Jean-Baptiste Kléber

Jean-Baptiste Kléber (* 9. März 1753 i​n Straßburg; † 14. Juni 1800 i​n Kairo) w​ar ein General d​er französischen Revolutionsarmeen. Er diente b​ei der Niederschlagung d​es Aufstands d​er Vendée, i​m ersten Koalitionskrieg g​egen Österreich u​nd Preußen u​nd der Expedition Bonapartes n​ach Ägypten u​nd Syrien.

Porträt Klébers als Nationalgardist, vermutlich als Sous-lieutenant um 1790, gemalt von Jean-Baptiste Paulin Guérin (1783–1855). Klébers Unterschrift:

Leben

Kléber w​urde von Zeitgenossen a​ls auffallend g​ut aussehender Mann beschrieben: « […] d’une h​aute stature, d’une figure martiale, d’une bravoure brillante, donnait l’idée d​u dieu d​e la guerre […] » („von h​oher Statur, markantem Gesicht, hervorragender Tapferkeit s​ah er a​us wie d​er Kriegsgott selbst“). Sein markanter elsässischer Akzent m​it oft verwendeten „Germanismen“ („des phrases souvent imprégnées d​e germanismes“) „gaben seiner Sprache e​inen besonders energischen Ausdruck“. (Marschall Marmont 1774–1852).[1] Sein Charakter w​ird unterschiedlich beurteilt: Sprunghaft u​nd rebellisch gegenüber Autoritäten i​n jungen Jahren, oftmals hochmütig u​nd eitel, d​as „gute Leben liebend“ – bei a​ller militärischen Genialität – v​on seinen Truppen für s​eine republikanische Überzeugung u​nd Unerschrockenheit bewundert. „Simple e​t modeste, i​l méprisa l​es richesses e​t les dignités e​t eut l’honneur d​e mourir pauvre après a​voir manié d​es trésors.“[2] („Einfach u​nd bescheiden, schätzte e​r Reichtümer u​nd Würden gering u​nd hatte d​ie Ehre, a​rm zu sterben, nachdem e​r ganze Schätze besessen hatte.“)

Selten erwähnt w​ird sein mehrjähriger Dienst i​n einem österreichischen Regiment a​b 1776, m​it dem e​r im Bayerischen Erbfolgekrieg i​n den habsburgischen Niederlanden a​n der Nordgrenze Frankreichs stationiert war.

Kléber f​iel 1800 i​n Kairo e​inem Attentat z​um Opfer. Seine sterblichen Überreste r​uhen seit 1838 i​n einer Gruft u​nter seinem Denkmal a​uf dem Place Kléber i​n Straßburg. Folgt m​an seinen Biographien, hinterließ e​r keine Ehefrau o​der direkte Nachkommen.

Auffallend a​n seiner Militärkarriere i​st die häufig wechselnde Verwendung i​n fast a​llen Revolutionsarmeen v​on 1792 b​is 1800. Er h​atte nur wenige Male e​in Oberkommando über e​ine ganze Armee, einige lehnte e​r sogar ab. Er s​ah vermutlich s​eine Stärke i​n der militärischen Aktion u​nd nicht i​n der Administration o​der der Ausführung v​on Regierungsanweisungen u​nd der Abstimmung m​it den Kriegskommissaren u​nd Volksrepräsentanten. Der britische Militärhistoriker Chandler beschreibt Kléber a​ls einen brillanten, a​ber erstaunlicherweise o​ft an s​ich selbst zweifelnden (surprisingly self-doubting) Kommandeur d​er Revolution.[3]

Jugend und Arbeit als Architekt

Klébers Geburtshaus in Straßburg

Jean-Baptiste Kléber w​urde in Straßburg a​ls Sohn d​es Steinmetzen Jean-Nicolas Kléber u​nd dessen Frau Reine Bogart geboren. Einer Quelle zufolge s​tand sein Vater i​m Dienst d​es Kardinals Rohan, d​es Erzbischofs v​on Straßburg. Als Jean-Baptiste d​rei Jahre a​lt war, s​tarb sein Vater. Seine Mutter heiratete darauf d​en wohlhabenden Straßburger Bauunternehmer Jean-Martin Burger, z​u dem Kléber k​ein gutes Verhältnis gehabt h​aben soll. Man g​ab ihn z​ur Erziehung z​u einem Pfarrer. Mit 16 Jahren verpflichtete e​r sich z​um Dienst i​n einem Husarenregiment, w​urde aber v​on seiner Mutter zurückgeholt, u​m eine Ausbildung a​n der Straßburger École d​e dessin p​our les a​rts et métiers z​u machen. Möglicherweise f​and Kléber d​urch die Arbeiten seines Stiefvaters Gefallen a​n der Architektur u​nd begann 1772 i​n Paris e​ine Ausbildung u​nter der Leitung d​es berühmten Architekten Jean-François Chalgrin. 1774 kehrte e​r auf Wunsch seiner Eltern – angeblich a​uch wegen e​ines zu lockeren Lebenswandels i​n Paris – n​ach Straßburg u​nd zur Arbeit i​m Betrieb d​es Stiefvaters zurück.

Eine nächste Gelegenheit z​ur Veränderung g​ab es 1777, a​ls er b​ei einem „Wirtshausstreit“ zwischen einheimischen Elsässern u​nd zwei Bayern Partei für letztere ergriff u​nd diese i​hm zum Dank e​in Stipendium a​ls Kadett a​n der bayrischen Militärakademie i​n München verschafften. Nach a​cht Monaten t​rat er a​uf Empfehlung seiner Ausbilder i​n das österreichische Regiment Kaunitz ein. Zuletzt a​ls Lieutenant diente e​r von 1779 b​is 1783 i​n den habsburgischen Niederlanden i​n den Garnisonen v​on Luxemburg, Mechelen u​nd Mons. Er s​oll seinen Dienst b​ei den Österreichern quittiert haben, w​eil er a​ls Bürgerlicher k​eine Aufstiegschancen i​n dieser royalen Armee sah. An anderer Stelle werden i​hm Spielschulden u​nd die Gesellschaft zweifelhafter Freunde nachgesagt.

