Johann III. Sobieski
Johann III. Sobieski (polnisch Jan III Sobieski, litauisch Jonas Sobieskis; * 17. August 1629 in Olesko, heute Oblast Lwiw, Ukraine; † 17. Juni 1696 in Wilanów) war ein polnischer Aristokrat, Staatsmann, Großhetman und ab 1674 als König von Polen und Großfürst von Litauen der gewählte Herrscher des Staates Polen-Litauen aus dem Adelsgeschlecht der Sobieskis. Er gilt als der Retter Wiens während der Zweiten Wiener Türkenbelagerung, da er bei der Schlacht am Kahlenberg am 12. September 1683 mit seiner Hussaria als Oberbefehlshaber der Katholischen Liga den entscheidenden Angriff gegen die Türken führte.
Herkunft und Jugend
Johann (Jan) entstammte dem polnischen Adelsgeschlecht der Sobieskis, das der Wappengemeinschaft Janina angehörte. Er war Sohn des Kastellans von Krakau Jakub Sobieski und der Sofia-Teofila aus dem Haus Daniłowicz, und über sie war er ein Urenkel des Stanisław Żółkiewski.
In seiner Kindheit erfuhr er eine sorgfältige Schulbildung an Polens ältester Schule, dem Nowodworski Collegium in Krakau. Von 1640 bis 1647 absolvierte er an der Jagiellonen-Universität ein Studium generale.
Reisen und erste Kriegseinsätze
Von 1646 und 1648 unternahm er mit seinem Bruder Marek eine Grand Tour durch mehrere europäische Länder. Bleibende Eindrücke hinterließ bei Jan vor allem der Aufenthalt in Frankreich. Zwischen 1648 und 1653 kämpfte er während des Chmelnyzkyj-Aufstands gegen die Saporoger Kosaken des Bohdan Chmelnyzkyj und gegen tatarische Truppen des Krimkhanats. Er kämpfte in der Schlacht bei Berestetschko, bevor er 1654 von König Johann II. Kasimir als Botschafter in das Osmanische Reich gesandt wurde. Dort lernte er die türkische Sprache und türkische Kultur kennen. Schon früh ließ sich auch sein strategisches Talent erkennen.
Im Zweiten Nordischen Krieg 1655–1660 schloss er sich zuerst der Fraktion von Krzysztof Opaliński an, ging in Opposition zum König Johann II. Kasimir über und unterwarf sich dem schwedischen König Karl X. Gustav. Als jedoch die schwedische Kriegsführung zunehmend die Form eines brutalen Raubzugs annahm, wechselte er erneut ins königliche Lager und kämpfte 1656 in der verlorenen Schlacht bei Warschau für Johann II. Kasimir, in der er sich auszeichnete und zum königlichen Standartenträger befördert wurde.
Aufstieg zum Großhetman
1655 lernte er seine spätere Frau (⚭ 1665) Marie Casimire Louise de la Grange d’Arquien („Marysieńka“[1]) kennen, eine Hofdame der französischstämmigen polnischen Königin Ludwika Maria. Für Marie, die aus einer alten, aber verarmten Familie stammte, bedeutete die Ehe mit dem Sohn einer der reichsten und mächtigsten Familien Polens einen enormen Aufstieg. Für Sobieski brachte die Ehe eine Intensivierung der Beziehungen zum französischen Hochadel.
Während des Russisch-Polnischen Krieges (1654–1667) unterstützte er den König im Kampf gegen die Lubomirski-Rebellion (1665–1666). Nach dem Tod von Stefan Czarniecki wurde er Feldhetman der polnischen Krone. In der Schlacht bei Podhajce, während des Tatarisch-Kosakisch-Polnischen Kriegs 1666–1671, schlug er als polnischer Befehlshaber 1667 ein vereinigtes krimtatarisch-kosakisches Heer unter Hetman Petro Doroschenko. 1668 wurde er Großhetman der polnischen Krone und damit zum direkt dem König unterstehenden Gesamtbefehlshaber des polnisch-königlichen Heeres.
