Peter Ramsauer
Peter Ramsauer (* 10. Februar 1954 in München[1]) ist ein deutscher Politiker (CSU) und Diplom-Kaufmann. Er gehört seit 1990 dem Deutschen Bundestag an.
Ramsauer war von Oktober 2009 bis Dezember 2013 Bundesminister für Verkehr, Bau und Stadtentwicklung im Kabinett Merkel II. 2005 bis 2009 war er Vorsitzender der CSU-Landesgruppe sowie Erster Stellvertretender Vorsitzender der CDU/CSU-Bundestagsfraktion. Von Oktober 2008 bis November 2015 gehörte Ramsauer zu den vier stellvertretenden CSU-Vorsitzenden. Bei der Bundestagswahl 2009 führt er die CSU-Liste als Spitzenkandidat an. In der Wahlperiode von 2013 bis 2017 saß er dem Wirtschaftsausschuss vor; von 2017 bis 2021 war er Vorsitzender des Ausschusses für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung.
Leben
Ausbildung und Beruf
Nach dem Abitur 1973 am Staatlichen Landschulheim Marquartstein absolvierte Ramsauer ein Studium der Betriebswirtschaftslehre an der Ludwig-Maximilians-Universität München, das er 1979 als Diplom-Kaufmann beendete. Gleichzeitig machte er eine Lehre zum Müller, die er 1977 als Geselle abschloss. 1980 bestand er die Meisterprüfung. Seit 1981 ist Ramsauer Gesellschafter des Familienbetriebes Ramsauer Talmühle KG. 1985 wurde er an der LMU München mit der Arbeit Wirtschaftliche Ziele und Effekte der Gebietsreform in Bayern promoviert.
Neben seiner politischen Tätigkeit war Ramsauer in der Vergangenheit Mitglied im Aufsichtsrat mehrerer Wirtschaftsunternehmen, darunter bei der bundeseigenen Deutschen Energie-Agentur (in seiner Eigenschaft als Bundesminister), der SKW Stahl-Metallurgie Holding und der MünchenerHyp.[2][3][4] So erzielte Ramsauer neben seinem Bundestagsmandat zwischen 2017 und 2020 meldepflichtige Einkünfte von mindestens 896.500 Euro.[5] Seit 2014 ist er Präsident der Vertretung der arabischen Handelskammern in Deutschland, der Ghorfa. Kritik, dadurch den Israel-Boykott arabischer Staaten zu unterstützen, wies er zurück.[6][7]
Partei
Ramsauer wurde 1972 Mitglied der Jungen Union und 1973 auch der CSU. Ab 1983 war er stellvertretender Landesvorsitzender der JU in Bayern. Von 1992 bis 1998 war er stellvertretender Landesvorsitzender der heutigen Mittelstands-Union der CSU. Am 25. Oktober 2008 fand ein CSU-Sonderparteitag in München statt, nachdem Ministerpräsident Günther Beckstein nicht mehr kandidierte. Es kam zu umfangreichen personellen Veränderungen in der CSU, unter anderem wurde Horst Seehofer zum CSU-Vorsitzenden gewählt und Ramsauer zu einem der vier stellvertretenden CSU-Vorsitzenden. Im November 2015 kandidierte Ramsauer, wie im Mai angekündigt, nicht mehr für den stellvertretenden Parteivorsitz.[8][9]
Abgeordneter
Von 1978 bis 1991 gehörte Ramsauer dem Stadtrat von Traunreut an. Seit 1984 ist er Mitglied des Kreistags (Kreisrat) des Landkreises Traunstein.[10]
Seit 1990 ist Ramsauer Mitglied des Deutschen Bundestages. Am 17. Oktober 1991 stimmte Ramsauer im Bundestag gegen die Anerkennung der Oder-Neiße-Linie als endgültige Grenze zwischen der wiedervereinigten Bundesrepublik Deutschland und der Republik Polen.[11] Er war von 1998 bis 2005 Parlamentarischer Geschäftsführer der CSU-Landesgruppe und der CDU/CSU-Bundestagsfraktion. Am 21. November 2005 wurde er als Nachfolger von Michael Glos zum Vorsitzenden der CSU-Landesgruppe und damit zum Ersten Stellvertretenden Vorsitzenden der CDU/CSU-Bundestagsfraktion gewählt. Im 18. Deutschen Bundestag war er Vorsitzender des Ausschusses für Wirtschaft und Energie.[12] Im 19. Deutschen Bundestag ist er Vorsitzender des Ausschusses für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung. Zudem gehört er als stellvertretendes Mitglied dem Auswärtigen Ausschuss, sowie dem Ausschuss für Wirtschaft und Energie an.[13]
