Deutsche Energie-Agentur
Die Deutsche Energie-Agentur GmbH (dena) ist ein bundeseigenes[3] deutsches Unternehmen, das im Transparenzregister der EU als Lobby-Organisation[4] geführt wird und das laut Gesellschaftsvertrag[5] bundesweit und international Dienstleistungen erbringt, um die energie- und klimapolitischen Ziele der Bundesregierung zu Energiewende und Klimaschutz auszugestalten und umzusetzen. Die dena versteht sich als unabhängiger Treiber und Wegbereiter der Energiewende – auf nationaler sowie internationaler Ebene. Mit Studien, Pilotprojekten, Plattformen und Initiativen setzt sie Impulse, entwickelt Standards und fördert als Think Tank für die angewandte Energiewende und den Klimaschutz die Entwicklung hin zu einem zukunftsfähigen Energiesystem.[6] Die dena wurde im Herbst 2000 auf Initiative der rot-grünen Bundesregierung als private GmbH gegründet.[7]
Deutsche Energie-Agentur | |
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Rechtsform | GmbH |
Gründung | Herbst 2000 |
Sitz | Berlin |
Leitung | Andreas Kuhlmann |
Mitarbeiterzahl | 330 (2021)[1] |
Umsatz | 24,8 Mio. Euro (2019)[2] |
Branche | Energie |
Website | www.dena.de |
Arbeitsfelder und Organisation
Arbeitsfelder
Die dena erbringt laut ihrem neuen Gesellschaftsvertrag Dienstleistungen, die im allgemeinen wirtschaftlichen Interesse der Ausgestaltung und Umsetzung der energie- und klimapolitischen Ziele der Energiewende dienen – einschließlich Energieeffizienz, erneuerbarer Energien, Klimaschutz und des damit einhergehenden Umbaus des Energiesystems; dabei berücksichtigt werden die Belange des Umweltschutzes.[8] Die dena berät Bund, Länder und Gemeinden, Wirtschaft und Forschung sowie entsprechende Akteure auf europäischer und internationaler Ebene. Die dena soll als Schnittstelle und Kooperationspartner zwischen Politik und Wirtschaft arbeiten.[9]
Die dena gründete 2011 eine Vereinigung, die sie „Allianz für Gebäude-Energie-Effizienz“ (geea) nannte.[10] Die geea ist ein branchenübergreifender Zusammenschluss von Vertretern aus Forschung und Wissenschaft, Verbänden und Organisationen sowie Unternehmen der Energie- und Gebäudeeffizienz.[11] Das Ziel der geea ist, die Energieeffizienz in Gebäuden in Deutschland durch Empfehlungen für die Politik und konkrete Maßnahmen seitens der Wirtschaft zu verbessern.
Einmal im Jahr veranstaltet die Deutsche Energie-Agentur den "dena Energiewende-Kongress",[12] der als branchenübergreifende Veranstaltung zur Energiewende in Deutschland Vertreter aus Politik, Wirtschaft, Wissenschaft und Gesellschaft zusammenbringt.[13]
Die dena gründete 2021 die Tech for Net Zero Allianz, eine Initiative die mehr Klimaschutz durch mehr Ausgründungen aus Forschungseinrichtungen bewirken soll.[14] Andreas Kuhlmann sieht als Vorsitzender der dena-Geschäftsführung in der Tech for Net Zero Allianz eine wichtige Hilfe zur Senkung der Treibhausgasemissionen.[15]
Dienstleistungen
- Strategie und Beratung: Die dena berät öffentliche und private Auftraggeber bei der Entwicklung und Umsetzung von Strategien auf regionaler, nationaler und international Ebene. Beispiele: Energiepolitische Beratung des BMWi,[16] dena-Sanierungsfahrpläne für große Gebäudeportfolios.[17]
