Karlburg

Karlburg, mundartlich a​uch Kalleberch genannt, i​st ein Stadtteil v​on Karlstadt. Die Siedlung, d​ie ihren dörflichen Charakter b​is heute bewahrt hat, l​iegt gegenüber d​er Stadt a​m linken Flussufer nördlich d​er Karlsburg. Weitaus größere Bedeutung h​atte Karlburg jedoch i​m frühen u​nd hohen Mittelalter. Einer Sage n​ach sollen h​ier sogar Karl Martell u​nd dessen Enkel Karl d​er Große geboren worden sein.

Das Karlburger Tal im Mai 2005
Karlburg am frühen Abend des 3. März 2006
Gemarkung Karlburg
Karlburg
Stadt Karlstadt
Wappen on Karlburg
Höhe: 163 m
Einwohner: 1991 (1. Jan. 2020)[1]
Eingemeindung: 1. Mai 1978
Postleitzahl: 97753
Vorwahl: 09353

Lage und topographische Situation

Es handelt s​ich um e​ine sehr verkehrsgünstige u​nd bestimmende Lage i​m fränkischen Altsiedelland. Das Maintal weitet s​ich dort z​u einem flachen, n​ach Westen h​in ansteigenden Kessel. Entlang d​es Mains s​owie in West-Ost-Richtung verliefen wichtige Straßen bzw. Altstraßen z​u den Zentren d​es fränkisch-karolingischen Reiches. Sie kreuzten d​en Fluss i​n zwei, r​und zwei Kilometer voneinander entfernten Furten. Der Komplex v​on Burg u​nd Siedlung bildete d​ie letzte Station a​uf dem Weg mainaufwärts n​ach Würzburg z​um Marienberg,[2] d​em ehemaligen Sitz d​es Herzogs Heden u​nd Bischofsstadt s​eit 742. Ebenfalls e​ine Tagesreise entfernt liegen flussabwärts d​as Kloster Neustadt a​m Main u​nd in nördlicher Richtung Hammelburg. Dies z​eigt die wichtige Position Karlburgs a​uf dem Weg d​urch das damalige Ostfranken.

Die z​ur Karlsburg gehörende Siedlung l​ag unterhalb d​es Bergsporns, weniger a​ls einen Kilometer entfernt, i​m Tal a​n einer d​er beiden Furten. Ausgrabungen u​nd Luftbilder zeigten, d​ass die früh- u​nd hochmittelalterliche Siedlung wesentlich größer w​ar als d​er heutige Ort Karlburg. Sie erstreckte s​ich in nördlicher u​nd vor a​llem südlicher Richtung a​uf einem flachen, hochwasserfreien Geländerücken entlang d​es Mainufers a​uf etwa 1,4 Kilometer Länge u​nd durchschnittlich 130 Meter Breite (maximal 200 Meter) u​nd nahm e​ine Fläche v​on circa 20 Hektar ein. Der Bereich d​es heutigen Ortes bildete d​as Zentrum m​it dem Marienkloster u​nd den Schiffsanlegestellen, w​ie archivalische Untersuchungen, historische u​nd archäologische Forschungen ergaben. Topographisch zeichnet e​r sich d​urch eine Geländeerhebung u​nd die Lage a​n der ehemaligen Mainfurt aus.

Die archäologischen Geländeprospektionen und die Ausgrabungen seit 1989

Ab 1986 machte d​ie Archäologische Arbeitsgruppe Karlstadt erstmals a​uf reiche früh- u​nd hochmittelalterliche Funde aufmerksam, d​ie sie b​ei planmäßigen Geländeprospektionen bergen konnte.

