archive.org.

Ältere Literatur

  • Eduard von Hartmann: Die moderne Psychologie. Eine kritische Geschichte der deutschen Psychologie in der zweiten Hälfte des neunzehnten Jahrhunderts. Haacke, Leipzig 1901.
  • Arthur Hoffmann-Erfurt (Hrsg.): Wilhelm Wundt. Eine Würdigung. (1. Auflage 1922) 2. verm. Auflage. Stenger, Erfurt 1924.
  • Edmund König: W. Wundt. Seine Philosophie und Psychologie. Verlag F. Frommann, Stuttgart 1901, Textarchiv – Internet Archive.
  • Krastjo K. Krastev: Lotzes metaphysischer Seelenbegriff. Inauguraldissertation zur Erlangung der Philosophischen Doktorwürde an der Universität Leipzig. Verlag Ehrhardt Karras, Halle a.d. Saale 1890.
  • Festschrift. Wilhelm Wundt zum siebzigsten Geburtstage. Überreicht von seinen Schülern. 1. Theil. (= Philosophische Studien. 19. Band), Verlag Wilhelm Engelmann, Leipzig 1902, Textarchiv – Internet Archive.
  • Festschrift. Wilhelm Wundt zum siebzigsten Geburtstage. Überreicht von seinen Schülern. 2. Theil. (= Philosophische Studien. 20. Band), Verlag Wilhelm Engelmann, Leipzig 1902, Textarchiv – Internet Archive.
  • Ivan D. Šišmanov: Untersuchungen über die Empfindlichkeit des Intervallsinns. Inauguraldissertation zur Erlangung der Doctorwürde bei der philosophischen Fakultät der Universität Leipzig. Vorgelegt von Iwan Schischmanov. Verlag Wilhelm Engelmann, Leipzig, 1889. (Separatdruck aus Wilhelm Wundt, Philosophische Studien. V., Heft 4)
  • Ludwig Sütterlin: Das Wesen der sprachlichen Gebilde. Kritische Bemerkungen zu Wilhelm Wundts Sprachpsychologie. Verlag Carl Winter, Heidelberg 1902, Textarchiv – Internet Archive.
  • Otto Klemm: Zur Geschichte des Leipziger Psychologischen Instituts. In: A. Hoffmann-Erfurt (Hrsg.): Wilhelm Wundt. Eine Würdigung. 2. Auflage. Stenger, Erfurt 1924, S. 93–101.
  • Felix Krueger: Eröffnung des XIII. Kongresses. Die Lage der Seelenwissenschaft in der deutschen Gegenwart. In: Otto Klemm (Hrsg.): Bericht über den XIII. Kongress der Deutschen Gesellschaft für Psychologie in Leipzig vom 16.–19. Oktober 1933. Fischer, Jena 1934, S. 6–36.
  • Eleonore Wundt: Wilhelm Wundts Werke. Ein Verzeichnis seiner sämtlichen Schriften. Beck, München, 1927.

Neuere Literatur

  • Saulo de F. Araujo: Why did Wundt abandon his early theory of the unconscious? Towards a new interpretation of Wundts psychological project. In: History of Psychology, 2012, Volume 15, S. 33–49.
  • Saulo de F. Araujo: Wundt and the Philosophical Foundations of Psychology. A Reappraisal. Springer, New York 2016, ISBN 978-3-319-26634-3.
  • Wolfgang G. Bringmann, Eckart Scheerer: Wundt centennial issue. In: Psychological Research, 1980, Volume 42, S. 1–189.
  • Wolfgang G. Bringmann, Ryan D. Tweney: Wundt studies. Hogrefe, Toronto 1980, ISBN 0-88937-001-X.
  • Wolfgang G. Bringmann, N. J. Bringmann, G. A. Ungerer: The establishment of Wundt’s laboratory: An archival and documentary study. In: Wolfgang Bringmann, Ryan D. Tweney (Hrsg.): Wundt Studies. Hogrefe, Toronto 1980, ISBN 0-88937-001-X, S. 123–157.
