Waldsassen
Waldsassen ist eine Stadt im Oberpfälzer Landkreis Tirschenreuth an der Bayerischen Porzellanstraße und das kulturelle Zentrum des Oberpfälzer Stiftlands. Sie ist eine von 13 sogenannten leistungsfähigen kreisangehörigen Gemeinden in Bayern.
Wappen | Deutschlandkarte | |
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Basisdaten | ||
Bundesland: | Bayern | |
Regierungsbezirk: | Oberpfalz | |
Landkreis: | Tirschenreuth | |
Höhe: | 477 m ü. NHN | |
Fläche: | 66,53 km2 | |
Einwohner: | 6626 (31. Dez. 2020)[1] | |
Bevölkerungsdichte: | 100 Einwohner je km2 | |
Postleitzahl: | 95652 | |
Vorwahl: | 09632 | |
Kfz-Kennzeichen: | TIR, KEM | |
Gemeindeschlüssel: | 09 3 77 158 | |
Stadtgliederung: | 21 Gemeindeteile | |
Adresse der Stadtverwaltung: |
Basilikaplatz 3 95652 Waldsassen | |
Website: | ||
Erster Bürgermeister: | Bernd Sommer (CSU) | |
Lage der Stadt Waldsassen im Landkreis Tirschenreuth | ||
Geografie
Geografische Lage
Die Stadt liegt eingebettet zwischen Kohlwald und Oberpfälzer Wald im Tal der Wondreb. Die tschechische Stadt Cheb (Eger) ist zehn Kilometer von Waldsassen entfernt und über den Grenzübergang Hundsbach-Svatý Kříž (Heiligenkreuz) zu erreichen. Waldsassen ist die nördlichste Stadt der Oberpfalz.
Nachbargemeinden
Schirnding 11 km |
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Konnersreuth 6 km |
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Mitterteich 8 km |
Leonberg 7 km |
Bad Neualbenreuth 10 km |
Gemeindegliederung
Die Stadtgemeinde Waldsassen hat 21 Gemeindeteile (in Klammern ist der Siedlungstyp angegeben):[2][3]
- Egerteich (Weiler)
- Glasmühle (Einöde)
- Glaswies (Einöde)
- Groppenheim (Dorf)
- Hatzenreuth (Dorf)
- Hundsbach (Dorf)
- Kappl (Einöde)
- Kondrau (Dorf)
- Mammersreuth (Dorf)
- Mitterhof (Einöde)
- Münchenreuth (Pfarrdorf)
- Naßgütl (Einöde)
- Netzstahl (Weiler)
- Neusorg (Einöde)
- Pechtnersreuth (Dorf)
- Pfudermühle (Einöde)
- Querenbach (Dorf)
- Schloppach (Dorf)
- Schottenhof (Weiler)
- Waldsassen (Hauptort)
- Wolfsbühl (Weiler)
Es gibt die Gemarkungen Kondrau (nur Gemarkungsteil 1), Münchenreuth, Querenbach, Waldsassen und Wernersreuth (nur Gemarkungsteil 1).[4]
Geschichte
Bis zum 19. Jahrhundert
Die Anfänge Waldsassens gehen zurück bis vor das Jahr 1133. Am 1. Oktober holte Markgraf Diepold III. von Vohburg-Cham Mönche aus Volkenroda in Thüringen, um das Kloster Waldsassen zu gründen, vermutlich ausgehend von einer bereits bestehenden Eremiten-Kommunität um einen sonst nicht belegten Gerwig von Wolmundstein. Waldsassen entwickelte sich in den nachfolgenden Jahrhunderten zu einem der bedeutendsten Zisterzienserklöster Bayerns. Ab 1214 Reichsabtei, geriet das Kloster im Spätmittelalter unter pfälzische Herrschaft, nachdem es 1465 Pfalzgraf Otto II. von Pfalz-Mosbach-Neumarkt als Vogt gewählt hatte. 1571 wurde das Kloster vom pfälzischen Kurfürsten im Zuge der Reformation aufgehoben. Lange Zeit waren die Klostergebäude die einzige Ansiedlung. Erst um das 17. Jahrhundert entstanden außerhalb des Klosters die ersten Häuserzeilen, errichtet in Form einer „Rasterstadt“ durch zugewanderte kalvinistische Tuchmacherfamilien. Infolge der Rekatholisierung ab 1621 kamen 1661 erneut Zisterzienser aus dem Kloster Fürstenfeld[5] nach Waldsassen. 1690 wurde das Kloster wieder zur Abtei erhoben und 1803 mit dem Reichsdeputationshauptschluss erneut säkularisiert. 1865 wurde die Eisenbahnlinie Wiesau-Eger eröffnet. Für Waldsassen bedeutete dies einen industriellen Aufschwung. 1896 verlieh Prinzregent Luitpold dem Markt Waldsassen die Stadtrechte. Die Einwohnerzahl war inzwischen auf fast 4000 angewachsen. 30 Jahre zuvor war die erste Porzellanfabrik gegründet worden, der in den darauffolgenden Jahren eine Klinkerfabrik, ein Ziegelwerk und die erste Glashütte folgten.