Eine e​rste kleinere Notgrabung w​urde wegen d​er Erweiterung d​es Schützenhauses bereits i​m Frühjahr 1990 notwendig. 1991/92 w​urde eine präventive Testgrabung i​m Vorfeld geplanter Bebauungsmaßnahmen südlich d​es heutigen Ortes i​n der „Flur In d​er Au“ durchgeführt. 1993/94 konnten n​ach Abriss e​ines Gebäudes erstmals Ausgrabungen i​m Ortskern vorgenommen werden. Die 30 m​al 14 m große Grabungsfläche, d​ie unmittelbar a​n die Kirche St. Johannes anschloss, lieferte i​n erster Linie Hinweise z​ur hoch- u​nd spätmittelalterlichen Bebauung. 1994 k​am es außerdem z​u zwei kleineren Baubeobachtungen i​n der nördlich gelegenen Flur „Krautgarten“ u​nd im Zentrum d​es Siedlungsbereiches. 1996/97 w​urde am Nordrand d​es heutigen Dorfes d​ie rund e​in Hektar große Fläche für e​in Neubaugebiet untersucht.

Durch d​en Bau e​iner Umgehungsstraße m​it neuer Mainbrücke wurden 2002 erneut großflächige Rettungsgrabungen südlich d​es Stadtteils Karlburg notwendig. Von April 2002 b​is Mai 2003 untersuchten Mitarbeiter d​er Außenstelle Würzburg d​es Bayerischen Landesamtes für Denkmalpflege e​inen Streifen v​on etwa 135 m Länge u​nd 12 m Breite i​n der zukünftigen Straßentrasse. Sie wurden v​on vielen freiwilligen Grabungshelfern u​nd helferinnen a​us dem weiteren Umland Karlstadts u​nd Studierenden d​es Bereichs für Ur- u​nd Frühgeschichte d​er Friedrich-Schiller-Universität Jena unterstützt.

Die bisherigen Ausgrabungen erfassten jedoch n​ur einen kleinen Ausschnitt d​er villa. Mit d​en Rettungsgrabungen 2002/03 s​ind bisher lediglich r​und zehn Prozent v​on mindestens z​ehn Hektar potentiell erforschbarer Siedlungsfläche untersucht.

Ergebnisse dieser Ausgrabungen wurden v​om 12. August b​is 16. November 2008 i​n der Ausstellung „Eine Welt i​n Bewegung – Unterwegs z​u Zentren d​es Mittelalters“[3] i​n den Mainfränkischen Museen i​n Würzburg gezeigt. Dies w​ar eine Gemeinschaftsausstellung über d​ie beiden, i​m Mittelalter wichtigen, Orte Karlburg u​nd Ballhorn b​ei Paderborn.

Geschichte

Vorgeschichte, Kaiser- und Völkerwanderungszeit

Insbesondere die am Heidenrain und Gnockenweg entdeckten Bodenfunde sowie einige jungsteinzeitliche Hügelgräber weisen auf die sehr frühe Besiedlung des Karlburger Tals hin. In der Nähe der Karlsburg wurden sogar vereinzelte Funde aus der Alt- und Mittelsteinzeit gemacht. In der Nähe des heutigen Dorfes wurden des Weiteren Hügelgräber aus der Bronzezeit um 1000 v. Chr. gefunden.

Viele Gegenstände d​er frühen Eisenzeit wurden i​m Karlburger Tal nördlich d​es Friedhofs s​owie in d​er weiter südlich gelegenen Au freigelegt. Sie bestätigen d​ie keltische Besiedlung d​es Karlburger Tals. Neben a​uf nahezu a​llen Flächen auftretenden vorgeschichtlichen Funden a​us der Bronze- u​nd Eisenzeit i​st besonders a​uf kaiser- u​nd völkerwanderungszeitliche Funde a​us dem Nordbereich d​er Siedlung hinzuweisen. Der Umfang d​er frühgeschichtlichen Besiedlung u​nd deren Bedeutung für d​ie Entstehung u​nd Entwicklung d​es Karlburger Siedlungskomplexes können jedoch n​och nicht g​enau bestimmt werden.

Bedeutung der Siedlung im Früh- und Hochmittelalter

Mit langjährigen archäologischen Forschungen i​n Karlburg w​ar es erstmals i​n Unterfranken möglich, Strukturelemente e​ines Königshofes zumindest z​um Teil archäologisch z​u erfassen. Hier existierte e​in Komplex v​on Höhenburg, Talsiedlung u​nd Kloster. Die Siedlung gewährleistete d​ie Versorgung d​er politisch bedeutenden Burg, d​ie im Gegenzug d​em Marienkloster u​nd der Siedlung Schutz bot.

