Traunreut

Die Stadt Traunreut liegt im oberbayerischen Landkreis Traunstein etwa zehn Kilometer östlich des Chiemsees und 15 km nördlich der Chiemgauer Alpen. Sie ist die zweitgrößte Stadt im Landkreis Traunstein und zugleich eine Europastadt.[2] Die Stadt Traunreut ist eine von fünf bayerischen Vertriebenenstädten und entstand erst nach dem Zweiten Weltkrieg. Der Name bedeutet Rodung an der Traun.

Wappen Deutschlandkarte

Basisdaten
Bundesland:Bayern
Regierungsbezirk: Oberbayern
Landkreis: Traunstein
Höhe: 550 m ü. NHN
Fläche: 45,06 km2
Einwohner: 20.951 (31. Dez. 2020)[1]
Bevölkerungsdichte: 465 Einwohner je km2
Postleitzahlen: 83301, 83368, 83371, 83374Vorlage:Infobox Gemeinde in Deutschland/Wartung/PLZ enthält Text
Vorwahlen: 08669, 08621Vorlage:Infobox Gemeinde in Deutschland/Wartung/Vorwahl enthält Text
Kfz-Kennzeichen: TS, LF
Gemeindeschlüssel: 09 1 89 154
Stadtgliederung: 63 Gemeindeteile
Adresse der
Stadtverwaltung:
Rathausplatz 3
83301 Traunreut
Website: www.traunreut.de
Erster Bürgermeister: Hans-Peter Dangschat (CSU)
Lage der Stadt Traunreut im Landkreis Traunstein
Karte
Rathausbrunnen in Traunreut

Gemeindegliederung

Die Stadtgemeinde hat 63 Gemeindeteile:[3][4]

Geschichte

20. und 21. Jahrhundert

Traunreut entstand aus einer Munitionsanstalt (Muna). Im Jahre 1938 errichtete die Wehrmacht im St.-Georgs-Forst die Heeres-Munitionsanstalt St. Georgen. Besitzteile der Stadt Traunstein sowie der Gemeinden Stein, Traunwalchen, Pierling und Palling waren Teil eines streng abgeschlossenen Bereichs von 242 ha. In mehr als 150 Holzbaracken, Steinhäusern und Bunkern wurden Giftgasgranaten gefüllt und in den Bunkern gelagert. 1941 verließ die erste Gasmunition die Fertigungshallen. In der Muna waren 2000 Personen beschäftigt. Am 3. Mai 1945 wurde die Fabrik kampflos durch die US-Armee eingenommen.

Nach 1945 siedelten sich viele Heimatvertriebene auf dem Gebiet der Industriesiedlung St. Georgen („Muna“) an. 1949 gründeten Siemens und Heidenhain Betriebe in den Gebäuden der ehemaligen Munitionsanlage, die die notwendigen Arbeitsplätze schufen. 1947 gab es bei Entschärfungsarbeiten elf Tote. 1948 begannen die Entgiftungsarbeiten durch die STEG (Staatliche Erfassungsgesellschaft für öffentliches Gut), die Amerikaner verließen die Muna.

Am 25. Juni 1949 war Grundsteinlegung der Industriesiedlung St. Georgen. Am 1. Oktober 1950 wurde durch Betreiben von Lorenz Brandl in München/Regierung von Oberbayern die neue Gemeinde mit dem Namen Traunreut aus Gebietsteilen der Gemeinden Palling, Pierling, Stein an der Traun und Traunwalchen neu gebildet.[5] Andere Namensvorschläge waren unter anderem Georgenstadt, Neu-Stein und Neuwaldtraud. Traunreut hatte damals 1381 Einwohner. Lorenz Brandl war nach der Gründung im Jahre 1950 ein Jahr lang kommissarischer Bürgermeister, bis Karl Löppen 1951 erster offiziell gewählter Bürgermeister wurde.[6]

Im Jahre 1954 wurden die katholische Erlöserkirche und die evangelische Pauluskirche fertiggestellt. 1958 wurde Franz Haberlander Bürgermeister und blieb es bis 1984. 1960 wurde Traunreut zur Stadt erhoben. Am 29. September 1963 erfolgte die vorerst letzte Personenfahrt auf der Eisenbahnstrecke Traunreut–Hörpolding. 1966 wurde die zehntausendste Bürgerin geboren.