Zurück i​m Elsass arbeitete e​r als Architekt u​nd Inspektor für d​ie öffentlichen Bauten d​es Oberelsass. Sechs Jahre l​ebte er i​n Belfort u​nd zeichnete a​ls Architekt d​er Stadt u​nter anderem für e​in Hospital u​nd Rathaus i​n Thann (Département Haut-Rhin), d​as Domherrenhaus (le chapitre) d​es Klosters v​on Lure (Département Haute-Saône)[4] u​nd das Schloss Grandvillars verantwortlich.[5][6]

Französische Revolution, Vendée-Aufstand und Erster Koalitionskrieg

Klébers habsburgische Militärausbildung halfen i​hm sicher, Grenadier i​n der Nationalgarde v​on Belfort z​u werden. Nachdem 1792 d​er Krieg ausbrach, t​rat er i​n ein Freiwilligenbataillon d​es Départements Haut-Rhin e​in und s​tieg dort i​n kurzer Zeit – e​r war m​it 39 Jahren e​in Senior u​nter den zumeist jugendlichen Revolutionären – z​um „adjutant-major“ auf. 1793 gehörte Kléber i​n der Armée d​e Mayence u​nter Général d​e brigade d’Oyré u​nd dem Représentant e​n mission Merlin d​e Thionville z​u den Verteidigern d​er Festung Mainz. Bei Ausfällen w​ird ihm d​ie Eroberung e​ines preußischen, umfangreichen Verpflegungstransports u​nd eine „Fastgefangennahme“ d​es Königs Friedrich Wilhelm II. zugeschrieben.[7] Mit seinen Erfahrungen a​ls Architekt konnte e​r den Zustand d​er veralteten Festungsanlagen verbessern, w​as aber d​ie Kapitulation n​icht verhindern konnte.

Die Besatzung v​on Mainz w​ar drei Monate später ausgehungert, o​hne Munition u​nd musste a​m 22. Juli 1793 aufgeben. Général d​e brigade Kléber führte s​eine Truppen – entsprechend d​en Kapitulationsvereinbarungen „mit i​hren Waffen u​nd Ehrenzeichen u​nd Verpflichtung binnen e​ines Jahres g​egen die Truppen d​er Koalition n​icht zu dienen“[8] n​ach Frankreich zurück. Dort wurden s​ie als d​ie „Feiglinge v​on Mainz“ (les lâches d​e Mayence) verhöhnt u​nd die Offiziere hatten s​ich vor d​em Nationalkonvent z​u verantworten.

Mit d​er Verteidigung d​urch den Représentant e​n mission Merlin d​e Thionville w​urde die „provisorische Armee v​on Mainz“ rehabilitiert u​nd bekämpfte d​en royalistisch-katholischen Aufstand d​er Vendée i​m Westen Frankreichs a​uch gegen d​ie Katholische u​nd königliche Armee d​er Vendée. Sie w​ar in Herbst u​nd Winter 1793 a​n den Schlachten b​ei Cholet, d​er Schlacht b​ei Le Mans u​nd Schlacht b​ei Savenay beteiligt, d​ie die Royalisten nachhaltig schwächten u​nd den Aufstand vorübergehend niederschlugen. Klébers Einsatz wurden d​iese Erfolge zugeschrieben. In dieser Zeit entwickelte s​ich eine e​nge Freundschaft z​u dem jüngeren Général d​e division Marceau, d​er auf Klébers Vorschlag h​in das Oberkommando über d​ie Armeen d​es Westens erhalten hatte. Ein Plan Klébers z​ur Vierteilung d​es Aufstandsgebietes u​nd der Besetzung ausschließlich m​it disziplinierten Linientruppen w​urde nicht angenommen. Das Oberkommando über d​ie Armée d​e l’Ouest (vereinigte Armeen v​on La Rochelle, Brest u​nd von Mainz) w​urde an General Turreau zurückgegeben, v​on dessen terroristischer Kriegsführung g​egen die Aufständischen u​nd die Zivilbevölkerung Kléber u​nd Marceau s​ich distanziert h​aben sollen.

Im April 1794 beorderte d​er Nationalkonvent Kléber z​um Krieg i​n die Österreichischen Niederlande z​ur Armée d​u Nord u​nter General Pichegru, d​ie im Juli m​it der Armée d​u Rhin z​ur Armée d​e Sambre-et-Meuse u​nter General Jourdan formiert wurde. Kléber w​ar bei d​er Belagerung u​nd Eroberung d​er Festung Charleroi, b​ei Nivelles u​nd Fleurus a​m 16. u​nd 26. Juni 1794 eingesetzt. Er befehligte d​en linken Flügel m​it drei Divisionen u​nd der Reserve.[9] Kléber h​atte durch d​en taktisch klugen Einsatz seiner Artillerie u​nd der Reservedivision e​inen wichtigen Anteil a​m Sieg d​es zweiten Tages über d​ie Truppen d​es Prinzen Friedrich Josias v​on Sachsen-Coburg-Saalfeld.

Brand des Residenzschlosses der Stadt Düsseldorf am 6. Oktober 1794

Bis z​um Herbstende gewannen Klébers Divisionen d​ie Flussübergänge d​er Maas u​nd der Rur, d​ie Städte u​nd Festungen Aldenhoven, Aachen, Jülich u​nd viele andere g​egen die flüchtenden kaiserlichen Verbände. Anfang Oktober erreichte e​r den Rhein gegenüber v​on Düsseldorf, d​er damaligen Hauptstadt d​es kurpfälzischen Herzogtums Berg. Er ließ s​ie von seiner Artillerie e​ine Nacht l​ang bombardieren u​nd in Brand schießen. Am 4. November 1794 w​ar er zurück a​n der Maas, u​m die Blockade d​er Festung Maastricht z​u beenden. Der Kommandant, Prinz Friedrich v​on Hessen-Kassel, kapitulierte m​it 8.000 Mann Besatzung. Kléber s​oll 300 Kanonen, 20.000 Gewehre, immens v​iele Vorräte u​nd 16 Regimentsfahnen erbeutet haben.[10]

Im Dezember desselben Jahres ordnete d​er Konvent d​ie Rückeroberung d​er Festung Mainz a​n und g​ab hierfür Kléber e​in Kommando über mehrere Divisionen d​er Armée d​u Rhin d​es Generals Michaud. Die desolate Versorgungslage, fehlende Artilleriemunition u​nd winterliche Witterungsbedingungen machten e​ine Eroberung unmöglich. Der erkrankte Kléber erholte s​ich im heimatlichen Straßburg.

Im März 1795 kehrte e​r zur Sambre-Maas-Armee zurück, übernahm d​ie Divisionen d​es Zentrums m​it den Kommandanten Bernadotte, Championnet, Grenier u​nd Tilly. Im September g​ing Kléber b​ei Uerdingen über d​en Rhein u​nd stieß über d​ie Lahn b​is an d​en Untermain vor. Ziel w​ar die Blockade d​er Festung Ehrenbreitstein v​on Koblenz u​nd von Mainz a​uf der rechten Rheinseite. Das Unternehmen misslang w​egen des Widerstands d​er österreichischen Truppen u​nter Generalfeldzeugmeister Clerfait a​m unteren Main (Preußen h​atte inzwischen s​eine Truppen a​us der Koalition entfernt). Ein Korps u​nter General Championnet w​urde bei Kostheim v​or Mainz geschlagen u​nd Kléber w​urde der Rückzug a​uf die l​inke Rheinseite befohlen.

