Ballei
Ballei (historisch auch Balley) bezeichnete etwa ab dem 13. Jahrhundert einen Verwaltungsbezirk oder eine Ordensprovinz eines Ritterordens, mit meist mehreren Komtureien bzw. Kommenden. Leiter einer Ballei war der Bailli oder Landkomtur.
Die Ballei ist wahrscheinlich der Verwaltungsorganisation Siziliens nachempfunden und hat ihre Wurzeln im Beamtenstaat der Normannen. Die Bezeichnung Ballei geht über mittellateinisch ballivus „Aufseher“[1] und mittellateinisch baillivus „königlicher oder lehnsfürstlicher Beamter, meist von untergeordetem Rang“[2], zurück auf lateinisch baiulus „Lastträger“.[3] Die weitere Herkunft ist ungeklärt.[4]
Deutscher Orden
Die Verwaltung einer Ballei des Deutschen Ritter-Ordens unterstand dem Landkomtur.
Die Balleien Österreich, An der Etsch und im Gebirge, Elsaß-Schwaben-Burgund und Böhmen unterstanden zeitweilig direkt dem Hochmeister als sogenannte Kammer-Balleien.
Die deutschen Balleien und später die Besitzungen in Italien, Griechenland und Spanien unterstanden dem Deutschmeister.
Historische Balleien des Deutschen Ordens
(Die Orte in Klammern nennen jeweils den Sitz des Landkomturs)
Deutsche Balleien | Italienische Balleien | Weitere Balleien |
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Heutige Balleien des Deutschen Ordens
Der dritte Zweig des Deutschen Ordens, das Institut der Familiaren (Abkürzung hinter dem Namen „FamOT“), gliedert sich in die Balleien
- Österreich mit den Komtureien „An Enns und Salzach“ und „An der Drau“
- Deutschland mit Sitz in Frankfurt am Main und den Komtureien „An Isar, Lech und Donau“, „An der Donau“, „Franken“, „Am Oberrhein“, „An Tauber, Neckar und Bodensee“, „An Rhein und Main“, „An Rhein und Ruhr“, „An Weser und Ems“ und „An Elbe und Ostsee“
- Ad Tiberim (Italien)
- An der Etsch und im Gebirge (Südtirol) mit der Komturei „Am Inn und Hohen Rhein“
- Ballivia in Bohemia, Moravia et Silesia (Tschechien und Slowakei)
- Priorat Laibach in Slowenien
- und die selbständige Komturei „Alden Biesen“ in Belgien
Johanniterorden
Die Balley Brandenburg des Ritterlichen Ordens St. Johannis vom Spital zu Jerusalem – der Johanniterorden – ist der seit 1382 eigenständige und seit 1538 evangelische Zweig des 1099 gegründeten (heute) römisch-katholischen Johanniterordens (seit 1530 genannt Malteserorden).
Malteserorden
Mehrere Balleien waren in Priorate zusammengefasst und eine Ballei bestand aus mehreren Kommenden.
Siehe auch
- Liste der Kommenden des Deutschen Ordens
- Liste der Kommenden des Templerordens
- Liste ehemaliger Johanniterkommenden
- Vogtei, als Verwaltungseinheit (Bailiwick) für Vogtei Guernsey und Vogtei Jersey
Literatur
- Ballei. In: Meyers Konversations-Lexikon. Eine Encyklopädie des allgemeinen Wissens. Band 2: Atlantis – Blatthornkäfer. 4., gänzlich umgearbeitete Auflage. Verlag des Bibliographischen Instituts, Leipzig 1885.
- J. F. Niermeyer, C. van de Kieft (Hrsg.): Mediae Latinitatis lexicon minus. = Medieval Latin Dictionary. = Lexique latin médiéval. = Mittellateinisches Wörterbuch. Band 1: A – L. 2., Korr. Auflage. Brill, Leiden u. a. 2002, ISBN 90-04-12899-9.
- K. Borchardt: The Military-Religious Orders in the Crusader West. In: A. J. Boas (Hrsg.): The Crusader World. London/ New York 2016, S. 111–128. (books.google.ru)
Einzelnachweise
- Niermeyer u. a. (Hrsg.): Mediae Latinitatis lexicon minus. 2002, S. 106.
- Niermeyer u. a. (Hrsg.): Mediae Latinitatis lexicon minus. 2002, S. 102 f.
- Niermeyer u. a. (Hrsg.): Mediae Latinitatis lexicon minus. 2002.
- Alois Walde, Johann Baptist Hofmann: Lateinisches Etymologisches Wörterbuch. Erster Band: A – L (= Indogermanische Bibliothek. Abteilung 1: Sammlung indogermanischer Lehr- und Handbücher. Reihe 2: Wörterbücher. Bd. 1, 1). 5., unveränderte Auflage. Winter, Heidelberg 1982, ISBN 3-533-00668-9, S. 93.
- Miletin in Böhmen, ein topographischer Versuch, von Joseph Ladislaus Jandera, Prag 1830, Seite 14 u. 15, mährisch = böhmische Balley, 1241