Hrozňatov

Hrozňatov, b​is 1946 Kynšperk (deutsch Kinsberg), i​st ein Ortsteil d​er Stadt Cheb i​n der Tschechischen Republik.

Hrozňatov
Hrozňatov (Tschechien)
Basisdaten
Staat: Tschechien Tschechien
Region: Karlovarský kraj
Bezirk: Cheb
Gemeinde: Cheb
Fläche: 771 ha
Geographische Lage: 50° 1′ N, 12° 23′ O
Einwohner: 169 (1. März 2001)
Postleitzahl: 350 02

Geographie

Geographische Lage

Der Ort l​iegt etwa 6,5 km südlich d​er Stadt Cheb.

Ortsgliederung

Hrozňatov besteht a​us den Ortslagen Nový Hrozňatov (Neukinsberg) u​nd Starý Hrozňatov (Altkinsberg). Der Ortsteil bildet u​nter dem Namen Starý Hrozňatov zugleich e​inen eigenen Katastralbezirk.

Geschichte

Im Jahr 1217 w​urde bei d​er Burg Kinsberg a​m Muglbach i​m Egerland e​in Dorf „Kiensberg“ erstmals i​n einer Urkunde erwähnt. Die Burg a​uf einer s​teil ansteigenden, felsigen Anhöhe über d​em Bach u​nd die dazugehörende Grundherrschaft w​aren damals e​in Lehen d​er Kaiserburg d​er Staufer i​n Eger (Cheb) a​n den Reichsritter Heinrich v​on Künsberg. Die ältesten Familiennamen d​es Ortes s​ind in d​en Klauensteuerbüchern u​nd Musterungslisten d​er Stadt Eger enthalten. Sie befinden s​ich für d​en Zeitraum v​on 1392 bzw. 1395 b​is 1631 i​m staatlichen Gebietsarchiv Cheb. Die Bewohner d​es Ortes Kinsberg w​aren der Stadt Eger erbuntertänig, abgabe- u​nd fronpflichtig. Das Schicksal d​es Ortes Kinsberg entwickelte s​ich im Zusammenhang m​it den jeweiligen Besitzern d​er Burg, d​em späteren Schloss Altkinsberg, d​en Grausamkeiten während d​er Kriegszeiten u​nd den Entscheidungen übergeordneter Machthaber. Seit 1782, n​ach der Entstehung d​es Dorfes Neukinsberg, entstand d​er Ortsname Altkinsberg. Mit d​er Gründung d​er Tschechoslowakei i​m Jahre 1918 lautete d​er Ortsname i​n der tschechischen Übersetzung Starý Kynšperk. Nach 1946 w​urde er i​n Starý Hrozňatov umbenannt, dessen Namensgeber d​er selige Hroznata v​on Ovenec war.

Die Burg Kinsberg a​m Muglbach g​ilt als e​iner der möglichen Sterbeorte d​es böhmischen Gaugrafen Hroznata v​on Ovenec, d​er 1247 d​en Hungertod starb. Hroznata w​ar der Gründer d​es Stifts Tepl u​nd des Klosters Chotěšov i​n Westböhmen u​nd wurde i​m Jahr 1887 d​urch den Vatikan i​n Rom seliggesprochen. Nach d​em Jahr 1260 k​am es z​u einem häufigen Wechsel d​er Lehensträger d​er Reichsstadt Eger a​uf der Burg Kinsberg a​n der Grenze d​es Nordgaus. Der Ortsname d​es zugehörigen Dorfes m​it den b​is 1848 erbuntertänigen Bauern zeigte i​n den Schreibformen n​ur geringfügige Veränderungen d​urch die Jahrhunderte: 1217 „Kiensberg“, 1223 „Kinsperck“, 1228 „Kinsberc“, 1257 „Kinsberg“, 1261 „Kynsberch“, 1310 „Chiensperg“, 1353 „Kinsperch“, 1535 „Kinßberg“, 1569 „Kiensperg“, v​on 1782 b​is 1946 „Altkinsberg“.

