Sarlat-la-Canéda
Sarlat-la-Canéda ist eine Gemeinde in der französischen Region Nouvelle-Aquitaine im Département Dordogne mit 8816 Einwohnern (Stand 1. Januar 2019). Die Stadt ist Sitz der Unterpräfektur (französisch sous-préfecture) des Arrondissements Sarlat-la-Canéda. Am 1. März 1965 wurden die Gemeinden Sarlat und La Canéda zu Sarlat-la-Canéda zusammengeschlossen.
Sarlat-la-Canéda | ||
---|---|---|
Staat | Frankreich | |
Region | Nouvelle-Aquitaine | |
Département (Nr.) | Dordogne (24) | |
Arrondissement | Sarlat-la-Canéda (Unterpräfektur) | |
Kanton | Sarlat-la-Canéda (Chef-lieu) | |
Gemeindeverband | Sarlat-Périgord Noir | |
Koordinaten | 44° 53′ N, 1° 13′ O | |
Höhe | 102–319 m | |
Fläche | 48,60 km² | |
Einwohner | 8.816 (1. Januar 2019) | |
Bevölkerungsdichte | 181 Einw./km² | |
Postleitzahl | 24200 | |
INSEE-Code | 24520 | |
Website | http://www.sarlat.fr/ | |
Chorseite der Kathedrale |
Sarlat-la-Canéda liegt in einer von bewaldeten Hügeln umgebenen Senke des Périgord noir. Die Stadt mit ihrem mittelalterlichen Stadtbild, das auf das 13. bis 16. Jahrhundert zurückgeht und den Eindruck einer Beamten- und Handelsstadt des Ancien Régime vermittelt, ist das touristische Zentrum der Region.
Geschichte
Die Abtei, um die herum sich der Ort Sarlat entwickelte, wurde wahrscheinlich zwischen 820 und 840 von Herzog Pippin von Aquitanien gegründet. Der Ort wuchs im Schatten der Bruderschaft und erlangte im 13. Jahrhundert zunehmende Selbstständigkeit. Im Jahr 1317 erhob Papst Johannes XXII. Sarlat zum Bischofssitz: die Abteikirche wurde zur Kathedrale Saint-Sacerdos, und die Mönche bildeten das Domkapitel.
Im 13. und Anfang des 14. Jahrhunderts blühte die Handels- und Kaufmannsstadt auf, der Hundertjährige Krieg richtete sie jedoch zugrunde. Zwar wurde Sarlat niemals von den Engländern eingenommen, mit dem Frieden von Brétigny fiel sie im Jahr 1360 schließlich dennoch in deren Hände. Bei den wieder aufflammenden Kämpfen im Jahr 1370 reihte sich Sarlat in die Truppen Karls V. ein und war 1404 an der Wiedereroberung des Perigord beteiligt. Es war ein teuer erkaufter Sieg, der die Diözese in Ruinen zurückließ. Ohne lange zu zögern wurde jedoch der Wiederaufbau in Angriff genommen; aus der Zeit zwischen 1450 und 1500 stammen viele der im Stil der beginnenden Renaissance erbauten Häuser.
Armand de Gontaut-Biron, 1492 zum Bischof ernannt, unternahm die Fertigstellung der 1368 begonnenen Kirche Sainte-Marie. Im Jahre 1553 ließ ein neuer Bischof, der Florentiner Nicolas I. Gaddi, Kardinal von Saint-Théodore und ein Verwandter der Caterina de’ Medici, im italienischen Stil das neben der Kathedrale liegende Bischöfliche Palais errichten. Aufgrund des sich um Bischof, Richter, Beamte und Würdenträger des Kapitels bildenden wohlhabenden Großbürgertums konnte sich in der Mitte des 16. Jahrhunderts ein üppiges kulturelles Leben entwickeln, an dem auch der in Sarlat geborene Schriftsteller Étienne de La Boétie seinen Anteil hatte.
Bevölkerungsentwicklung | |||||||
---|---|---|---|---|---|---|---|
Jahr | 1968 | 1975 | 1982 | 1990 | 1999 | 2009 | 2016 |
Einwohner | 8801 | 9765 | 9670 | 9909 | 9751 | 9541 | 8946 |
Historische Altstadt
Seit dem 17. Jahrhundert war Sarlat politisch bedeutungslos und verarmte zusehends. Die Bausubstanz verfiel mit der Zeit, bis die französische Regierung 1962 ein Denkmalpflege-Gesetz verabschiedete, das speziell auf die Restaurierung historischer Altstadtkerne ausgerichtet war. Die Restaurierung dauerte von 1964 bis 1974 und erfasste nicht nur die historischen Gebäude, sondern den gesamten Altstadtbezirk von Sarlat. Seither steht die „wiederauferstandene“ Stadt im Rampenlicht, was den Fremdenverkehr sprunghaft ansteigen ließ. Sarlat zählt heute eine Million Besucher pro Jahr.
Von den bis ins 18. Jahrhundert die Altstadt umgebenden Festungswällen und Gräben ist heute nichts mehr vorhanden. Die Gräben wurden zugeschüttet und auf ihnen ein großer Boulevard angelegt. Von der alten Stadtmauer gibt es nur noch vereinzelte Reste. Außerdem wurde im 19. Jahrhundert eine schnurgerade Straße, die Rue de la République, angelegt, die eine Schneise durch den gewachsenen Altstadtkern schlug und ihn seitdem in eine östliche und eine westliche Hälfte unterteilt.