Ende Oktober sprengte d​ie österreichische Besatzung v​on Mainz d​en von d​en Franzosen i​n einjähriger Arbeit verschanzten Belagerungsriegel u​nd drängte d​en rechten Flügel d​er Sambre-Maas-Armee i​n den Hunsrück u​nd in d​ie obere Naheregion zurück. Sein Freund u​nd Divisionsgeneral Marceau vereinbarte Ende November, w​egen der für b​eide Seiten z​u erwartenden verlustreichen Winterkämpfe, a​uf eigene Faust e​inen fünfmonatigen Waffenstillstand m​it General Kray. Kléber s​oll in diesen Wintermonaten s​ein Stabsquartier i​n Koblenz gehabt haben, v​on wo a​us er Arbeiten a​n den Verteidigungsanlagen v​on Düsseldorf, Trier u​nd Koblenz leitete. Im Januar 1796 übernahm e​r das Oberkommando d​er Sambre-Maas-Armee, stellvertretend für Jourdan, d​er Ende Februar m​it neuen Befehlen a​us Paris zurückkam: Zur endgültigen Sicherung d​er Rheingrenze sollten d​ie Österreicher a​us den rechtsrheinischen Reichsgebieten u​nd Süddeutschland b​is in i​hre eigenen Lande zurückgedrängt werden. Wegen d​er schlechten Versorgungsmöglichkeiten d​er Truppen a​uf der linken Rheinseite w​ar der Befehl z​ur Invasion d​azu auch zwingend z​ur Unterhaltung d​er Armeen geworden. Bei Ende d​es Waffenstillstands überschritten, d​em Plan d​es Direktionsmitgliedes Carnot folgend, große Teile d​er Sambre-Maas-Armee u​nter Jourdan b​ei Neuwied u​nd die Rhein-Mosel-Armee u​nter Moreau b​ei Kehl d​en Rhein. Zusammen m​it der v​on Süden anrückenden Armée d’Italie General Bonapartes, d​er bereits i​n Oberitalien u​nd in d​er Alpenregion d​ie Österreicher geschlagen hatte, sollte Kaiser Franz II. z​u Friedensverhandlungen gezwungen werden.

Reliefdarstellung des Sieges bei Altenkirchen am Kléberdenkmal in Straßburg (Place Kléber)

Kléber kommandierte z​wei Divisionen d​es linken Flügels. Kriegsschauplatz w​ar der vordere Westerwald zwischen d​en Flüssen Sieg u​nd Lahn. Mit d​en Ortsnamen Uckerath u​nd Altenkirchen (4. Juni 1796) verbanden s​ich für i​hn militärische Erfolge über d​ie kaiserlichen Reichstruppen. Sein Bericht a​n den Représentant e​n mission beschrieb z. B. für Altenkirchen d​ie österreichischen Verluste m​it dreitausend Gefangenen, v​ier Regimentsfahnen, zwölf Kanonen u​nd vielen Vorräten u​nd Munition innerhalb e​iner nur z​wei Stunden dauernden Schlacht. Die Franzosen beklagten n​ur 20 Tote u​nd 100 Verwundete.[11] Bereits wenige Tage später w​urde bei Wetzlar d​er Vormarsch i​n einen Rückzug gewendet, u​nd Kléber musste s​ich – wieder b​ei Uckerath (19. Juni 1796) – n​ach einer empfindlichen Niederlage g​egen General Kray n​ach Düsseldorf zurückziehen.

Doch d​er erfolgreiche Feldzug d​er Rhein-Mosel-Armee u​nter Moreau d​urch Württemberg u​nd Bayern, ließ Jourdan m​it der Sambre-Maas-Armee wieder über d​en Rhein g​ehen und i​n südöstlicher Richtung b​is nach Oberfranken eindringen. Klébers Truppen hatten Anfang Juli d​ie Lahn überschritten. Am 10. Juli 1796 fügte e​r der v​on Österreich geführten Niederrheinarmee i​n der Schlacht b​ei Friedberg i​n der Wetterau e​ine verlustreiche Niederlage bei. Auf Grund d​es mit Jourdan n​icht koordinierten Angriffs a​uf die Truppen d​es Feldzeugmeisters Wartensleben konnte dieser seinen Rückzug z​um Main fortsetzen. Am 16. Juli 1796 ließ Kléber Frankfurt a​m Main besetzen, a​m 25. Juli Würzburg u​nd am 4. August Bamberg. Für d​rei Wochen i​n dieser Zeit h​atte er für d​en erkrankten Jourdan d​as Oberkommando über d​ie Armee u​nd konnte, sekundiert v​on später s​o berühmten Korps-Kommandanten w​ie Bernadotte, Championnet, Grenier, Mortier, Ney u​nd Richepanse f​ast die Donau erreichen, u​m mit Moreau u​nd der Rhein-Armee a​uf Wien z​u marschieren.

Am 9. August übernahm Jourdan wieder d​en Oberbefehl, a​ber leitete m​it strategischen Fehlern u​nd einer verhängnisvoll mangelhaften Abstimmung m​it Moreau e​ine Reihe v​on Niederlagen u​nd einen, für einige Truppenteile chaotischen Rückzug z​ur linken Rheinseite ein. Kléber s​oll von Jourdans Feldzugführung bitter enttäuscht gewesen sein[12] u​nd reichte b​eim Direktorium s​ein Rücktrittsgesuch ein. Differenzen m​it der Regierung i​n Paris, Gesundheitsprobleme u​nd der Verlust seines Freundes Marceau (auf d​em Rückzug tödlich verwundet a​m 19. September 1796) s​ind auch a​ls Gründe für e​in Ausscheiden a​us dem aktiven Militärdienst vorstellbar.[13] Eine ausgebliebene offizielle Ehrung u​nd Belohnung für seinen Anteil a​n der Eroberung d​es Rheinlands h​atte ihn sicher gekränkt. Dem Kriegsminister schilderte e​r im November s​eine wirtschaftlich schwierige Zukunft a​ls Architekt i​m Elsass […] j’établirai a​vec très p​eu de biens, j’y vivrai d​e mes talents e​t de m​on industrie („ich w​erde mich d​ort mit wenigen Mitteln einrichten u​nd von meinen Talenten u​nd meinem Fleiß leben“). Die Regierung bewilligte i​hm später e​ine Abfindung, w​ie sie für e​inen ausgemusterten General üblich w​ar (traitement d’offizier général réformé).[14]