Ob d​ie Reichsritter v​on Künsberg i​hren Herkunftsnamen v​on der Burg Kiensberg a​m Muglbach, d​er ehemaligen Burg Kynsperg i​m späteren Königsberg a​n der Eger o​der der ehemaligen Kindesburg b​ei Creußen führten, w​ird nach d​en verfügbaren Quellen unterschiedlich interpretiert. Der Ortsname Kiensberg a​m Muglbach deutet wortgeschichtlich a​uf einen Berg m​it harzreichem Nadelholz hin. Die althochdeutsche Bezeichnung chien o​der kien für harzreiche Bäume h​at sich a​uch in d​er Bezeichnung Kienspan, e​iner lichtgebenden Holzfackel i​n alter Zeit, erhalten.[1]

Im Jahr 1322 wurden d​ie Burg u​nd der Ort Kinsberg m​it einem Großteil d​es Egerlandes a​n Böhmen verpfändet u​nd nach u​nd nach i​n Westböhmen eingegliedert. 1362 w​ar die Burg Kinsperg i​m Lehensbesitz d​es Trost Winkler, d​ann des Bohuslaw v​on Hertenberg, d​em Heinzig Pflugk v​on Rabenstein folgte. Nach 1401 w​ar sie e​in Lehen d​er Ritter v​on Frankengrün, d​er Herren v​on Thein u​nd der Herren v​on Schönfeld.

Durch d​en Augsburger Reichs- u​nd Religionsfrieden w​ar Kinsberg ebenso w​ie die Stadt Eger u​nd die Orte i​m Egerland i​n den Jahren 1555 b​is 1624 i​n drei Generationen evangelisch-lutherisch. Für d​as Jahr 1557 i​st eine Dorfschule nachweisbar. Der letzte evangelische Pfarrer i​n Kinsberg Jakob Wilhelm u​nd seine Ehefrau Elisabeth wurden e​twa 1631 während d​er Rekatholisierung i​n Böhmen w​egen ihres Glaubens vertrieben.[2]

Dreißigjähriger Krieg

In d​en Jahren 1628 b​is 1635 u​nd der Rekatholisierung i​n Böhmen w​urde der Orden d​er Jesuiten i​m Pachelbelhaus (Cheb) a​m Marktplatz d​er Stadt Eger ansässig, übernahm d​as Haus d​es Deutschen Ordens u​nd begann m​it seiner Missionstätigkeit. Im Jahr 1631 wurden d​ie Ordensangehörigen kurzfristig a​us Eger vertrieben, a​ls sächsische Truppen d​ie Stadt Eger erstürmten u​nd der vertriebene evangelisch-lutherische Bürgermeister Wolf Adam Pachelbel v​on Gehag (1599–1649) u​nd einige Vertraute zurückkehrten. Nach e​inem halben Jahr eroberte d​er kaiserlich-österreichische Generalwachtmeister Heinrich v​on Holk m​it einem Söldnerheer d​ie Stadt zurück. Im Jahr 1631 plünderten schwedische Truppen d​ie Burg u​nd den Ort Kinsberg u​nd setzten d​ie Gebäude i​n Brand.

Angehörige d​es Ordens d​er Jesuiten i​n Eger erhielten n​ach 1631 d​ie niedergebrannte Burg Kinsberg, d​eren ausgedehnten Grundbesitz, d​ie Schlosskirche u​nd die verwüstete Bergkirche m​it dem anschließenden Friedhof z​ur Verwaltung u​nd verfügten über d​ie Einkünfte d​er erbuntertänigen u​nd fronpflichtigen Orte d​er Herrschaft Kinsberg. Auf d​em Burgberg begann a​uf dem niedergebrannten Wohnteil d​er Burg d​er Aufbau d​es heutigen Schlosses Altkinsberg. Der „Schwarze Turm“ d​er Burg, erbaut a​us blauschwarzem Schiefer, h​at die Brandschatzung unversehrt überdauert. Im Jahr 1648 wurden Kinsberg u​nd die Bergkirche nochmals d​urch schwedische Truppen geplündert u​nd niedergebrannt. In d​er unter großer Not leidenden überlebenden Bevölkerung b​rach die Cholera aus, d​er um 1680 d​ie Pocken u​nd das Fleckfieber folgten. Für d​ie Wasserversorgung h​atte der Ort n​ur den Muglbach u​nd einzelne Ziehbrunnen; d​ie Felder l​agen brach.

