Straßenbahn Cieszyn
Die Straßenbahn Teschen verkehrte zwischen 1911 und 1921 in der Stadt Teschen im Teschener Schlesien. Infolge des Ersten Weltkrieges und dem nachfolgenden Zerfall Österreich-Ungarns wurde die Stadt zwischen der Tschechoslowakei und Polen am Fluss Olsa geteilt und die nunmehr grenzüberschreitende Straßenbahn eingestellt. Der polnische Teil heißt heute Cieszyn, der tschechische Český Těšín.
Straßenbahn Teschen | |
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Basisinformationen | |
Staat | bis 1918: Österreich ab: 1919: Tschechoslowakei/Polen |
Stadt | Cieszyn / Český Těšín (Teschen) |
Eröffnung | 12. Februar 1911 |
Stilllegung | 2. April 1921 |
Infrastruktur | |
Streckenlänge | 1,8 Kilometer |
Spurweite | 1000 mm (Meterspur) |
Stromsystem | 500 V |
Betriebshöfe | 1 |
Betrieb | |
Linien | 1 |
Netzplan der Straßenbahn in Teschen |
Geschichte
Der Bau der Kaschau-Oderberger Bahn führte in Teschen zu einem bedeutenden Wirtschaftswachstum. Mit einer elektrischen Straßenbahn sollte die Altstadt mit dem Bahnhof verbunden werden. Im Jahr 1909 beantragte die Stadt Teschen die notwendige Konzession.
Der Bau der Strecke mit allen Anlagen und die Lieferung der benötigten Fahrzeuge wurde der AEG in Wien übertragen. Am 12. Februar 1911 wurde der Betrieb als Städtische Strassenbahn Teschen aufgenommen. Straßenbahnzüge fuhren alle zehn bis zwölf Minuten, sie benötigten zwischen den Endpunkten zwölf Minuten Fahrzeit. Der Fahrpreis betrug je nach Fahrstrecke 12 oder 14 Heller. Angewendet wurde ein Zahlkastenprinzip.
Die Konzession „zum Baue und Betriebe einer mit elektrischer Kraft zu betreibenden schmalspurigen Kleinbahn“ erhielt die Stadtgemeinde Teschen nachträglich am 11. September 1911. Konzessioniert wurden eine Linie „vom Vorplatze der Station Teschen durch die Bahnhofstraße, die Gemeindestraße „Sachsenberg“, die Friedeck-Bielitzer Reichsstraße, die Schloßgasse und die Kronprinzessin Stefaniestraße auf den Demelplatz und von da durch die obererwähnte Reichsstraße, die Scherschnikgasse auf den Oberring und sodann durch die Prutekgasse bis zur Einmündung der Bielitzerstraße.“ sowie „eine ausschließlich für Betriebszwecke dienende Abzweigung von der Schloßgasse durch die Jahngasse bis zu der daselbst anzulegenden Wagenremise“. Die Konzessionsdauer war auf 90 Jahre bis zum 11. September 2001 festgesetzt.[1]
Nach dem Ende des Ersten Weltkrieges und der Teilung der Stadt am 28. Juli 1920 fuhr die Straßenbahn vorerst weiter über die neue Staatsgrenze zwischen Bahnhof und Altstadt. Die Zollkontrollen an der Grenze führten in der Folge mehrfach zu Verzögerungen und Unterbrechungen im Betriebsablauf. Dazu gab es zwischen beiden Stadtteilen zunehmend Unstimmigkeiten bezüglich der Übernahme der Betriebskosten und der Verteilung der Fahrgeldeinnahmen. Am 2. April 1921 wurde deshalb entschieden, den Straßenbahnbetrieb dauerhaft einzustellen. Die Straßenbahnwagen wurden im Depot abgestellt und später verkauft. Die Gleise und die Fahrleitung wurden 1923 demontiert.
Am 15. Oktober 2010 wurde am ehemaligen Depot eine Erinnerungstafel enthüllt.[2] Darüber hinaus erinnern verschiedene erhaltene Wandrosetten zur Fahrleitungsabspannung an den Straßenbahnbetrieb.