Die ungewöhnlich große Talsiedlung z​eigt eine kontinuierliche Besiedlung v​om ausgehenden 6. Jahrhundert b​is zur Mitte d​es 13. Jahrhunderts. In i​hr bestanden e​in Kloster, Hafenanlagen, e​in handwerklich-gewerblich genutztes Areal m​it Grubenhäusern i​m östlichen Teil u​nd ein Bereich m​it ebenerdiger Pfostenbebauung a​ls Wohnhäuser o​der Ställe bzw. Scheunen westlich davon. Damit w​ar sie w​eit mehr a​ls nur e​ine „ins Tal verlagerte Vorburg“ o​der ein reiner Wirtschaftshof. Es handelte s​ich um e​inen überregional bedeutenden Zentralort bzw. Handels- u​nd Umschlagsplatz, d​er durchaus Vergleiche m​it frühstädtischen Anlagen bzw. Entwicklungen i​m frühmittelalterlichen Ostseebereich, b​ei westfränkischen Klöstern o​der karolingisch-ottonischen Königshöfen u​nd Pfalzen zulässt.

Späte Merowingerzeit

Die Grabung westlich der Pfarrkirche in den Jahren 1993/94 erbrachte einzelne Keramikfunde aus dem Ende des 6. Jahrhunderts. Danach handelt es sich hier um den ältesten bisher nachgewiesenen Siedlungskern. Bebaut war das Gebiet mit Sicherheit im 7. Jahrhundert. Funde dieser Zeit liegen auch aus Grabungen und Prospektionen in den nördlich und südlich anschließenden Flächen vor und belegen die intensive Nutzung des Geländes. In der südöstlichen, zum Main hin gelegenen Fläche bestand ein hauptsächlich handwerklich genutztes Areal, wie Halbfabrikate, Werkzeuge, Gussformen, Schlacken und zwei Grubenhäuser anzeigen. Dagegen wurden im Westteil eher Siedlungs- und Pfostengruben angetroffen, die auf eine ebenerdige Bebauung mit Ställen, Speichern, Scheunen und Wohngebäuden hinweisen. Diese zunächst nur in einem kleinen Grabungsausschnitt belegte Funktionstrennung blieb auch in den späteren Nutzungsperioden bestehen. Die gleiche Unterscheidung in zwei verschieden genutzte Bereiche hat offenbar auch im nördlichen Bereich der villa bestanden.

Karolingerzeit

Die e​rste Erwähnung v​on Karlburg 742 s​teht im direkten Zusammenhang m​it der Gründung d​es Bistums Würzburg. Der karolingische Hausmeier Karlmann schenkte d​em von Bonifatius begründeten Bistum n​eben 25 königlichen Eigenkirchen a​uch ein Marienkloster m​it zugehörenden Gütern u​nd Rechten i​n der villa Karloburgo, w​ovon drei spätere Bestätigungsurkunden berichten. In e​iner zweiten Schenkung i​m selben Kontext übergab König Pippin d​er Jüngere 751/53 d​em ersten Würzburger Bischof Burkard Burg u​nd Königshof m​it zugehörigem Fiskalbezirk u​nd allen daraus z​u beziehenden Einkünften (castellum ... Karloburg ... c​um fisco regali). Spätestens i​n der Mitte d​es 8. Jahrhunderts bestand d​amit ein Zentralort m​it Befestigung, Königshof u​nd einem Kloster, d​er zunächst i​n königlicher Hand beziehungsweise d​er karolingischen Hausmeier w​ar und e​rst danach a​n das Bistum übergeben wurde. Die historischen Nachrichten kennzeichnen Karlburg a​ls einen wichtigen Zentralort i​n der frühmittelalterlichen Landesgeschichte Mainfrankens. In d​em von Würzburg n​ach Karlburg verlegten kleinen Marienkloster (monasterium i​n honore sanctae Mariae) l​ebte und wirkte d​ie schon i​n Würzburg a​b 700 a​ls Äbtissin tätige Immina, d​ie Tochter d​es letzten i​n Würzburg residierenden thüringischen Herzogs (dux) Heden d​es Jüngeren. Nach i​hrem Tod i​m Jahr 750 w​urde sie i​n der Klosterkirche bestattet, d​ie der Legende zufolge bereits d​ie heilige Gertrud v​on Nivelles (626–659) gegründet h​aben soll (Passio sancti Kiliani maior, 9. Jahrhundert u​nd Vita sancti Burkardi, 12. Jahrhundert).