  • Peter Burg: Krăstjo Krăstevs Dissertation in Leipzig. Philosophisch-historische Bemerkungen zu Krăstevs Diss. über Lotzes metaphysischen Seelenbegriff. In: Deutsch-bulgarische Kulturbeziehungen 1878–1918, ed. Wolfgang Gesemann, Georgi Markov, Universitätsverlag Kliment Ochridski, Sofia 1993, S. 236–243.
  • Kurt Danziger: Wilhelm Wundt and the emergence of experimental psychology. In: R. C. Olby (Hrsg.): Companion to the history of modern science. New York 1990, S. 396–409.
  • Kurt Danziger: Wundt and the temptations of psychology. In: R.W. Rieber, David K. Robinson (Eds.). Wilhelm Wundt in history: The making of a scientific psychology. Kluwer-Academic, New York 2001, S. 69–94.
  • Georg Eckardt (Hrsg.): Völkerpsychologie – Versuch einer Neuentdeckung. Psychologie Verlags Union, Weinheim 1997.
  • Georg Eckardt: "Ausgewählte Texte zur Entstehung der Psychologie als Wissenschaft. In memoriam Wilhelm Wundt." Springer Fachmedien, Wiesbaden 2019.
  • Jochen Fahrenberg: Wilhelm Wundts Interpretationslehre. In: Forum Qualitative Sozialforschung / Forum: Qualitative Social Research. 2008, Band 9(3), Art. 29.
  • Jochen Fahrenberg: Wilhelm Wundt – Pionier der Psychologie und Außenseiter? Leitgedanken der Wissenschaftskonzeption und deren Rezeptionsgeschichte. e-book, 2011 (PDF; 8,4 MB).
  • Jochen Fahrenberg: Wilhelm Wundts Wissenschaftstheorie. Ein Rekonstruktionsversuch. In: Psychologische Rundschau, Band 63 (4), 2012, S. 228–238.
  • Jochen Fahrenberg: Zur Kategorienlehre der Psychologie. Komplementaritätsprinzip. Perspektiven und Perspektiven-Wechsel. Pabst Science Publishers, Lengerich 2013, ISBN 978-3-89967-891-8 (PDF; 5,5 MB).
  • Jochen Fahrenberg: Wilhelm Wundts Neuropsychologie. In: David Emmans, Arto Laihinen (Hrsg.): Comparative Neuro–psychology and Brain Imaging: Festschrift in honour of Prof. Dr. Ulrike Halsband. LIT-Verlag, Wien 2015, ISBN 978-3-643-90653-3, S. 348–373.
  • Jochen Fahrenberg: Theoretische Psychologie – Eine Systematik der Kontroversen. Pabst Science Publishers, Lengerich 2015, ISBN 978-3-95853-077-5 (PDF; 7,4 MB).
  • Jochen Fahrenberg: Leibniz’ Einfluss auf Wundts Psychologie, Philosophie und Ethik. PsyDok Dokumentenserver für die Psychologie, hdl:20.500.11780/3675 (PDF; 2,3 MB)
  • Jochen Fahrenberg: Wilhelm Wundts Kulturpsychologie (Völkerpsychologie): Eine Psychologische Entwicklungstheorie des Geistes. PsyDok Dokumentenserver für die Psychologie, hdl:20.500.11780/3674 (PDF; 652 kB)
  • Jochen Fahrenberg: Wundt-Nachlass: Eine Übersicht über wichtige Archive, Verzeichnisse, Digitalisate, Korrespondenz und Skripten, Biographisches. Vier Wilhelm-Wundt-Gesellschaften. Das Haus in Großbothen. Exkurs zu Wilhelm Ostwald. PsyDok Dokumentenserver für die Psychologie. hdl:20.500.11780/3676 (PDF; 2,2 MB).
