Kommende Virnsberg
Die Kommende Virnsberg war eine Kommende des Deutschen Ordens im heutigen Virnsberg und gehörte der Deutschordensballei Franken an.
Geschichte
Das Haus Zollern hatte bereits zu einem früheren Zeitpunkt Besitz in dem Raum, der später der Kommende Virnsberg unterstand, an den Deutschen Orden in Nürnberg geschenkt. Am 24. August 1260 hatte Burggraf Konrad I. mit Zustimmung seiner Söhne Friedrich III. und Konrad II. das Patronatsrecht über die Pfarrei in Obernzenn mit Zubehör und das Dorf Rappenau an den Deutschen Orden übergeben.[1] Seit 1294 gab es das deutschordische Amt Virnsberg, das ursprünglich der Kommende Nürnberg zugehörig war. Am 12. Juni 1294 stifteten Burggraf Konrad II. von Nürnberg und seine Frau Agnes, deren Söhne Friedrich, Konrad und Gottfried, die in den Deutschen Orden eingetreten waren, die Burg Virnsberg und die dazugehörigen Güter.[2][3] Das Stiftungsgut umfasste unter anderem Besitzungen in Oberaltenbernheim. Das Stiftungsgut war von Anfang an so umfangreich, dass sich Virnsberg zu einer der wirtschaftlich bedeutendsten Kommenden der Ballei mit geschlossenem Fraisch- oder Hochgerichtsbezirk entwickeln konnte, ohne dass der Orden selbst diesen Komplex noch in nennenswertem Umfang erweitert hätte. Es umfasste neben der Burg Virnsberg, welche die Zollern 1235 erworben hatten, und ihrem Zubehör Besitzungen und Rechte in 26 Orten, darunter das Gericht zu Ickelheim, zu Sondernohe und zu Neustetten. Auch Zehnte und umfangreicher Forstbesitz gehörten zu dieser Stiftung.[1]
Die burggräflichen Stiftungen von 1260 und 1294 waren so umfangreich, dass noch Ende des 16. Jahrhunderts 81 % der Bauernstellen der Kommende Virnsberg aus den ursprünglichen Stiftungen stammten. Auch die zollersche Ministerialität unterstützte die junge Ordensniederlassung. Herdegen von Gründlach schenkte 1297 zwei von Burggraf Friedrich III. zu Lehen gegebene Höfe zu Obernzenn mit dessen Einwilligung und Einkünfte aus vier Huben in Ickelheim.[1][4] Für 1297 wird Ordensbruder Friedrich, der Sohn des Stifterpaares, als erster Komtur zu Virnsberg genannt und damit der Charakter einer Hauskommende der Zollern unterstrichen.[1] Nachdem er am 23. März 1303 verstorben war, folgte ihm sehr wahrscheinlich sein Bruder Konrad. Auch wenn zeitgenössische Belege fehlen, ist die Nachricht einer Komtursliste des 18. Jahrhunderts, dass ihm sein 1300 als Konventuale in Würzburg genannter Bruder Konrad im Amt folgte, glaubhaft. Nachdem Konrad aber bereits am 17. Juli starb, folgte als Nachfolger der zollerschen Brüder der aus dem thüringischen Adel stammende Johannes von Kirchberg, der 1306 bezeugt ist. Ihm folgte Arnold von Seckendorff (Arnold, genannt der Betriebsame, schenkte 1307 seine Hube in Wittgensteinach dem Kloster Heilsbronn[5]) von 1308 bis 1318 als Angehöriger der burggräflichen Ministerialität. Auch Burggraf Friedrich IV. erwies sich als Förderer des Deutschordenshauses und übereignete der Kommende 1308 und 1311 mehrere Tagwerk Wiesen. In der Reichsstadt Windsheim im Rangau besaß die Kommende Virnsberg seit 1317 durch Schenkung König Ludwigs des Bayern das Patronatsrecht über die Pfarrei St. Kilian. Für diese Pfarrei verzichtete der Würzburger Bischof auf seine und des Domkapitels Ansprüche auf das Patronat.[1] In den folgenden Jahren konnte der Besitz durch den Zukauf verschiedener Güter vergrößert werden.[6] Die Kommende Virnsberg konnte so einen geschlossenen Hochgerichtsbezirk ausbilden, der auf der Stiftungsausstattung und Zukäufen des 14. Jahrhunderts beruhte.[7]
Nachdem die zur Ballei Franken gehörige Kommende 1326 auch die Pfarrei Windsheim erworben hatte, erlangte das Amt 1333 auch den Schutz und Schirm des Burggrafen zu Nürnberg.[8]
Die Kommende Virnsberg bestand bis 1806 und stellte eine katholische reichsunmittelbare Herrschaft mitten im protestantischen Markgraftum Ansbach dar und konnte sich bis in die Neuzeit als Enklave im markgräflichen Territorium behaupten.[9] Noch im 18. Jahrhundert (1731/54) erkannten die Ansbacher Markgrafen Virnsberg als eigenen Hochgerichtsbezirk und damit als reichsunmittelbares Territorium an, das so vor dem Zugriff Hardenbergs, der weite Teile des fränkischen Deutschordensterritoriums für Preußen okkupierte, geschützt blieb.[1] Dennoch verlor der Orden in einigen Orten einen Teil der Hoheitsrechte.[10] Das Territorium untergliederte sich im Obervogteiamt Virnsberg und dem Vogteiamt Ickelheim. Zuletzt umfasste sie ein Gebiet von 19 Quadratmeilen mit 32000 Einwohnern.[11]
Obervogteiamt Virnsberg
Das Obervogteiamt Virnsberg (OVA) übte das Hochgericht über sämtliche Orte der Kommende Virnsberg aus, über die es auch die Dorf- und Gemeindeherrschaft hatte.