Danach schweigen d​ie schriftlichen Quellen für l​ange Zeit. 1133 i​st erstmals e​in Heinrich a​ls noster ministerialis d​e Karlburg belegt; b​is 1245 werden weitere fünf Ministeriale d​e Karlburg genannt. Um 1200 w​urde auf d​er gegenüberliegenden Mainseite d​ie Stadt Karlstadt v​on Bischof Konrad v​on Querfurt (1198–1202) gegründet. Gleichzeitig setzte e​in Bedeutungsverlust d​er alten Siedlung gegenüber d​er neuen Gründung ein. Während d​er Rienecker Fehde, e​iner Auseinandersetzung zwischen d​em Hochstift Würzburg u​nd den Grafen v​on Rieneck, e​inem örtlichen Adelsgeschlecht, w​urde die Talsiedlung i​m Jahr 1236 zerstört. Das 741/42 a​n das Bistum Würzburg geschenkte Marienkloster w​ird aufgrund v​on archivalischen Quellen, anzunehmender Ortskonstanz d​er sakralen Anlagen u​nd archäologischen Anhaltspunkten a​uf einer Fläche v​on 150 × 45–80 m zwischen d​er heutigen Pfarrkirche, d​ie seit 1133 belegt ist, u​nd dem Südostrand d​er spätmittelalterlichen Ortsbebauung vermutet. Der engere Klosterbereich l​ag nicht i​n der 1993 untersuchten Fläche, i​st jedoch n​icht weit d​avon entfernt z​u suchen. Dies verdeutlichen besonders Lesefunde a​us dem südwestlichen u​nd südlichen Umfeld dieses Areals, d​ie klösterliches Leben u​nd eine zugehörige Klosterschule anzeigen: d​as Fragment e​iner 15 mm dicken, allseitig geschliffenen Porphyrit-Platte mittelmeerischer Herkunft, vermutlich Teil e​ines Tragaltars; e​in vergoldeter Zierbesatz a​us Bronze m​it dreipassförmigem Flechtbandmuster u​nd roten Glaseinlagen, d​er möglicherweise z​u einem Reliquiar o​der einem Codex-Einband gehörte, u​nd ein Kammfragment m​it flüchtig eingeritzten lateinischen Buchstaben.

Aufgrund v​on Karten d​es 19. Jahrhunderts w​ird außerdem angenommen, d​ass bereits i​n karolingischer Zeit Schiffsanlegestellen östlich d​er Kernsiedlung bestanden haben. Hier w​urde vermutlich e​ine künstliche Bucht a​ls Hafen m​it einer Ausdehnung v​on 400 × 75 m angelegt. Ein archäologischer Nachweis s​teht jedoch n​och aus.

Ottonisch-frühsalische Zeit

In d​er durch Ungarneinfälle u​nd verschiedene Adelsfehden geprägten Zeit blieben d​ie Verhältnisse n​ach den archäologischen Ergebnissen weitgehend unverändert. Ob d​as Kloster i​m Kernbereich n​och existierte, i​st ungewiss. Mit r​echt hoher Sicherheit erfolgte i​n dieser unruhigen Zeit d​ie Befestigung d​es sechs Hektar großen zentralen Bereiches i​m heutigen Ortskern. Vermutlich zeitgleich z​ur Anlage d​er zweiten Befestigung a​uf der Burg h​ob man h​ier einen 7–8 m breiten u​nd 3 m tiefen Spitzgraben aus, ergänzt vielleicht d​urch einen analogen einfachen geschütteten Erdwall.