Krieg gegen das Osmanische Reich und Wahl zum König
Im Osmanisch-Polnischen Krieg 1672–1676 eroberte das Osmanische Reich das polnische Podolien mit der Hauptfeste Kamieniec Podolski. Diese Eroberung wurde durch König Michaels I. Emissäre im Vorfrieden von Butschatsch 1672 anerkannt. Da der polnische Reichstag den Vertrag nicht ratifizierte, setzte sich der Krieg im nächsten Jahr fort. Sobieski stellte das türkische Heer des Großwesirs Köprülü Fazıl Ahmed bei der Festung Chotyn und schlug es durch einen Überraschungsangriff der Hussaria am 11. November 1673 vernichtend in die Flucht.
Am 21. Mai 1674 wurde er nach dem Tode des Königs Michael I. auf den polnischen Thron gewählt. Zur Königskrone verhalfen ihm auch seine profranzösische Haltung und die von seiner Ehegattin gesponnenen Allianzen mit dem französischen Königshof.
Nach wechselvollen Kämpfen gegen das Osmanische Reich schloss er 1676 den günstigen Vertrag von Żurawno ab.
Antibrandenburgische Politik
In seinen ersten Regierungsjahren versuchte Jan Sobieski, wichtige Reformen zur Festigung der Königsmacht gegenüber dem Adel durchzusetzen. Er strebte auch eine Allianz mit Frankreich gegen Brandenburg-Preußen an. Das Herzogtum Preußen, das bis zum Vertrag von Oliva (1660) ein polnisches Lehen war, versuchte er zurückzugewinnen und die Macht Polen-Litauens im Baltikum zu festigen. Aufgrund der ablehnenden Haltung Frankreichs nach dem ungünstig verlaufenden Krieg zwischen Schweden und dem Kurfürsten Friedrich Wilhelm war er gezwungen, seine Politik zu ändern, und sich dem Kaiser anzunähern.
Allianz mit Österreich
Als Reaktion auf die osmanischen Kriegsvorbereitungen und auf Drängen von Papst Innozenz XI. ging Johann III. am 1. April 1683[1] ein Defensivbündnis mit Kaiser Leopold I. ein. Sobald ihn die Nachricht von dem türkischen Feldzug Richtung Wien erreichte, erließ der König das allgemeine Adelsaufgebot und machte sich auf den Weg, um die bedrohte Reichshauptstadt zu befreien.
Entsatz des belagerten Wien
Am 4. September 1683 hielt er gemeinsam mit Karl V., Herzog von Lothringen Kriegsrat im Hardeggschen Schloss Juliusburg in Stetteldorf am Wagram. Am 7. September 1683 wurde das Heer des Heiligen Römischen Reiches unter Karl von Lothringen mit den polnischen Truppen in Tulln (ca. 30 Kilometer vor Wien) vereinigt und die Truppen marschierten gemeinsam auf das seit dem 15. Juli von den Osmanen belagerte Wien zu. In der Schlacht am Kahlenberg schlug Jan Sobieski als Befehlshaber von etwa 27.000 königlich-polnischen, 19.000 kaiserlichen, 10.500 bayrischen, 9.000 sächsischen und 9.500 südwestdeutschen Soldaten am 12. September 1683 die osmanische Armee unter Großwesir Kara Mustafa vernichtend. Damit endete das türkische Vordringen in das Reich. Sobieski als offizieller Hauptbefehlshaber des vereinigten Entsatzheeres zog unter dem Jubel der Bevölkerung als Türkenbefreier in Wien ein.
In der Schlacht bei Párkány siegte er gemeinsam mit Karl von Lothringen erneut gegen die Türken. Im folgenden Großen Türkenkrieg konnte Habsburg den Osmanen das Königreich Ungarn entreißen.