Im Jahr 1984 wurde Eduard Wiesmann Erster Bürgermeister und blieb es bis 2002. 2002 wurde Franz Parzinger Erster Bürgermeister und blieb es bis 2014. 2004 war die Industrie- und Einkaufsstadt Traunreut mit mehr als 22.000 Einwohnern die größte Stadt im Landkreis. 2006 wurde die Bahnstrecke Traunstein–Traunreut wieder in Betrieb genommen. Seit 2014 ist Klaus Ritter Erster Bürgermeister. Im Mai 2020 wird er von Hans-Peter Dangschat abgelöst, der sich bei der Stichwahl am 29. März 2020 gegen Ritter durchsetzen konnte.

Eingemeindungen

Im Zuge der Gebietsreform in Bayern wurden am 1. Januar 1978 wurden Gebietsteile der aufgelösten Gemeinde Pierling eingegliedert. Am 1. Mai 1978 wurden die Gemeinden Stein an der Traun und Traunwalchen aufgelöst und nach Traunreut eingemeindet.[7]

Bevölkerung

Einwohnerentwicklung

Die Einwohnerzahl ist bis 2002 fast kontinuierlich angestiegen, sank aber von 2003 bis 2011 in jedem Jahr. Seitdem steigt sie wieder stetig, wie die Tabelle zeigt:[8]

Zwischen 1988 und 2018 wuchs die Stadt von 20.081 auf 20.977 um 896 Einwohner bzw. um 4,5 %.

Einwohnerentwicklung von Traunreut von 1950 bis 2016
JahrEinwohner
1950*5.263
1961*10.438
1970*16.678
1987*19.278
199121.302
199521.182
200021.403
200222.171
200322.112
200422.048
200521.224
JahrEinwohner
200721.062
200820.922
200920.821
201020.658
201120.010
201220.172
201320.300
201420.537
201520.799
201620.899

* Volkszählung

Altersstruktur

Die Altersstruktur hat sich in den letzten Jahrzehnten deutlich gewandelt, wie der Vergleich der Zahlen von 1970 und 2008 deutlich zeigt.[8]

 
Alter
27. Mai 197031. Dezember 2008
Gesamtin %*dav. weiblichin %*Gesamtin %*dav. weiblichin %*
unter 6 Jahre169810,18319,69964,85074,7
6 bis 15 Jahre261415,7123114,216968,18247,6
15 bis 18 Jahre7694,63393,97213,43543,3
18 bis 25 Jahre16439,990010,416417,87877,3
25 bis 30 Jahre13157,96857,711465,55765,3
30 bis 40 Jahre269916,2134015,4252812,1121111,2
40 bis 50 Jahre217313,0117513,5331715,9161715,0
50 bis 65 Jahre213112,8119513,8417620,0216820,1
65 Jahre und älter16369,8100611,6470122,5275825,5

* der Gesamtbevölkerung bzw. der weiblichen Bevölkerung

Politik

Bürgermeister

Hans-Peter Dangschat ist seit 1. Mai 2020 Erster Bürgermeister (CSU). Dieser gewann in der Stichwahl vom 29. März 2020 gegen Amtsinhaber Klaus Ritter (Freie Wähler) mit 64,64 % der gültigen Stimmen. Ritter hatte bei den Kommunalwahlen in Bayern 2014 gegen den bisherigen Amtsinhaber Franz Parzinger (CSU) die Stimmenmehrheit errungen.

Stadtrat

Rathausplatz

Der Traunreuter Stadtrat hat 30 Sitze, die 2014–2020 beziehungsweise 2020–2026 auf folgende Parteien und Wählergruppen verteilen:

Partei/ListeCSUSPDFWBürgerlisteGrüneL!ZBayernparteiAfDGesamt
Sitze 2014115653---30
Anteil 201437,23 %16,31 %21,1 %16,25 %9,11 %---100 %
Sitze 202010253422230
Anteil 202033,57 %7,94 %16,68 %9,93 %11,73 %7,88 %6,73 %5,53 %100 %

Wappen und Flagge

Freundschaftsbaum am Ortseingang
Wappen von Traunreut
Blasonierung: „In Grün ein silbernes Zahnrad über einem silbernen Wellenbalken.“[9]

Das Wappen wird nach Beschluss des Gemeinderats und der Zustimmung des Bayerischen Staatsministeriums des Innern seit dem 3. Oktober 1955 geführt. Zuvor hatte die Gemeinde am 14. Juli 1953 eine Flagge in den Farben Weiß und Grün angenommen.

