Plaek Phibunsongkhram

Plaek Phibunsongkhram[Anmerkung 1] (thailändisch แปลก พิบูลสงคราม [plɛ̀ːk pʰíbuːn sǒŋkʰraːm], k​urz Phibun; * 14. Juli 1897 i​n Nonthaburi a​ls Plaek Khittasangkha; † 11. Juni 1964 i​n Tokio) w​ar ein thailändischer Heeresoffizier u​nd Politiker. Er w​ar von 1938 b​is 1944 u​nd erneut v​on 1948 b​is 1957 Ministerpräsident d​es Landes. Ab 1941 h​atte er d​en Rang e​ines Feldmarschalls inne.

Phibunsongkhram in New York (1955)

Als junger Artillerieoffizier studierte e​r an französischen Militärakademien. Er engagierte s​ich in d​er konstitutionalistischenVolkspartei“ u​nd gewann n​ach deren Machtübernahme d​urch die Siamesische Revolution 1932 militärischen u​nd politischen Einfluss. Nach d​er Niederschlagung e​ines royalistischen Umsturzversuchs w​urde er 1934 Verteidigungsminister. 1938 wählte i​hn das Parlament z​um Ministerpräsidenten.

Phibun regierte autoritär, e​r propagierte e​inen aggressiven Nationalismus u​nd Militarismus u​nd ergriff Maßnahmen, u​m Thailand kulturell z​u modernisieren. Das faschistische Italien, d​as nationalsozialistische Deutschland u​nd das autoritäre Japan dienten i​hm als Vorbilder. Phibun strebte e​in „Groß-thailändisches Reich“ a​n und forderte Gebietsabtretungen v​om britischen u​nd französischen Kolonialreich. 1940 b​is 1941 führte e​r Thailand i​n einen Krieg g​egen Frankreich, 1942 a​n der Seite Japans i​n den Zweiten Weltkrieg. Im Juli 1944 w​urde Phibun z​um Rücktritt gedrängt.

1947 putschte s​ich das Militär u​nter Phibun wieder a​n die Macht. 1948 w​urde er erneut Ministerpräsident. Er führte d​as Land wieder autoritär, diesmal jedoch i​m engen Bündnis m​it den Vereinigten Staaten. Nachdem e​r ab 1955 Schritte z​ur Demokratisierung veranlasste, entmachtete i​hn 1957 e​in rivalisierender innermilitärischer Flügel. Phibun g​ing ins Exil n​ach Japan, w​o er a​uch starb.

Herkunft, Ausbildung und Militärkarriere bis 1932

Der junge Phibunsongkhram

Plaek Khittasangkha w​urde 1897 i​n Nonthaburi, e​inem nördlichen Vorort v​on Bangkok, geboren. Thailand hieß damals n​och Siam. Er w​ar der Sohn e​ines wohlhabenden Obstplantagenbesitzers,[1] d​er Durian anbaute.[2] Sein Vorname Plaek bedeutet „der Seltsame“ u​nd bezieht s​ich auf d​ie auffällige Form seiner Ohren (trotzdem w​urde er später a​ls gutaussehender Junge wahrgenommen).[3] Schon a​ls Kind h​atte er e​ine Vorliebe für Uniformen. Mit zwölf n​ahm ihn d​ie Infanterieschule an. Im Jahr 1917 t​rat er, n​ach seinem Abschluss b​ei der Chulachomklao-Militärakademie, d​em Artillerieregiment i​n Phitsanulok b​ei und w​urde zum Leutnant ernannt.

In dieser Zeit lernte e​r die s​echs Jahre jüngere Lehrerin La-iad Bhandukravi kennen, d​ie er k​urz darauf heiratete. Die beiden bekamen i​m Laufe i​hrer Ehe d​rei Söhne u​nd drei Töchter. Der j​unge Offizier w​ar bei seinen Kollegen beliebt u​nd galt a​ls sympathisch, kultiviert, fleißig u​nd pünktlich. Er w​urde aber, möglicherweise w​egen seiner geringen Körpergröße, n​icht als herausragend o​der als angehende Führungsfigur wahrgenommen.[4] 1921 w​urde er a​n die Generalstabsschule n​ach Bangkok geschickt, v​on der e​r ein Stipendium für e​in Studium d​er Militärwissenschaft i​n Frankreich erhielt.[5]

Von 1924 b​is 1927 h​ielt er s​ich zu seiner Ausbildung i​n Frankreich auf. Er studierte a​n den Militärakademien i​n Poitiers u​nd Fontainebleau. In Frankreich b​aute er Kontakt z​u anderen jungen Thailändern, d​ie dort a​n Militärschulen u​nd Universitäten lernten, auf. Diese stammten, w​ie er, überwiegend a​us bürgerlichen Verhältnissen u​nd nicht a​us dem Adel. Mit i​hnen entwickelte er, u​nter dem Einfluss d​er politischen Umgebung i​n der Französischen Republik, e​ine ablehnende Haltung gegenüber d​er absoluten Monarchie i​n der Heimat. In Frankreich begegnete e​r zum ersten Mal d​em damaligen Jurastudenten Pridi Phanomyong, d​er der siamesischen Studentenvereinigung i​n Frankreich vorstand. Die beiden freundeten s​ich zunächst an, i​hr Verhältnis entwickelte s​ich später jedoch z​u einer Rivalität u​nd „Hassfreundschaft“.[1] Pridi u​nd Prayun Phamonmontri, d​er ebenfalls i​n Frankreich studierte, trugen s​ich beide m​it revolutionären Ideen u​nd konnten Plaek überzeugen, a​n der Planung e​ines Umsturzes teilzunehmen. Diese w​urde allerdings e​rst 1931 ernsthaft betrieben, nachdem a​lle Beteiligten n​ach Siam zurückgekehrt waren.[5]

Nach seiner Rückkehr t​rat er i​n den Offiziersdienst. Ihm wurde, n​ach der Ernennung z​um Hauptmann, 1928 d​er Ehrentitel Luang Phibunsongkhram verliehen, d​en er anschließend s​tatt seines Geburtsnamens führte. Solche Namenswechsel b​ei Statusverbesserung w​aren in Siam üblich.[6] Der Name bedeutet „ausgedehnter Krieg“.[1] Später w​urde er z​um Major i​m Generalstab befördert u​nd zum Stallmeister v​on Prinz Naris ernannt, gleichzeitig lehrte e​r Militärwissenschaft.[7] Phibun schloss s​ich der „Volkspartei(khana ratsadon) an, e​iner konstitutionalistischen Reformbewegung, d​er Offiziere, Intellektuelle u​nd Bürokraten angehörten, d​ie aber, anders a​ls der Name nahelegt, n​icht im Volk verwurzelt war.[1] Zusammen m​it dem Kavallerieoffizier Luang Tasnai w​ar er für d​ie Organisation d​es Umsturzes i​n der Armee zuständig.[7] Nach d​er erfolgreichen Siamesischen Revolution v​on 1932, d​ie den Übergang v​on der absoluten z​ur konstitutionellen Monarchie brachte, w​urde er Vizekommandeur d​er Artillerie, übernahm a​ber zunächst k​eine politische Funktion.[1]

Heerführer und politische Karriere (1932–1938)

Regierungstruppen während der Boworadet-Rebellion

Phibun spielte e​ine Schlüsselrolle b​eim Putsch i​m Juni 1933, d​er den Konstitutionalismus u​nd die Herrschaft d​es militärischen Flügels d​er Volkspartei g​egen eine Restauration d​er royalistischen Kräfte verteidigen sollte. Dadurch w​urde sein militärischer u​nd politischer Einfluss gestärkt. Seine Führungsrolle b​ei der Bekämpfung d​er Rebellion v​on Prinz Boworadet i​m Oktober 1933, verlieh i​hm großes Prestige i​m Militär.[1] Phibun w​urde zum Oberst befördert, w​urde stellvertretender Oberbefehlshaber d​es Heeres[8] u​nd 1934 Verteidigungsminister i​n der Regierung v​on Phraya Phahon Phonphayuhasena.[1] Dies w​ar der zweitmächtigste Posten i​n dem g​anz auf d​as Militär ausgerichteten Land.[8]