  • Jochen Fahrenberg: Wilhelm Wundt (1832–1920). Gesamtwerk: Einführung, Zitate, Rezeption, Kommentare, Rekonstruktionsversuche. Pabst Science Publishers, Lengerich 2018, ISBN 978-3-95853-435-3, hdl:20.500.11780/3782 (PDF; 5,9 MB). 2018.
  • Jochen Fahrenberg: Wilhelm Wundt (1832 – 1920). Introduction, Quotations, Reception, Commentaries, Attempts at Reconstruction. Pabst Science Publishers, Lengerich 2020, ISBN 978-3-95853-574-9. PsyDok Dokumentenserver für die Psychologie, hdl:20.500.11780/3783 (PDF; 3,3 MB). 2019.
  • Walter Friedrich: Das erste Psychologie-Institut der Welt. Die Leipziger Universitätspsychologie 1879–1980. Rosa-Luxemburg-Stiftung Sachsen e. V., Leipzig 2009.
  • Carl F. Graumann: Experiment, Statistik, Geschichte. Wundts erstes Heidelberger Programm einer Psychologie. In: Psychologische Rundschau, 1980, Band 31, S. 73–83.
  • Carl F. Graumann: Die Verbindung und Wechselwirkung der Individuen im Gemeinschaftsleben. In: Gerd Jüttemann (Hrsg.): Wilhelm Wundts anderes Erbe. Ein Missverständnis löst sich auf. Vandenhoeck & Ruprecht, Göttingen 2006, S. 52–68.
  • Jürgen Jahnke: Wilhelm Wundts akademische Psychologie 1886/87. Die Vorlesungsnachschriften von Albert Thumb Freiburg. In: Jürgen Jahnke, Jochen Fahrenberg, Reiner Stegie, Eberhard Bauer (Hrsg.): Psychologiegeschichte – Beziehungen zu Philosophie und Grenzgebieten. Profil, München 1998, ISBN 3-89019-461-3, S. 151–168.
  • Gerd Jüttemann (Hrsg.): Wilhelm Wundts anderes Erbe. Ein Missverständnis löst sich auf. Vandenhoeck & Ruprecht, Göttingen, 2006, ISBN 3-525-49087-9.
  • Gerd Jüttemann: Wundts Psychologiekonzeption ist nicht die Ursache, sondern die Lösung des Problems. In: Psychologische Rundschau, 2007, Band 58 (4), S. 267–269.
  • Alan Kim: Wilhelm Maximilian Wundt. In: Edward N. Zalta (Hrsg.): The Stanford Encyclopedia of Philosophy. (Summer 2006 Edition).
  • Jürgen Klüpfel, C.F.Graumann: Ein Institut entsteht – Zur Geschichte der Institutionalisierung der Psychologie an der Universität Heidelberg. 1986
  • Friedrich A. Lange: Geschichte des Materialismus und Kritik seiner Bedeutung in der Gegenwart. (8. erw. Aufl. 1908, hrsg. und bearbeitet von Hermann Cohen). Baedeker, Iserlohn 1866.
  • Wolfram Meischner, Annerose Metge: Wilhelm Wundt – progressives Erbe, Wissenschaftsentwicklung und Gegenwart. Protokoll des internationalen Symposiums. Karl-Marx-Universität, Leipzig 1979/ Pahl-Rugenstein, Köln 1980.
  • Annerose Meischner-Metge: Wilhelm Wundt und seine Schüler. In: Horst-Peter Brauns (Hrsg.): Zentenarbetrachtungen. Historische Entwicklungen in der neueren Psychologie bis zum Ende des 20. Jahrhunderts. Peter Lang, Frankfurt a. M. 2003, S. 156–166.
  • Annerose Meischner-Metge: Die Methode der Forschung. In: G. Jüttemann (Hrsg.): Wilhelm Wundts anderes Erbe. Ein Missverständnis löst sich auf. Vandenhoeck & Ruprecht, Göttingen 2006, S. 131–143.
  • Till Meyer: Das DFG-Projekt „Erschließung und Digitalisierung des Nachlasses von Wilhelm Wundt“ an der Universitätsbibliothek Leipzig. In: Leipziger Jahrbuch für Buchgeschichte, 2015, Band 23, 347–357.