20. Jahrhundert
Einen starken Bevölkerungszuwachs erlebte Waldsassen nach 1945, als viele Heimatvertriebene dort ein neues Zuhause fanden. Die Bevölkerungszahl stieg sprunghaft von 5300 auf 7800. In den darauffolgenden Jahrzehnten entstanden neue Stadtteile, die das Stadtbild beträchtlich veränderten.
Eingemeindungen
Vor der Gebietsreform hatte die Stadt Waldsassen keine weiteren Orte und das Stadtgebiet umfasste etwa 614 Hektar.[6] Im Zuge der Gemeindegebietsreform wurden am 1. Januar 1972 die Gemeinde Querenbach mit etwa 1277 Hektar Gemeindefläche und den sechs Orten Mammersreuth, Egerteich, Hatzenreuth, Pfuderforst, Querenbach und Schloppach und Gebietsteile der aufgelösten Gemeinde Kondrau mit den Orten Glasmühle, Glaswies, Groppenheim, Kondrau, Netzstahl, Sauerbrunn und Wolfsbühl eingegliedert.[7] Am 1. Juli 1972 kam die Gemeinde Münchenreuth mit den acht Orten Hundsbach, Kappl, Mitterhof, Münchenreuth, Naßgütl, Neusorg, Pechtnersreuth und Schottenhof hinzu.[8][9]
Einwohnerentwicklung
Zwischen 1988 und 2018 sank die Einwohnerzahl von 7798 auf 6694 um 1104 bzw. um 14,2 %.
Politik
Stadtrat
Der Stadtrat besteht aus 20 Mitgliedern, die sich nach der Kommunalwahl am 15. März 2020 auf die Parteien und Wählergruppen wie folgt verteilen[10]:
Bürgermeister
Wappen
Blasonierung: „In Silber auf grünem Boden und vor grünen Bäumen stehend ein silbern gekleideter Abt mit silberner Mitra und einem goldenen Abtstab in der Linken, die Rechte gestützt auf einen vor ihm stehenden goldenen Schild, darin eine blaue heraldische Lilie.“[11]
Das Wappen ist seit 1693 bekannt. | |
Städtepartnerschaften
- Marcoussis, Frankreich (1970)
- Pencoed, Wales / Vereinigtes Königreich (1987)
- Chodov, Tschechien (2015)[12]
Bürgerpatenschaft
- Chodov (Chodau), Tschechien (1956)
Kultur und Sehenswürdigkeiten
Musik
Waldsassen hat sich auch überregional einen Namen als Veranstaltungsort klassischer Konzerte gemacht. In der Basilika konzertierten bedeutende Orchester (beispielsweise die Bamberger Symphoniker) und Dirigenten (zum Beispiel Leonard Bernstein, Colin Davis). Darüber hinaus finden, von der Stiftung Kultur- und Begegnungszentrum Abtei Waldsassen veranstaltet, jährlich Musikseminare statt, von denen die Internationale Orgelakademie und die Internationale Singwoche im Sommer die bedeutendsten sind. Daneben findet der Chor der Stiftsbasilika unter der Leitung von Kirchenmusiker Regionalkantor Andreas Sagstetter mit seinen jährlichen Konzerten und den vielfältigen liturgischen Feiern in der Basilika großen Anklang. Seit September 2016 gibt es mit dem Kunsthaus Waldsassen einen weiteren Veranstaltungsraum für Konzerte aller Art.
Ausstellungen
Mit Ausstellungen von Exponaten aus Holz, Bronze und weiteren Werkstoffen, von Fotografie und Malerei bietet das Kunsthaus Waldsassen alle ein bis zwei Monate ein weitreichendes und immer neues kulturelles und künstlerisches Spektrum für jung und alt. Besonders beliebt dabei ist die alljährliche Gemeinschaftsausstellung des Kunsthauses Waldsassen e.V., bei der die Mitglieder des Vereins ihre Werke im Kunsthaus dem interessierten Betrachter zur Schau stellen.