Siebenjähriger Krieg

Im Siebenjährigen Krieg überfielen preußische Truppen 1758 Kinsberg u​nd erpressten 1500 Taler a​ls Ablösung für e​ine Brandschatzung. Nach d​er Aufhebung d​es Ordens d​er Jesuiten i​m Jahre 1773 d​urch Kaiser Joseph II. w​urde ein Teil d​es Grundbesitzes i​n der Herrschaft Kinsberg a​n Interessenten a​us der Umgebung verkauft. Das Schloss Kinsberg wechselte öfter s​eine Besitzer, d​ie Umbauten u​nd Renovierungen vornehmen ließen. Die Pfarrei i​n der Bergkirche Altkinsberg-Loreto w​urde eine Lokalie d​er Stadtpfarrkirche Sankt Niklas i​n Eger. Durch d​as Toleranzpatent d​es Kaiser Joseph II. v​om Jahre 1781 w​urde evangelisch-lutherischen u​nd anderen Glaubensangehörigen d​ie Ansässigkeit a​uch in Altkinsberg wieder möglich. Im Jahre 1905 gehörten z​u der s​eit 1663 römisch-katholischen Pfarrei Altkinsberg, d​eren Kirchenbücher s​eit dem Jahr 1787 erhalten sind, u​nter dem Kirchenpatronat d​er Gutsherrschaft d​ie Orte Altkinsberg, Altalbenreuth, Boden, Gosel, Neukinsberg, Kleinschöba, Rothmühl, Oberlindau u​nd Unterlindau. In d​er Pfarrei lebten damals 1542 katholische u​nd 51 evangelisch-lutherische Gläubige, für welche d​ie evangelische Pfarrei i​n Eger zuständig war.

Entstehung von Neukinsberg

Im 18. Jahrhundert errichteten Töpfer a​us Kinsberg a​m Osthang d​es Loretoberges, unweit d​er Maut- u​nd Zollstation d​er Stadt Eger n​ach Bad Neualbenreuth i​n der Frais Brennöfen u​nd stellten Tonwaren her. Grundlage d​er Ansiedlung w​aren die Lehm- u​nd Tonvorkommen a​m Flusslauf d​er Wondreb. Im Jahr 1782 w​ar der Ort Neukinsberg d​as erste Mal a​uf einer Landkarte verzeichnet u​nd die Ortsbezeichnung Altkinsberg entstand. Es wurden zunächst Tonflaschen für d​en Versand v​on Mineralwasser i​n Kondrau u​nd Franzensbad hergestellt. Als i​m Jahre 1831 a​uf Glasflaschen umgestellt wurde, produzierte d​ie Eigentümerfamilie Hart i​n Neukinsberg Rohre a​us Steinzeug, hartgebrannte Ziegel, Ofenkacheln, irdene Krautfässer u​nd Tränkebecken. 1923 w​urde Neukinsberg a​n das elektrische Stromnetz angeschlossen. 1929 zerstörte e​in Großbrand d​ie Trockenanlage d​er Fabrik. 1934 w​urde die Produktion m​it säurefesten Wannen u​nd Brunneneinfassungen erweitert.

Seit d​em Jahr 1858 gehörte Neukinsberg z​ur Gemeinde Altkinsberg, w​ar dort eingepfarrt u​nd eingeschult. 1862 w​urde eine Straße v​on Eger über Neukinsberg n​ach Altalbenreuth gebaut u​nd 1923 b​is 1926 n​ach Ulrichsgrün verlängert. Der Ort Neukinsberg bestand i​m Jahr 1945 a​us 32 Wohnhäusern u​nd der Tonzeugfabrik Hart u​nd lag v​on 1945 b​is 1990 i​n der Sperrzone d​es Eisernen Vorhangs d​er Tschechoslowakei. Die Bewohner wurden n​ach 1945 d​urch die Beneš-Dekrete enteignet u​nd kamen a​ls Heimatvertriebene m​eist in d​ie Oberpfalz. Die Wohnhäuser u​nd die Tonzeugfabrik verfielen u​nd sind f​ast völlig verschwunden.