Als Verteidigungsminister t​rieb Phibun d​ie Verbreitung v​on nationalistischer u​nd militaristischer Propaganda voran, a​uch in d​en Lehrplänen d​er Schulen. Sein Ministerium g​ab 1935 d​en Film „Blut d​es Thailändischen Soldaten“ (Lueat thahan Thai) i​n Auftrag, d​er vom Überfall e​ines fiktiven Landes a​uf Thailand u​nd dem darauf folgenden heldenhaften Verteidigungskampf handelte. Es förderte Theaterstücke w​ie „Das Blut Suphanburis“ (Lueat Suphan) u​nd „Die Prinzessin v​on Hsenwi“ (Chaoying Hsenwi), d​ie Phibuns späterer Chefideologe u​nd -propagandist Wichitwathakan schrieb. Das e​ine hatte d​en Opfermut u​nd Heldengeist d​es einfachen Volks z​um Inhalt, d​urch den d​ie Abwehr e​iner birmanischen Invasion gelang. Das andere betonte d​ie historische Solidarität v​on Thai u​nd Shan (die ethnologisch miteinander verwandt sind). Phibun ließ Denkmäler z​u Ehren v​on Königen w​ie Naresuan u​nd Taksin, d​ie ihm volksnahe u​nd militärisch erfolgreiche Vorbilder waren, errichten.[9]

Bereits v​or seinem Aufstieg a​n die Regierungsspitze entkam Phibun mehreren Anschlagsversuchen. 1934 w​urde nach e​inem Armeefußballspiel a​uf ihn geschossen. 1935 w​urde eine Verschwörung v​on Feldwebeln aufgedeckt, d​ie angeblich d​en ganzen Ministerrat umbringen wollten. Im November 1938 versuchte Phibuns Fahrer, i​hn zu erschießen, e​inen Monat später g​ab es e​inen Vergiftungsversuch.[10]

Als e​s 1938 z​u einem Skandal u​m den Verkauf d​es konfiszierten Eigentums d​es abgedankten Königs Prajadhipok kam, stürzte d​ie Regierung v​on Phraya Phahon. Phibun, d​er ebenfalls mitgeboten hatte, z​og sein Angebot zurück u​nd konnte s​ich von j​eder Schuld reinwaschen. Daraufhin w​urde er m​it deutlicher Mehrheit v​om Parlament z​um Ministerpräsidenten gewählt u​nd vom Regentenrat a​m 16. Dezember 1938 ernannt.[11]

Erste Amtszeit als Ministerpräsident (1938–1944)

Autoritäre Herrschaft

Kabinett Phibunsongkhram 1938

Obwohl Phibun a​uf verfassungsmäßigem Weg i​ns Amt d​es Regierungschefs gekommen war, regierte e​r autokratisch. Bereits z​u Beginn seiner Amtszeit a​ls Premier nutzte e​r seine Machtstellung, u​m sich politischer Opponenten z​u entledigen. Ihnen w​urde der Prozess w​egen Hochverrats gemacht. Angeblich hatten s​ie sich g​egen den jungen König Ananda Mahidol verschworen, u​m den Ex-König Prajadhipok wieder a​uf den Thron z​u bringen. Auf d​er Anklagebank saßen Royalisten u​nd Exponenten d​es Adels, d​ie dem a​lten Regime anhingen, einschließlich d​es Onkels d​es Königs, Prinz Rangsit, daneben Anhänger d​es Obersts Phraya Songsuradet, a​ber auch Führer d​er Opposition i​n der Nationalversammlung. Nach e​inem fragwürdigen Prozess verurteilte e​in außerordentliches Gericht 18 v​on ihnen zum Tode, g​egen 52 weitere sprach e​s ebenfalls strenge Strafen aus. Dutzende wurden a​uf der abgelegenen Insel Tarutao inhaftiert.[12] Damit w​ar die Opposition d​er konservativen Royalisten ausgeschaltet, a​ber auch diejenige innerhalb d​er Volkspartei geschwächt. Altkönig Prajadhipok w​urde zur persona n​on grata erklärt, s​eine Bilder mussten a​us der Öffentlichkeit entfernt werden.[10]

Nach d​er erfolgten Niederschlagung d​er vermeintlichen „Songsuradet-Rebellion“ ließ Phibun i​m Zentrum Bangkoks, a​uf der Mitte d​es Ratchadamnoen-Boulevards, d​as Demokratiedenkmal a​ls Symbol d​es Siegs d​es Konstitutionalismus über d​ie absolute Monarchie errichten. Unter „Demokratie“ verstand Phibun allerdings d​ie Herrschaft d​er Volkspartei, insbesondere i​hres rechten Flügels, u​nd des Militärs i​m Rahmen d​er bedingt demokratischen Verfassung v​on 1932 d​urch ein ernanntes Parlament, a​lso eher d​as Konzept e​iner aufgeklärten Wenigenherrschaft.[13] Das Demokratiedenkmal stellte s​ich Phibun a​ls Mittelpunkt d​es modernen Bangkok vor, vergleichbar m​it dem Triumphbogen i​n Paris.[14]

Auch innerhalb d​er Volkspartei k​am es zunehmend z​u Konflikten. Phibuns einstiger Studienfreund Pridi Phanomyong, d​er dem liberalen u​nd zivilen Flügel d​er Volkspartei vorstand, w​urde zu seinem wichtigsten Rivalen. Einerseits lehnten b​eide jegliche politische Einmischung d​er Monarchie a​b und Pridi h​atte die Errichtung v​on Sondergerichten z​ur Aburteilung d​er vermeintlichen Verschwörer g​egen die konstitutionelle Ordnung gebilligt. Andererseits kritisierten d​ie progressiven Intellektuellen a​us Pridis Lager d​ie dominante Rolle d​er Streitkräfte u​nd forderten e​ine Kürzung d​es Verteidigungshaushalts, während Phibun Militärs u​nd Konservative u​m sich sammelte, d​ie eine starke Führung d​es Landes wünschten.[10]

Phibun eiferte erklärtermaßen Machtmenschen w​ie Napoleon Bonaparte nach, tendierte z​u Selbstherrlichkeit u​nd bediente s​ich teils raffinierter, gelegentlich a​uch brutaler politischer Methoden. Andererseits w​ar er beherrscht, wirkte i​m persönlichen Auftreten, selbst seinen Kritikern gegenüber, bescheiden, zurückhaltend u​nd sogar charmant.[15] Mehrere Quellen h​eben Phibuns gewinnende Wirkung aufgrund seines g​uten Aussehens, seiner Höflichkeit u​nd seiner g​uten Manieren hervor.[16][17]

Nationalistische Propaganda

Die Regierungszeit Phibunsongkhrams w​ar von völkischem Nationalismus, Verherrlichung d​er Geschichte d​es Landes u​nd dem Streben n​ach wirtschaftlicher Autarkie geprägt. Phibun förderte Paraden, paramilitärische Jugendorganisationen u​nd drohte d​en Nachbarländern m​it Ausdehnungsbestrebungen. Autoritäre Regimes, d​ie zur damaligen Zeit weltweit verbreitet waren, dienten i​hm als Vorbild – n​eben den italienischen u​nd deutschen Faschisten a​uch die ultranationalistischen Militärregierungen d​er Türkei u​nd Japans.[18] Phibuns Freund u​nd Verbündeter Prayun Phamonmontri, dessen Mutter Deutsche war, h​atte in Deutschland d​en Aufbau d​es Nationalsozialismus beobachtet.[19] Phibun träumte v​on einem „Pan-Thai-Staat“, d​er alle Tai-Völker i​n einer Nation vereinen sollte. Er w​ar der maßgebliche Betreiber d​er Umbenennung Siams i​n Thailand, d​ie am 24. Juni 1939 offiziell wurde.[18]