Das OVA hatte in folgenden Orten die Dorf- und Gemeindeherrschaft inne: Berglein, Boxau, Brachbach, Breitenau, Buch, Daubersbach, Dörflein, Einersdorf, Esbach, Fladengreuth, Fröschendorf, Hainklingen, Hechelbach, Hörhof, Kemmathen, Kräft, Limbach, Merzbach, Möckenau, Neustetten, Oberaltenbernheim, Obernbibert, Rappenau, Sondernohe, Unteraltenbernheim, Virnsberg, Wimmelbach und Wippenau.[12]
Das OVA hatte in folgenden Orten Grundherrschaften (in Klammern ist die Zahl der Anwesen angegeben): Berglein (4), Boxau (7), Brachbach (7), Breitenau (11), Buch (12), Buchheim (?), Cadolzhofen (1), Daubersbach (5), Dörflein (3), Ergersheim (?), Ermetzhofen (?), Esbach (6), Fladengreuth (2), Fröschendorf (13), Fröschendorfer Mühle (1), Hainklingen (1), Hechelbach (8), Herbolzheim (?), Hörhof (1), Kemmathen (4), Kräft (4), Lerchenbergshof (1), Lerchenbergsmühle (1), Limbach (12), Merzbach (12), Mitteldachstetten (3), Möckenau (2), Oberaltenbernheim (9), Obernbibert (11), Obernbreit (?), Oberdachstetten (3), Pfaffenhofen (?), Rappenau (18), Rudolzhofen (?), Schafhof (1), Sondernohe (23), Unteraltenbernheim (21), Uttenhofen (?), Veitsmühle (1), Wimmelbach (8), Wippenau (2).
Vogteiamt Ickelheim
Das Vogteiamt hatte über Ickelheim, Linkenmühle und Wasenmühle die Dorf- und Gemeindeherrschaft und war dort zugleich Grundherr.
