Slowjansk
Slowjansk (ukrainisch Слов'янськ; russisch Славянск/Slawjansk) ist eine Stadt in der Oblast Donezk im Osten der Ukraine. Slowjansk ist das administrative Zentrum des gleichnamigen Rajons und hat etwa 109.683 Einwohner (2019).[1]
Slowjansk | |||
Слов'янськ | |||
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Basisdaten | |||
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Oblast: | Oblast Donezk | ||
Rajon: | Kreisfreie Stadt | ||
Höhe: | 74 m | ||
Fläche: | 74 km² | ||
Einwohner: | 109.683 (2019) | ||
Bevölkerungsdichte: | 1.482 Einwohner je km² | ||
Postleitzahlen: | 84122 | ||
Vorwahl: | +380 6262 | ||
Geographische Lage: | 48° 52′ N, 37° 37′ O | ||
KOATUU: | 1414100000 | ||
Verwaltungsgliederung: | 2 Städte | ||
Bürgermeister: | Ljach Wadym Mychajlowytsch (ukrainisch Лях Вадим Михайлович) | ||
Adresse: | пл. Жовтневої Революції 2 84122 м. Слов’янськ | ||
Website: | http://www.slavrada.gov.ua/ | ||
Statistische Informationen | |||
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Geographie
Slowjansk liegt im Donezbecken am Zusammenfluss des Kasennyj Torez mit dem Suchyj Torez 93 km nördlich der Oblasthauptstadt Donezk. Zusammen mit der etwa 20 Kilometer nördlich gelegenen Stadt Swjatohirsk bildet sie eine Stadtratsgemeinde, im Ort gibt einen Bahnhof an der Bahnstrecke Poltawa–Rostow.
Bei Slowjansk befinden sich salzhaltige Seen, die die Basis der Erholungsindustrie der Stadt bilden.[2][3]
Geschichte
Im Stadtkreis von Slowjansk befindet sich das erstmals 1526 schriftlich erwähnte Kloster Swjatohirsk. 1676 wurde an Stelle der Stadt die Festung Tor gegründet. Schon damals wurde in Umgebung der Stadt Salz gewonnen und intensiver Salzhandel getrieben. Heute noch ist die Stadt einer der größten Salzlieferanten in Osteuropa. 1784 wurde die Stadt in Slowjansk umbenannt, wörtlich: „Slawische Stadt“. Seit Anfang des 20. Jahrhunderts entwickelte sich die Stadt zum Zentrum der chemischen Industrie. Vom 25. Oktober 1941 bis zum 6. September 1943 war die Stadt von Truppen der Wehrmacht besetzt. Seit 1974 hat Slowjansk den Status einer kreisfreien Stadt, am 8. September 2016 wurde die bis dahin zum Stadtkreis von Slowjansk gehörende Stadt Mykolajiwka administrativ dem Rajon Slowjansk unterstellt.[4]
Auseinandersetzung mit prorussischen Separatisten 2014
Am 12. April 2014 wurde während prorussischer Proteste das Hauptquartier der Polizei und der Sitz des Geheimdienstes SBU von bewaffneten Demonstranten besetzt. Tags darauf kam es zu einer bewaffneten Auseinandersetzung zwischen Einheiten des ukrainischen Innenministeriums und den Besetzern. Nach Angaben des ukrainischen Innenministeriums habe es auf beiden Seiten Tote und Verletzte gegeben.[5] Die prorussischen Rebellen waren „plötzlich und unerwartet“ aufgetaucht.[6] Auch nach Einschätzung des Kommandanten von Slowjansk, Igor Girkin, ging der gesamte Krieg in der Ostukraine nicht von den Donbass-Bewohnern selbst, sondern von diesen bewaffneten Einheiten aus.[7] In den folgenden Tagen war die Umgebung der Stadt eines der Zentren des Anti-Terror-Sondereinsatzes der ukrainischen Armee.[8][9][10] In jenen Tagen wurde auch die Bürgermeisterin Nelja Ihoriwna Schtepa entführt und war bis zum Abzug der Rebellen verschwunden.
Die ukrainische Armee griff am 2. Mai 2014 Stellungen der prorussischen Miliz im Rahmen eines „Anti-Terror-Einsatzes“ an. Hubschrauber der ukrainischen Armee wurden von den prorussischen Milizen beschossen. Zwei Kampfhubschrauber vom Typ Mi-24 stürzten ab, wobei die Piloten starben und weitere Personen verletzt wurden.[11]
Ab Mitte Mai 2014 führte Igor Girkin als „Generalissimus“ bzw. „Armeechef“ die Separatisten in Slowjansk.[12][13] Nach Berichten von Augenzeugen herrschte in der Stadt völlige Rechtlosigkeit.[14][15][16][17] Die Angst und ein drakonisches Regime gegen Abweichler währte bis zum Abzug der regierungsfeindlichen Kämpfer.[6]
In der 2. Juniwoche gab es in Slowjansk während andauernder Gefechte weder Strom noch Gas oder Wasser.[18] Am 5. Juli 2014 wurde die Stadt laut dem ukrainischen Präsidenten Petro Poroschenko von der ukrainischen Armee befreit, nachdem die Rebellen über Nacht abgezogen waren.[19] Seitdem hat sich das Leben in Slowjansk normalisiert.[20]
Bevölkerung
1860 | 1897 | 1923 | 1926 | 1939 | 1959 | 1970 | 1979 | 1989 | 2001 | 2016 | 2019 |
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9.300 | 15.792 | 21.410 | 28.385 | 77.842 | 82.784 | 124.183 | 140.256 | 135.300 | 124.829 | 114.437 | 109.683 |
Quelle: [21]
Die meisten Einwohner sind Ukrainer (73,1 %), daneben leben Russen (23,6 %) und weitere Nationalitäten in Slowjansk. Russisch ist allerdings für über 54 % der Bevölkerung die Muttersprache. Für über 43 % der Bewohner ist Ukrainisch die Muttersprache.