Die Schwerpunkte der Altstadt sind die Basilika und das Rathaus. Ansonsten stehen Bauten aus Mittelalter, Renaissance und Barock wie selbstverständlich nebeneinander. Die Kirche, deren wertvollstes Ausstattungsstück die Orgel aus dem 17. Jahrhundert ist, hat einen mächtigen Glockenturm mit romanischer Basis.
An dem kleinen Platz vor der Kirche stehen der ehemalige Bischofspalast mit einer offenen Loggia im Obergeschoss sowie die Maison de La Boétie, in dem der Politiker und Schriftsteller Étienne de La Boétie, Freund Michel de Montaignes, im Jahr 1530 geboren wurde. Hinter der Kathedrale befindet sich die Lanterne des Morts, ein zylindrischer Turm, der wohl hauptsächlich als Totenlaterne bzw. Totenkapelle gedient hat.
Der weiträumige Marktplatz befindet sich, wenige Schritte von der Kirche entfernt, vor dem barocken Rathaus. Vornehme Palais umstellen den Platz; drunter das verwinkelte Hôtel de Maleville. Die säkularisierte Pfarrkirche Sainte-Marie, heute als Markthalle genutzt, und das Hôtel Chassaing an der Nordseite dienen beim jährlichen Theaterfestival als Kulisse. Dahinter schließt sich die kleine Place des Oies an, die ebenfalls von malerischen alten Häusern umrahmt ist.
Kultur
In der Stadt findet das zweitälteste Filmfestival Frankreichs statt (nach dem 1948 gegründeten Festival in Avignon). Seit 1962 finden in den letzten beiden Juli- und der ersten August-Woche die Aufführungen auf dem zentralen Marktplatz statt. Außerdem gibt es seit einigen Jahren Aufführungen in der neu gebauten Kongresshalle am Rand der Altstadt. Den anfänglichen Ruf der Provinzialität konnte der Festivalstandort schnell ablegen; heute zieht er auch viele Ensembles aus dem Ausland an.[1]
Sarlat mit seiner malerischen Kulisse war einer der Drehorte für den US-amerikanischen Film Ever After aus dem Jahr 1998.
Umgebung
Etwa drei Kilometer nördlich des Stadtzentrums von Sarlat liegt die kleine romanische Wallfahrtskirche Notre-Dame de Temniac.
Städtepartnerschaft
Gouda in der niederländischen Provinz Südholland ist Partnerstadt von Sarlat-la-Canéda.[2]
Persönlichkeiten
Söhne und Töchter
- Étienne de La Boétie (1530–1563), Jurist und Schriftsteller, ein Freund von Michel de Montaigne
- Alain Carrier (1924–2020), Widerstandskämpfer und Illustrator
- Gautier de Costes de La Calprenède (1609/1614–1663), Schriftsteller
- Henri Debidour (1907–1990), Politiker, Mitglied der ersten und zweiten Verfassungsgebenden Nationalversammlung
- Jean-Luc Delpech (* 1979), Radsportler
- François Fournier-Sarlovèse (1773–1827), Kavalleriegeneral des ersten Kaiserreichs
- Pierre Lachambeaudie (1806–1872), Fabeldichter
- Gabriel Tarde (1843–1904), Jurist, Kriminologe, Soziologe und Sozialpsychologe
- Henry Sanfourche (1775–1841), Oberst des französischen Reiches.
in Sarlat tätig
- Thorsten Droste (1950–2011, Ehrenbürger von Sarlat)
- Victor Nessmann (1900–1944), von 1940 bis 1943 Arzt in Sarlat, Résistancekämpfer und Opfer des Nationalsozialismus; Namensgeber der Ringstraße Boulevard Nessmann
- Édouard Valéry (1924–2010), war ein französischer Widerstandskämpfer im inneren Widerstand.
Literatur
- Jean-Luc Aubarbier, Michel Binet: Liebenswertes Périgord. Ouest-France, Rennes 1990, ISBN 2-7373-0299-4, S. 10.
- Susanne Böttcher (Hrsg.): Périgord, Dordogne, Limousin. (= Der Grüne Reiseführer.) Travel-House-Media, München 2006, ISBN 3-8342-8995-7, S. 299.
- Thorsten Droste: Périgord. Dordognetal und Quercy. Die Landschaften im Herzen Südwestfrankreichs. DuMont, Köln 1997, ISBN 3-7701-4003-6, S. 121 ff.
- Martin Thomas, Thorsten Droste, Julia Hennings: Périgord. C. J. Bucher, München 1995, ISBN 3-7658-1028-2, S. 120.
Einzelnachweise
- Julia Droste-Hennings et al.: Frankreich, der Südwesten. DuMont Reiseverlag, Ostfildern, 2007, Seite 144
- France Diplomatie – CNCD (Seite nicht mehr abrufbar, Suche in Webarchiven) Info: Der Link wurde automatisch als defekt markiert. Bitte prüfe den Link gemäß Anleitung und entferne dann diesen Hinweis.