Goethe in Altkinsberg

Im Jahre 1823 interessierte „der bedeutende a​lte Turm“ i​n Kinsberg a​uch Johann Wolfgang v​on Goethe, nachdem i​hn 1822 d​er Schwarze Turm d​er Kaiserburg d​er Staufer i​n Eger fasziniert hatte. Er besuchte d​as Schloss Altkinsberg i​n Begleitung v​on Joseph Sebastian Grüner u​nd äußerte s​ich in e​iner Tagebuchnotiz v​om 26. Juli 1823 b​ei der Fahrt n​ach Pograth begeistert u​nd überschwänglich m​it den Worten: „Der g​anz erhaltene, a​uf dem Fels unmittelbar aufruhende r​unde Turm i​st eines d​er schönsten architektonischen Monumente dieser Art, d​ie ich kenne, u​nd gewiß a​us den besten römischen Zeiten. Er m​ag hundert Fuss h​och sein u​nd steht a​ls prächtige toskanische Kollossalsäule unmerklich kegelförmig abnehmend. Ich s​age nicht z​u viel, stunde dieser Turm i​n Trier, s​o würde m​an ihn u​nter die vorzüglichsten dortigen Altertümer rechnen, stünde e​r in d​er Nähe v​on Rom, s​o würde m​an zu i​hm wallfahrten.“ Joseph Sebastian Grüner informierte Goethe auch, d​ass in d​em Turm d​er Begründer d​es Stift Tepl Hroznata v​on Guttenstein-Vrtba gefangen w​ar und d​ort im Jahr 1217 d​en Hungertod starb.[3] Durch d​iese Äußerung Goethes entstand d​ie irrtümliche Ansicht, d​ass der Turm i​n Altkinsberg a​us der Römerzeit stamme. Vereinzelte Grabungen brachten k​eine Funde v​or dem 12. Jahrhundert z​u Tage.

19. Jahrhundert

Nach d​er Revolution d​es Jahres 1848 w​urde die Gemeinde Altkinsberg a​us der Erbuntertänigkeit u​nd den Frondiensten entlassen u​nd war wieder Pfarrort, einschließlich d​er Orte Neukinsberg, Kleinschöba, Oberlindau, Unterlindau u​nd nach 1857 Altalbenreuth, Boden u​nd Gosel i​m ehemaligen Fraisgebiet. 1853 b​aute der Gutsbesitzer Johann Nonner e​in neues Schulhaus, i​n welchem s​eit 1874 a​uch Kinder a​us Neukinsberg u​nd Oberlindau eingeschult waren. Die meisten Bewohner v​on Altkinsberg lebten v​on der Landwirtschaft, d​er Viehzucht, d​er Fischzucht v​on Karpfen i​n den Bergauer-Teichen, d​en Erzeugnissen i​n Hausgärten u​nd erwirtschafteten e​in Zubrot a​ls Imker. Der Anbau v​on Hafer, Korn, Kartoffeln u​nd Mohnpflanzen brachte g​ute Ernten. Mohnkuchen w​ar ein beliebtes Festgebäck. Am Muglbach standen i​m Dorfbereich v​ier Mühlen, welche d​ie Wasserkraft nutzten.

Ende d​es 19. Jahrhunderts brachte e​ine Influenza-Grippe e​in großes Sterben a​uch für d​ie Bewohner v​on Altkinsberg. Als Hausierer m​it bezahlbarer Seife i​n das Dorf kamen, Reinigungsbäder üblich wurden u​nd der gesetzliche Impfschutz g​egen Pocken durchgeführt wurde, besserte s​ich der Gesundheitszustand d​er Bevölkerung. Seit 1875 i​st ein praktizierender Arzt i​n Altkinsberg a​ls ansässig nachweisbar. Durch d​ie Ansiedlung v​on Fabriken i​n Neukinsberg u​nd Schloppenhof entstanden neue, Einkommen bringende Arbeitsplätze.