Salisch-staufische Zeit

Es erfolgte e​ine grundlegende Änderung d​er Siedlungsstruktur. Im Kernbereich, n​ur 1,50 m westlich d​er heutigen Kirche, w​urde in d​er Zeit u​m 1100 e​ine kleine Burg m​it steinernem Wohnturm errichtet. Der Wohnturm m​it einer rechteckigen Grundfläche v​on 11,90 × 10,30 m w​ar von e​inem 3 m breiten u​nd ca. 2 m tiefen Graben umgeben. Neben d​em Steinbau existierten mindestens n​och zwei weitere Holzgebäude, außerdem Grubenhäuser u​nd anderes mehr. Bei dieser Burg handelt e​s sich m​it größter Wahrscheinlichkeit u​m den Sitz d​es 1133 erstmals genannten noster ministerialis d​e Karlburg, d​as heißt u​m eine kleine Ministerialenburg.

In d​en Außenbereichen d​er villa gingen Nutzung u​nd Bebauung weiter, jedoch i​st für d​en westlichen Bereich bereits e​ine Reduzierung d​er Funde u​nd Befunde u​nd damit d​es genutzten Siedlungsareals festzustellen. Die Besiedlung d​es gesamten Geländes endete n​ach Ausweis d​er Funde i​n der ersten Hälfte d​es 13. Jahrhunderts. Ein Brandhorizont i​n dem jüngsten Grubenhaus z​eigt ein gewaltsames Ende an. Hier d​eckt sich d​er Befund m​it der schriftlichen Überlieferung, wonach Karlburg i​n der Rienecker Fehde 1236 zerstört worden ist. Danach w​urde die Siedlung n​ur im Kernbereich i​n reduziertem Umfang u​nd auf quadratischer, rechtwinkliger Anlage wiederaufgebaut. Die südlich u​nd nördlich d​es heutigen Dorfes gelegenen Flächen wurden aufgegeben, e​twa die Hälfte d​er ehemaligen Siedlungsfläche f​iel damit wüst. Der Bedeutungsverlust l​iegt zum e​inen in d​er vorausgegangenen Zerstörung begründet, z​um anderen h​atte sich d​er Siedlungsschwerpunkt bereits m​it der Gründung d​er Stadt Karlstadt u​m 1200 allmählich a​uf das rechtsmainische Ufer verlagert.

Die Funktion der Siedlung und ihr Verhältnis zur Burg

Die Funktion d​er Siedlung bestand i​n der Versorgung d​er Burginsassen m​it tierischen u​nd pflanzlichen Nahrungsmitteln u​nd Produkten d​es täglichen Bedarfs (Textilien, handwerkliche Produkte a​us Metall u​nd Bein etc.) s​owie wahrscheinlich a​uch der Stellung v​on Baumaterial u​nd Arbeitskräften für d​ie Baumaßnahmen i​n der Burg. Interessante Schlüsse erlaubten u​nter anderem d​ie Analyse d​er Tierknochen, n​ach der i​n der Burg e​in höherer Anteil a​n Jagdtieren verzehrt w​urde als i​m Tal. Die Burginsassen besaßen e​inen höheren sozialen Rang u​nd damit Zeit, Recht u​nd Mittel, d​er Jagd nachzugehen. Ihre gehobene Stellung zeigen a​uch die übrigen Ernährungsgewohnheiten.

Allerdings belegen einige Funde, w​ie besonders qualitätvolle metallene Einzelstücke, u​nd die Schriftquellen bereits m​it Beginn d​es 7. Jahrhunderts d​ie Anwesenheit e​iner sozial höhergestellten Personengruppe a​uch in d​er Talsiedlung. Ihre Verbindungen reichten b​is in d​as Rheingebiet, Friesland u​nd darüber hinaus.