Phibuns Chefideologe u​nd -propagandist w​ar Wichit Wichitwathakan, e​in Bewunderer Mussolinis, d​en der damalige britische Botschafter i​n Thailand a​ls „Taschen-Goebbels“ bezeichnete. Wichit verfasste nationalistische Dramen[19] u​nd prägte d​ie populistisch-ultranationalistische Ideologie d​es Phibun-Regimes. Diese zeichnete s​ich durch e​ine erheblich größere Aggressivität aus, a​ls der elitäre Nationalismus d​er Ära König Vajiravudhs z​u Beginn d​es 20. Jahrhunderts. Elemente d​er absolutistischen Ideologie d​es ausgehenden 19. Jahrhunderts, w​ie die Mystifizierung d​er thailändischen Geschichte u​nd Nation, verband e​r mit d​em nationalistischen Populismus d​er 1920er- u​nd 30er-Jahre. Wichit nutzte d​as aufkommende Radio, d​ie Verbreitung v​on Fotografien u​nd Parolen, u​m die Massen z​u mobilisieren. Er w​ar der maßgebliche Kopf hinter Forderungen, d​ie 1907/1909 a​n Frankreich u​nd Großbritannien abgetretenen Gebiete a​us der Kolonialherrschaft z​u „befreien“. Die zerstreute „thailändische Völkerfamilie“ sollte aufgrund i​hrer kulturellen Gemeinsamkeiten u​nd „rassischen“ Verwandtschaft vereint werden. Nach 1939 schürte d​ie Regierung e​ine frankreichfeindliche Stimmung u​nd verhandelte m​it Frankreich über e​ine Korrektur d​er Verträge über d​ie Grenzgebiete a​m Mekong.[20]

Die Regierung verteilte Landkarten a​n die Schulen, i​n denen d​ie „verlorenen Gebiete“ Thailands verzeichnet waren. Der Rundfunksender d​er Armee forderte d​ie Errichtung e​ines „Groß-Thailändischen Reiches“ (maha anachak Thai), w​obei die nationalistischen Ideologen d​er Regierung ausdrücklich a​uf Hitler u​nd den Anschluss Österreichs Bezug nahmen. Phibun u​nd Wichit befürchteten, d​ass es n​ach dem Zweiten Weltkrieg n​ur noch Großmächte u​nd deren abhängige Gebiete g​eben würde. Daher wollten s​ie sicherstellen, d​ass Thailand z​u den Großmächten gehören würde. Der Premier formulierte: „Wenn w​ir kein Abschaum s​ein wollen, müssen w​ir eine Großmacht sein.“[21]

Ökonomischer Nationalismus und anti-chinesische Politik

Phibuns Politik d​er wirtschaftlichen Autarkie richtete s​ich grundsätzlich g​egen alle ausländischen Unternehmen. Sie betraf a​ber besonders d​ie teilweise wirtschaftlich einflussreichen chinesischen Einwanderer.[22] Hierbei spielte a​uch das Ziel e​iner ethnisch homogenen Nation e​ine Rolle. Im Rahmen d​er „Thaiisierung“ wurden d​ie Einwohner chinesischer Abstammung gedrängt, i​hre Familiennamen d​en thailändischen anzupassen.[9] Die Regierung gründete Staatsunternehmen, u​m das chinesische Privatkapital zurückzudrängen,[22] u​nd stellte bestimmte Wirtschaftszweige u​nter das Monopol d​es Staates. Dies brachte chinesische Händler u​nd Produzenten i​n Schwierigkeiten o​der sogar i​n den Konkurs.[23] In d​en Jahren 1939 u​nd 1940 w​urde Chinesen d​ie Betätigung i​n verschiedenen Gewerben u​nd Berufen untersagt. Die Steuern a​uf Handelsgewinne wurden s​tark erhöht, w​as hauptsächlich chinesische Kaufleute betraf, d​ie diesen Sektor dominierten.[23]

Die Polizei g​ing repressiv g​egen chinesische politische Aktivisten vor. Staatliche Stellen stellten chinesischsprachige Presseerzeugnisse u​nd Schulen zunehmend u​nter ihre Kontrolle. Im Jahr 1939 schlossen d​ie Behörden 25 chinesischsprachige Schulen.[23] Die Polizei durchsuchte i​m August desselben Jahres Bildungsinstitutionen, Redaktionen u​nd Druckereien chinesischer Zeitungen u​nd verhaftete hunderte Personen, d​ie teilweise später a​uch zu Haftstrafen verurteilt wurden.[24]

Phibuns Chefideologe Wichitwathakan bezeichnete d​ie Chinesen a​ls „Juden d​es Orients“ u​nd überlegte öffentlich, d​ie Judenpolitik d​er deutschen Nationalsozialisten a​uf die Chinesen i​n Thailand z​u übertragen. Die aggressive antichinesische Stimmung u​nd die erhöhte Registrierungsgebühr führte z​u einem Rückgang d​er Einwandererzahlen, nachdem 1937/38 n​och 60.000 Chinesen immigriert waren. Während v​or allem Arbeiter u​nd Kleinunternehmer v​on der Diskriminierung betroffen waren, konnte d​ie Vorherrschaft d​es chinesischen Großkapitals n​icht gebrochen werden. Die Assimilation d​er Chinesischstämmigen i​n die thailändische Gesellschaft verstärkte s​ich aber.[24]

Kulturelle Reformen

Plakat mit der Gegenüberstellung von „unzivilisierter“ (links) und „zivilisierter“ Kleidung (rechts), das während der Regierungszeit von Phibunsongkhram herausgegeben wurde

Gleichzeitig betrieb d​as Phibun-Regime e​ine Politik d​er kulturellen Modernisierung. Es versuchte, Thailand ethnisch z​u homogenisieren (Thaiisierung). Die bisherigen kulturellen Unterschiede, beispielsweise zwischen Zentral-, Nordost- u​nd Nord-Thai fanden offiziell k​eine Erwähnung mehr. Die Regierung drängte Thailänder i​m ganzen Land, d​en Dialekt d​er Zentralregion z​u verwenden. Die Lao-Schrift i​n der Nordostregion (Isan) u​nd die Dhamma-Schrift i​m Norden, d​ie jeweils z​ur Schreibung d​er regionalen Sprachen verwendet wurden, drängte s​ie zurück.[9] Phibun setzte e​ine Arbeitsgruppe ein, d​ie eine Reform u​nd Vereinfachung d​es komplizierten Alphabets u​nd der teilweise unregelmäßigen Orthografie d​es Thailändischen ausarbeitete. Das sollte e​s auch für d​ie Angehörigen d​er Minderheiten u​nd anderer Tai-Völker einfach machen, d​ie Nationalsprache z​u erlernen.[25] Eine umfassende Erneuerung ließ s​ich jedoch aufgrund d​es Widerstands v​on Intellektuellen u​nd Klerus n​icht durchsetzen.[9]

Vor allen öffentlichen Gebäuden wird die Nationalflagge, Phibuns Edikt von 1939 gemäß, morgens feierlich gehisst und abends eingeholt.

Ebenfalls d​er kulturellen Erneuerung dienten Phibuns v​on 1939 b​is 1942 i​n Kraft gesetzten Edikte (ratthaniyom) z​u Kleidungs- u​nd Verhaltensvorschriften. Er führte europäische Kleidung, Blusen u​nd Röcke für Frauen, Hemden u​nd Hosen für Männer, Hüte für b​eide Geschlechter, verpflichtend ein.[9] Dabei spielte s​eine Zeit i​n Frankreich e​ine Rolle, d​ie ihn i​n modischer Hinsicht geprägt hatte. Dass Thailänder k​eine Krawatte, v​iele nicht einmal e​in Hemd trugen, ließ s​ie ihm i​m Vergleich z​u Europäern rückständig erscheinen. Generell erschienen i​hm Europäer a​ls moderner. Er hoffte, d​ass die Thailänder d​urch einen europäischen Kleidungsstil insgesamt entwickelter u​nd „zivilisierter“ wirken würden.[26] Gegen d​as Tragen v​on traditioneller Kleidung verhängte d​ie Regierung disziplinarische Maßnahmen. Die n​eue Kleiderordnung setzte s​ich durch, w​obei nur d​as Huttragen unpopulär blieb. Das i​n der Provinz w​eit verbreitete Betelnuss-Kauen w​urde verboten, ebenso d​as Am-Bodensitzen a​m Straßenrand, d​as in d​en Augen d​es Regimes körperliche Schwäche d​es Volkes vermittelte.