- Studien und Analysen: In Kooperation mit Auftraggebern, Experten, Stakeholdern und Forschungseinrichtungen schafft die dena mit Umfragen, Zukunftsszenarien und Strategiepapieren Grundlagen für weiterführende Projekte, die die Ideen aus den Studien und Analysen aufgreifen und in die Praxis bringen. Beispiele: Netzflexstudie,[18] Gebäudereport.[19]
- Projektentwicklung: Die dena entwickelt und managt Projekte für Auftraggeber, zum Beispiel für energieeffizientes Bauen und Sanieren. Oft haben die Projekte Modellcharakter für den Markt. Beispiele: Energieeffizienz-Netzwerke,[20] Energieeffizienz-Expertenliste.[21]
- Marktentwicklung: Die dena arbeitet mit Kunden und Partnern daran, Qualitätsstandards zu entwickeln und die Rahmenbedingungen für Märkte der Energiewende voranzubringen. Beispiele: dena-RES-Programm,[22] Modellvorhaben Effizienzhäuser.[23]
- Netzwerke: Die dena konzipiert und moderiert Dialogformate an der Schnittstelle von Politik und Wirtschaft wie Expertenworkshops, Fachtagungen, Kongresse. Beispiele: die Allianz für Gebäude-Energie-Effizienz (geaa),[24] Digitale Energiewelt.[25]
- Kommunikation: Die dena entwickelt Kommunikationsplattformen, Kampagnen, Wettbewerbe und Öffentlichkeitsarbeit. Beispiele: Sanierungskampagne „Die Hauswende“,[26] Preisverleihung „Energy Efficiency Award“.[27]
Beispielprojekte
- Die Leitstudie[28] Integrierte Energiewende[29] ist ein Projekt mit mehr als 60 Partnern aus Wirtschaft, Wissenschaft, Gesellschaft und Politik, um erfolgversprechende Szenarien für den Umbau des Energiesystems zu identifizieren. (2017/2018)[30] Die Ergebnisse wurden im Juni 2018 vorgestellt[31][32][33] und stießen auf breite Resonanz.[34][35][36][37] Die Studie arbeitet mit dem Leitbegriff der integrierten Energiewende. Ziel sei eine ganzheitliche Betrachtung der Energiewende. Verschiedene Technologien, Infrastrukturen und Märkte aus den Sektoren Energie, Industrie, Gebäude und Verkehr sollten aufeinander abgestimmt und in einem intelligenten Energiesystem vereint werden.
- In einem Studienvergleich von Februar 2019 haben die dena, die deutschen Wissenschaftsakademien mit ihrem Projekt "Energiesysteme der Zukunft (ESYS)[38] und der Bundesverband der Deutschen Industrie (BDI) Empfehlungen[39] für eine erfolgreiche Energiewende in Deutschland vorgelegt. Demnach muss zum Beispiel der jährliche Nettoausbau der erneuerbaren Energien auf mindestens sechs Gigawatt steigen. Bei der Sanierungsrate für Gebäude ist laut dena, ESYS und BDI eine Erhöhung auf mindestens 1,4 bis 2,0 Prozent nötig.[40] Zum Erreichen ambitionierter Klimaziele brauche es außerdem im Jahr 2050 erneuerbare synthetische Energieträger im Umfang von 200 bis zu 900 Terawattstunden.[41]
- Seit 2017 richtet die dena alljährlich das Tech Festival[42] mit internationalen Start-ups aus dem Energiewende-Bereich aus und verleiht den Start Up Energy Transition Award[43] (März 2017/April 2018[44]).[45]
- Gemeinsam mit EIT Climate-KIC und der European Climate Foundation hat die dena im April 2018 in Anlehnung an die globale Klimaschutzinitiative „Project Drawdown“[46] einen europäischen Ableger gegründet. Drawdown Europe[47] soll als Zentrum für Forschung, Innovation, Umsetzung und Demonstration von Klimaschutzlösungen in Europa dienen.