Bauwerke
- Die Stiftsbasilika mit Deutschlands größter Kirchen- und Klostergruft und dem umfangreichsten barocken Reliquienschatz nördlich der Alpen ist das Wahrzeichen von Waldsassen
- Das Kloster Waldsassen der Zisterzienserinnen
- Stiftsbibliothek im Kloster der Zisterzienserinnen mit ihren kunstvollen Schnitzereien von Karl Stilp
- Dreifaltigkeitskirche Kappl, ein bedeutender Rundbau des Barocks
- Bruder Klaus Kapelle im Ortsteil Hatzenreuth
- Stiftlandmuseum mit seinen Sonderausstellungen
- Kunsthaus Waldsassen
- Vorderansicht der Basilika
- Die Stiftsbasilika
- Bruder Klaus Kapelle in Hatzenreuth
- Spiegelung im Stadtparkweiher
Parks
An das Kloster angeschlossen ist der zum Naturerlebnisgarten umgestaltete Garten der Zisterzienserinnen-Abtei, der von der Stiftung Kultur- und Begegnungszentrum Abtei Waldsassen betrieben wird. Der Garten war eine Außenstelle der grenzüberschreitenden Gartenschau 2006 Marktredwitz/Eger.
Sport
- Egrensis-Bad, städtisches beheiztes Freibad
- Hallenbad
- Turnhalle
- Mehrere Fußballplätze
- Tennisplätze
- Asphalt-Eisstockbahnen
- Mehrere vollautomatische Kegelbahnen
- Skianlage mit Lift, Flutlicht und Beschneiungsanlage
- Schießsportanlage
- Reitturnierplatz
Wirtschaft und Infrastruktur
Verkehr
Der Bahnhof Waldsassen an der Strecke Wiesau–Eger ist seit 1986 stillgelegt. Die Gleise wurden 2000 abgebaut.
Waldsassen ist an den Iron Curtain Trail, den längsten offiziellen Radfernweg Europas, angeschlossen, welcher entlang des ehemaligen Eisernen Vorhangs verläuft.[13]
Ansässige Unternehmen
Die Kondrauer Mineral- und Heilbrunnen GmbH & Co KG, ein bayerischer Getränkehersteller mit der Hauptmarke „Kondrauer Mineralwasser“, hat seinen Unternehmenssitz in Kondrau, einem Ortsteil der Gemeinde Waldsassen.
Der Radhersteller GHOST hat seine Verwaltung und Montage in Waldsassen.
Das Bauunternehmen Franz Kassecker GmbH hat seinen Sitz in Waldsassen.
Die Waldsassener Glashütte Lamberts stellt unter anderem Echt-Antik-Glas für Kunstverglasungen her.
Einzigartig war auch die Holzperlenherstellung der Firma Stilp, die seit 1912 in Waldsassen ansässig war. Der Betrieb, der in den 1990er Jahren die Produktion einstellte, fertigte bis zu 90 verschiedene Perlensorten, die mit einer von der Firma entwickelten speziellen Technik und Farbe lackiert wurden.
In den 1960er Jahren gab es noch zwei Porzellanfabriken (Gareis, Kühnl & Cie. und die Bareuther & Co. AG.) in Waldsassen. Beide Firmen fusionierten 1969 zur Porzellanfabrik Waldsassen Bareuther & Co. AG. Aufgrund des allgemeinen Niedergangs der Porzellanindustrie wurde das Unternehmen 1996 geschlossen. Als Beitrag zur Industriegeschichte etablierten etwa 30 Oberpfälzer Gemeinden die Bayerische Porzellanstraße, zu der auch Waldsassen gehört.