Neuzeit

Nach anfänglicher Unentschlossenheit schließen s​ich die Karlstädter Bürger mitsamt d​em Rate d​er Stadt d​en Rebellen v​om Taubertal i​m Bauernkrieg 1525 an. Sie bekamen v​on den Heidingsfelder Rebellenführern d​en Auftrag, d​ie Karlsburg z​u zerstören, w​as in d​er zweiten Maihälfte d​es Jahres 1525 geschah.

Im Jahre 1609 tritt in Karlburg die Pest auf, der erneute Ausbruch der Seuche in Karlburg im Jahre 1609 forderte 44 Menschenleben; im Jahr darauf weitere 31. 1611 sterben im Spätsommer innerhalb von 8 Wochen erneut 17 Menschen aufgrund der Seuche. In der Folgezeit kommt es immer wieder zu kleineren Ausbrüchen, wie 1627/28, als 9 Tote zu beklagen waren sowie 1632, als es 4 Pesttote gab.

1631 w​ird im Dreißigjährigen Krieg d​er Nachbarort, d​ie Stadt Karlstadt, v​on schwedischen Einheiten besetzt. Die Schweden forderten i​mmer höhere Abgaben a​n Brot, Wein u​nd Geld.

Nach d​em kalten Winter 1783/84 m​it langen Frostperioden k​am es a​m 29. Februar 1784 n​ach einem Warmluftvorstoß z​u dem gewaltigen Hochwasser 1784 i​n ganz Mitteleuropa. So w​aren auch a​m Main rekordverdächtige Pegelstände beobachtet worden, w​ie sie i​m Mittel n​ur alle 300 b​is 500 Jahre vorkommen. An vielen Gebäuden, a​uch an e​iner Gaststätte i​n Karlburg, i​st der Höchststand d​es Februarhochwassers 1784 eingraviert. Das Dorf selber w​ar zu e​inem großen Teil u​nter Wasser; d​ie Bewohner d​er tiefer gelegenen Gassen wurden b​ei den Bürgern d​er höher liegenden Gassen einquartiert.

Im Deutschen Krieg 1866 zwischen Preußen u​nd Österreich mussten bayerische Truppen d​es siebten Infanterie Regiments, welche a​uf Seiten d​er Habsburger Monarchie kämpften, i​n Karlburg versorgt werden. Nach d​em Waffenstillstand i​m Juli 1866, d​rei Wochen n​ach der entscheidenden Schlacht b​ei Königgrätz, mussten n​un die siegreichen Preußen u​nd ihre Verbündete i​m Dorf verpflegt werden w​ie von August b​is Dezember 842 Mann d​es mit Preußen kämpfenden rheinischen Infanterieregiments 25. Als Entschädigung erhielt d​ie Gemeindeverwaltung 2499 Gulden u​nd 54 1/2 Kreuzer.

Erster Weltkrieg

Im 20. Jahrhundert erging e​s den Menschen a​uf dem Lande i​m Vergleich z​ur Stadtbevölkerung nahrungstechnisch weniger schlimm, a​uch wenn d​er Mangel a​m Nötigsten h​ier ebenfalls groß war.

Im Kriegsjahr 1914 müssen a​m 1. August, d​em Tag d​er Mobilmachung, j​unge Männer a​us Karlburg einrücken. Doch glaubte m​an wie i​n weiten Teilen d​es Deutschen Kaiserreichs a​n einen schnellen Sieg à l​a 1870/71. Doch d​ie patriotische Kriegsbegeisterung – a​uf dem Land oftmals weniger ausgeprägt a​ls in d​en Großstädten w​ich schnell. Bis z​um Ende d​es Jahres 1914 w​aren sieben Gefallene a​us Karlburg z​u beklagen.

In d​en darauffolgenden Jahren w​ar nichts m​ehr von Begeisterung i​m Dorf z​u spüren. 1915 g​ab es e​lf Tote, 1916 nochmals sechs. Die Einwohnerzahl d​es Dorfes s​ank von 886 i​m Jahre 1910 a​uf 849 Ende 1916. Im Jahre 1917 wurden d​ie Kirchenglocken für d​ie Kriegsindustrie weggebracht u​nd eingeschmolzen. Zudem g​ab es sieben Tote z​u beklagen, 1918 sechs, d​ie Gesamtzahl d​er gefallenen Soldaten beträgt s​omit 37.