Ramsauer ist stets als direkt gewählter Abgeordneter des Wahlkreises Traunstein (die Landkreise Traunstein und Berchtesgadener Land sowie zeitweise Teile des Landkreises Altötting umfassend) in den Bundestag eingezogen. Bei der Bundestagswahl 2009 war er erstmals Spitzenkandidat der CSU und wurde mit 54,6 % der Erststimmen erneut wiedergewählt. Sein bestes Ergebnis erreichte er in der namensgleichen Gemeinde Ramsau mit 69,4 %. Bei der Bundestagswahl 2017 erreichte er 50,3 % der Erststimmen.
In der 19. Legislaturperiode (Stand August 2020) erhielt er mindestens 896.500 Euro aus Nebentätigkeiten.[14]
Bei der Bundestagswahl 2021 errang Ramsauer 36,6 % der Erststimmen, 13,7 Prozentpunkte weniger als 2017, und gewann damit abermals ein Direktmandat.[15]
Bundesminister
Von Oktober 2009 bis Dezember 2013 war Ramsauer Bundesminister für Verkehr, Bau und Stadtentwicklung (Kabinett Merkel II), nachdem er zuvor drei andere Angebote, Minister zu werden, abgelehnt hatte.[16] Der Tagesspiegel bezeichnete ihn gegen Ende seiner Amtszeit als „politisches Leichtgewicht“, da weder das CSU-Prestigeprojekt einer „Ausländermaut“ noch die Großbaustellen Stuttgart 21 und Flughafen Berlin Brandenburg wie gewünscht beziehungsweise geplant vorangekommen.[17][18][19] Im Dezember 2013 teilte der CSU-Vorsitzende Horst Seehofer Ramsauer mit, dass er im Kabinett Merkel III keinen Ministerposten mehr erhalten werde.[20] Sein Nachfolger wurde Alexander Dobrindt (CSU), Bundesminister für Verkehr und digitale Infrastruktur.[21][22]
Positionen
Ramsauer befürwortet, wie Horst Seehofer, die Einführung einer PKW-Maut für Reisende aus dem Ausland.[23] 2009 forderte er, Infrastrukturmittel zugunsten westlicher Bundesländer umzuverteilen.[24]
Den von Sigmar Gabriel im Wahlkampf vor der Bundestagswahl 2013 geäußerten Plan, ein Tempolimit auf deutschen Autobahnen einzuführen, lehnte Ramsauer entschieden ab.[25]
Zur Stärkung der Wirtschaft forderte Ramsauer im Oktober 2014, den Mindestlohn und die Rente mit 63 vorläufig auszusetzen und die deutsche Beteiligung an den internationalen Wirtschaftssanktionen gegen Russland und den Iran zu beenden. Die vom Koalitionspartner SPD geforderte Frauenquote beschrieb er als „unsinnig“.[26]
Das im November 2014 von der Bundesregierung vorgestellte Klimaschutzprogramm lehnte Ramsauer ab und sah in ihm eine Anleitung „zur Bevormundung und zur Umerziehung“. Einzelne Vorschläge, wie die Aufforderung an Beamte zum Radfahren, bezeichnete er als „lächerlich“.[27]
Im Zusammenhang mit der griechischen Staatsschuldenkrise kündigte Ramsauer im Februar 2015 an, im Bundestag gegen eine Verlängerung der Finanzhilfen an Griechenland stimmen zu wollen und führte als Begründung an, dass die griechische Regierung durch ihre Politik die gegenseitige Solidarität aufgekündigt habe.[28]
Sonstiges Engagement
Ramsauer ist Mitglied der Europa-Union Parlamentariergruppe Deutscher Bundestag[29] und Schirmherr des Internationalen Deutschen Pianistenpreises. Zudem ist Ramsauer seit Juli 1973 Mitglied der Münchener Burschenschaft Franco-Bavaria, die Mitglied der Initiative Burschenschaftliche Zukunft ist.[30][31]
Privates
Ramsauer ist katholisch. Er ist mit Susanne Ramsauer, einer Cousine der Schauspielerin Sandra Bullock,[32] verheiratet und hat vier Töchter.