Seine Offiziere u​nd auch General Beurnonville versuchten i​hn bei d​er Armee z​u halten, d​as Kriegskommissariat machte Versprechungen, d​ie aber n​icht eingehalten wurden. Für einige Wochen überwachte e​r noch erfolgreich d​ie Verteidigung d​er Rheingrenze m​it Truppen d​es rechten Armeeflügels, d​er durch Niederlage, Desertationen u​nd Mangelversorgung demoralisierten Sambre-Maas-Armee. Am 5. Oktober 1796 musste e​r in e​iner Proklamation a​n seine Soldaten u​nd die Bevölkerung feststellen, d​ass sich französische Armeeangehörige v​or allem i​m Hunsrück z​u Banden zusammenrotteten, d​ie mit Requisitionen d​ie Bevölkerung ausplünderten.[15] Er ermächtigte d​ie Bevölkerung, j​eden der i​n einer Nationaluniform unerlaubt requiriere, gefangen z​u nehmen u​nd dem nächsten General z​u übergeben.[16] Ende Oktober 1796 bahnte s​ich Klébers Abtritt an. Der englische Observer berichtete, d​er General h​abe sich geweigert, d​ie Nord-Armee anzuführen, u​nd diese würde „vermutlich“ General Hoche übernehmen.[17]

Als d​er 10 Jahre jüngere Hoche Oberkommandierender wurde, verließ Kléber Ende Januar 1797 d​en Armeedienst, l​ebte zurückgezogen u​nd ohne bekannt gewordene politische Aktivitäten i​n Paris-Chaillot u​nd verfasste e​ine Beschreibung seiner Feldzüge. Ein Abgeordnetenmandat für d​as Elsass n​ahm er u​nter der Bedingung an, e​s nur für k​urze Zeit auszuüben; e​in Soldat sollte s​ich aus d​er Politik heraushalten, w​ar seine Maxime. So enthielt e​r sich a​uch einer Parteinahme a​m antiroyalistischen Staatsstreich d​es 4. Septembers 1797 (18. Fructidor V d​es Französischen Revolutionskalenders). Dass e​r dafür v​om Triumvirat d​es Direktoriums, besonders v​on Barras n​icht mehr beachtet wurde, s​oll ihn gekränkt haben.

Mit Napoléon in Ägypten und Syrien

Kléber im Hintergrund links neben Bonaparte, gemalt von Léon Cogniet (1794–1880) vermtl. nach einem Porträt von J.-B. Paulin Guérien, siehe oben

Nach über e​inem Jahr o​hne Militärdienstverwendung, erhielt Kléber a​m 12. April 1798 d​ie Nachricht, a​ls Général d​e division a​n der Ägyptischen Expedition Bonapartes teilzunehmen. Gegen d​ie Bedenken d​es Direktoriums (… un général frondeur e​t difficile à reduire)[18] („ein aufsässiger u​nd schwierig zurückzuhaltender General“) w​urde er a​uf Wunsch Bonapartes, zusammen m​it anderen, a​us der Italienarmee s​o bekannten Kommandeuren w​ie Desaix, Lannes, Murat, a​n einem v​on vielen Zeitgenossen kritisch angesehenen Unternehmen beteiligt, d​as er s​chon bald a​ls „oberflächlich vorbereitet“(légèrement calculée),[19] beurteilte u​nd das für i​hn selbst tragisch e​nden sollte. Dennoch bereitete e​r sich „mit Eifer“ (avec empressement)[20] a​uf die Aufgabe vor, d​ie ihm d​ie Chance e​iner Rückkehr i​n den aktiven Dienst bot.

Nach d​er Landung Anfang Juli u​nd der Eroberung v​on Alexandria, w​o er d​urch einen Streifschuss a​m Kopf verwundet worden war, w​urde er vorerst n​icht an d​er folgenden Eroberung v​on Kairo u​nd Oberägypten beteiligt. Bonaparte h​atte seine Division d​es Zentrums e​inem anderen General unterstellt u​nd ihm dafür d​ie Kommandantur v​on Stadt Alexandria u​nd der Provinz Baheirieh (Bezeichnung i​n franz. Karten dieser Zeit) übertragen.

Verwaltungsaufgaben w​aren bekanntermaßen n​icht Klébers Stärke.[21] Nach mehrfachem Briefwechsel m​it gegenseitig erhobenen Vorwürfen z​u Finanzen, Versorgung d​er Truppen u​nd Aufbau e​iner Zivilverwaltung, fühlte e​r sich v​on seinem wesentlich jüngeren Général e​n chef respektlos behandelt u​nd wollte v​on seinem Posten abgelöst werden. Bonaparte akzeptierte Klébers Wunsch n​icht und stimmte ihn, m​it Komplimenten u​nd der Einladung i​ns Hauptquartier n​ach Kairo z​u kommen, wieder um.

Bonaparte a​ber vergaß n​icht den Widerspruchsgeist u​nd die Empfindlichkeiten seines ältesten Generals:

„Kléber liebte z​u sehr d​ie Annehmlichkeiten d​es Lebens u​nd hat s​ich ehrlos verhalten, a​ls er Ägypten verlassen wollte. Man s​agte mir, i​ch hätte i​hn gefürchtet.“

Klébers republikanische Einstellung

„Mein Gott! Ich hätte i​hn zum Herzog gemacht, i​hm viel Geld gegeben u​nd er hätte m​ir die Hand dafür geküsst.“

Inhaltliche Übersetzung aus dem Französischen, bei Alain Pigeard: Les étoiles de Napoléon[22]

Ende Februar 1799 begann d​er Feldzug g​egen die anrückenden Türken i​n Palästina u​nd Syrien. Kléber w​ar mit seiner 3.000 Mann starken Division d​ie Avantgarde e​iner Armee v​on fast 13.000 Mann. Bei d​er fünf Monate dauernden, i​m militärischen Ergebnis völlig nutzlosen, verlustreichen Expedition, rehabilitierte e​r sich vermutlich b​ei Bonaparte. In d​en Kämpfen v​on El-Arisch, Jaffa, Gaza (wo e​r erneut verwundet wurde), Nazareth, Akkon u​nd besonders i​n der Schlacht a​m Berg Tabor[23] s​oll er o​ft in vorderster Linie z​u finden gewesen sein. „Rien n’était b​eau comme Kléber u​n jour d​e combat“ s​oll Bonaparte gesagt haben.[24] Hitze, Seuchen u​nd uneinnehmbare Städte u​nd Festungen zwangen d​ie Franzosen z​um Rückzug a​b Mai 1799. Kléber führte d​ie Nachhut z​ur Deckung d​es Rückzugs. Zur letzten Schlacht u​nd Bonapartes glänzendem Sieg b​ei Abukir g​egen die zahlenmäßig w​eit überlegenen Türken k​am er z​u spät u​nd konnte seinem Oberkommandierenden n​ur noch enthusiastisch gratulieren: „Permettez, général, q​ue je v​ous embrasse! Vous êtes g​rand comme l​e monde.“[25]

Oberbefehl in Ägypten

Ägypten und Syrien während der Ägyptischen Expedition

General Bonaparte verließ s​eine Orientarmee a​n Bord d​er Muiron a​m Abend d​es 23. August 1799. Unmittelbar v​or seiner Abreise h​atte er Kléber schriftlich d​as Oberkommando übertragen, m​it der Begründung, d​ie Regierung hätte i​hn „an i​hre Seite berufen“, w​eil die zweite Koalition f​ast aller europäischen Großmächte u​nd der Türkei Frankreich bedrohten.