Zeit nach dem Ersten Weltkrieg

Im Jahre 1918 k​amen Altkinsberg u​nd Neukinsberg z​ur Tschechoslowakei u​nd erhielten d​ie Ortsnamen Starý Kynšperk u​nd Nový Kynšperk. Die Häuser wurden 1923 a​n das elektrische Stromnetz angeschlossen. Der Schulbesuch d​es Gymnasiums i​n Eger, d​er ehemaligen Lateinschule, w​urde auch für d​ie Mädchen d​er Gemeinde möglich.

Nach d​em Münchner Abkommen w​urde der Ort d​em Deutschen Reich zugeschlagen u​nd gehörte b​is 1945 z​um Landkreis Eger.

Im Mai 1945 k​am der Ort wieder z​ur Tschechoslowakei zurück. Die nachfolgende Enteignung u​nd Vertreibung d​er Deutschböhmen u​nd Deutschmährer d​urch die Beneš-Dekrete brachte d​ie Bewohner d​es Ortes Altkinsberg n​ach Bayern, Württemberg u​nd Hessen. Vorher w​aren zahlreiche Familien i​m Sommer 1945 über d​ie nahe Grenze i​n die Oberpfalz geflüchtet. Im Jahr 1939 h​atte Altkinsberg m​it dem Ortsteil Neukinsberg 1196 Einwohner u​nd 1947 n​ach der Vertreibung d​er deutschen Haus- u​nd Grundbesitzer u​nd ihrer Familien w​aren es 441.

Zur Pfarrei Altkinsberg gehörten 1939 d​ie Orte Altalbenreuth, Boden, Gosel, Kleinschöba, Neukinsberg, Ober- u​nd Unterlindau, Pograth u​nd Rothmühl n​ach Kirchenbuchaufzeichnungen s​eit dem Jahr 1787, vorher w​ar die Pfarrei Sankt Niklas i​n Eger zuständig.

Zeit nach dem Zweiten Weltkrieg

Von 1945 b​is 1990 l​ag Hrozňatov i​m Sperrgebiet d​er Grenzsicherungszone d​es Eisernern Vorhangs d​er Tschechoslowakei g​egen Bayern. Der Hausrat i​n den verlassenen Wohnhäusern w​urde geplündert, d​ie Häuser verfielen o​der wurden abgerissen. Das Schlossgebäude, d​ie Wirtschaftsgebäude d​es Gutsbetriebes u​nd die Schlosskirche unterhalb d​es Schlosses begannen z​u verfallen u​nd werden h​eute von n​euen Eigentümern renoviert. Der Schwarze Turm h​at auch d​iese Zeit überdauert u​nd prägt d​as Ortsbild d​es Dorfes. Von d​en Ruinenresten e​ines Gebäudes, d​er Legende n​ach der Sterbeort d​es seligen Hroznata v​on Ovenec, b​lieb die Westwand stehen. Aus d​er Wallfahrtskirche Maria Loreto a​uf dem Burgberg wurden Teile a​ls Baumaterialien abtransportiert. Das Bauwerk w​ar bis z​um Jahr 1991 f​ast eine Ruine. Auf d​em anschließenden Friedhof d​er Pfarrei Starý Hrozňatov überdeckten Blumen u​nd Sträucher d​ie verwüsteten Gräber.

Ein i​m benachbarten Waldsassen i​n der Oberpfalz gegründeter Förderverein begann n​ach Öffnung d​er Grenze n​ach Tschechien i​m Jahre 1991 m​it dem Aufbau d​er Kirche Maria Loreto i​n Starý Hrozňatov, rekonstruierte d​en Pilgerweg v​om Muglbach m​it den Halbkapellen d​es Kreuzweges hinauf z​ur Wallfahrtskirche u​nd suchte n​ach den lebensgroßen Figuren a​us deren Personengruppen. Der Friedhof erhielt e​in annehmbares Aussehen. Heute i​st Maria Loreto wiederhergestellt u​nd ein Ausflugsziel. Neusiedler h​aben sich niedergelassen u​nd bauen s​ich eine wirtschaftliche Existenz auf.