Er selbst begrub Pläne, als Pianist ins Bühnengeschäft einzusteigen, spielt aber heute noch Klavier.[33] So nahm Ramsauer für die Benefiz-CD Adagio im Auto zusammen mit dem Orchester der Deutschen Oper Berlin das Andante aus Wolfgang Amadeus Mozarts Klavierkonzert Nr. 21 in C-Dur auf.[34]
Von Parteifreunden wurde er als „Ramses“,[35] teilweise auch als „Zar Peter“[36] bezeichnet.
Auszeichnungen
- 2004: Bundesverdienstkreuz (1. Klasse)
- 2006: Bayerischer Verdienstorden
- 2011: Sprachwahrer des Jahres 2010
Weblinks
- Website von Peter Ramsauer
- Biographie beim Deutschen Bundestag
- Lebenslauf bei der CDU/CSU-Bundestagsfraktion
- Literatur von und über Peter Ramsauer im Katalog der Deutschen Nationalbibliothek
- Peter Ramsauer auf abgeordnetenwatch.de
Einzelnachweise
- Dr. Peter Ramsauer. Abgerufen am 24. September 2017.
- Peter Ramsauer: Lebenslauf Peter Ramsauer. In: peter-ramsauer.de. Abgerufen am 17. September 2019.
- ovb-online.de: Aktionäre gegen Aufsichtsrat und Vorstand: Nicht entlastet und abberufen. In: ovb-online.de. 26. Mai 2018, abgerufen am 17. September 2019.
- MünchenerHyp: Dr. Peter Ramsauer in den Aufsichtsrat der MünchenerHyp gewählt. In: MünchenerHyp. 17. Juli 2014, abgerufen am 17. September 2019.
- Josephine Andreoli: Nebeneinkünfte: Das verdienen die Abgeordneten aus dem Bundestag nebenbei. Abgeordnetenwatch, 7. August 2020, abgerufen am 15. August 2020.
- Grüne kritisieren Ramsauers Arabien-Engagement. Die Welt. 1. Dezember 2014. Abgerufen am 23. Oktober 2015.
- Ramsauer gerät wegen Posten bei arabischer Handelsvereinigung unter Druck. Spiegel Online. 9. November 2014. Abgerufen am 23. Oktober 2015.
- Ramsauer gibt Parteiamt ab. Süddeutsche Zeitung. 7. Mai 2015. Abgerufen am 29. Oktober 2015.
- Watschn für Seehofer - nur 87,2 Prozent für den CSU-Chef. Süddeutsche Zeitung. 21. November 2015. Abgerufen am 19. Februar 2017.
- www.traunstein.com (Memento vom 13. September 2017 im Internet Archive)
- Oder-Neiße-Grenze: Auch Ramsauer stimmte gegen Anerkennung. Frankfurter Rundschau. 17. November 2009. Abgerufen am 26. April 2019.
- Ausschuss für Wirtschaft und Energie. Deutscher Bundestag. Archiviert vom Original am 15. Mai 2014. Abgerufen am 23. Oktober 2015.