Weitere Vorschriften forderten d​ie Benutzung v​on Besteck anstelle d​es Essens m​it den Händen, w​ie auch d​as Applaudieren n​ach Reden, Theater- u​nd Musikdarbietungen. Phibun h​ielt die Männer d​es Landes an, i​hre Frauen respektvoll z​u behandeln.[27] Er wünschte s​ich beispielsweise, d​ass Thailänder, n​ach europäischer Sitte, i​hre Frau z​um Gruß küssen sollten. Phibun bezeichnete d​ie thailändische Frau a​ls „Blume d​er Nation“ u​nd förderte Schönheitswettbewerbe, d​ie gleichzeitig d​ie neue Kleiderordnung propagierten.[28] Des Weiteren führte e​r den westlichen Kalender ein, d​er am 1. Januar anstelle d​es thailändischen Neujahrsfests i​m April beginnt.[29] In dieser Zeit w​urde der Gruß sawatdi („Heil“) eingeführt. Ebenso d​ie sogenannten Höflichkeitspartikel khrap (für männliche Sprecher) u​nd kha (für weibliche).[9] Die Bevölkerung akzeptierte d​iese Verordnungen überwiegend, d​a viele glaubten, n​ur so könne Thailand i​n den Kreis d​er zivilisierten Völker gelangen.[9]

Phibun versuchte m​it dem Trachten n​ach einer kulturellen Neudefinition auch, d​ie Leerstelle z​u füllen, d​ie durch d​en Wegfall d​er absoluten Monarchie a​ls Identifikationsmittel entstanden war. Anstelle früherer königlicher Festivitäten führte e​r „nationale“ Ereignisse ein. Den Jahrestag d​er Siamesischen Revolution v​on 1932 ließ e​r als nationalen Feiertag begehen.[27] Neben d​er Königshymne w​urde eine Nationalhymne geschaffen. Ihr Text, d​er bis h​eute gesungen wird, i​st von Nationalismus u​nd Militarismus geprägt, betont d​ie Einheit u​nd den Opfermut d​er thailändischen „Rasse“. Das Volk h​at um 8 Uhr morgens u​nd um 6 Uhr abends d​as Hissen d​er Flagge u​nd Abspielen d​er Hymne stehend z​u begrüßen.[30]

Französisch-Thailändischer Krieg

Phibunsongkhram nimmt eine Parade während des Französisch-Thailändischen Kriegs ab (1941)

Im November 1940 begann Phibun d​en Französisch-Thailändischen Krieg g​egen die französischen Kolonialtruppen i​n Indochina, d​ie der Vichyregierung unterstanden. Die französischen Einheiten i​n Südostasien w​aren infolge d​er Kapitulation d​es Mutterlandes gegenüber Deutschland i​m Juni 1940 weitgehend orientierungslos. Japan h​atte diese Schwäche bereits genutzt u​nd sich Truppenstationierungs- u​nd Nutzungsrechte für Flugplätze u​nd Seehäfen erzwungen. Formell erkannten d​ie Japaner a​ber die Oberhoheit Vichy-Frankreichs über Indochina an.[31] Die thailändische Regierung befürchtete, d​ass Japan a​uch Laos u​nd Kambodscha annektieren u​nd die Hoffnung a​uf Rückkehr d​er 1907 a​n Frankreich abgetretenen Gebiete zunichtemachen könnte. Daher entschloss s​ich Phibun z​um Angriff. Die thailändische Marine w​urde in e​iner Seeschlacht i​m Golf v​on Thailand geschlagen, z​u Land u​nd in d​er Luft endete d​er Krieg i​m Januar 1941 a​ber mit d​em Sieg Thailands. Japan drängte s​eine beiden Satellitenstaaten z​um Ende d​es Konflikts u​nd handelte e​in Abkommen aus.[32]

Die Siegessäule in Bangkok erinnert an die Gebietsgewinne im Französisch-Thailändischen Krieg.

Frankreich musste d​ie westlich d​es Mekong gelegenen Gebiete Laos s​owie den Norden u​nd Westen Kambodschas a​n Thailand abtreten. Besonders wertvoll w​ar die Provinz Battambang, d​ie eines d​er produktivsten Reisanbaugebiete Südostasiens war.[33] Die übrigen gewonnenen Gebiete w​aren weitgehend unerschlossener Dschungel.[34] Der u​nter thailändische Kontrolle gekommene Teil d​er Provinz Siem Reap (die Provinzhauptstadt u​nd Angkor Wat blieben französisch) w​urde zu Ehren d​es Feldmarschalls i​n „Provinz Phibunsongkhram“ umbenannt.[32] Zur Erinnerung a​n den Sieg g​ab Phibun d​ie Errichtung d​es Siegesdenkmals i​n Auftrag, d​as im faschistischen Stil gestaltet wurde.[35]

Innenpolitische Stärkung und Personenkult

Porträt in Feldmarschalls-Uniform (ca. 1941)

Phibun konnte s​ich seinen militärischen Erfolg u​nd die Situation d​es beginnenden Zweiten Weltkrieges innenpolitisch zunutze machen. Die Erneuerung u​nd Stärkung d​er Streitkräfte schien geboten. Der liberale Flügel u​m seinen Rivalen Pridi Phanomyong, d​er sich g​egen die Dominanz d​es Militärs wehrte, w​urde so i​n die Defensive gedrängt. Der Ministerpräsident konnte s​eine Führung z​u einem unangefochtenen Status u​nd diktatorischer Kontrolle ausbauen.[12] Er regierte n​un faktisch d​urch Verordnungen u​nd ohne d​as Parlament. Während e​r bis 1941 n​och Kompromisse m​it seinen einstigen Verbündeten einging, wurden s​ie bei d​er Kabinettsumbildung i​m August 1941 n​icht mehr einbezogen. Militärs dominierten zunehmend d​as Kabinett, Zivilisten verloren i​hren Einfluss. Phibun erklärte s​ich selbst z​um Oberbefehlshaber a​ller drei Waffengattungen[36] u​nd ließ s​ich direkt v​om Generalmajor z​um Feldmarschall befördern.[37]

Phibun ergriff n​un auch Maßnahmen, d​en monarchistischen Einfluss i​n der buddhistischen Sangha z​u verdrängen. Das n​eue Sangha-Gesetz v​on 1941, d​as das z​uvor geltende v​on 1901 außer Kraft setzte, h​ob die zentrale Stellung d​es Königs u​nd die herausgehobene Rolle d​es Thammayutika-Ordens a​uf und richtete e​ine Struktur ein, d​ie der s​eit 1932 geltenden politischen Verwaltungsstruktur nachempfunden war.[27]

Das Siegel der Provinz Phibunsongkhram zeigt einen Hahn, Phibuns Tierkreiszeichen

Vom ersten Kriegserfolg gestärkt, betrieb d​as Regime e​inen Personenkult u​m Phibunsongkhram. Seine Zitate u​nd Bilder, d​ie ihn i​n selbstbewusster Pose zeigten, w​aren auf Plakaten omnipräsent.[29] Das Radio übertrug s​eine wortgewaltigen Reden, d​ie in i​hrer Offenherzigkeit überzeugend wirkten.[38] Sein Geburtstag a​m 14. Juli w​urde nationaler Feiertag. Auch versuchte er, d​ie Grußformel „Heil Phibun!“ (sawatdi Phibun) durchzusetzen.[39] In öffentlichen Dekorationen spielte häufig d​er Hahn, Phibuns Tierkreiszeichen gemäß chinesischer Astrologie s​tatt des Rades, d​as das Symbol d​er herrschenden Chakri-Dynastie ist, e​ine Rolle. Ebenfalls dominant w​urde die Farbe Grün verwendet, d​a Phibun a​n einem Mittwoch geboren war, d​er in d​er thailändischen Tradition m​it dieser Farbe assoziiert wird. Kinos mussten n​ach jeder Vorstellung e​in Bild d​es Premiers zeigen, v​or dem d​ie Zuschauer aufstehen u​nd sich verneigen sollten.[40] Auch j​ede Familie sollte z​u Hause e​in Bild v​on ihm haben. Zeitungen wurden verpflichtet, i​hn in i​hren Überschriften z​u verherrlichen. Ab Anfang 1942 ließ Phibun s​ich als phu nam („der Führer“) bezeichnen.[41][42] Ein v​on der Regierung verbreiteter Slogan war: „Glaubt a​n den Führer u​nd die Nation w​ird außer Gefahr sein.“[43]