Wappenbegründung: Das Zahnrad symbolisiert die industrielle Wirtschaftsstruktur des Ortes und nimmt Bezug auf die Entstehungsgeschichte der Stadt als Industriesiedlung auf dem Gelände einer ehemaligen Heeresmunitionsanstalt. Der Wellenbalken nimmt als redendes Element den Namen der Gemeinde auf und verweist auf die Lage am Ufer der Traun.

Städtepartnerschaften

Religion

Katholische Pfarrgemeinden existieren in Traunwalchen, St. Georgen und Traunreut, eine evangelisch-lutherische Kirchengemeinde sowie zwei unabhängige evangelische Freikirchen in Traunreut.

Konfessionsstatistik

Derzeit (31. Dezember 2018) sind von der Bevölkerung Traunreut 18 % evangelisch, 51 % katholisch und 31 % hatte keine Konfession oder gehören sonstigen Glaubensrichtungen an.[10]

Kultur und Sehenswürdigkeiten

Bauwerke

Bodendenkmäler

Museum

In 2011 eröffnete der Galerist Heiner Friedrich in Traunreut ein neues Museum, DASMAXIMUM KunstGegenwart, in dem u. a. Werke von Georg Baselitz, Imi Knoebel, Walter De Maria, John Chamberlain, Dan Flavin und Andy Warhol zu sehen sind.[11]

Sport

Mit dem TUS Traunreut, dem FC Traunreut, dem TSV Traunwalchen-Matzing und dem TSV Stein-St. Georgen existieren 4 große Fußball- und Breitensportvereine. Weitere Sportvereine sind u. a. die NK Croatia Kickers, die Sportschützen in Stein, Traunwalchen und Traunreut, die Bogenschützen Poschmühle, der Sportkegelverein Traunreut und die Pferdefreunde Schloss Stein und Schloss Pertenstein. Im American Football gibt es die Traunreut Munisier, deren Name sich auf die Geschichte der "Muna" bezieht.[12]

Mit dem „Traunreuter Stadtlauf“ wird seit 2004 jährlich im Juli eine Laufsportveranstaltung durchgeführt.

Wirtschaft und Infrastruktur

Straße

Westlich der Stadt verläuft die Bundesstraße 304, die nördlich nach München und südlich nach Traunstein führt.

Schiene

Bahnhof Traunreut

Traunreut hat einen Bahnhof an der Bahnstrecke Hörpolding–Traunreut. Die Südostbayernbahn bedient die Station werktags stündlich.

Bus

RVO-Linien-Busse der Regionalverkehr Oberbayern GmbH fahren innerorts als Citybus und verbinden Traunreut mit Trostberg und Traunstein.

Ansässige Unternehmen

In Traunreut sind einige mittelständische Unternehmen ansässig, geprägt wird die Wirtschaft von den drei großen Industriebetrieben Dr. Johannes Heidenhain GmbH (Messtechnik), BSH Hausgeräte GmbH und Siteco GmbH.

Bildung

In Traunreut gibt es drei Grundschulen, eine Mittelschule, eine Realschule, zwei Gymnasien, eine Förderschule, sowie eine Volkshochschule.