Erbe und Tod
König Jan III. Sobieski war literarisch und sprachlich begabt und als Kunstsammler und Mäzen tätig. Sein Königspalast in Wilanów bei Warschau gilt als ein herausragendes Beispiel für den polnischen Barock. Eine weitere Residenz besaß die Familie im Schloss von Schowkwa. In die polnischen Literaturgeschichte gingen seine „Briefe an die Königin“ ein, die er beinahe täglich von seinen zahlreichen Feldzügen an seine Gattin schrieb. Dort zeigt sich Sobieski als ein warmherziger und literarisch begabter Privatmann.
Er starb 1696 in der königlichen Residenz in Wilanów und wurde in dem Wawelschloss in Krakau begraben. In der Wahlmonarchie Polen wurde nicht sein Sohn Jakob Louis Heinrich Sobieski Thronfolger, sondern der Kurfürst von Sachsen August der Starke. Seine Tochter Therese Kunigunde Sobieska war mit dem Kurfürsten Maximilian II. Emanuel von Bayern verheiratet, seine Enkelin Maria Clementina Sobieska war Gattin von James Francis Edward Stuart, dem Titularkönig von Schottland, England, Irland und Frankreich.
Bezug zur Gegenwart
- Das Sternbild Schild hieß zu Ehren des Königs ursprünglich Scutum Sobiescii (Schild des Sobieski).
- Johann III. Sobieski ist bis heute einer der beliebtesten Herrscher Polens; zu seiner Legende trugen sowohl seine Leistungen als Feldherr und Mäzen, als auch sein glückliches Familienleben bei, dessen Zeugnis seine „Briefe an die Königin“ blieben. Nach ihm wurden zahlreiche Straßen und Schulen in Polen benannt. Von seiner Popularität versuchen auch einige Unternehmen zu zehren und mit dem Namen des Königs eigene Marken aufzuwerten, wie die Zigarettenmarke Jan III Sobieski oder Sobieski Wodka.
- Die amerikanische Schauspielerin Leelee Sobieski kommt aus einer Nebenlinie der Familie. Nachfahren des Königs in der direkten männlichen Linie sind ausgestorben.
- Im Jahr 1862 wurden in Wien-Alsergrund (9. Bezirk) die Sobieskigasse und der Sobieskiplatz nach ihm benannt.
- Das Porträt von Johann III. Sobieski ziert seit 2017 die Vorderseite der neu eingeführten 500-Złoty-Banknote.[2]
- Seit 1965 befindet sich in Danzig ein 1898 von Tadeusz Barącz (1849–1905) für Lemberg geschaffenes Reiterstandbild Sobieskis. Die nach 1945 aus der Sowjetunion vertriebenen Einwohner hatten es mitnehmen dürfen bis dahin in Warschau aufgestellt.[3]
- In Polen sind zahlreiche Plätze und Straßen, darunter in Warschau die Ulica Jana III Sobieskiego, sowie mehrere Wohngebiete (Osiedle) nach Johann III. Sobieski benannt (Osiedle Jana III Sobieskiego).