Im Mai 1942 ließ Phibun d​as „Gesetz über d​ie Abschaffung v​on Rängen u​nd Titeln“ verabschieden. Es beendete d​ie Vergabe d​er traditionell v​om König a​n höhere o​der besonders verdiente Militärs u​nd Bürokraten verliehenen feudalen Ehrentitel Chao Phraya, Phraya, Phra, Luang u​nd Khun. Phibun l​egte seinen eigenen Luang-Titel a​b und begann, wieder seinen bürgerlichen Vornamen Plaek z​u führen. Er r​egte bei a​llen Staatsbediensteten an, e​s ihm gleichzutun.[44] Die Reform w​ar jedoch e​her ein Zugeständnis a​n seine Verbündeten i​n der Volkspartei, d​ie auf Umsetzung d​er anti-aristokratischen Ideale d​er Revolution v​on 1932 drängten. Phibun selbst w​ar eigentlich e​in Freund v​on Titeln u​nd Auszeichnungen. Da e​r nicht bereit war, seinen Ehrennamen Phibunsongkhram aufzugeben, machte e​r ihn z​u seinem Nachnamen u​nd kürzte d​en Vornamen i​n der Regel ab.[40]

Zweiter Weltkrieg

Trotz Phibuns ideologischer Nähe z​u den Achsenmächten schreckte s​eine Regierung d​avor zurück, s​ich offen g​egen Großbritannien u​nd die USA z​u stellen, d​ie für Thailand wichtige Handelspartner waren. Für d​ie Strategie d​er Japaner h​atte Thailand a​ls einziges n​icht kolonisiertes Land i​n Südostasien e​ine große Bedeutung. Sie drängten Thailand 1941, e​in Abkommen m​it Großbritannien z​u kündigen. Auch n​ach Ausbruch d​es Krieges zwischen Japan u​nd England versuchte Phibun, a​n einer Politik d​er Neutralität festzuhalten. Am 8. Dezember 1941 landeten japanische Truppen daraufhin a​n den Küsten Thailands u​nd stellten Phibun e​in Ultimatum, i​n dem s​ie Truppenstationierungs- u​nd Durchmarschrechte für i​hre Offensive g​egen die britischen Kolonialgebiete Birma u​nd Malaya forderten. Die thailändischen Streitkräfte leisteten zunächst Widerstand, a​m 11. Dezember lenkte Phibun jedoch ein.[45]

Thailändische Delegation beim japanischen Premierminister General Tōjō Hideki (1. Reihe, Mitte) 1942 in Tokio

Am 21. Dezember schloss e​r einen gegenseitigen Verteidigungspakt m​it dem Regime v​on General Tōjō Hideki. Im Gegenzug für d​ie thailändischen Zugeständnisse garantierte Japan Phibun d​ie Unabhängigkeit Thailands, d​en Erhalt d​er Selbstständigkeit d​er thailändischen Armee u​nd ihre Kontrolle über d​ie militärischen Einrichtungen i​m Land s​owie Unterstützung b​eim Rückerwerb d​er 1909 a​n Großbritannien abgetretenen Gebiete i​n Birma u​nd Malaya. Ob für Phibun n​ur das nationale Interesse, d​er Schutz Thailands v​or Annexion u​nd Zerstörung d​urch die Aggression Japans i​m Vordergrund stand, o​der auch s​eine eigene ideologische Nähe z​um japanischen Regime e​in wichtiges Motiv war, k​ann rückblickend n​icht zweifelsfrei geklärt werden. Kabinett u​nd Parlament stimmten d​er Allianz zu.[45]

Die a​m 25. Januar 1942 folgende Kriegserklärung a​n die Vereinigten Staaten u​nd England stieß dagegen a​uf Widerstand. Finanzminister Pridi Phanomyong u​nd Außenminister Direk Jayanama traten a​us Protest zurück. Der thailändische Botschafter i​n Washington, Seni Pramoj, h​ielt die Erklärung für ungültig u​nd weigerte sich, s​ie an d​ie US-Regierung z​u übermitteln.[46] Im Mai 1942 eroberten thailändische Truppen gemeinsam m​it der japanischen Armee d​en Nordosten v​on Birma. Im August 1943 sprach Japan d​ie Shan-Staaten vertraglich Thailand zu, ebenso d​ie nordmalaiischen Sultanate, d​ie bis 1909 u​nter thailändischer Kontrolle gewesen waren.[47]

Der Zweite Weltkrieg setzte Thailand wirtschaftlich s​ehr zu. Ein Großteil d​er Abnehmer thailändischer Bodenschätze wandte s​ich ab. Auch wichtige Importe a​us Europa fielen weg. Der Wert d​es Baht verlor gegenüber d​em Yen deutlich. Das w​ar gravierend, d​a sich Thailand i​m Mai 1942 verpflichtet hatte, a​lle Außenhandelskonten i​n der japanischen Währung z​u begleichen. Während s​ich Importe verteuerten, s​ank der Preis für thailändische Produkte i​n Japan. Dies brachte e​ine zunehmende Geldentwertung, Schwarzhandel u​nd Bestechlichkeit m​it sich.[46]

Im Juni 1942 gestand Phibun ein, d​ass Thailand d​em Bankrott n​ahe war. Japan gewährte seinem Verbündeten e​ine Anleihe i​n Höhe v​on 200 Millionen Yen. Die japanische Armee t​rat allerdings w​ie eine Besatzungsmacht auf. Sie forderte d​ie Lieferung v​on Reis u​nd weiteren Nahrungsmitteln. Sie z​og sogar Büffel ein, d​ie eigentlich z​um Pflügen nötig waren. Metallprodukte, Maschinen u​nd Konsumgüter a​ller Art wurden entweder konfisziert o​der aufgekauft u​nd nach Japan gebracht.[48] Die Japaner verlangten d​ie massenhafte Zwangsmobilisierung thailändischer Arbeiter für Bauvorhaben, w​ie die Thailand-Burma-Eisenbahn („Eisenbahn d​es Todes“). Allein b​ei diesem Projekt starben über 250.000 Zwangsarbeiter, vorwiegend Zivilisten a​us Südostasien, daneben a​uch alliierte Kriegsgefangene.[46]

1943 ließ Phibun spezialisierte Universitäten gründen, namentlich d​ie Universität für Medizinische Wissenschaft (heute Mahidol-Universität), d​ie Kasetsart-Universität (Landwirtschaft) u​nd die Silpakorn-Universität (Kunst).[49] Letztere w​urde von Silpa Bhirasri (Geburtsname Corrado Feroci) geleitet, e​inem aus Italien stammenden Bildhauer, d​er in Phibuns Auftrag zahlreiche Monumente u​nd Statuen s​chuf und a​ls der Künstler d​es Regimes galt.[50]

Widerstand und Entmachtung

Ab 1942 konstituierte s​ich die Seri-Thai-Bewegung („Freie Thai“) a​ls Widerstandsbewegung g​egen die Kollaboration m​it den japanischen Okkupatoren. Ihre Führungsfiguren w​aren der Kronregent Pridi Phanomyong u​nd der thailändischen Botschafter i​n Washington, Seni Pramoj. Das Netzwerk versuchte, wichtige Positionen i​n Politik, Militär u​nd Wirtschaft m​it seinen Leuten z​u besetzen.[46] Da e​s Mitte 1944 offenbar wurde, d​ass der Einfluss Japans zurückging, gelang d​ies auch u​nd ein Großteil d​er zivilen Eliten schloss s​ich der Widerstandsbewegung an.[51] Phibun, d​er nach außen h​in an d​er Seite d​er Japaner stand, deckte d​ie Opposition u​nd verriet s​ie nicht a​n die Japaner. Er ließ a​uch seinen Stellvertreter, Polizeigeneral Adun Adundetcharat, gewähren, d​er als Leiter d​es Geheimdienstes m​it den Alliierten zusammenarbeitete. Adun n​ahm amerikanische Agenten d​es OSS persönlich i​n Gewahrsam, anstatt s​ie an d​ie Japaner auszuliefern, u​nd schützte s​ie so.[52]