Komture von Virnsberg
Name | von | bis | Bemerkungen | Quelle |
---|---|---|---|---|
Friedrich von Zollern | 1297 | 1303 | Sohn von Konrad II. | |
Konrad von Zollern | 1303 | 1303 | Sohn von Konrad II. | |
Johannes von Kirchberg | 1306 | 1308 | [1] | |
Arnold von Seckendorf | 1308 | 1318 | Ministeriale von Burggraf Friedrich IV. | |
Wolfram von Heideck | 1323 | [13] | ||
Berthold von Zollern | 1342 | 1350 | später Bischof von Eichstätt | |
Johann von Venningen | 1409 | [15] | ||
Johann von Egloffstein | 1419 | [16] | ||
Martin von Gebsattel | 1420 | 1423 | [17][18] | |
Eberhard von Stetten | 1424 | 1434 Komtur zu Nürnberg, später Deutschmeister | ||
Johann von Venningen | 1430 | |||
Wilhelm von Werdenau (Wernau) | 1434 | 1439 | [19] | |
Martin von Eyb | 1444 | 1471 | Komturamtsverwalter des DOH Nürnberg | [20][21] |
Jorg Dymar | 1479 | zugleich Statthalter in Mergentheim | [22] | |
Dieter vom Stain | 1480 | 1494 | [23] | |
Johann (Hans) Adelmann von Adelmannsfelden | 1496 | 1510 Deutschmeister | [24] | |
Burckhard von Seckendorff | 1508 | 1511 | zudem Ratsgebietiger | [25][26] |
Wolfgang von Bibra | 1524 | 1525 | danach Komtur in Würzburg | [27][28] |
Wolf von Rosenberg | 1542 | [29] | ||
Philipp von Mauchenheim genannt Bechtolsheim | 1574 | [30] | ||
Adam von Klingelbach | 1582 | Statthalter zu Mergentheim, 1601–1602 | [31] | |
Bertus von Freyberg-Eisenberg | 1606 | 1606 | ermordet am 22. April | [32] |
Wilhelm Michel Schliderer von Lachen | 1623 | [33] | ||
Franz Wilhelm Mohr von Waldt | 1643 | Obrist bei Wallenstein | [34][35][36] | |
Johann Ludwig von Roggenbach | 1663 | Landkomtur und Komtur der Ballei Franken | [37][38] | |
Georg Eberhardt von Hedersdorff[39] | 1687 | Obrist des Fränkischen Kreises[40] | [41] | |
Georg Eitel Rau von Holzhausen | 1682 | 1685 | [42] | |
Philipp Karl Waldecker von Kempt | 1719 | zudem Komtur Weissenburg | [43] | |
Franz Philipp von Wildenstein | 1741 | zudem 1746 Ratsgebietiger der Ballei Franken | ||
Franz Ludwig von Eyb | 1772 | 1785 | [44][45] | |
Ferdinand Ernst von Waldstein-Wartenberg | 1792 |
Literatur
- Johann Kaspar Bundschuh: Virnsberg. In: Geographisches Statistisch-Topographisches Lexikon von Franken. Band 6: V–Z. Verlag der Stettinischen Buchhandlung, Ulm 1804, DNB 790364328, OCLC 833753116, Sp. 28–29 (Digitalisat).
- Hanns Hubert Hofmann: Neustadt-Windsheim (= Historischer Atlas von Bayern, Teil Franken. I, 2). Kommission für Bayerische Landesgeschichte, München 1953, DNB 452071216, S. 64–65 (Digitalisat).
- Gerhard Rechter: Das Land zwischen Aisch und Rezat: die Kommende Virnsberg Deutschen Ordens und die Rittergüter im oberen Zenngrund (= Schriften des Zentralinstituts für Fränkische Landeskunde und Allgemeine Regionalforschung an der Universität Erlangen-Nürnberg. Band 20). Degener, Neustadt an der Aisch 1981, ISBN 3-7686-4091-4.
- Ada Stützel: Auf den Spuren des Deutschen Ordens in Franken. Sutton Verlag, Erfurt 2006, ISBN 3-89702-990-1.
- Kurt Töpner: 700 Jahre Deutschordens-Komturei Virnsberg, Virnsberg 1994.
Einzelnachweise
- Dieter J. Weiß: DAS LAND ZWISCHEN AISCH UND REZAT – DER DEUTSCHE ORDEN UM VIRNSBERG. (PDF; 195 kB) Abgerufen am 27. Dezember 2018 (Vortrag bei Historischer Verein für Mittelfranken 2016).
- Staatsarchiv Ludwigsburg, JL 425 Bd. 26 Qu. 168 Schenkung der Burg Virnsberg mit gen. Zugehörden durch Konrad [II.] d. J. Burggraf von Nürnberg und seine Ehefrau Agnes von Hohenlohe
- Staatsarchiv Nürnberg Schenkungsurkunde von 1294
- Staatsarchiv Ludwigsburg JL 425 Bd 26 Qu. 167 Schenkung von zwei Höfen zu Obernzenn an den DO durch Herdegen von Gründlach, 1297 Juni 9;
- Max Döllner: Entwicklungsgeschichte der Stadt Neustadt an der Aisch bis 1933. Ph. C. W. Schmidt, Neustadt a. d. Aisch 1950, OCLC 42823280; Neuauflage anlässlich des Jubiläums 150 Jahre Verlag Ph. C. W. Schmidt Neustadt an der Aisch 1828–1978. Ebenda 1978, ISBN 3-87707-013-2, S. 141.
- Staatsarchiv Ludwigsburg, JL 425 Bd 26 Qu. 172 Lehensherrlicher Konsens von diversen Verkäufen/Stiftungen an DOH Virnsberg durch Burggraf Friedrich [VI.] von Nürnberg von 1415.