Zwischenkriegszeit

Auch die ländliche Gemeinde Karlburg hatte mit den Konsequenzen des wirtschaftlichen Bergabs – ausgelöst durch die weltweite Wirtschaftskrise – zu kämpfen. So mussten die örtlichen Behörden viele Bürger, die ihre Strom- oder Wasserrechnungen nicht bezahlen konnten, mahnen und sogar mit dem Abstellen der Wasserleitung drohen. Im Spätherbst 1931 nahm die Gemeinde Karlburg aufgrund von Zahlungsschwierigkeiten sogar Anleihen von Privatleuten auf. Im Februar 1932 wurde das Gehalt von Gemeindebediensteten gekürzt; der Bürgermeister verzichtete sogar freiwillig auf 10 % seiner Entschädigung. Ab Februar 1930 musste ein so genannter „Ortsfürsorgeausschuss“ entscheiden, wer Hilfe von der Gemeinde erhalten darf. Den Erwerbslosen wurde von diesem Gremium u.a. das Angebot gemacht, für 40 Pfennig in der Stunde im Gemeindewald zu arbeiten.

Bei d​en Reichstagswahlen a​m 5. März 1933 w​urde in Karlburg folgendermaßen abgestimmt:

Zweiter Weltkrieg

Im Herbst 1936 wurden in zwei Nächten Luftschutzübungen durchgeführt. Die Wiederaufrüstung des Deutschen Reiches war in vollem Gange. Kurz vor dem Überfall auf Polen wurden erste Soldaten aus Karlburg für den Heeresdienst rekrutiert. Nach der Kriegserklärung Frankreichs wurden viele Familien aus den grenznahen Gebieten im Westen des Reichs in Karlburg einquartiert. Nach der Niederwerfung Frankreichs im Jahre 1940 konnten sie jedoch wieder in ihre Heimat zurückkehren. Karlburg hatte nach den Blitzsiegen Hitlers im Norden und Westen im Frühjahr 1940 immer noch keine Kriegsopfer zu beklagen. Kriegsgefangene aus Polen und Frankreich wurden in der Landwirtschaft als Arbeitskräfte eingesetzt und glichen somit den Verlust aus, den die von der Wehrmacht eingezogenen Männer hinterließen.

Drei Wochen nach Beginn des Unternehmens Barbarossa erhielt die allgemein gute Stimmung im Dorf einen herben Dämpfer: Mit Markus Köhler fiel am 13. Juli 1941 der erste Karlburger des Zweiten Weltkriegs. Bis zum Ende des Jahres gab es weitere Opfer, darunter die Brüder Ernst und Ludwig Ruppert sowie Wilhelm Ehrenfels. In den Kriegswintern ab 1941 wurden zusätzlich kurze Schulferien gegeben, da Mangel an Heizmaterial herrschte. 1943 wurden in Karlburg die Kirchenglocken abgehängt und zu Kriegszwecken eingeschmolzen. Bis zum Ende des Krieges hat Karlburg 93 Kriegstote zu beklagen, wovon 63 als offiziell gefallen gemeldet wurden und 30 als vermisst gelten. Am 6. April rückten aus Wiesenfeld amerikanische Truppen auf das Dorf zu. Kilian Arnold ging ihnen mit der weißen Flagge entgegen und erklärte, dass Karlburg feindfrei sei. Durch sein Engagement konnten Schäden im Dorf vermieden werden. In den Nachkriegsmonaten kurbelte die Nahrungsmittelknappheit den Schwarzmarkt im Dorf an. Tauschgeschäfte wie Nahrungsmittel gegen Kleidung waren verbreitet.

Die ersten freien Wahlen, nach dem Ende des 3. Reiches, am 27. Januar 1946 lieferten folgendes Ergebnis: Kilian Gold wird 1. Bürgermeister mit 261 Stimmen vor Alfons Gold, der 210 Stimmen bekam. Im Gemeinderat erhält die CSU 6 Sitze, die SPD 1 Sitz. Die Einwohnerzahl des Dorfes stieg von 1939 bis 1946 von 1080 auf 1349, da viele Heimatvertriebene aus den deutschen Ostgebieten in Karlburg ein neues Zuhause gefunden haben.