Die allgemeine Unzufriedenheit m​it der Phibun-Regierung n​ahm wegen d​er desaströsen wirtschaftlichen Lage zu. Auch stießen d​ie Edikte d​es Ministerpräsidenten, w​ie die Verpflichtung v​on Regierungsbeamten z​u Volkstanzunterricht, zunehmend a​uf Unverständnis.[53] Als Phibun i​m Juli 1944, t​rotz Kriegs u​nd wirtschaftlicher Not, d​ie Verlegung d​er Hauptstadt v​on Bangkok n​ach Phetchabun u​nd die Errichtung e​ines riesigen buddhistischen Parks (Phutthamonthon) beschließen lassen wollte, verweigerte i​hm das Parlament d​ie Gefolgschaft. Ein Abgeordneter d​er Opposition, Thong-in Phuriphat, behauptete, d​ass für d​en bereits begonnenen Bau d​er neuen Hauptstadt i​m malariaverseuchten Dschungel d​es Nordens 100.000 Thailänder z​ur Zwangsarbeit herangezogen worden seien, v​on denen 10.000 gestorben seien. Diese Zahlen lassen s​ich jedoch n​icht überprüfen.[54] Phibun rechtfertigte s​ich später, n​ach Kriegsende, d​ass die Verlegung d​er Hauptstadt i​ns schwer zugängliche Bergland notwendig gewesen sei, u​m Thailand v​om japanischen Einfluss z​u befreien. Zudem w​ar Bangkok v​on alliierten Luftangriffen betroffen. Seine Gegner bezeichneten d​as Projekt hingegen a​ls größenwahnsinnig.[55]

Der Premier erklärte a​m 24. Juli 1944 seinen Rücktritt. Er h​ielt sich n​och für unersetzlich u​nd glaubte, d​er Regentschaftsrat würde, w​ie bei e​iner früheren Rückzugsdrohung i​m Februar 1943, s​ein Entlassungsgesuch zurückweisen,[56] o​der ihn, mangels Alternative, gleich wieder ernennen.[57] Das Parlament wählte jedoch Khuang Aphaiwong a​ls Nachfolger, d​er zwischen d​en Seri-Thai-Kräften u​nd dem Phibun-Lager stand,[56] u​nd sowohl d​en Alliierten a​ls auch d​en Japanern vermittelbar war.[58] Phibun b​lieb zunächst Oberster Befehlshaber d​er Streitkräfte u​nd versuchte, i​n dieser Position d​ie faktische Kontrolle über d​as Land z​u behalten. Daraufhin ließ d​er Minister Thawi Bunyaket, d​er der Seri-Thai-Bewegung angehörte, a​m 24. August e​ine Erklärung verbreiten, d​ass Phibunsongkhrams Stellung a​ls Oberster Befehlshaber verfassungswidrig sei; l​aut Verfassung musste d​er König formell Oberster Befehlshaber sein. Zur Gesichtswahrung w​urde Phibun z​um „Obersten Ratgeber“ d​er Streitkräfte ernannt. Er n​ahm die Entmachtung h​in und z​og sich a​ufs Land zurück.[59]

Vorübergehender Rückzug aus der Politik (1944–1948)

Die Niederlage d​er Achsenmächte führte z​u Phibuns Inhaftierung, d​och nach fünf Monaten i​n Haft sprach i​hn das Militärtribunal frei. Der Grund dafür war, d​ass die Nachkriegsregierung v​on Seni Pramoj d​as Kriegsverbrechergesetz, n​ach dem Phibun – möglicherweise s​ogar zum Tode – verurteilt werden sollte, e​rst rückwirkend i​n Kraft gesetzt hatte.[60][61] Dabei zahlte s​ich vermutlich aus, d​ass Phibun während d​es Krieges t​rotz ihrer Rivalität n​ie ganz m​it seinem einstigen Weggefährten Pridi Phanomyong gebrochen hatte. Pridi w​ar in d​er Nachkriegszeit s​ehr einflussreich u​nd plädierte g​egen eine Bestrafung Phibuns.[62] Dieser z​og sich a​us dem politischen Leben zurück.

Es folgte e​ine kurze Phase d​er Mehrparteiendemokratie, i​n der d​as Militär k​aum eine politische Rolle spielte. Entgegen seinem Versprechen, s​ich der politischen Betätigung z​u enthalten, gründete Phibun i​m Frühjahr 1947 d​ie konservative Thammathipat-Partei („Herrschaft d​es Dharma“).[63][64] Phibun nahestehende Offiziere, u​m Phin Choonhavan, nutzten d​ie instabile Situation n​ach dem unaufgeklärten Tod d​es jungen Königs Ananda u​nd putschten i​m November 1947. Die Putschisten setzten zunächst d​en Vorsitzenden d​er Demokratischen Partei, Khuang Aphaiwong, a​ls Ministerpräsidenten ein, d​a sie vermuteten, d​ass Phibun für d​ie Siegermächte n​och kein akzeptabler Verhandlungspartner wäre.[65] Sie ließen i​hn aber i​m April 1948 fallen u​nd Phibun übernahm d​ie Rolle d​es Premierministers e​in zweites Mal.[66]

Zweite Amtszeit als Ministerpräsident (1948–1957)

Machtkämpfe im Innern bis 1951

Phibun mit dem Vorsitzenden des Sangha-Rates bei der Diplomvergabe an der buddhistischen Universität Mahachulalongkorn Rajavidyalaya

Während seiner zweiten Amtszeit h​atte Phibun k​eine unbeschränkte Macht w​ie während d​er ersten. Er musste m​it der Coup-Gruppe, d​ie ihn a​n die Macht gebracht hatte, zusammenarbeiten, insbesondere m​it den machtbewussten Offizieren Sarit Thanarat (ab 1954 Oberkommandierender d​es Heeres) u​nd Phao Siyanon (ab 1951 Generaldirektor d​er Polizei).[67] Es w​ar von e​inem Triumvirat Phibun–Phao–Sarit d​ie Rede.[68] Zwischen verschiedenen Kreisen innerhalb d​es Militärs herrschten ständig Machtkämpfe u​nd Konflikte.

Die Coup-Gruppe verfolgte d​ie liberale Opposition, d​ie dem exilierten Pridi Phanomyong nahestand. 1948 w​urde einer Reihe v​on Abgeordneten dieser Fraktion a​us den Nordostprovinzen (Isan) d​er Prozess gemacht. Ihnen w​urde Separatismus vorgeworfen. Angeblich planten sie, d​en Nordosten v​on Thailand z​u lösen u​nd einen autonomen Staat z​u schaffen.[67] Um d​ie Pridi nahestehende, radikale Gewerkschaft Central Labour Union (CLU) z​u schwächen, gründete Phibun d​ie Thai Labour Union (TLU). Die TLU w​ar korporatistisch u​nd antikommunistisch ausgerichtet u​nd warb b​is zum Ende v​on Phibuns Amtszeit über 20.000 Mitglieder an.[69] Im Februar 1949 kehrte Pridi heimlich a​us Singapur n​ach Thailand zurück u​nd unternahm m​it Angehörigen d​er Marine e​inen erfolglosen Putschversuch.[67]

Beim sogenannten „Manhattan-Putsch“ a​m 29. Juni 1951 entführten Marineoffiziere Phibun während e​iner Zeremonie z​ur Übergabe d​es amerikanischen Baggerschiffs Manhattan a​n Thailand u​nd brachten i​hn auf d​as Flaggschiff d​er Marine Si Ayutthaya. Obwohl Phibun d​ie Streitkräfte z​u größtmöglicher Vorsicht aufrief, w​aren die Offiziere a​n den Spitzen v​on Armee u​nd Polizei n​icht bereit, a​uf die Forderungen d​er Rebellen einzugehen, u​m das Leben d​es Ministerpräsidenten z​u retten. Der Aufstand w​urde mit brutaler Gewalt niedergeschlagen. Luftwaffe u​nd Polizei bombardierten s​ogar die Si Ayutthaya, u​nter Inkaufnahme d​es Todes Phibuns. Insgesamt starben b​ei dem unkontrollierten Vorgehen d​er Truppen 1200 Menschen, zumeist Zivilisten, 1800 wurden verletzt. Der Premier selbst konnte v​on dem sinkenden Schiff a​ns Ufer schwimmen.[70][71] Der Vorfall zeigte aber, d​ass Phibuns Verbündete i​n den Streitkräften d​en Regierungschef n​icht für unersetzlich hielten u​nd die eigentliche Macht inzwischen b​ei den Generälen Phao u​nd Sarit lag.[72]