- Im November 2017 erschien die erste Ausgabe des Unternehmensmagazins "transition"[48], das einmal im Jahr in Reportagen, Interviews, Grafiken und Analysen den Fortschritt der Energiewende beleuchtet. Das Magazin wurde im Juni 2018 bei den Best of Content Marketing (BCM) Awards[49] mit der Silber-Urkunde in der Kategorie B2B-Magazine in den Branchen Industrie, Energie, Chemie, Pharma und Gesundheitswesen ausgezeichnet.[50]
- Blockchain-Studien: Im Februar 2019 folgte eine Studie zu Einsatzfeldern der Blockchain-Technologie in der integrierten Energiewende.[51][52] Bereits im November 2016 hat die dena gemeinsam mit der ESMT Berlin eine Studie zu "Blockchain in der Energiewende: Potenzielle Anwendungsfelder nach Einschätzung von Führungskräften der deutschen Energiewirtschaft"[53] präsentiert. Die Studie zeige anhand der Befragung von 70 Führungskräften der Energiewirtschaft und der energierelevanten Industrie in Deutschland, wie die Energiewirtschaft sich auf neue digitale Verfahren für Transaktionen vorbereite. Dies könne die Branche nachhaltig verändern.
- Im September 2018 startete die dena mit Industrie-Partnern die "Global Alliance Power Fuels".[54], um als internationales Bündnis globale Märkte für synthetische Kraft- und Brennstoffe auf Basis erneuerbarer Energien zu erschließen.[55]
- 2018 startete die dena mit der Bauindustrie und der Immobilienwirtschaft unter Einbindung des BMWi und der holländischen Initiative „Energiesprong“ das Projekt „Serielle Sanierung von Mehrfamilienhäusern“. Hierbei sollen Prototypen moderne Sanierungslösungen demonstrieren.[56]
- In einer dritten Netzstudie untersucht die dena seit November 2018, wie die Netzausbauplanung für die nächste Stufe der Energiewende angepasst werden kann.[57] Dem gingen 2005 und 2010 die Netzstudien I und II voraus.
- Einmal im Jahr präsentiert der dena-Gebäudereport neben Trends zur Energieeffizienz im Gebäudebereich Zahlen, Daten und Analysen zum Gebäudebestand, Energieverbrauch und klimapolitischen Rahmenbedingungen in Deutschland.[58]
- Plattform Digitale Energiewelt[59] (2016)
- Pilotprojekt Demand Side Management[60] Baden-Württemberg[61] (2014)
- dena-Netzstudien I und II zum Ausbau der Stromübertragungsnetze
- Plattform Effiziente Energiesysteme für den Dialog über eine zukunftsfähige Energieversorgung
- Initiative EnergieEffizienz zur sparsamen Stromnutzung
- dena-Gütesiegel Effizienzhaus zur Kennzeichnung besonders energieeffizienter Gebäude inklusive Effizienzhaus- und Experten-Datenbank
- dena-Gütesiegel für Energieausweise zur neutralen Bewertung des Energiebedarfs von Gebäuden
- Biogaspartner zur Entwicklung von Biogas-Märkten
- Nutzen von Pumpspeicherwerken für die Energiewende[62]
Abteilungen
Die dena ist in fünf Arbeitsbereiche unterteilt: Energieeffiziente Gebäude, Energiesysteme und Energiedienstleistungen, Erneuerbare Energien und Innovationen in der Energiewende, nachhaltige Mobilität und alternative Energieträger, Kommunikation sowie Verwaltung.[63]
Geschäftsführung
Vorsitzender der dena-Geschäftsführung ist seit 1. Juli 2015 Andreas Kuhlmann.[64] Er war zuvor Geschäftsbereichsleiter Strategie und Politik des energiewirtschaftlichen Interessenverbandes BDEW.[65] Zusätzlich ist er Mitglied im Präsidium des Weltenergierats – Deutschland.[66]
Seit Oktober 2015 ist Kristina Haverkamp Geschäftsführerin der dena.[67][68] Sie ist zudem Mitglied im wissenschaftlichen Beirat der französischen Energieagentur ADEME. Die Juristin leitete zuvor unter anderem die Wirtschaftsabteilung der Ständigen Vertretung der Bundesrepublik Deutschland bei der Europäischen Union.[67]
Anteilseigner und Finanzierung
Die dena firmiert als GmbH. Stimmberechtigte Gesellschafter sind die Bundesrepublik Deutschland, vertreten durch das Bundesministerium für Wirtschaft und Energie, das Bundesministerium für Ernährung und Landwirtschaft, das Bundesministerium für Umwelt, Naturschutz und nukleare Sicherheit und das Bundesministerium für Verkehr und digitale Infrastruktur, sowie die KfW-Bankengruppe.