  • Robert W. Rieber, David K. Robinson (Hrsg.): Wilhelm Wundt in history: The making of a scientific psychology. 2. Auflage. Kluwer-Academic, New York 2001.
  • Helen E. Ross, Klaus Bischof: Wundt’s views on sensations of innervation: a reevaluation. In: Perception, 1981, Volume 10, pages 319–329.
  • Christina M. Schneider: Wilhelm Wundts Völkerpsychologie. Entstehung und Entwicklung eines in Vergessenheit geratenen, wissenschaftshistorisch relevanten Fachgebietes. Bouvier, Bonn 1990.
  • Wolfgang F. Schwarz: Ivan Šišmanovs Leipziger Doktorarbeit [bei Wilhelm Wundt]. Methodologische, wissenschaftshistorische und -soziologische Bemerkungen [On a Doctoral Dissertation (19th cent. experimental psychology), advisor Wilhelm Wundt; text and abstract in German]. In: Deutsch-bulgarische Kulturbeziehungen 1878–1918, ed. Wolfgang Gesemann, Georgi Markov, Universitätsverlag Kliment Ochridski, Sofia 1993, S. 244–252. doi:10.13140/RG.2.1.1685.3608/1 
  • M. Takasuma: The Wundt Collection in Japan. In: R.W. Rieber, D. K. Robinson (Hrsg.): Wilhelm Wundt in history: The making of a scientific psychology. Kluwer-Academic, New York 2001, S. 251–258.
  • Gustav A. Ungerer: Wilhelm Wundt als Psychologe und Politiker. In: Psychologische Rundschau, Band 31, 1980, S. 99–110.
  • Gustav A. Ungerer: Forschungen zur Biographie Wilhelm Wundts und zur Regionalgeschichte. Gesammelte Aufsätze 1978–1997. Ein Logbuch. (ca. 100 Abb.). Verlag Regionalkultur, Ubstadt-Weiher 2016. ISBN 978-3-89735-851-5
  • Nicholas J. Wade, Kenzo Sakurai, Jiro Gyoba: Guest editorial essay. Whither Wundt? In: Perception, 2007, Volume 36, S. 163–166.
  • Harald Walach: Psychologie. Wissenschaftstheorie, philosophische Grundlagen und Geschichte Kohlhammer, Stuttgart (3. Aufl.) 2013.
  • Albert Wellek: Psychologie. Franke, München 1962.
  • Wan-chi Wong: Retracing the footsteps of Wilhelm Wundt: Explorations in the Disciplinary Frontiers of Psychology and in Völkerpsychologie. In: History of Psychology, 2010, Volume 12, (4), S. 229–265.
  • Maximilian Wontorra, Annerose Meischner-Metge, Erich Schröger (Hrsg.): Wilhelm Wundt (1832–1920) und die Anfänge der experimentellen Psychologie. Leipzig 2004.
  • Maximilian Wontorra: Frühe apparative Psychologie. Der Andere Verlag, Leipzig 2009.
  • Maximilian Wontorra, Ingrid Kästner, Erich Schröger (Hrsg.): Wilhelm Wundts Briefwechsel. Leipzig 2011.
  • Paul Ziche: Neuroscience in its context. Neuroscience and psychology in the work of Wilhelm Wundt. In: Physis rivista internazionale di storia della scienza, 1999, Volume 36 (2), 407–429.

Siehe auch

Commons: Wilhelm Wundt – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien
Wikisource: Wilhelm Wundt – Quellen und Volltexte

Einzelnachweise

  1. Universität Heidelberg (Hrsg.): Eine Heidelberg-Dynastie über 200 Jahre hinweg. An der Ruperto Carola lehrten Alumni-Familien in mehreren Generationen; zur Heidelberg-Dynastie Wund/Wundt S. 49, in: HAIlife, Heidelberg Alumni International, Magazin 2016, S. 48/49. Online: Eine Heidelberg Dynastie, abgerufen am 29. Dezember 2016.