Öffentliche Einrichtungen
- Landesamt für Digitalisierung, Breitband und Vermessung – GeoDatenbank Bayern
Bildungseinrichtungen
- Realschule im Stiftland (Knabenrealschule)
- Mädchenrealschule der Zisterzienserinnen Waldsassen
- Mittel- bzw. Hauptschule Waldsassen
- Markgraf-Diepold-Schule
Persönlichkeiten
Söhne und Töchter der Stadt
- Karl Stilp (1668–1735), Bildhauer
- Philipp Muttone (1699–1775), Baumeister
- Joseph von Thoma (1767–1849), deutscher Forstwirtschaftler und Ministerialrat
- Joseph Pözl (1814–1881), bayerischer Landtagspräsident, geboren in Pechtnersreuth
- Joseph Baierlein (1839–1919), Schriftsteller
- Eugen Birzer (1847–1905), Maler und Zeichenlehrer
- Michael Doeberl (1861–1928), Historiker, Professor für Bayerische Landesgeschichte an der Ludwig-Maximilians-Universität München
- Walter Stang (1895–1945), Amtsleiter Kunstpflege im Amt Rosenberg (NS-Reichsüberwachungsamt) und Mitglied des Reichstags (NSDAP)
- Otto Freundl (1912–1982), Landrat und Landtagsabgeordneter
- Anton Schreiegg (1913–2003), Lyriker und Buchautor
- Fritz Rummel (1936–2019), Geophysiker und Hochschullehrer
- Wolfgang Gaag (* 1943), Hornist, Mitglied von German Brass, Professor an der Hochschule für Musik und Theater München
- Irmgard Maenner (* 1959), Hörspielautorin
- Werner Fritsch (* 1960), Theatermann und Autor
- Horst Krybus (* 1960), Bürgermeister von Lohmar
- Matthias Hamann (* 1968), Fußballspieler und -trainer
- Gerald Selch (* 1969), Journalist
- Florian Gaag (* 1971), Regisseur
- Dietmar Hamann (* 1973), Fußballnationalspieler
Weitere mit der Stadt verbundene Persönlichkeiten
- Georg Dientzenhofer (1643–1689), Baumeister
- Blasius Kurz (1894–1973), Franziskaner und katholischer Bischof
- Abraham Leuthner (~1639–1701), Baumeister
- Emil Bednarek (1907–2001), polnischer Funktionshäftling im KZ Auschwitz und verurteilter Massenmörder
Literatur
- Franz Busl (Hrsg.): Waldsassen. 850 Jahre eine Stätte der Gnade. Oberfränkische Verlags-Anstalt, Hof 1983, ISBN 3-921615-56-9.
- Adolf Gläßel, Robert Treml: Waldsassen in alten Bildern und Ansichten eine Heimat- und Bilderchronik. Gerwigkreis Waldsassen e.V. 1995 (Digitalisat)
- Hugo Schnell, Anton Seitz: Stadt Waldsassen. Schnell und Steiner, München 1977, ISBN 3-7954-0597-1.
Weblinks
Einzelnachweise
- Genesis Online-Datenbank des Bayerischen Landesamtes für Statistik Tabelle 12411-001 Fortschreibung des Bevölkerungsstandes: Gemeinden, Stichtage (letzten 6) (Einwohnerzahlen auf Grundlage des Zensus 2011) (Hilfe dazu).
- Gemeinde Waldsassen in der Ortsdatenbank der Bayerischen Landesbibliothek Online. Bayerische Staatsbibliothek, abgerufen am 20. Dezember 2018.
- Stadt Waldsassen, Liste der amtlichen Gemeindeteile/Ortsteile im BayernPortal des Bayerischen Staatsministerium für Digitales, abgerufen am 19. November 2020.
- Gemarkungs- und Gemeindeverzeichnis. Landesamt für Digitalisierung, Breitband und Vermessung, 14. Juli 2020, abgerufen am 1. Februar 2022.
- Stadt Waldsassen: Geschichte unserer Stadt. Abgerufen am 25. Mai 2013.
- Bayerisches Statistisches Landesamt (Hrsg.): Amtliches Ortsverzeichnis für Bayern, Gebietsstand am 1. Oktober 1964 mit statistischen Angaben aus der Volkszählung 1961. Heft 260 der Beiträge zur Statistik Bayerns. München 1964, DNB 453660959, Abschnitt II, Sp. 624 (Digitalisat).
- Bayerisches Landesamt für Statistik und Datenverarbeitung (Hrsg.): Die Gemeinden Bayerns nach dem Gebietsstand 25. Mai 1987. Die Einwohnerzahlen der Gemeinden Bayerns und die Änderungen im Besitzstand und Gebiet von 1840 bis 1987 (= Beiträge zur Statistik Bayerns. Heft 451). München 1991, S. 85–86, urn:nbn:de:bvb:12-bsb00070717-7 (Digitalisat – Anmerkungen 9 und 23).
- Bayerisches Statistisches Landesamt (Hrsg.): Amtliches Ortsverzeichnis für Bayern, Gebietsstand am 1. Oktober 1964 mit statistischen Angaben aus der Volkszählung 1961. Heft 260 der Beiträge zur Statistik Bayerns. München 1964, DNB 453660959, Abschnitt II, Sp. 622 (Digitalisat).
- Wilhelm Volkert (Hrsg.): Handbuch der bayerischen Ämter, Gemeinden und Gerichte 1799–1980. C. H. Beck, München 1983, ISBN 3-406-09669-7, S. 580 (eingeschränkte Vorschau in der Google-Buchsuche).
- Ergebnisse Stadtratswahl Waldsassen. Abgerufen am 17. März 2020.
- Eintrag zum Wappen von Waldsassen in der Datenbank des Hauses der Bayerischen Geschichte
- Städtepartnerschaft mit Chodov in der Tschechischen Republik
- Iron Curtain Trail