  • Grundschule Traunreut-Nord, Grundschule Sankt Georgen-Sonnenschule, Carl-Orff-Grundschule Traunwalchen
  • Werner-von-Siemens-Mittelschule
  • Walter-Mohr-Realschule
  • Johannes-Heidenhain-Gymnasium
  • Schule Schloss Stein (privat)
  • Wilhelm-Löhe-Zentrum
  • Volkshochschule

Persönlichkeiten

Ehrenbürger

Söhne und Töchter

Persönlichkeiten

  • Peter Ramsauer (* 1954 in München), CSU-Politiker
  • Raimund Bauer (* 1955 in Heiligkreuz, Bayern), Bühnenbildner und Professor in Hamburg, hat bei Siemens eine kaufmännische Lehre gemacht.
  • Norbert Kühne (* 1941 in Groß-Ottersleben, heute Magdeburg), deutscher Schriftsteller und Psychologe, lebte von 1970 bis 1973 in Traunreut. Er war zum Schluss seines Aufenthalts für die SPD im Rat der Stadt.
  • Wilhelm Manske, deutscher Schauspieler, wohnte zu Beginn der 1970er Jahre in Traunreut.[13]
  • Ralph Möbius (1950 bis 1996) (Rio Reiser), Komponist, Sänger und Schauspieler wohnte von 1951 bis 1956 in Traunreut, sein Vater war Ingenieur bei Siemens.

Literatur

  • Franz Ebert: Traunreut 1938–1960. Die Kampfstoffarbeiter. Die Pioniere. Die Munesier. Die junge Gemeinde, herausgegeben von der Stadt Traunreut, Traunreut [etwa 1984]
  • Norbert Kühne: Zu den Bedingungen für die Jugendarbeit in der Provinz – Dargestellt am Beispiel des DVV-Jugendreferenten an der VHS Traunreut/Obb. In: Norbert Kühne: Wir arbeiten mit Jugendlichen. Andreas Achenbach Verlag, Gießen 1975; Seite 95–99, ISBN 3-87958-126-6
  • Ossip Ottersleben: Der Mord am Bürgermeister. Literarischer Verlag Braun, Köln 1977, ISBN 3-88097-060-2 (Der Roman wurde in Traunreut geschrieben; die Stadt diente als Vorlage.)
  • Mario H. Puhane: Traunreut. Sutton Verlag, 2003, ISBN 3-89702-614-7
Commons: Traunreut – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien

Einzelnachweise

  1. Genesis Online-Datenbank des Bayerischen Landesamtes für Statistik Tabelle 12411-001 Fortschreibung des Bevölkerungsstandes: Gemeinden, Stichtage (letzten 6) (Einwohnerzahlen auf Grundlage des Zensus 2011) (Hilfe dazu).
  2. Traunstein ist nun die größte Stadt im Landkreis. Abgerufen am 14. Januar 2022.
  3. Gemeinde Traunreut in der Ortsdatenbank der Bayerischen Landesbibliothek Online. Bayerische Staatsbibliothek, abgerufen am 26. Mai 2021.
  4. Gemeinde Traunreut, Liste der amtlichen Gemeindeteile/Ortsteile im BayernPortal des Bayerischen Staatsministerium für Digitales, abgerufen am 8. Januar 2022. Hiernach 64 Gemeindeteile, da Heiming doppelt aufgelistet wird.
  5. Wilhelm Volkert (Hrsg.): Handbuch der bayerischen Ämter, Gemeinden und Gerichte 1799–1980. C. H. Beck, München 1983, ISBN 3-406-09669-7, S. 582 (eingeschränkte Vorschau in der Google-Buchsuche).
  6. Bürgermeister der Stadt Traunreut seit 1950, auf: Webseite der Stadt Traunreut, abgerufen am 5. April 2016
  7. Statistisches Bundesamt (Hrsg.): Historisches Gemeindeverzeichnis für die Bundesrepublik Deutschland. Namens-, Grenz- und Schlüsselnummernänderungen bei Gemeinden, Kreisen und Regierungsbezirken vom 27.5.1970 bis 31.12.1982. W. Kohlhammer, Stuttgart/Mainz 1983, ISBN 3-17-003263-1, S. 593.
  8. Statistik kommunal Traunreut
  9. Eintrag zum Wappen von Traunreut in der Datenbank des Hauses der Bayerischen Geschichte
  10. Stadt Traunreut: Jahresbericht, Seite 88, abgerufen am 3. Oktober 2019
  11. DASMAXIMUM KunstGegenwart
  12. http://www.football-traunreut.de/munisier-was-ist-das/
  13. chiemgau-online.de
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