  2. Georg Lamberti: Wilhelm Maximilian Wundt 1832–1920. Leben, Werk und Persönlichkeit in Bildern und Texten. Deutscher Psychologen Verlag, Berlin 1995, ISBN 3-925559-83-3.
  3. Bernhard Rost: Dem Gedächtnisse meines teueren Lehrers Sr. Exz. Dr. med., phil. et jur. Wilhelm Wundt gewidmet. histbest.ub.uni-leipzig.de. Abgerufen am 13. November 2019.
  4. hdl:20.500.11780/3676
  5. Wolfram Meischner, Erhard Eschler: Wilhelm Wundt, 1979, S. 27.
  6. Wolfram Meischner, Erhard Eschler: Wilhelm Wundt, 1979, S. 108.
  7. Ausstellung 2016: Psychologie in Leipzig – Geburt einer Wissenschaft.
  8. Holger Steinberg: Psychiatrie an der Universität Leipzig: Eine zweihundertjährige Tradition. In: Würzburger medizinhistorische Mitteilungen 23, 2004, S. 270–312; hier: S. 282 f.
  9. Lothar Sprung: Wilhelm Wundt – Bedenkenswertes und Bedenkliches aus seinem Lebenswerk. In: Georg Eckardt (Hrsg.): Zur Geschichte der Psychologie, VEB Deutscher Verlag der Wissenschaften, Berlin 1979, S. 73–82.
  10. Gustav A. Ungerer: Forschungen zur Biographie Wilhelm Wundts und zur Regionalgeschichte. Gesammelte Aufsätze 1978–1997. Ein Logbuch (ca. 100 Abb.). Verlag Regionalkultur, Ubstadt-Weiher 2016.
  11. Maximilian Wontorra: Wilhelm Maximilian Wundt (1832–1920)
  12. Geschichte der Psychologie an der Universität Leipzig
  13. Initiative Wundt-Haus Großbothen
  14. Übersicht der Lehrveranstaltungen von Wilhelm Wundt an der Universität Leipzig (Wintersemester 1875 bis Sommersemester 1914)
  15. Annerose Meischner-Metge: Wilhelm Wundt und seine Schüler, 2003, S. 156–166.
  16. Universität Leipzig: Wilhelm Wundt und die Anfänge der experimentellen Psychologie.
  17. Wundt: Erlebtes und Erkanntes. Stuttgart 1920.
  18. Mark Michalski: Der Gang des deutschen Denkens. Königshausen & Neumann, Würzburg 2010. S. 164–182.
  19. Wundts Korrespondenz der Jahre 1914–1920.
  20. Geschichte des Instituts. In: Website der Uni Leipzig. Abgerufen am 1. Dezember 2021.
  21. Charles S. Sherrington: The integrative Action of the Nervous System. Henry Frowde, London 1911.
  22. Wundt: Logik, 1920, Band 2, S. 404 ff
  23. Wundt: Völkerpsychologie, 1900, Band 1, S. 15.
  24. Wundt: Logik. 1921, Band 3, S. 297.
  25. Wundt: Grundzüge, 1902–1903, Band 3, S. 515.
  26. Wundt: Beiträge zur Theorie der Sinneswahrnehmung: 1862, S. XI.
  27. Wundt: Beiträge, 1862, S. XIV.
  28. Wundt: Beiträge, 1862, S. XVI.
  29. Gottfried Wilhelm Leibniz (1714/1720). Die Prinzipien der Philosophie und Monadologie (Les principles de la philosophie ou la monadologie). In: Thomas Leinkauf (Hrsg.). Leibniz. Eugen Diederichs Verlag, München 1996 S. 406–424.
  30. Georgi Schischkoff (Hrsg.): Philosophisches Wörterbuch. 22. Auflage. Kröner, Stuttgart 1991, Lemma Völkerpsychologie.