Am 4. Juli 2017 gab die dena bekannt, dass sie rückwirkend zum 1. Januar 2017 die von ihren privaten Gesellschaftern Deutsche Bank AG, DZ BANK AG und Allianz SE gehaltenen Geschäftsanteile übernimmt. Die privaten Anteilseigner waren seit Januar 2008 an der dena beteiligt.[69]
Im Aufsichtsrat sitzen Vertreter aller Gesellschafter. Die Bundesrepublik Deutschland wird vertreten vom Bundesministerium für Wirtschaft und Energie (BMWi), vom Bundesministerium für Ernährung und Landwirtschaft (BMEL), dem Bundesministerium für Umwelt, Naturschutz und nukleare Sicherheit (BMU) und dem Bundesministerium für Verkehr und digitale Infrastruktur (BMVI). Den Aufsichtsratsvorsitz hat stets ein Vertreter des BMWi.
Aufsichtsratsvorsitzender der dena ist seit September 2018 der als „Klimaskeptiker“ kritisierte[70] Thomas Bareiß, Parlamentarischer Staatssekretär beim Bundesminister für Wirtschaft und Energie[71]. Das BMU wird seit Juli 2014 von Staatssekretär Jochen Flasbarth vertreten, das BMEL von Eva Ursula Müller, Leiterin der Abteilung 5 "Wald, Nachhaltigkeit, Nachwachsende Rohstoffe", und das BMVI von Karin Kammann-Klippstein, Präsidentin vom Bundesamt für Seeschifffahrt und Hydrographie.[72] Weitere Aufsichtsratsmitglieder[73] sind Velibor Marjanovic, Direktor der KfW, Tanja Gönner, Vorstandssprecherin der Deutschen Gesellschaft für Internationale Zusammenarbeit (GIZ), Helmut Schönenberger, Geschäftsführer der Unternehmertum Venture Capital Partners GmbH[74] und der Unternehmer TUM GmbH sowie Ewald Woste, Unternehmensberater.
Davor hatten den Posten des Aufsichtsrats-Vorsitzenden inne (neueste zuerst):
- Iris Gleicke
- Stefan Kapferer[75]
- Jochen Homann
- Rainer Brüderle
- Karl-Theodor zu Guttenberg
- Michael Glos
- Wolfgang Clement
- Werner Müller
Seit Anfang 2020 ist die dena eine inhouse-fähige Gesellschaft. Sie arbeitet damit überwiegend im Auftrag ihrer Gesellschafter. Mehr als 80 % des Umsatzes der dena müssen mit Aufträgen der Gesellschafter erwirtschaftet sein, der Anteil der mit privaten Mitteln finanzierter Projekte muss unterhalb von 20 % des Gesamtumsatzes eines Jahres liegen.
Vor der Inhouse-Fähigkeit finanzierte die dena Projekte zu etwa gleichen Anteilen durch öffentliche, projektgebundene Zuwendungen und aus privaten beziehungsweise sonstigen Einnahmen. Die Umsatzerlöse beliefen sich 2019 auf 24,8 Millionen Euro[2] (2018: 22,3 Millionen Euro[76]), davon kamen 12,2 Millionen Euro aus Zuwendungen der öffentlichen Hand und 12,7 Millionen Euro aus privaten beziehungsweise sonstigen Einnahmen. Damit wurden mehr als 50 % der Einnahmen durch Projektbeteiligungen oder Aufträge aus Bereichen der Privatwirtschaft erzielt. Dabei wiederum handelt es sich um Unternehmen aus allen für Energiewende und Klimaschutz relevanten Sektoren. Seit etwa fünf Jahren arbeitet die dena im Rahmen vielfältiger Projekte verstärkt mit Start-ups aus den Bereichen Energiewende und Klimaschutz zusammen. Die dena verfügt seit einiger Zeit über eines der größten Start-up-Netzwerke in diesem Bereich in Deutschland und darüber hinaus.