- Dieter J. Weiß: Deutscher Orden: Territorium und Verwaltung in: Historisches Lexikon Bayerns
- Staatsarchiv Ludwigsburg, JL 425 Bd. 26 Qu. 171
- Jahrestagung der Gesellschaft für fränkische Geschichte 2016
- Brandenburgische Usurpations-Geschichte, in der Fränkischen Kreis-Landen, insbesondere in dem Reichs-Ständisch Landes-Fürstlichen Gebiete des hohen Deutschen Ritter-Ordens, 1797. Google Book S. 37
- Wolfgang Jäger: Geographisch-Historisch-Statistisches Zeitungs-Lexicon, Dritter Theil R-Z, Landshut: Philipp Krüll 1811, S. 13.
- H. H. Hofmann, S. 65.
- Staatsarchiv Ludwigsburg, JL 425 Bd. 26 Qu. 171
- Staatsarchiv Ludwigsburg, B 249 U 227
- Staatsarchiv Ludwigsburg, JL 425 Bd 3 Qu. 86
- Staatsarchiv Ludwigsburg, JL 425 Bd 3 Qu. 86
- Adelsfamilie Gebsattel, Adelsfamilie Historisches Lexikon Bayerns
- Staatsarchiv Ludwigsburg,JL 425 Bd 3 Qu. 90
- Urkunden 3252. In: Monasterium.net. ICARUS – International Centre for Archival Research (Wien, Deutschordenszentralarchiv, DOZA).
- Staatsarchiv Ludwigsburg, JL 425 Bd 4 Qu. 41
- Staatsarchiv Ludwigsburg, JL 425 Bd 27 Qu. 131
- 1479 Staatsarchiv Ludwigsburg, B 264 a U 39
- Urkunden 4256. In: Monasterium.net. ICARUS – International Centre for Archival Research (Wien, Deutschordenszentralarchiv, DOZA).
- Staatsarchiv Ludwigsburg, PL 13 Bü 534
- Staatsarchiv Ludwigsburg, JL 425 Bd 26 Qu. 175
- Staatsarchiv Ludwigsburg B 250 U 209
- Staatsarchiv Ludwigsburg, JL 425 Bd. 26 Qu. 176
- Werner Wagenhöfer: Bibra, Adelsfamilie. In: Historisches Lexikon Bayerns (HLB). Abgerufen am 12. Januar 2019.
- Staatsarchiv Nürnberg Urkunde von 1542 März 15, Unteraltenbernheim
- Deutsche Digitale Bibliothek Staatsarchiv NürnbergUrkunde 1574 Dezember 10
- Staatsarchiv Ludwigsburg B 273 I Bü 25
- Staatsarchiv Ludwigsburg JL 425 Bd 26 Qu. 174
- Staatsarchiv Ludwigsburg B 247 I Bü 58
- Staatsarchiv Ludwigsburg JL 425 Bd 10 Qu. 72
- Der Oberst Mohr vom Wald im 30-jährigen Krieg, ein treuer Offizier des Generalissimus Wallenstein ?
- siehe Liste der kaiserlichen Generale der Frühen Neuzeit/M
- Staatsarchiv Ludwigsburg B 273 I Bü 25
- siehe Liste der Landkomture der Ballei Franken
- nach anderer Schreibweise Heydersdorff
- siehe Liste der Regimenter des fränkischen Reichskreises
- Steuerbuch des Hohen Deutschen ritterlichen Ordens Kommenden Virnsberg Oberamts, 1687 im Staatsarchiv Nürnberg
- Friedrich Wilhelm Leitner: Aufschwör-, Amts- und Totenschilde in der Deutschordenskirche zu Friesach in Kärnten. In: Rudolfinum. Jahrbuch des Landesmuseums für Kärnten. 2005, S. 197–231 (zobodat.at [PDF; 15,0 MB; abgerufen am 12. Januar 2019]).
- Staatsarchiv Ludwigsburg JL 425 Bd 24 Qu. 87
- Manfred Keßler: Der Rittersitz zu Dettelsau. Kooperativer Bibliotheksverbund Berlin-Brandenburg (KOBV), 2009, S. 271, urn:nbn:de:bvb:29-opus-14332 (kobv.de [PDF; abgerufen am 12. Januar 2019] Dissertation).
- Staatsarchiv Ludwigsburg, JL 425 Bd 15 Qu. 6 JL 425 Bd 15 Qu. 6