- Deutscher Bundestag - Abgeordnete. Abgerufen am 16. November 2020.
- Michael Sontheimer, Sven Röbel, Marcel Pauly, Nicola Naber, Ann-Katrin Müller, Timo Lehmann, Sven Becker, DER SPIEGEL: Wie unabhängig sind unsere Abgeordneten? - DER SPIEGEL - Politik. Abgerufen am 8. August 2020.
- Wahlen: Ex-Bundesverkehrsminister Ramsauer verliert zweistellig. In: Die Zeit. 26. September 2021, abgerufen am 28. September 2021.
- Markus Feldenkirchen, Gerald Traufetter: Haus der Pannen. In: Der Spiegel. Nr. 29, 2019, S. 32–40 (online – 13. Juli 2019).
- Klaus Kurpjuweit und Christian Tretbar: Die Baustellen des Peter Ramsauer, Der Tagesspiegel vom 28. Dezember 2012
- CSU-Kollegen streiten um Posten und Euro Focus vom 2. Oktober 2011
- Wolfgang Mulke: Im baulichen Problemgestrüpp, die Tageszeitung vom 17. April 2013
- Peter Müller: 460 Jahre – und dann das. In: Der Spiegel. Nr. 52, 2013, S. 26 (online).
- CSU - die große Verliererin im Koalitionspoker. Süddeutsche Zeitung. 15. Dezember 2015. Abgerufen am 23. Oktober 2015.
- Der Zar muss sich beugen. Süddeutsche Zeitung. 16. Dezember 2013. Abgerufen am 23. Oktober 2015.
- Peter Ramsauer: „Nur noch eine Frage der Zeit“. Der Tagesspiegel. 10. Juli 2013. Abgerufen am 23. Oktober 2015.
- Ramsauer will Autobahnen modernisieren. (Memento vom 16. Dezember 2012 im Internet Archive) In: N24, 8. November 2009.
- Verkehrssicherheit: Ramsauer lehnt Tempolimit auf Autobahnen ab. Spiegel Online. 8. Mai 2013. Abgerufen am 23. Oktober 2015.
- Ramsauer will Mindestlohn aussetzen. Handelsblatt. 15. Oktober 2014. Abgerufen am 29. Oktober 2015.
- Ramsauer: "Das macht uns zum Gespött". Rheinische Post. 4. Dezember 2014. Abgerufen am 23. Oktober 2015.
- Abstimmung im Bundestag: Peter Ramsauer rebelliert gegen Griechenland-Hilfen. Mitteldeutsche Zeitung. 27. Februar 2015. Abgerufen am 21. Juni 2021.
- Europa-Union Parlamentarier im Deutschen Bundestag. Europa-Union Deutschland. Abgerufen am 9. Mai 2017.
- Rechte Burschenschaften: „Alter Herr“ Ramsauer wehrt sich gegen Burschis - WELT. Abgerufen am 11. März 2017.
- Antwort der Bundesregierung auf die Kleine Anfrage der Abgeordneten Ulla Jelpke, Heidrun Dittrich, Nicole Gohlke, weiterer Abgeordneter und der Fraktion DIE LINKE (PDF) Deutscher Bundestag. 12. Juli 2012. Abgerufen am 23. Oktober 2015.
- Zu Tisch mit Peter und Sandra. Süddeutsche Zeitung. 19. Juni 2013. Abgerufen am 23. Oktober 2015.
- Peter Ramsauer. Süddeutsche Zeitung. Abgerufen am 23. Oktober 2015.
- Minister am Klavier: Ramsauer spielt Mozart. Westfälische Nachrichten, 2. November 2011, abgerufen am 26. April 2019.
- Spitznamen und das Debakel BER. In: Handelsblatt. Nr. 249, 27. Dezember 2012, ISSN 0017-7296, S. 8.
- Mike Szymanski, Robert Roßmann: Wo Horst haust. In: Süddeutsche.de. 4. Januar 2013, abgerufen am 5. Januar 2013.