Kritik
Finanzierung der dena-Leitstudie Aufbruch Klimaneutralität
An der „dena-Leitstudie Aufbruch Klimaneutralität“, die Pfade und Lösungsansätze für Deutschlands Weg in die Klimaneutralität im Jahr 2045 aufzeigt, sind mehr als 70 Unternehmen und Verbände beteiligt.[77] Sie leisteten auch Beiträge zur Finanzierung der Studie, mehr als 20 Prozent des Projekts finanziert die dena aus Eigenmitteln.
Diese Art der Finanzierung führt die dena in ein Spannungsfeld zwischen neutralem Auftrag und interessengeleitetem Sponsoring. Lobbycontrol nennt die dena-Leitstudie Aufbruch Klimaneutralität "gekaufte Wissenschaft", da sich Unternehmen und Verbände durch Sponsoring einkauften und über Ergebnisse mitbestimmen könnten. Unveröffentlichte Ergebnisse zur Leitstudie belegten laut Lobbycontrol, wie Sponsoren die Aussagen zu ihren Gunsten beeinflusst hätten.[78]
Dena-Geschäftsführer Andreas Kuhlmann hingegen betont, die dena verfolge mit der Leitstudie „einen integrierten Multi-Stakeholder-Ansatz“. „Pluralität und Praxisorientierung“ seien dabei wichtige Grundprinzipien. Die Frage, „wie der Ansatz einer Studie aussehen kann, um gleichermaßen objektive wie aussagefähige Ergebnisse zu erzielen“, bezeichnet er als berechtigt. Es gebe „unterschiedliche Ansätze für solche Studienprojekte“.[79] Im Verlauf der Debatte stellte die dena klar, dass jeder an der Studie beteilige Partner im Entscheidungsgremium genau eine Stimme hatte[80], unabhängig von Größe und finanziellem Beitrag. Zudem stellte die dena eine Balance in der Finanzierung des Projektes über Unternehmen und Branchen hinweg sicher und hat die wissenschaftliche Neutralität der Studie vertraglich verankert.
Debatte um vermeintliche Stromlücke
In die Kritik geriet, dass die dena 2008 vor einer Stromunterversorgung (Stromlücke) warnte, falls keine neuen Großkraftwerke errichtet würden.[81][82] 2005–2009 regierte eine große Koalition (Kabinett Merkel I; Umweltminister war Sigmar Gabriel (SPD)). CDU/CSU und FDP glaubten damals, dass entgegen dem damals geltenden Atomausstiegsplan von 2000 eine Laufzeitverlängerung deutscher Kernkraftwerke notwendig und als Wahlkampfthema im Wahlkampf 2009 geeignet sei.
Die Deutsche Umwelthilfe mit dem damaligen Geschäftsführer Rainer Baake nannte die hierzu verwendeten Zahlen „Zweckpropaganda“ und warf der Studie methodische Schwächen und den Hintergrund einer politischen Agenda vor. Die Ergebnisse der dena-Studie widersprachen einer Studie des Bundesumweltministeriums, die Strombedarf und Strommenge auf Stundenbasis untersuchte und ergab, dass eine sichere Stromversorgung bis 2020 weder AKW-Laufzeitverlängerungen noch weitere Kohlekraftwerke erfordere.[83][84]
Durch die Wirtschaftskrise 2009/10 (eine Banken- und Finanzkrise, die von Banken auf die Realwirtschaft übersprang) und eine konjunkturelle Eintrübung im Zuge der Staatsschuldenkrise im Euroraum war einige Jahre lang der Energieverbrauch niedriger als prognostiziert. Durch die von der rotgrünen Regierung eingeleitete Energiewende veränderte sich in Deutschland der Strommix erheblich; auch die unerwartet niedrigen Preise für Emissionsrechte im EU-Emissionshandel beeinflussten diesen.