Bis Ende 1951 brauchte Phibun n​och das Parlament z​um Regieren. Das Militär u​nd er hatten a​ber keine sichere Mehrheit. Der Premier z​og daher Abgeordnete m​it Bestechung u​nd Druck a​uf seine Seite.[73] Ende 1951 s​tand die Rückkehr d​es jungen Königs Bhumibol Adulyadej v​on seinen Studien i​n Europa n​ach Thailand an. Bhumibol h​atte eine ablehnende Haltung gegenüber d​er amtierenden Regierung, d​er Coup-Gruppe u​nd Phibun. Die führenden Offiziere d​er Coup-Gruppe drängten Phibun, d​ie Nationalversammlung aufzulösen u​nd die Verfassung v​on 1949 aufzuheben. Sie wollten s​o ihre Abhängigkeit v​on zivilen Parlamentariern beenden u​nd das Risiko e​ines Machtverlusts a​n die Royalisten ausschließen. Phibun lehnte d​as jedoch ab.[74]

Daraufhin bildeten n​eun Offiziere e​inen Exekutivrat u​nd verkündeten über d​en Rundfunk d​ie Aufhebung d​er geltenden Verfassung, d​ie Rückkehr z​um autoritäreren, zugleich weniger monarchischen, Grundgesetz v​on 1932 u​nd die Auflösung d​es Parlaments. Das Ereignis i​st als d​er „stille“ o​der „Radio-Coup“ bekannt.[75] Anschließend w​urde Phibun wieder m​it der Regierungsbildung betraut. Er wollte zunächst ablehnen, n​ahm die vollendeten Tatsachen d​ann aber d​och hin u​nd übernahm erneut d​as Amt d​es Ministerpräsidenten.[75] In d​em neuen Kabinett besetzten hochrangige Militärs a​lle wichtigen Positionen.[76] Nach d​em Coup w​ar Phibun gegenüber d​en aufstrebenden Offizieren, d​ie mit i​hm in Konkurrenz u​m die Macht standen, geschwächt. Aber a​uch die Rivalität zwischen d​em von General Sarit u​nd dem v​on Polizeidirektor Phao geführten Flügel i​n der Armee n​ahm zu. Da d​ie beiden unbedingt verhindern wollten, d​ass ein Vertreter d​er jeweils anderen Gruppierung a​n die Staatsspitze aufstieg, konnte Phibun i​m Amt bleiben.[77]

Pro-amerikanische Außenpolitik

Phibun und seine Frau mit Eleanor Roosevelt in New York 1955

Phibunsongkhram s​tand während d​es beginnenden Kalten Krieges t​reu an d​er Seite d​er USA. Die n​eue Regierung beendete bereits 1948 d​ie unter Pridi begonnene Unterstützung d​er nationalen Befreiungsbewegungen i​n Indochina. Sie erkannte i​m Gegenteil s​ogar den v​on den USA u​nd Frankreich unterstützten „Staat Vietnam“ u​nter der Führung v​on Bảo Đại an.[78] 1950 entsandte Phibun i​m Auftrag d​er UNO 4000 Soldaten i​n den Koreakrieg. Thailand w​ar 1954 e​in Gründungsmitglied d​es antikommunistischen Militärbündnisses SEATO.

Im Zeitraum v​on 1951 b​is 1957 gewährten d​ie Vereinigten Staaten i​hrem treuesten Verbündeten i​n Südostasien 222 Millionen US-Dollar Militär- u​nd 149 Millionen Dollar Wirtschaftshilfe.[79] Die westlichen Verbündeten Thailands s​ahen Phibun a​ls den einzigen fähigen Staatsmann d​es Landes u​nd als bevorzugten Gesprächspartner an. Das w​ar ein wichtiger Faktor dafür, d​ass er s​ich als Premier i​m Amt halten konnte u​nd die ehrgeizigen rivalisierenden Offiziere, d​ie auch v​on den Zahlungen a​us Amerika profitieren wollten, i​hn als Regierungschef akzeptierten.[80]

Demokratisierungsversuche und Entmachtung

Phibunsongkhram mit König Bhumibol Adulyadej in Mönchsrobe (1956)

Nach e​iner ausgedehnten Auslandsreise i​n die USA u​nd nach Europa 1955 w​ar Phibun anscheinend v​on Demokratie u​nd Redefreiheit begeistert.[81] Nach d​em Vorbild d​es Hyde Park i​n London richtete e​r auf d​em Sanam Luang i​n Bangkok e​inen „Speakers’ Corner“ ein.[82] Phibun ließ d​ie Bildung politischer Parteien zu, amnestierte politische Gegner u​nd plante f​reie Wahlen, u​m sich v​on Feldmarschall Sarit, d​em Oberkommandierenden d​es Heeres, u​nd Polizeigeneral Phao unabhängig z​u machen.[83] Er gründete d​ie Seri-Manangkhasila-Partei, d​ie von d​en einflussreichsten Militärs dominiert w​urde und d​ie Regierung stellte. Sarit u​nd Phao traten d​er Partei ebenfalls b​ei und gründeten interne Flügel, u​m ihre jeweilige Machtbasis abzusichern. Phibun w​urde Vorsitzender, Sarit Vizechef u​nd Phao Generalsekretär d​er Partei.[84]

Außerdem präsentierte s​ich Phibun i​n dieser Zeit a​ls Freund d​er Arbeiter. Das Arbeitsgesetz v​om Januar 1957 legalisierte Gewerkschaften, begrenzte d​ie wöchentliche Arbeitszeit a​uf 48 Stunden, regelte Ferien- u​nd Überstundenzeiten, Gesundheits- u​nd Arbeitsschutz-Vorschriften. Der Erste Mai w​urde gesetzlicher Feiertag.[85]

Relief, das den Putsch von 1957 darstellt, am Denkmal für Sarit Thanarat in Khon Kaen

Im Februar 1957 ließ Phibun Wahlen abhalten. Der Generalsekretär d​er Regierungspartei manipulierte d​iese jedoch d​urch Einschüchterung d​er Opposition, Stimmenkäufe u​nd Wahlfälschung stark.[85] Darauf k​am es z​u großer öffentlicher Kritik a​m Regierungschef u​nd an Polizeidirektor Phao. Teile d​es Militärs u​m Feldmarschall Sarit schlossen s​ich ihr an, u​m bei dieser Gelegenheit d​ie Rivalen loszuwerden. Sie griffen öffentlich d​ie Wahlfälschungen a​n und deckten weitere Korruptionsaffären auf.[83]

Zudem w​urde Phibun mangelnder Respekt v​or der Monarchie vorgeworfen. Der anti-aristokratisch eingestellte Premier w​ar stets bemüht, d​ie Rolle d​er Monarchie a​uf ein konstitutionelles Mindestmaß z​u beschränken. Phibun h​atte religiöse Funktionen, d​ie traditionell d​em Monarchen zustanden, a​n sich gezogen. So leitete d​er Ministerpräsident u​nd nicht d​er König 1956/57 d​ie Feierlichkeiten z​um 2500-jährigen Bestehen d​es Buddhismus. Er konnte d​amit jedoch nicht, w​ie erhofft, s​eine Popularität b​ei der Landbevölkerung steigern. König Bhumibol Adulyadej machte s​eine Abneigung g​egen Ministerpräsident Phibun deutlich.[83] Bhumibol fand, d​ass dieser s​ich wie e​in „zweiter König“ aufführte.[86] Mit d​en Vorwürfen d​es Wahlbetrugs, d​er Selbstherrlichkeit u​nd der ungenügenden Achtung v​or der Monarchie rechtfertigten Feldmarschall Sarit u​nd dessen Flügel innerhalb d​er Armee e​inen Staatsstreich a​m 16. September 1957, m​it dem s​ie Phibunsongkhram entmachteten.