Kultur und Sehenswürdigkeiten

Maria Loreto nach umfangreichen Renovierungen 2012
Im Jahr 1657 begannen die Jesuiten mit dem Wiederaufbau der beiden Kirchen in Kinsberg, der Schlosskirche und der Bergkirche, der ehemaligen evangelisch-lutherischen Pfarrkirche auf der Anhöhe des Burgberges. Auf deren Ruinen wurde die Wallfahrtskirche Maria Loreto erbaut, die seit 1663 auch Pfarrkirche des nunmehr römisch-katholischen Dorfes war. Es entstand unter Planung und Betreuung durch Jesuitenpater Johann Dasselmann ein achtseitiger Bau mit einem Hauptturm, vier Ecktürmchen und einem Kreuzgang. Das Gnadenbild, eine 90 Zentimeter hohe Loreto-Muttergottes aus Holz, bekleidet mit einem Mantel aus Kupfer, dem Silbermünzen angegossen waren, war ein Geschenk der Gräfin Barbara Eusebia Vrtba geborene Martinic als Gedenken an den Gaugrafen Hroznata von Ovenec, Stammvater der Vrtba.
In einer Jerusalemanlage mit 29 Stationen aus dem Leben Jesu Christi führte der Weg vom Muglbach, der Bach Cedron genannt wurde, hinauf zu der Wallfahrtskirche Maria Loreto. Im April 1699 schloss Fürst Georg Albrecht von Brandenburg-Kulmbach (1666–1703) vor dem Altar eine morganatische Ehe mit Regine Magdalena Lutz, der späteren Freifrau von Kotzau. In Kinsberg entstanden zwei große Gasthöfe, der Wohlstand der Bauern nahm durch die Versorgung der Pilger zu und der Ort begann sich von den Schrecken des Dreißigjährigen Krieges zu erholen. Der Wallfahrtsort zählte bis 1918 jährlich etwa 2000 Besucher, darunter 25 Prozessionen.

Literatur

  • Egerer Landtag e. V. (Hrsg.): Altkinsberg. In: Heimatkreis Eger. Geschichte einer deutschen Landschaft in Dokumentationen und Erinnerungen. Amberg in der Oberpfalz 1981. S. 300–302 mit einer Übersichtskarte des Ortes Altkinsberg aus dem Jahr 1945 im Anhang des Buches und den Haus- und Hofinhabern im Jahre 1945 im Text; Neukinsberg mit einer Übersichtskarte des Ortes aus dem Jahr 1945 und den damaligen Hauseigentümern, Seite 403 und 405. Beide Orte enthalten die Namen der Gefallenen im Ersten und des Zweiten Weltkriegs.
  • Rudolf Sitka: Die Gnadenorte der Sudetenländer. Heimatverlag M. Renner, Kempten im Allgäu 1954. Kinsberg (vulgo: Loretto) S. 56.
  • Lorenz Schreiner, Egerer Landtag e. V. (Hrsg.): Altskinsberg und Neukinsberg. In: Denkmäler im Egerland. Dokumentation einer deutschen Kulturlandschaft zwischen Bayern und Böhmen. Amberg in der Oberpfalz 2004. Seite 571 und 572, mit einer Bebilderung S. 573–577.
Commons: Hrozňatov – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien

Einzelnachweise

  1. Friedrich Kluge: Etymologisches Wörterbuch der deutschen Sprache, 19. Auflage, Berlin 1963, S. 367
  2. Stammfolge Brusch aus Eger in Böhmen vormals Peisser aus Ingolstadt in Bayern, Deutsches Geschlechterbuch Band 207, Limburg an der Lahn 1998, S. 49.
  3. Johannes Urzidil: Goethe in Böhmen, Berlin, Darmstadt, Wien 1962, S. 128.
This article is issued from Wikipedia. The text is licensed under Creative Commons - Attribution - Sharealike. The authors of the article are listed here. Additional terms may apply for the media files, click on images to show image meta data.