Eine im September 2009 publizierte Studie betonte: „Unter den heutigen Rahmenbedingungen am deutschen Strommarkt rechnen sich Investitionen in fossile Großkraftwerke oft nicht mehr. […] Ein Ausbau der Erneuerbaren Energien hat eine Strompreis senkende Wirkung an der Strombörse. Dies führt zu einer Verschlechterung der Rendite von allen Kraftwerken, die sich am Strommarkt behaupten müssen. […] Die vermehrte Investition der großen Stromversorger in Erneuerbare Energien ist […] als wirtschaftlich richtiger Schritt zu werten.“[85]
Die dena selbst kritisierte noch Ende 2008 den Begriff „Stromlücke“ als irreführend und betonte den Begriff Effizienzlücke. In der Kraftwerksanalyse ging es laut dena nicht darum, dass in Deutschland die Lichter ausgehen, sondern dass zu Spitzenlastzeiten zu wenig effiziente und gesicherte Kraftwerksleistung verfügbar sei.[86] Seit dem Atomausstieg wird vorübergehend mehr Strom aus Kohle- und Gaskraftwerken erzeugt.
dena-Netzstudien 2005 und 2010
Viel diskutiert wurden auch die Ergebnisse der dena-Netzstudie. Der erste Teil der Studie erschien im April 2005 und konstatierte, dass das bestehende Übertragungsnetz bis im Jahr 2015 um 850 Kilometer ausgebaut werden müsse, um vor allem den zunehmenden Anteil an Windstrom zu integrieren. Die in der dena-Netzstudie I empfohlenen Trassen wurden alle als vordringliche Netzausbauprojekte in das Energieleitungsausbaugesetz (EnLAG) aufgenommen. Der zweite Teil folgte im November 2010. Er verglich mehrere Varianten zur Netzoptimierung bis im Jahr 2020. Am häufigsten zitiert wurde das Ergebnis, dass bei Verwendung etablierter 380-kV-Freileitungstechnik bis 2020 weitere 3.600 km Höchstspannungstrassen gebaut werden müssen.[87]
Umweltverbände kritisierten die dena-Studie heftig, die Szenarien würden auf fragwürdigen Annahmen und unklaren Szenarien beruhen. Zudem wurde die Veröffentlichung der zugrunde gelegten Daten gefordert. Die Szenarien würden auf einem starken Ausbau von Kohlekraftwerken und einer damals aktuellen Laufzeitverlängerung der Kernkraftwerke beruhen – im Widerspruch zum beschlossenen Energiekonzept der Bundesregierung.[88][89] Auch ein Gutachten der TU Berlin, das von Christian von Hirschhausen et al. im Auftrag des WWF durchgeführt wurde, betonte, das „methodische Vorgehen“ bei der dena-II-Netzstudie stelle „zentrale Ergebnisse der Studie in Frage“. Diese sei „umgekehrt auch nicht darauf ausgelegt, die Transformation der Energiewegeplanung mit dem Horizont 2050 mitzugestalten“.[90] Inzwischen sind die beiden dena-Netzstudien und darin skizzierte Ergebnisse allgemein anerkannt und darauf basierende Maßnahmen befinden sich in der Umsetzung.
Frühere Geschäftsführung, Interessenkonflikte
Von 2000 bis 2014 war Stephan Kohler Vorsitzender der dena-Geschäftsführung. 2006/7 wurden Vorwürfe gegen dena-Geschäftsführer Stephan Kohler laut, er betreibe bei der dena Missmanagement. Die Tageszeitung taz berichtete, dass der Bundesrechnungshof in einem Bericht vom 4. September 2006 erhebliche Mängel bei der Zuweisung öffentlicher Mittel vom Bundesministerium für Umwelt an die dena feststellte, darunter die Zweckentfremdung von 55.000 Euro. Auch habe die dena den Erfolg einer von ihr realisierten 13 Millionen Euro teuren Medienkampagne zur Minderung des Ausstoßes von Kohlendioxid gravierend übertrieben. Die dena rechnete ihren Geldgebern vor, durch die Kampagne würden 2,3 Millionen Tonnen Kohlendioxid eingespart. Interne dena-Berechnungen gingen von nur 55.000 Tonnen Einsparung aus. Hans-Josef Fell (1998–2013 Grüne-Bundestagsabgeordneter) äußerte in der taz, es müsse „überprüft werden, ob Herr Kohler seiner Aufgabe gewachsen ist.“ Uwe Leprich (Hochschule für Technik und Wirtschaft des Saarlandes) kritisierte „handwerkliche Fehler einer Geschäftsführung, die ihren Aufgaben nicht gewachsen ist“. Die privatwirtschaftliche Struktur der dena führe zu Interessenkonflikten, die eine wirksame Effizienzstrategie verhinderten.[91] Er stellt (Stand Juli 2014) die Notwendigkeit der dena insgesamt in Frage: „Wir haben Verbraucherschützer, Forschungsinstitute und Verbände – wozu noch eine Dena?“[92] Inzwischen werden solche Fragen nicht mehr diskutiert. Die Kooperation zwischen dena, Verbraucherschützern, Forschungsinstituten und Verbänden hat im Laufe der Jahre erheblich zugenommen und ist wesentlicher Bestandteil der Arbeit der dena.