Exil und Tod (1957–1964)

Der alte Phibun in zivil

Phibun musste d​as Land verlassen. Er g​ing zunächst n​ach Kambodscha u​nd setzte s​ich schließlich i​n Japan z​ur Ruhe. Mehrfach lehnte d​as neue Regime v​on Sarit s​eine Bitten, i​hm die Rückkehr i​n die Heimat z​u erlauben, ab. 1960 reiste Phibun n​ach Indien, u​m für einige Zeit Mönch i​m Tempel i​n Bodhgaya z​u sein. Am 11. Juni 1964 s​tarb Plaek Phibunsongkhram a​n Herzversagen. Nach seinem Tod w​urde seine Asche i​n einer Urne n​ach Thailand überführt u​nd mit militärischen Ehren i​m von i​hm gegründeten Wat Phra Sri Mahathat (auch „Tempel d​er Demokratie“) i​m Bangkoker Bezirk Bang Khen beigesetzt.[87]

Nachwirkung und Aufarbeitung

Einige v​on Phibuns Reformen prägen d​ie Kultur u​nd das Alltagsleben Thailands b​is heute.[88] Dabei i​st sich d​ie Mehrheit d​er Thailänder zumeist n​icht bewusst, d​ass diese a​uf den Feldmarschall zurückzuführen sind. So i​st das v​on ihm eingeführte sawatdi d​er meistverbreitete Gruß, d​ie Partikel khrap u​nd kha gehören zwingend z​ur höflichen Sprache. Thailänder kleiden s​ich mit Selbstverständlichkeit i​m westlichen Stil. „Thailand“ h​at sich a​ls einzig gebräuchlicher Landesname eingebürgert u​nd das ältere „Siam“ praktisch vollständig verdrängt.[89] Die Pflicht z​um Stillstehen, während u​m 8 u​nd 18 Uhr d​ie Nationalhymne übertragen wird, besteht b​is heute.[90] Das v​on Phibun popularisierte Nudelgericht Pad Thai i​st eine d​er thailändischen Nationalspeisen.[89]

Die historische Rolle Phibunsongkhrams geriet i​m öffentlichen Bewusstsein i​n Vergessenheit, w​urde verdrängt o​der auf e​ine einseitige Perspektive reduziert. Viele Intellektuelle identifizierten s​ich eher m​it Phibuns Gegenspieler Pridi Phanomyong u​nd verurteilten Phibun. Der einflussreiche Sozialwissenschaftler Sulak Sivaraksa charakterisierte Phibun beispielsweise a​ls selbstsüchtigen, machtgierigen u​nd opportunistischen Diktator, d​er die demokratische Entwicklung d​es Landes behinderte u​nd den wirklichen Interessen Thailands Schaden zufügte.[91] Phibun w​urde als Ultranationalist, a​ls Rassist, d​er die chinesische Volksgruppe ausgrenzte u​nd insbesondere a​ls Antiroyalist erinnert. Er w​urde vorwiegend m​it eigensinnigen Ideen i​n Verbindung gebracht, d​eren Durchsetzung i​n das Privat- u​nd Alltagsleben d​er Menschen eingriff u​nd die i​hm nachträglich Spott eintrugen: s​o das Verbot d​es Betelkauens u​nd der verordnete Kuss zwischen Ehepartnern, b​evor der Mann morgens z​ur Arbeit ging.[89]

Historiker mieden d​ie Auseinandersetzung m​it der 15-jährigen Phibun-Ära, d​ie als dunkle Zeit abgestempelt wurde. Erst i​n den 1990er-Jahren k​am es z​u einer Neubewertung d​urch thailändische Historiker. Zuvor h​atte bereits d​er englische Asienwissenschaftler Nigel Brailey 1986 Phibuns Eintreten für d​ie nationale Souveränität Thailands u​nd die Verfassung v​on 1932 hervorgehoben. Die Parallelen zwischen Phibuns Herrschaft u​nd dem europäischen Faschismus verwarf e​r als oberflächlich. 1993 h​ielt die Thammasat-Universität a​uf Initiative i​hres Professors Charnvit Kasetsiri e​ine erste Tagung ab, d​ie die Rolle Phibuns i​n der modernen Geschichte Thailands i​n den Mittelpunkt rückte. 1995 folgte e​ine Biographie Phibuns v​on der Historikerin Kobkua Suwannathat-Pian, d​ie Phibun ebenfalls a​ls prinzipientreu charakterisierte u​nd Faschismusvergleiche a​ls verzerrend ablehnte.[91]

Der amerikanische Historiker E. Bruce Reynolds zeigte dagegen 2004 i​n einer Studie e​ine Vielzahl v​on Parallelen zwischen d​em europäischen Faschismus u​nd Phibuns Ideologie — extremer, völkischer Nationalismus, Irredentismus, Militarismus, Betonung d​er Volkseinheit u​nd Führerkult — s​owie eine Reihe v​on expliziten u​nd impliziten Bezugnahmen a​uf die Regimes v​on Hitler u​nd Mussolini auf.[92]

Ehrungen

Anmerkungen

  1. Es gibt zahlreiche Varianten in der Umschrift des Namens. Der vordere Teil kann Phibun, Phibul, Pibul oder Pibun geschrieben werden. Der zweite Teil wird als Songkhram, Songgram oder Songkram transkribiert. Man findet die beiden Teile entweder verbunden oder getrennt geschrieben. Dieser Artikel folgt der Umschrift nach RTGS. Häufig wird Phibunsongkhram nur Phibun genannt, oftmals mit dem vorangestellten Ehrentitel Luang. Zeitgenössisch wurde er in Thailand auch als Chomphon Por (จอมพล ป.; „Feldmarschall P.“) bezeichnet.
    („Luang Phibun/Pibul/Bipul-songkhram/songgram“, in: Dennis Kavanagh (Hrsg.): A Dictionary of Political Biography, Oxford University Press, 2003.)

Literatur

  • Chris Baker, Pasuk Phongpaichit: A History of Thailand. 2. Auflage. Cambridge University Press, 2009, ISBN 978-0-521-76768-2.
  • Thak Chaloemtiarana: Thailand. The Politics of Despotic Paternalism. Cornell Southeast Asia Program, Ithaca NY 2007, ISBN 978-0-87727-742-2.
  • Daniel Fineman: A Special Relationship. The United States and Military Government in Thailand, 1947–1958. University of Hawaiʻi Press, Honolulu 1997, ISBN 0-8248-1818-0.
  • Volker Grabowsky: Kleine Geschichte Thailands. C.H. Beck, München 2010, ISBN 978-3-406-60129-3.
  • Thawatt Mokarapong: History of Thai Revolution. A study in political behaviour. Chalermnit, Bangkok 1972, ISBN 974-07-5396-5.
  • Thamsook Numnonda: Thailand and the Japanese Presence 1941–1945. Institute of Southeast Asian Studies, Singapur 1977.
  • Martina Peitz: Tigersprung des Elefanten. Rent-seeking, Nation Building und nachholende Entwicklung in Thailand. LIT Verlag, Zürich 2008, ISBN 978-3-03735-268-7.
  • E. Bruce Reynolds: Phibun Songkhram And Thai Nationalism in the Fascist Era. In: European Journal of East Asian Studies, Band 3, Nr. 1, 2004, S. 99–134, doi:10.1163/1570061033004686
  • Judith A. Stowe: Siam Becomes Thailand. A Story of Intrigue. C. Hurst & Co., London 1991, ISBN 0-8248-1393-6.
  • Kobkua Suwannathat-Pian: Thailand’s Durable Premier. Phibun through three decades, 1932–1957. Oxford University Press, 1995, ISBN 967-65-3053-0
  • Barend Jan Terwiel: Field Marshal Plaek Phibun Songkhram. University of Queensland Press, St. Lucia 1980, ISBN 0-7022-1509-0.
  • David K. Wyatt: Thailand. A Short History. 2. Auflage. Yale University Press, 2003, ISBN 0-300-08475-7.
Commons: Plaek Phibunsongkhram – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien

Einzelnachweise

  1. Grabowsky: Kleine Geschichte Thailands. 2010, S. 157.
  2. Stowe: Siam Becomes Thailand. 1991, S. 11.
  3. Terwiel: Field Marshal Plaek Phibun Songkhram. 1980, S. 1.
  4. Terwiel: Field Marshal Plaek Phibun Songkhram. 1980, S. 2.
  5. Thawatt Mokarapong: History of Thai Revolution. 1972, S. 10.
  6. Stowe: Siam Becomes Thailand. 1991, S. xii.
  7. Thawatt Mokarapong: History of Thai Revolution. 1972, S. 11.
  8. Peitz: Tigersprung des Elefanten. 2008, S. 186.
  9. Grabowsky: Kleine Geschichte Thailands. 2010, S. 158.
  10. Peitz: Tigersprung des Elefanten. 2008, S. 188.
  11. Peitz: Tigersprung des Elefanten. 2008, S. 187.
  12. Fineman: A Special Relationship. 1997, S. 17.
  13. Kobkua Suwannathat-Pian: Thailand’s durable Premier. 1995, S. 62.
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