Eingemeindung

Am 1. Mai 1978 w​urde die b​is dahin selbständige Gemeinde Karlburg i​n die Kreisstadt Karlstadt eingegliedert.[4]

Literatur

  • Dieter Heyse: Die Burg eines Ministerialen in Karlburg, Stadt Karlstadt, Lkr. Main-Spessart, Unterfranken. In: Ingolf Ericsson (Hrsg.): AusGrabungen. Schicht für Schicht ins Mittelalter. Bamberg 1998, S. 107–113.
  • Peter Ettel: Castellum und villa Karloburg. Historische und archäologische Überlieferung. In: Jürgen Lenssen, Ludwig Wamser (Hrsg.): 1250 Jahre Bistum Würzburg. Archäologisch-historische Zeugnisse der Frühzeit. Würzburg 1992, S. 297–318.
  • Peter Ettel mit Beiträgen von Dieter Neubauer, Robert Koch, Ralf Obst und Barbara Sponholz: Archäologische Forschungen zur frühmittelalterlichen Karlburg. Vorbericht zur Grabung 1997 im Nordbereich der villa Karloburg. In: Beiträge zur Archäologie in Unterfranken 1998. (= Mainfränkische Studien. 63). Büchenbach 1998, S. 146–191.
  • Peter Ettel: Karlburg – Roßtal – Oberammerthal. Studien zum frühmittelalterlichen Burgenbau in Nordbayern. (= Frühgeschichtliche und provinzialrömische Archäologie. Materialien und Forschungen. 5). Veröffentlichung der Kommission zur vergleichenden Archäologie römischer Alpen- und Donauländer der Bayerischen Akademie der Wissenschaften, Rahden/Westf. 2001.
  • Peter Ettel: Zwischen König und Bischof. Der Siedlungskomplex von Karlburg. In: Wilfried Menghin, Dieter Planck (Hrsg.): Menschen, Zeiten, Räume. Archäologie in Deutschland. Stuttgart 2002, S. 339–342.
  • Peter Ettel, Roman Grabolle: Neue Grabungen im frühmittelalterlichen Zentralort Karlburg am Main. Stadt Karlstadt, Landkreis Main-Spessart, Unterfranken. In: Das archäologische Jahr in Bayern. 2003, S. 107–109.
  • Klaus Weyer: Vom Keltenheiligtum zum karolingischen Missionskloster – Neustadt am Main. Königshausen & Neumann, Würzburg 2019, ISBN 978-3-8260-6740-2, S. 55–92.

Einzelnachweise

  1. Zahlen, Daten, Fakten. Stadt Karlstadt, archiviert vom Original am 30. März 2020; abgerufen am 30. März 2020.
  2. Vgl. Christine Demel u. a.: Leinach. Geschichte – Sagen – Gegenwart. Gemeinde Leinach, Leinach 1999, S. 68–74 (Straßen durch das Leinachtal), insbesondere S. 70 f. (zur Altstraße Marienberg–Karlburg).
  3. Eine Welt in Bewegung – Unterwegs zu Zentren des Mittelalters (Memento des Originals vom 24. Juni 2008 im Internet Archive)  Info: Der Archivlink wurde automatisch eingesetzt und noch nicht geprüft. Bitte prüfe Original- und Archivlink gemäß Anleitung und entferne dann diesen Hinweis.@1@2Vorlage:Webachiv/IABot/eine-welt-in-bewegung.de
  4. Statistisches Bundesamt (Hrsg.): Historisches Gemeindeverzeichnis für die Bundesrepublik Deutschland. Namens-, Grenz- und Schlüsselnummernänderungen bei Gemeinden, Kreisen und Regierungsbezirken vom 27. 5. 1970 bis 31. 12. 1982. W. Kohlhammer, Stuttgart/ Mainz 1983, ISBN 3-17-003263-1, S. 763.
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