Der Geschäftsführer Stephan Kohler stand im Frühling 2009 vor einem Wechsel zur RWE, als Vorstand der geplanten RWE-Effizienzgesellschaft; ein Vertrag war schon unterschrieben. Kohler erklärte im Mai 2009, doch bei der dena zu bleiben.[93] Hintergrund dieser Entscheidung war offenbar, das Rolf Martin Schmitz, seit 2009 Vorstandsmitglied bei RWE, keine Kompetenzen abgeben und Kohlers Ressort bei RWE auf eine „Denkfabrik“ beschränken wollte.
Anfang 2011 hat Kohler den Vorsitz des Beirates der RWE Innogy übernommen,[94] die innerhalb des RWE-Konzerns die Aktivitäten rund um die Erneuerbare Energie bündelt.
Kohler bezog 2012 von der dena eine Gesamtvergütung von 183.755 Euro. Der Bundesrechnungshof kritisierte dies als jenseits dessen, was sich für einen Staatsdiener gezieme.[92] Die dena verstoße gegen das Besserstellungsverbot (etwa: wird eine Einrichtung staatlich finanziert, darf ein Manager dort nicht mehr verdienen als im öffentlichen Dienst). Der Bundesrechnungshof hat daher empfohlen, die Vergütung zu senken; der Bundestag hat den Bundeswirtschaftsminister (Sigmar Gabriel) zum Handeln aufgefordert.[92] Kohlers Stellvertreter Andreas Jung erhielt 2012 157.966 Euro. Er schied zum 30. Juni 2014 aus dieser Funktion aus.[95]
Zum Jahresende 2014 schied Kohler auf eigenen Wunsch aus der Geschäftsführung aus.[96] Nachfolger in der Geschäftsführung war bis Ende Juli 2015 Ulrich Benterbusch. Stephan Kohler verstarb im Jahr 2020.
Weblinks
Einzelnachweise
- Deutsche Energie-Agentur (dena)
- - dena-Jahresabschluss 2019
- Deutsche Energie-Agentur: Deutsche Energie-Agentur übernimmt Anteile der privaten Gesellschafter. 4. Juli 2017, abgerufen am 3. August 2018.
- Deutsche Energie-Agentur (dena) Transparenzregister. Abgerufen am 3. Januar 2022.
- Deutsche Energie-Agentur übernimmt Anteile der privaten Gesellschafter. Abgerufen am 5. Juli 2017.
- Deutsche Energie-Agentur: Mission und Vision Statement. In: dena. Abgerufen am 3. August 2018.
- Registerportal. Abgerufen am 5. Juli 2017.
- dena - Bund übernimmt die Kontrolle. 10. Juli 2017, abgerufen am 14. August 2017.
- Zaechel International: Case Study | dena Veranstaltungsmanagement. (Nicht mehr online verfügbar.) Archiviert vom Original am 13. August 2017; abgerufen am 14. August 2017.
- Raus aus dem Sanierungsstau - rein in die Energiewende. (geea.info [abgerufen am 5. Mai 2017]).
- Über die geea: geea.info. Abgerufen am 5. Mai 2017.