Im Jahr 2017 ließ die Stadtverwaltung von Cieszyn ein Konzept zur möglichen Erneuerung der grenzüberschreitenden Straßenbahnstrecke ausarbeiten, die vorrangig dem Touristenverkehr dienen würde. Das Konzept sah zum einen den Wiederaufbau auf historischer Trasse vor, zum anderen wurde auch eine völlig neue Strecke über den Stadtplatz in Český Těšín und über den Rynek bis zum heutigen polnischen Bahnhof Cieszyn vorgeschlagen. Wegen ungeklärter technischer Fragen und fehlendem Verkehrsbedürfnis wurde das Vorhaben im April 2018 endgültig verworfen. Die Projektkosten in Höhe von 97.000 Złoty wurden über ein Förderprogramm der Europäischen Union finanziert.[3][4][5]
Streckenbeschreibung
Die 1793 m lange Strecke begann am Bahnhof und führte über die Bahnhofstraße und die Hauptstraße zur Olsabrücke. Am Schloss bog die Strecke in die Altstadt ab und führte über den Alten Markt, den Demelplatz und den Oberring bis zum Städtischen Krankenhaus an der Bielitzer Straße. An beiden Endpunkten befanden sich stumpfe Endstellen ohne Umfahrmöglichkeit. Am Schloss zweigte die 630 m langen Betriebsstrecke zur Wagenremise ab. Ausweichen befanden sich an der Olsabrücke und auf dem Demelplatz. Insgesamt wurden elf Haltestellen bedient:
- Bahnhof (Dworzec kolejowy)
- Bahnhofstraße (ul. Dworcowa)
- Hoheneggerstraße (ul. Praska)
- Olsabrücke (Most na Olzie)
- Schloßgasse (ul. Zamkowa)
- Münzgasse (ul. Meniczna)
- Hotel Austria
- Alter Markt (Stary Targ)
- Demelplatz (Rynek)
- Oberring (Gorny Rynek)
- Bielitzer Straße (ul. Bielska)
Fahrzeuge
Die Straßenbahn Teschen besaß vier zweiachsige Triebwagen, die 1910 von Ringhoffer in Prag gebaut worden waren. Zulieferer der elektrischen Ausrüstung war die AEG in Wien. Baugleiche Fahrzeuge waren bereits 1909 an die Aussiger Straßenbahn geliefert worden. Die Wagen besaßen 18 Sitzplätze und 22 Stehplätze. Die Fronten der Plattformen waren zum Schutz des Fahrpersonals verglast, zur Stromabnahme besaßen die Fahrzeuge Lyrabügel. Anfangs waren sie wie in Aussig nach Prager Vorbild rot mit elfenbeinfarbigem Fensterband lackiert. Nach dem Ersten Weltkrieg erhielten sie einen dunkelgrünen Anstrich.
Für den Linienbetrieb wurden täglich drei Fahrzeuge benötigt, das vierte diente als Reserve. Beiwagen besaß die Teschener Straßenbahn nicht.
Nach der Betriebseinstellung wurden ein Wagen 1921 nach Bielitz und die drei weiteren 1922 bis 1923 an den Straßenbahnbetrieb Łódzkie Wąskotorowe Elektryczne Koleje Dojazdowe (Ł.W.E.K.D.) in Łódź verkauft. Auch der nach Bielitz verkaufte Wagen gelangte 1925 noch nach Łódź. Dort wurden sie noch bis Mitte der 1950er Jahre im Linienbetrieb verwendet. Der letzte Wagen wurde 1959 ausgemustert und verschrottet.
Weblinks
- Beschreibung der Straßenbahn auf der Webseite des Museums des Teschener Schlesiens (polnisch/tschechisch/englisch)
Literatur
- Gerhard Bauer: Straßenbahnen in der Tschechischen und Slowakischen Republik. Von der Pferdebahn zum Tatrawagen. Die Geschichte der Straßenbahnbetriebe in Wort und Bild. Verlag für Verkehrsliteratur Bauer, Dresden 1995, ISBN 3980430308
- Jan Blumenschein, Lubomír Kysela, Kateřina Stenchlá: Tramvaje v Těšíně 1911–1921. SURSUM, Brno 2000, ISBN 80-85799-81-2
- Mariusz Makowski, Maciej Dembiniok: Tramwajem po Cieszynie – Tramvají po Těšíně. Regio, Český Těšín 2008, ISBN 978-80-904230-0-8
Einzelnachweise
- Reichsgesetzblatt für die im Reichsrate vertretenen Königreiche und Länder Nr. 189 vom 23. September 1911
- „Těšínská tramvaj se symbolicky vrátila do města na březích Olzy“ auf zelpage.cz
- https://www.transport-publiczny.pl/wiadomosci/cieszyn-mysli-o-tramwajach-miasto-zleca-opracowanie-56616.html
- http://www.transport-publiczny.pl/mobile/dlaczego-tramwaj-do-cieszyna-jednak-nie-wroci-58636.html
- https://www.transport-publiczny.pl/wiadomosci/tramwaje-nie-wroca-do-cieszyna-58182.html