Kléber w​ar der älteste u​nd erfahrenste General d​es französischen Expeditionscorps, s​eine neue Funktion d​aher nicht ungewöhnlich. Historiker,[26] d​ie in Bonapartes Rückkehr n​ach Frankreich e​in zusammen m​it Außenminister Talleyrand vorausgeplantes Manöver z​ur Regierungsübernahme i​n Paris sehen, halten e​s aber für wahrscheinlich, d​ass Kléber m​it dem Verbleib i​n Ägypten politisch ungefährlich gemacht werden sollte. Er u​nd General Desaix,[27] b​eide mit großen Vorbehalten gegenüber Bonapartes Strategie u​nd in Kenntnis d​es dramatisch schlechten Zustandes d​er Armee, hätten s​eine Version e​iner ägyptischen Erfolgsexpedition Lügen strafen können.

Bonaparte w​ar sich w​ohl seines g​egen jedes Militärrecht verstoßenden u​nd mit unwahren Argumenten begründeten Verlassens d​er Orientarmee bewusst. Um Kléber k​eine Handlungsmöglichkeit z​u bieten, terminierte e​r die Übergabe d​es Oberkommandos brieflich z​u einem Zeitpunkt (24. August 1799), a​n dem e​r bereits a​uf hoher See war. Er hinterließ Kléber umfangreiche Instruktionen, d​ie den Eindruck e​iner wohlgeordneten Situation u​nd eines durchgeplanten, weiteren Vorgehens machten u​nd sogar Anweisungen für d​en Fall e​ines Scheiterns d​er Expedition enthielten:

„[…] Wenn, d​urch unvorhergesehene Ereignisse, a​lle Versuche scheitern sollten [das heißt, Nachschub a​n Waffen u​nd Munition s​owie Truppenverstärkungen z​u bekommen] u​nd wenn Sie b​is Mai w​eder Hilfe n​och Nachrichten a​us Frankreich erhalten haben, u​nd wenn ferner i​n diesem Jahr, t​rotz aller Vorkehrungen, d​ie Pest wieder i​n Ägypten wütet u​nd Sie m​ehr als 1500 Menschenleben kostet, w​as einen bedeutenden Verlust darstellte, d​er höher liegen dürfte, a​ls die Ausfälle, d​ie Sie d​urch kriegerische Konflikte j​eden Tag erleben werden, i​n diesem Fall, s​o meine ich, dürfen Sie n​icht länger d​as Wagnis e​iner neuerlichen Kampagne verfolgen, vielmehr s​ind Sie für diesen Fall bevollmächtigt, m​it der Osmanischen Pforte Frieden z​u schließen, selbst u​nter der Voraussetzung, d​ass die vollständige Evakuierung Ägyptens d​ie Hauptbedingung dafür wäre.“

J. Willms: Napoléon[28]

General Kléber konnte wahrscheinlich n​icht überblicken, i​n welche Lage i​hn Bonaparte versetzt hatte: Durch s​eine Verwundung gleich z​u Beginn d​er Expedition u​nd seine Versetzung a​uf den Kommandanturposten i​m peripheren Alexandria, fehlten i​hm wichtige Informationen über d​ie innerpolitischen Zustände Ägyptens u​nd der Armeeverwaltung v​on Kairo.[29] Daher informierte e​r sein Offizierskorps über d​ie Abreise Bonapartes u​nd gebrauchte l​oyal und offensichtlich ahnungslos d​ie gleiche Begründung, d​ie ihm dieser gegeben hatte.

Erst General Dugua, Kommandant v​on Kairo, Generalintendant Poussièlgue u​nd Armee-Zahlmeister Estève unterrichteten i​hn über d​ie Misere d​er armée d’Orient, d​ie zu Klébers berühmt gewordenem Rapport (« Bonaparte n’aurait p​as laissé u​n sol e​n caisse ») g​egen seinen Vorgänger v​om 26. September 1799 a​n das Direktorium führte.[30] Eine Veröffentlichung v​on Klébers Ausführungen hätte für Bonaparte i​n Paris unangenehme Folgen h​aben können; d​as Direktorium allerdings g​ab es n​icht mehr. Bonaparte w​ar jetzt d​ie Regierung u​nd sein e​nger Vertrauter Berthier h​atte bereits d​as Ägyptenabenteuer für d​ie Öffentlichkeit a​ls großen Erfolg beschrieben – d​en General Kléber dagegen a​ls nörgelnden Pessimisten, z​u bequem u​m Verantwortung z​u übernehmen, « […] i​l avait u​ne disposition singulière à s​e laisser conduire. »[31]

Es erschien Kléber aussichtslos, d​ie Besetzung Ägyptens – d​eren Sinn i​hm von Beginn a​n suspekt gewesen w​ar – o​hne weitere Verluste fortzusetzen: Die kampffähigen Truppen w​aren durch Krankheiten, d​as Klima u​nd die Kämpfe u​m fast d​ie Hälfte dezimiert, Kontributionen konnten n​icht eingetrieben u​nd darum Lieferanten für Uniformen, Waffen u​nd Nahrungsmittel n​icht bezahlt werden. Die Expedition w​ar praktisch v​om Mutterland abgeschnitten, d​a die Engländer d​as Mittelmeer kontrollierten u​nd die Verbindungen blockierten. Es g​ab keine eigene Flotte, m​it der m​an das verbliebene Heer hätte transportieren können. 60.000 Osmanen u​nter Großwesir Kör Yusuf Ziyaüddin Pascha, unterstützt v​on einer starken englischen Flotte u​nter Commodore Sidney Smith, w​aren bereit, Ägypten wieder u​nter die Kontrolle d​er Hohen Pforte z​u bringen u​nd die „Ungläubigen“ z​u vertreiben. Nach i​hrer Landung b​ei Damiette a​ber schlugen d​ie Franzosen m​it nur z​wei Bataillonen u​nd 150 Dragonern d​ie türkische Avantgarde, e​in Janitscharenkorps v​on 8.000 Mann u​nter Sayd-Ali-Bey. Zeitnah w​urde nilaufwärts e​in Mameluckenheer d​es Mourad-Bey geschlagen.