- dena-Kongress: Energiewende nach der Bundestagswahl? (Nicht mehr online verfügbar.) Archiviert vom Original am 16. August 2017; abgerufen am 16. August 2017.
- dena-Kongress - der Energiewende-Kongress. Abgerufen am 16. August 2017.
- Handlungsoptionen auf
- Bild von Andreas Kuhlmann auf
- Staatssekretär Beckmeyer: Gebäudesektor ist entscheidend für mehr Energieeffizienz. (Nicht mehr online verfügbar.) 11. November 2014, ehemals im Original; abgerufen am 14. August 2017. (Seite nicht mehr abrufbar, Suche in Webarchiven) Info: Der Link wurde automatisch als defekt markiert. Bitte prüfe den Link gemäß Anleitung und entferne dann diesen Hinweis.
- Factsheet Sanierungsstrategien für große Liegenschaftsbestände. (PDF) Abgerufen am 14. August 2017.
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- Zwischenbericht dena-Leitstudie Aufbruch Klimaneutralität, auf dena.de
- Sandra Enkhardt: Lobbycontrol moniert Lobbyeinfluss auf Dena-Leitstudie "Aufbruch Klimaneutralität". Abgerufen am 25. März 2021.
- Statement: Stellungnahme der Deutschen Energie-Agentur zu der Kritik von LobbyControl an der dena-Leitstudie „Aufbruch Klimaneutralität“. Abgerufen am 16. September 2021 (englisch).
- Malte Kreutzfeldt: taz-Streitgespräch zur dena-Klimastudie: „Bei uns wird sich etwas verändern“. In: Die Tageszeitung: taz. 1. April 2021, ISSN 0931-9085 (taz.de [abgerufen am 29. November 2021]).
- Deutsche Umwelthilfe: Stromlücke entspringt „strategischem Kalkül“ der Energiekonzerne. Pressemeldung vom 7. April 2008.
- Darstellung des Stromlückenstreits und Synopse der Energieprognosen (PDF; 184 kB)
- Frank Dohmen und Christian Schwägerl: Energiepolitik – Atomkraft macht Klimakiller billiger, 18. Oktober 2009, unter SPON.
- Nadine Michel: Trotz Überschüssen – Energieagentur warnt vor Stromlücke, 21. Oktober 2009, online unter taz.de.
- Deutsche Stromversorger - In der CO2-Falle? Ein neues Spiel hat begonnen (Memento vom 27. September 2010 im Internet Archive) (Link zum Volltext der Studie)
- dena warnt vor fehlenden effizienten Kraftwerken (Memento vom 17. Oktober 2013 im Internet Archive) (PDF; 67 kB)
- Pressemitteilung vom 23. November 2010: Roadmap für den Umbau des deutschen Stromnetzes vorgelegt (Memento vom 31. Dezember 2013 im Internet Archive)
- Dena-Netzstudie in der Kritik. BUND fordert Datentransparenz und öffentliche Netzplanung. Internetseite des BUND. Abgerufen am 25. August 2012.
- Umweltverbände kritisieren dena-Netzstudie II als unseriös. Co2-Handel.de. Abgerufen am 25. August 2012.
- Bewertung der dena-Netzstudie II und des europäischen Infrastrukturprogramms (PDF; 1,3 MB). Internetseite der TU Berlin. Abgerufen am 24. Mai 2013.
- taz vom 3. Mai 2007: Geld verbrennen für Klimaschutz .
- FAZ.net / Georg Meck: Angriff der Umerzieher: „Dena“ heißt eine Staatsagentur, die uns zum Dämmen bekehren will. Die Industrie findet es prima. Und der Bürger zahlt die Rechnung. abgerufen am 23. Juli 2014 (auch erschienen in der FASZ vom 20. Juli 2014, S. 13)
- Kohler findet neue RWE-Tochter zu wenig attraktiv und bleibt bei der Dena
- Personelle Veränderungen im Beirat der RWE Innogy
- Wir sind die Deutsche Energie-Agentur. Abgerufen am 3. Mai 2017.
- IWR: Stephan Kohler ist nicht mehr dena-Chef, 12. Januar 2015.