Nationalität | Zahl | Anteil | davon … als Muttersprache | ||||
die Sprache eigener Nationalität | ukrainisch | russisch | andere | keine Angabe | |||
alle | 142.873 | 100 | x | x | x | x | x |
Ukrainer | 104.423 | 73,1 | 58,6 | 58,6 | 41,3 | 0 | 0,1 |
Russen | 33.649 | 23,6 | 96,8 | 3,1 | 96,8 | 0 | 0,1 |
Türken | 829 | 0,6 | 97,6 | 0,6 | 1,6 | 0,1 | 0,1 |
Weißrussen | 766 | 0,5 | 14,5 | 8,3 | 77,2 | - | - |
Armenier | 592 | 0,4 | 43,4 | 4,6 | 51,7 | 0,3 | - |
Griechen | 320 | 0,2 | 4,4 | 12,8 | 82,2 | - | 0,6 |
Roma | 279 | 0,2 | 54,5 | 1,8 | 36,5 | 7,2 | - |
Aserbaidschaner | 208 | 0,1 | 51 | 1,4 | 42,3 | 5,3 | - |
Hochschulen
Persönlichkeiten
- Mychajlo Petrenko (1817–1862), ukrainischer Poet und Dramatiker
- Pjotr Kontschalowski (1876–1956), russischer Maler, Grafiker und Bühnenbildner
- Wjatscheslaw Ponomarjow (* 1965), Anführer der prorussischen Kräfte in Slawjansk
Weblinks
Einzelnachweise
- Сhyselnist Naselennya po mistakh ta rayonakh. Abgerufen am 12. Dezember 2019 (ua).
- Славянский курорт. Abgerufen am 4. Dezember 2019.
- Славянский курорт | Nice Places. Abgerufen am 4. Dezember 2019 (ru-RU).
- Верховна Рада України; Постанова, План від 08.09.2016 № 1518-VIII Про зміни в адміністративно-територіальному устрої Донецької області, зміну і встановлення меж міста Слов’янськ та Слов’янського району Донецької області.
- Ukraine: Minister spricht von Toten und Verletzten in Slawjansk. In: zeit.de. 13. April 2014, abgerufen am 19. Dezember 2014.
- Es ist vorüber, die Separatisten sind weg, FAZ, 5. Juli 2014.
- Julian Hans: Russischer Geheimdienstler zur Ostukraine – „Den Auslöser zum Krieg habe ich gedrückt“. sueddeutsche.de, 21. November 2014, abgerufen am 22. November 2014.
- Osten der Ukraine: Sondereinsatz im Osten der Ukraine. In: fr-online.de. 15. April 2014, abgerufen am 19. Dezember 2014.
- Kiew schickt Soldaten in den Osten (Memento vom 16. April 2014 im Internet Archive) auf tagesschau.de am 16. April 2014.
- Donetsk’s police confirm death of three people in skirmish in Slavyansk auf itar-tass.com am 20. April 2014.
- Gefechte in der Ostukraine: Kreml hält Friedensplan für gescheitert. In: Spiegel Online. 2. Mai 2014, abgerufen am 19. Dezember 2014.
- Julia Smirnova.: Machtkampf unter den Separatisten. In: welt.de. 15. Mai 2014, abgerufen am 19. Dezember 2014.
- David Nauer: In der Ostukraine hat der Wind gedreht, Berner Zeitung/Tages-Anzeiger vom 24. Mai 2014, abgerufen am 29. Mai 2014.
- F.A.S.: In Slawjansk herrscht jetzt Krieg. In: FAZ.net. 25. Mai 2014, abgerufen am 19. Dezember 2014.
- FAZ.NET: Welche Rolle spielt der „Rechte Sektor“? In: FAZ.net. 20. April 2014, abgerufen am 19. Dezember 2014.
- Российский СК решил наказать украинских военных за убийства мирных жителей.
- Ukraine: Nato berichtet von russischem Truppenabzug. In: zeit.de. 30. Mai 2014, abgerufen am 19. Dezember 2014.
- Tim Lister, Diana Magnay: Europe's new frontline. Inside Slovyansk. CNN, 11. Juni 2014, abgerufen am 13. Juni 2014 (englisch).
- 22-Uhr-Nachrichten des Deutschlandfunks am 5. Juli 2014: Poroschenko sieht nach Rückeroberungen Wendepunkt im Kampf gegen die Separatisten, abgerufen am 5. Juli 2014.
- : „Hauptsache es ist kein Krieg“ (Memento vom 4. März 2016 im Internet Archive), Frankfurter Rundschau.
- Demographie ukrainischer Städte auf pop-stat.mashke.org.
- http://history.org.ua/LiberUA/NatsSklRMDonObl/NatsSklRMDonObl.pdf.