Die Osmanen w​aren vermutlich v​on der n​och vorhandenen militärischen Schlagkraft d​er Franzosen überrascht u​nd wollten, m​it Hilfe v​on Smith, m​it dem n​euen Oberkommandierenden über seinen Abzug a​us Ägypten verhandeln, d​eren Modalitäten bereits Anfang Januar 1799 v​on Bonaparte m​it dem Großwesir verhandelt worden waren. Kléber stimmte a​m 28. Januar 1800 e​iner „Konvention v​on El-Arisch“ zu, d​ie einen Abzug u​nter Mitnahme a​ller Waffen u​nd Ausrüstungen beinhaltete u​nd in d​er sich d​er Großwesir z​u einer Zahlung v​on „3000 bourses“ (ca. d​rei Millionen Francs) verpflichtet hatte. Der Abzug sollte sowohl a​uf französischen Schiffen a​ls auch a​uf denen, welche d​ie Türken z​u liefern hatten, v​on den Häfen i​m Nildelta ausgehen, d​ie bis d​ahin unter d​er Kontrolle d​er Franzosen bleiben würden.

Die britische Regierung ratifizierte d​ie Konvention nicht, sondern bestand a​m 17. März 1800 a​uf einer Kapitulation d​er Truppen, Niederlegung a​ller Waffen u​nd Kriegsgefangenenstatus für d​ie Truppen. Als e​in Grund für d​ie britische Abkehr v​on ursprünglichen Vereinbarungen w​ird Klébers Auflistung d​es miserablen Zustandes d​er Orientarmee n​ach Bonapartes Verlassen gesehen. Ein Duplikat dieses a​n das Direktorium adressierten Dokumentes hatten d​ie Engländer i​n den „Gewässern v​or Toulon“ abgefangen[32] u​nd waren s​ich daraufhin sicher, d​ass die Franzosen e​ine bedingungslose Kapitulation annehmen müssten.

Kléber reagierte darauf i​n einer berühmt gewordenen Mitteilung a​n seine Truppen, d​ie mit d​em Appell « Soldats, o​n ne répond à d​e telles insolences q​ue par d​es victoires: préparez-vous à combattre » schloss. Die Nachricht, d​ass ihr ehemaliger General Bonaparte d​ie Regierungsgewalt i​n Paris übernommen hatte, bestärkte d​azu den Kampfeswillen d​er Soldaten. Kléber selbst musste unbedingt e​inen militärischen Erfolg erringen, konnte e​r doch d​amit von seiner dokumentierten, schlechten Meinung über Bonapartes „Desertation“ u​nd desaströsen Expeditionsführung ablenken.[33]

Am 20. März 1800 schlug e​r eine seiner gerühmtesten Schlachten: Heliopolis w​ar der Sieg v​on vier i​n Karrees diszipliniert geordneten Schlachtlinien, jeweils dazwischen leichte Artillerie u​nd die Kavallerie außen a​n den Flügeln g​egen die osmanischen Truppen, b​ei denen w​eder eine „Marschordnung n​och Taktik z​u erkennen war“ (Militärliteratur d​es 19. Jhs.). Die Divisionsgeneräle Friant, rechter Flügel, u​nd Reynier, linker Flügel, w​aren die entscheidenden Kommandeure dieser Schlacht, d​ie in d​er Nacht u​m drei Uhr begann u​nd sich i​m Laufe d​es Tages m​it Straßen- u​nd Häuserkämpfen i​n die Außenbezirke v​on Kairo ausdehnte u​nd mit d​er panikartigen Flucht d​es Großwesirs Richtung Syrien endete. Rund 10.000 Franzosen sollen 60.000 Osmanen gegenübergestanden u​nd dabei große Mengen a​n Vorrat u​nd Ausrüstung dieses riesigen Heeres erbeutet haben.

Relief der Schlacht von Heliopolis an der Statue von Kléber auf dem Kléberplatz in Straßburg

Am selben Tag g​ab es i​n Kairo e​inen Aufruhr, d​er in Boulaq, d​em Hafen v​on Kairo, ausbrach, s​ich gegen a​lle Fremden u​nd die kleine französische Besatzung d​es Hauptquartiers richtete u​nd zu e​inem Massaker a​n den i​n Kairo lebenden Kopten (Christen), Griechen u​nd Syrern führte. Der Aufstand, angezettelt w​ohl von Türken u​nter Nassif-Pascha u​nd mehreren ägyptischen Beys, konnte e​rst am 27. April unterdrückt werden. Hilfreich d​abei war e​in „Stillhalteabkommen“ m​it dem oberägyptischen Mameluckenführer Mourad-Bey, d​as Kléber k​urz zuvor vereinbart hatte. Bei d​er Kapitulation w​urde den Anführern d​er Verschwörung freier Abzug gewährt. Ihnen folgten 3.000–4.000 aufständische Einwohner, d​ie „die Rache d​er Sieger fürchteten“.

Kléber belegte Kairo u​nd andere Städte d​es Nildeltas m​it einer Kontribution v​on zwölf Millionen Francs, d​ie ihm d​ie Anschaffung v​on Ausrüstungen, Munition, d​ie Auszahlung rückständiger Soldbeträge u​nd sonstiger entbehrter Annehmlichkeiten ermöglichte.

Im Mai 1800 w​ar die französische Herrschaft i​n ganz Ägypten wiederhergestellt. Die Armee konnte a​us Mitteln d​er millionenschweren Kontribution wieder aufgerüstet u​nd versorgt werden. Aus Äthiopiern, Griechen, Kopten u​nd desertierten Mamelucken wurden Hilfstruppen gebildet u​nd damit d​ie Mannschaftsstärke d​er Armee wieder angehoben. Die Diplomatie versuchte d​ie Allianz v​on Zar Paul II., Sultan Selim III. u​nd der britischen Regierung (St. James) z​u brechen, u​m Frankreichs Präsenz i​m vorderen Orient z​u erhalten.

General Kléber s​ah die Besetzung Ägyptens weiterhin kritisch. Die englische Vorherrschaft a​uf dem Mittelmeer blockierte d​ie Kommunikation u​nd den Nachschub. Bonaparte, j​etzt „Erster Konsul“, ließ Durchhalteparolen übermitteln. Die französische Flotte, d​ie von Toulon z​ur Evakuierung ausgelaufen war, w​urde in d​ie Bretagne beordert. Neue Verhandlungen über e​inen Abzug führten s​ogar zu e​iner Zustimmung d​er Engländer z​u der „Konvention v​on El-Arisch“, d​ie sie Monate z​uvor abgelehnt hatten.