Schlachten
Schlachten, die durch die Polen unter der direkten Führung von Johann Sobieski geschlagen wurden:
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Abstammung und Nachkommen
Marek Sobieski * 1549/50 † 1605 |
Jadwiga Snopkowska * 1556/59 † 1588/89 |
Jan Daniłowicz * 1570 † 1628 |
Zofia Żółkiewska * ok. 1590 † 1634 | ||||||||||
Jakub Sobieski * 1580 † 12. Juni 1646 |
Zofia Teofila Daniłowicz * 1607 † 1661 |
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Maria Kazimiera d’Arquien * 28. Juni 1641 † 17. Januar 1716 ⚭ 5. Juli 1665 |
Jan III Sobieski * 17. August 1629 † 17. Juni 1696 |
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Jakub Ludwik Sobieski * 2. November 1667 † 19. Dezember 1737 |
Tochter Sobieska * 9. Mai 1669 † 9. Mai 1669 |
Tochter Sobieska * 9. Mai 1669 † 9. Mai 1669 |
Teresa Teofila Sobieska * Mai 1670 † Mai 1670 |
Barbelune Sobieski * 15. Oktober 1672 † 1677 | |||||
Maria Teresa Sobieska * 1673 † 1675 |
Teresa Kunigunde Sobieska * 4. März 1676 † 10. März 1730 |
Alexander Benedikt Sobieski * 6./9. September 1677 † 16./19. November 1714 |
Konstanty Władysław Sobieski * 1. Mai 1680 † 28. Februar 1726 |
Tochter Sobieska * 1694 † 1694 |
Siehe auch
Bibliografie
- Johann III. Sobieski im Bibliotheks- und Bibliographieportal / Herder-Institut (Marburg)
Literatur
- Otto Forst de Battaglia: Jan Sobieski. Mit Habsburg gegen die Türken. Styria, Wien 1982, ISBN 3-222-11422-6
- Gerda Hagenau: Jan Sobieski. Der Retter Wiens. Amalthea, Wien 1983, ISBN 3-85002-158-0 (Taschenbuchausgabe: Ullstein, Frankfurt am Main und Berlin 1991, ISBN 3-548-22400-8).
- Stella Rollig, Paweł Jaskanis (Hrsg.): Jan III. Sobieski. Ein polnischer König in Wien. Hirmer, München 2017, ISBN 978-3-7774-2924-3.
- Zbigniew Wójcik: Jan Sobieski. 1629–1696. Warszawa 1994.
- Joachim Zeller (Hrsg.): Jan Sobieski – Briefe an die Königin. 2. Auflage. Suhrkamp, Frankfurt am Main 1986, ISBN 3-518-04525-3.
- Hans-Joachim Böttcher: Die Türkenkriege im Spiegel sächsischer Biographien, Gabriele Schäfer Verlag Herne 2019, ISBN 978-3-944487-63-2, S. 80–82, 97–102 u. a.
Weblinks
- Druckschriften von und über Johann III. Sobieski im VD 17.
- Literatur von und über Johann III. Sobieski im Katalog der Deutschen Nationalbibliothek
- Werke von und über Johann III. Sobieski in der Deutschen Digitalen Bibliothek
- Eintrag zu Johann III. Sobieski im Austria-Forum (im AEIOU-Österreich-Lexikon)
- Ralf G. Jahn: Jan III. Sobieski-Ahnentafel-Bericht. In: adel-genealogie.de. 13. November 2002 .
- Hans Biedert, Tadeusz Kotlowski: Beispiele aus der Geschichte: Jan III. Sobieski (1629–1696) und die Befreiung Wiens. (Nicht mehr online verfügbar.) In: Polen in Europa. Landeszentrale für politische Bildung Baden-Württemberg, 1998, archiviert vom Original am 16. Dezember 2005 .
- Heiner Wember: 17. Juni 1696 - König Jan Sobieski stirbt in Warschau WDR ZeitZeichen vom 17. Juni 2021. (Podcast)
Einzelnachweise
- Jörg K. Hoensch: Geschichte Polens. 3. Auflage. Eugen Ulmer, Stuttgart 1998, ISBN 3-8001-2723-7, S. 153.
- Dietrich Schröder: Polen führt 500-Zloty-Schein ein. In: Märkische Oderzeitung (MOZ). 8. Februar 2017, abgerufen am 2. Januar 2018.
- Anna Ziemlewska: Danzig, Sobieski-Denkmal. In: Türkengedächtnis. Österreichische Akademie der Wissenschaften, abgerufen am 15. Januar 2020.
Vorgänger | Amt | Nachfolger |
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Michael Wiśniowiecki | König von Polen Großfürst von Litauen 1674–1696 | August der Starke |