  31. Wundt: Grundzüge, 1874, S. 1.
  32. Wundt: Grundzüge, 1874, S. 858.
  33. Wundt: Grundzüge, 1874, S. 2–3.
  34. Völkerpsychologie. 3. Auflage. 1911, Band 1, S. 1
  35. Wundt: Völkerpsychologie. 1900, Band 1, S. 1.
  36. Wundt: Völkerpsychologie, 1900, Band 1, S. 2 f.
  37. Moritz Lazarus: Über Begriff und Möglichkeiten einer Völkerpsychologie. In: K. Köhnke (Hrsg.). Moritz Lazarus. Grundzüge der Völkerpsychologie und Kulturwissenschaft. Meiner, Hamburg S. 112–126.
  38. Wundt: Über Ziele und Wege der Völkerpsychologie. 1888, Band 4, S. 1–27.
  39. 3. Auflage in 2 Bänden, 1903
  40. Wundt: Grundzüge. 5. Auflage. 1902, Band 1. S. 324
  41. Wundt: Grundzüge. 5. Auflage. 1908, S. 381
  42. Wundt: Einleitung in die Philosophie, 1909, S. 83
  43. Wundt: Über naiven und kritischen Realismus I–III, 1896–1898, Band 12, S. 307–408; Band 13, S. 1–105, S. 323–433.
  44. Wundt: Über die Definition der Psychologie, 1896, S. 21.
  45. Wundt: Über empirische und metaphysische Psychologie, 1904, S. 336.
  46. Wundt: Grundriss der Psychologie. 14. Auflage. 1920, S. 393.
  47. Wundt: Ueber psychische Causalität und das Princip des psycho-physischen Parallelismus, 1894
  48. Wundt: Logik. 1921, Band 3, S. 15–19.
  49. Fahrenberg: Zur Kategorienlehre der Psychologie, 2013, S. 86–131.
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  51. Wundt, 1894; 1897; 1902–1903, Band 3
  52. Wundt: Grundriss der Psychologie. 14. Auflage. 1920, S. 14.
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  54. Wolfgang G. Bringmann, N. J. Bringmann, Eberhard Bauer: Fechner und die Parapsychologie. In: Zeitschrift für Parapsychologie und Grenzgebiete der Psychologie, 1990, Band 32, 19–43.
  55. Christfried Tögel: Freud und Wundt. Von der Hypnose bis zur Völkerpsychologie. In: B. Nitzschke (Hrsg.). Freud und die akademische Psychologie. Urban & Schwarzenberg: München: 1989, S. 97–105.
  56. Fahrenberg: Theoretische Psychologie, 2015, S. 310–314.
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  60. Wundt: Grundriss der Psychologie. 14. Auflage. 1920, 1920, S. 30.
  61. Fahrenberg 2008
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  64. Immanuel Kant: Anthropologie in pragmatischer Hinsicht. Schriften zur Anthropologie, Geschichtsphilosophie, Politik und Pädagogik. (Immanuel Kant Werkausgabe. Band 6). hrsg. von Wilhelm Weischedel. Wissenschaftliche Buchgesellschaft, Darmstadt 1798/1983, S. 395–690.
  65. Jochen Fahrenberg: Theoretische Psychologie, 2016, S. 147–171
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  72. Wundt: Gustav Theodor Fechner. Rede zur Feier seines hundertjährigen Geburtstags, 1901.
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  82. Wundt: Logik. Eine Untersuchung der Prinzipien der Erkenntnis und der Methoden Wissenschaftlicher Forschung, Band 1–3, 1919–1921.
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  123. Regina Gröteke: Materialien zu Wilhelm Wundt im Archiv der Karl-Marx-Universität und einige Probleme bei der Bearbeitung. In: W. Meischner (Hrsg.). Interdisziplinäres Kolloquium des Arbeitskreises Wundt-Forschung an der Karl-Marx Universität Leipzig. KMU Leipzig, Leipzig 1977. Band 2, S. 94–102.
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  128. Provenienzbestand UAT 228 mit Bestandsverzeichnissen UAT 228/16 bis 228/24
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  131. Website
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