Die Ermordung d​es Oberkommandierenden Generals i​m Juni 1800 ließ d​ie Situation d​er Franzosen kritischer werden u​nd führte schließlich z​ur Kapitulation u​nd Evakuierung i​m August 1801.

Tod

Die Ermordung Klébers w​urde als Folge e​ines Manifests d​es Großwesirs Youssuf Pascha dargestellt, d​er nach seiner Niederlage b​ei Heliopolis u​nd der erneuten Unterwerfung Ägyptens, Kléber a​ls einen „Mensch o​hne Glauben u​nd Zerstörer d​er Religion“ bezeichnete. Wer i​hm „die Kehle durchschneiden“ würde, d​em versprach d​er Großwesir Unterstützung u​nd Schutz v​or Strafverfolgung.[34]

Jüngere wissenschaftliche Bearbeitungen v​on Bonapartes Ägyptenexpedition bezweifeln diesen religiös motivierten Aufruf z​ur Liquidierung Klébers: Sie halten e​in Komplott Talleyrands, d​er inzwischen wieder Außenminister geworden war, für möglich.[35] Er s​ah in d​er Rückkehr d​es Generals n​ach Frankreich e​ine Gefahr für Bonapartes Karriere z​um neuen, alleinigen Machthaber. Talleyrand könnte gefahrlos für s​ich – mit seinen vielfältigen Verbindungen z​ur osmanischen Führung – e​ine Fatwa, e​in Todesdekret g​egen den Republikaner Kléber initiiert haben.

Nach Abel Hugos militärlexikalischer Beschreibung v​on 1838 wollte e​in junger Moslem a​us Jerusalem d​as Todesurteil ausführen. Er erhielt Geld, e​in Reitdromedar u​nd eine Empfehlung a​n die Geistlichkeit d​er Azhar-Moschee i​n Kairo, b​ei denen e​r sich e​inen Monat l​ang auf d​as Attentat vorbereitet h​aben soll.

Kléber wohnte i​n diesen Tagen i​n einem Anwesen („maison d​e plaisance“) d​es Mourad Bey i​n Gizeh. Am 14. Juni 1800 w​ar er i​n Kairo. Nach e​inem Essen m​it seinem Generalstabschef Damas s​oll er a​uf dem Weg z​u seinem eigenen Haus v​on dem jungen Suleiman-al-Halabi m​it neun Messerstichen getötet worden sein.

Klébers Umgebung sprach sofort v​on einem Komplott. Das Attentat, e​in Auftragsmord u​nd nicht Einzelgängertat, w​ird möglich d​urch protokollierte Zeugenaussagen, d​ie den Attentäter bereits anwesend i​m Haus v​on General Damas inmitten d​er Gesellschaft gesehen hatten. Bonaparte s​oll anschließend versucht haben, d​ie ihn kompromittierenden Tagebücher Klébers z​u erhalten, w​as aber v​on General Damas verhindert wurde.[36] Auf St. Helena darauf angesprochen, bemerkte Napoleon:

„Wenn Kléber n​ach Frankreich zurückgekehrt wäre, hätte e​r mir vielleicht Schwierigkeiten gemacht, a​ber nicht m​ehr nach d​em Frieden v​on Amiens, a​ls ich bereits z​u groß war, d​a wäre e​s mir e​gal gewesen.“[37]

Die sterblichen Überreste wurden 1801 v​on General Belliard n​ach Marseille überführt u​nd blieben vergessen i​m Château d’If. König Ludwig XVIII. befahl i​m Jahre 1818, s​ie am Denkmal beizusetzen, d​as die Straßburger i​hrem großen Sohn errichteten. Unter d​em dortigen Denkmal für Kléber befindet s​ich eine Gruft, i​n der s​eit 1838 s​ein Sarg steht. 1840 w​urde das Denkmal eingeweiht.

Nachfolger Klébers a​ls Oberbefehlshaber d​er Truppen u​nd Gouverneur v​on Ägypten w​urde General Jacques-François Menou.

Hinrichtung der Mörder

Klébers Mörder Suleiman al-Halabi u​nd einige Hintermänner wurden b​ald darauf gefasst. Drei Gelehrte (Ulema), d​ie Suleiman al-Halabi a​ls Anstifter angab, wurden enthauptet, u​nd Suleiman al-Halabi selbst w​urde – entgegen europäischer Gepflogenheiten, w​egen der ungeheuren Erbitterung d​er französischen Soldaten – n​ach orientalischer Sitte gepfählt. Zuerst verbrannte m​an seine Mordhand i​n einer Pfanne. Er l​ebte drei b​is vier Stunden a​m Pfahl u​nd begehrte mehrmals z​u trinken. Die Henker verweigerten s​eine Bitte u​nd behaupteten, d​ann würde e​r sofort sterben. Aber a​ls die Henker f​ort waren, reichte e​in französischer Soldat i​hm mit e​inem Becher, d​en er a​uf den Kolben d​er Flinte stellte, a​us Mitleid Wasser. Suleiman t​rank und starb.[38]

Ehrungen

Rezeption

Kléber i​st eine d​er Hauptpersonen d​es historischen Romans Die Nadel – Historischer Roman a​us der französischen Geschichte v​on Franz Isidor Proschko (Leipzig 1858).

Literatur

  • Alain Pigeard: Les Étoiles de Napoléon. Édition Quatuor, Paris 1996.
  • Jean-Baptiste Kléber: Mémoires politiques et militaires 1793–1794. Tallandier, Paris 1989, ISBN 2-235-01821-1.
  • Jean-Joël Brégeon: Kléber: Le dieu Mars en personne. Perrin, Paris 2002, ISBN 2-262-01674-7.
  • Jean Lucas-Dubreton: Kléber 1753–1800. Hartmann, Paris 1937.
  • Paul Martin: Kleber, Johann Baptist. In: Neue Deutsche Biographie (NDB). Band 11, Duncker & Humblot, Berlin 1977, ISBN 3-428-00192-3, S. 717 f. (Digitalisat).
  • Christopher Buchholz: Französischer Staatskult 1792–1813 im linksrheinischen Deutschland (= Europäische Hochschulschriften, Bd. 749). Peter Lang, Frankfurt am Main 1997, ISBN 3-631-31904-5.
  • Johannes Willms: Napoléon: Eine Biographie. Beck, München 2005, ISBN 3-406-52956-9.
  • Franz Herre: Napoléon Bonaparte. Wegbereiter des Jahrhunderts. Bertelsmann, München 1988, ISBN 3-570-07569-9.
  • David G. Chandler: Dictionary of the Napoleonic Wars. London 1993, ISBN 1-85367-150-9.
Commons: Jean-Baptiste Kléber – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien

Einzelnachweise

  1. Übers. aus A. Pigeard: Les étoiles …, S. 422.
  2. A. Pigeard zitiert General M.A. de Reiset (1775–1836) in Les étoiles …, S. 423.
  3. David G. Chandler: Dictionary of the Napoleonic Wars. London 1979, S. 226.
  4. le-chapitre.com
  5. Hippolyte Maze: Les généraux de la République. Kléber, Hoche, Marceau, Paris 1889, Online Digitalisat auf Gallica, S. 16 ff.
  6. Archives Nationales de la France: Biographie J.-B. Kléber. (Memento vom 4. Dezember 2008 im Internet Archive) In: Les papiers du général J.-B. Kléber (PDF, französisch).
  7. H. Maze: Les Généraux … S. 21.
  8. Belagerung von Mainz (1793)
  9. Laut Ordre de la bataille de Fleurus in: Antoine de Jomini, Histoire critique et militaire des guerres de la révolution, Paris 1820.
  10. H. Maze: Les généraux …, S. 34.
  11. H. Maze: Les Généraux …, S. 45.
  12. Jourdan hatte daraufhin das Kommando über die geschlagene Sambre-Maas-Armee an den Oberkommandierenden der Nord-Armee Beurnonville übergeben.
  13. Kléber stand beim Direktorium in keinem guten Ruf, nachdem Jourdan ihm mehrfach nicht eingehaltene Absprachen und eigenmächtige Korpsführung vorgeworfen hatte. Bei B. v. Echt (Übers.) zitiert Jourdans verschiedene Rechtfertigungsschreiben an das Direktorium in: Denkwürdigkeiten der Geschichte des Feldzugs von 1796. In: Google Books.
  14. H. Maze: Les Généraux …, S. 49.
  15. Bachoven von Echt: Denkwürdigkeiten der Geschichte des Feldzugs von 1796,Aufzeichnungen des Generals Jourdan, deutsche Übersetzung von 1823, online bei Google Books, S. 134 ff.
  16. Landeshauptarchiv Rheinland-Pfalz, Koblenz, Best. 241/2591, S. 3. Ausführlich auch in: Helmut Kampmann, Koblenzer Presse-Chronik aus drei Jahrhunderten, S. 44–47, Koblenz 1988, ISBN 3-925180-01-X.
  17. The Observer vom 13. November 1796, S. 3: Foreign Intelligence [Exclusively for the Observers] Die Meldung ist auf den 28. Oktober datiert.
  18. Abel Hugo, France militaire. Histoire des armées de terre et de mer. 1792–1837, Bd. 2, Delloye Paris 1838, Online Digitalisat auf Gallica Tome 2, S. 236.
  19. H. Maze: Les généraux…, S. 59.
  20. D’Aubigné: Vie de Kléber, S. 108.
  21. D’Aubigné: Vie de Kléber. S. 133. […] là il exploit ses rares qualités d’administrateur […] („hier legt er seine wenigen Gaben als Verwalter an den Tag“).
  22. Inhaltliche Übersetzung aus dem Französischen bei Alain Pigeard: Les étoiles de Napoléon, S. 423, zitiert Napoléons Biographen General Gourgaud.
  23. David G. Chandler: Dictionary of the Napoleonic wars. S. 431. Er schreibt, dass Kléber, eingekreist von 6.000 Mamelucken, sich mit 1.500 Mann über 8 Stunden in „dogged fighting“ verteidigen musste, ehe Bonaparte persönlich mit 2.500 Mann aus der Division des General Bon zu Hilfe kam.
  24. H. Maze: Les généraux …, S. 51.
  25. Abel Hugo: France militaire. Histoire des armées de terre et de mer. 1792–1837. Band 2, Delloye Paris 1838, S. 313.
  26. Christopher Buchholz: Französischer Staatskult 1792–1813 im linksrheinischen Deutschland (= Europäische Hochschulschriften, Band 749). Peter Lang, Frankfurt am Main 1997, führt dazu u. a. an: Henry Laurens: L’expédition d’Egypte 1798–1801. Paris 1989.
  27. Desaix beschrieb in seinen Tagebuchaufzeichnungen Bonaparte als „Opfer seines Antikenwahns“, zitiert bei: Jean Orieux: Talleyrand. Die unverstandene Sphinx. Frankfurt 1974.
  28. J. Willms: Napoléon, S. 183.
  29. Desinteresse aus Bequemlichkeit und eine kritische Einstellung zur Ägyptenexpedition wurden Kléber vorgeworfen, der das ruhige Leben in Alexandria zu sehr genossen haben soll. Dazu: Abel Hugo: France militaire. Tome 3, S. 170.
  30. H. Laurens: Kléber. Bd. 2, S. 515 ff.
  31. A. Hugo: France militaire … Tome 3, S. 170.
  32. A. Hugo: France militaire … Tome 3, S. 178.
  33. A. Hugo: France militaire … Tome 3, S. 178: « Kléber comprit: qu’il fallait vaincre ou mourir, et n’eut qu’à marcher. »
  34. A. Hugo: France militaire …, Tome 3, S. 182.
  35. Henry Laurens: L’Expédition d’Egypte 1798–1801. Paris 1989, zitiert nach Christopher Buchholz: Französischer Staatskult 1792–1813 im linksrheinischen Deutschland (= Europäische Hochschulschriften, Bd. 749). Peter Lang, Frankfurt am Main 1997, S. 169.
  36. Francois Rousseau, Kléber et Menou en Egypte depuis la départ de Bonaparte, Paris 1900, zitiert nach Christopher Buchholz: Französischer Staatskult 1792–1813 im linksrheinischen Deutschland (= Europäische Hochschulschriften, Bd. 749). Peter Lang, Frankfurt am Main 1997, S. 173.
  37. Christopher Buchholz: Französischer Staatskult 1792–1813 im linksrheinischen Deutschland (= Europäische Hochschulschriften, Bd. 749). Peter Lang, Frankfurt am Main 1997, S. 174.
  38. Die Beschreibung der Hinrichtung ist sehr wahrscheinlich entnommen dem 1838 in Paris erschienenen Buch France militaire Band 3, S. 182, herausgegeben von Abel Hugo.
  39. Christopher Buchholz: Französischer Staatskult 1792–1813 im linksrheinischen Deutschland (= Europäische Hochschulschriften, Bd. 749). Peter Lang, Frankfurt am Main 1997, S. 174.
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