Hannöversche Südbahn
Die Hannöversche Südbahn, auch Bahnstrecke Hannover–Kassel, ist eine zweigleisige, elektrifizierte Hauptbahn in Niedersachsen und Hessen. Sie verläuft von Hannover über Göttingen und Hann. Münden nach Kassel.
Hannover Hbf–Kassel Hbf[1] | |
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Streckennummer (DB): | 1732 |
Kursbuchstrecke (DB): | 350 Hannover Hbf–Göttingen Siekweg 360.4 Hannover Hbf–Barnten 611 Hann. Münden–Kassel Hbf (ex 250, 257, 600) |
Streckenlänge: | 166 km |
Spurweite: | 1435 mm (Normalspur) |
Streckenklasse: | D4 |
Stromsystem: | 15 kV 16,7 Hz ~ |
Höchstgeschwindigkeit: | 160 km/h |
Zugbeeinflussung: | PZB |
Zweigleisigkeit: | durchgehend |
Geschichte
Für den Bau einer Eisenbahn von Hannover in den Süden des Königreiches setzte sich bereits in den 1830er Jahren der damalige Stadtsyndikus von Göttingen, Ferdinand Oesterley, ein. 1847 leistete auch Rudolph Berg Vorarbeiten für die „Verbindung Hannover-Kassel“.[3] Ihre nördlichen Abschnitte Hannover–Alfeld und Alfeld–Göttingen wurden am 1. Mai 1853 bzw. am 31. Juli 1854[4] eröffnet und sind als Teil der einst wichtigen Nord-Süd-Strecke weiterhin in Betrieb. Der südliche Streckenabschnitt von Göttingen nach Hann. Münden, auch bekannt als Dransfelder Rampe, wurde am 8. Mai 1856 eröffnet und in Teilen von 1980 bis 1995 stillgelegt. Der Anschluss von Hann. Münden bis Kassel wurde noch 1856 zugefügt, er ist weiterhin als Teil der Hannöverschen Südbahn in Betrieb.
Der Begriff Hannöversche Südbahn wurde mit der preußischen Annexion 1866 natürlich hinfällig, ist jedoch von Eisenbahnfreunden in den heutigen Sprachgebrauch übernommen. Inzwischen wird der größte Abschnitt von Hannover nach Göttingen der Nord-Süd-Strecke zugerechnet.
Diese Eisenbahnverbindung wurde von den Königlich Hannöverschen Staatseisenbahnen auch deshalb gebaut, um den Handelsplatz Hann. Münden mit seinem Hafen an die Hauptstadt des Königreichs Hannover anzubinden. Bis Göttingen ließ sich die Trasse relativ leicht durchs Leinetal führen – allerdings unter Umgehung der wichtigen Brauereistadt Einbeck. Zur Vermeidung einer Linienführung über kurhessisches Gebiet wurde der dann folgende Südabschnitt trotz schwierigen Geländes und enormer Steigungen über Dransfeld nach Hann. Münden geführt. Daher rührt auch der Name Dransfelder Rampe für diesen Streckenabschnitt.
Obwohl die Gesamtstrecke bis Kragenhof (kurz vor Kassel) mit Ausnahme des braunschweigischen Ortes Kreiensen vollständig auf hannöverschem und heute niedersächsischem Gebiet lag, wurden die beiden Streckenteile seit Reichsbahnzeiten Hannover–Göttingen und Göttingen–Hann. Münden betrieblich unterschiedlich behandelt. Zum einen erhielten sie unterschiedliche Kursbuchnummern (Hannover–Göttingen: 202/250; Göttingen–Hann. Münden: 202a/257), und zum anderen lag die Zuständigkeit der Direktionen für den Nordteil in Hannover, für den Südabschnitt in Kassel, später in Frankfurt am Main.
Bis in die 1960er Jahre war diese Strecke auf ganzer Länge eine der wichtigsten Hauptverbindungen Deutschlands. Durch die Grenzziehung nach dem Zweiten Weltkrieg verlagerten sich die Verkehrsströme in Nord-Süd-Richtung, was sich neben den Rheinstrecken Köln–Frankfurt auch auf dieser Nord-Süd-Verbindung bemerkbar machte. Dies änderte sich zumindest für die Dransfelder Rampe, als 1963 die Nord-Süd-Strecke Hannover–Gemünden (Main) und 1964 die davon abzweigende Werratalstrecke Kassel–Hann. Münden–Eichenberg elektrifiziert wurden. Der Abschnitt Göttingen–Dransfeld–Hann. Münden blieb ohne Fahrdraht. Die Züge nahmen fortan den zwar acht Kilometer längeren, aber wesentlich steigungsärmeren und elektrifizierten Weg über Eichenberg. Der Dransfelder Rampe blieben werktags drei Nahverkehrszüge pro Richtung, 1980 wurde der Personenverkehr auf diesem Abschnitt eingestellt und zwei Jahre später mit dem Abbau der Gleise zwischen Göttingen und Dransfeld begonnen. Der Restabschnitt diente von Hann. Münden aus noch 10 bis 15 Jahre als Güteranschlussgleis, bis auch hier Stilllegung und teilweiser Gleisabbau folgten. Damit war die Hannöversche Südbahn im Abschnitt Göttingen–Hann. Münden unterbrochen.
Angesichts der stetig steigenden Belastung der Strecke wurde die Strecke in den 1960er-Jahren auch mit neuer Stellwerkstechnik und zusätzlichen Überholgleisen versehen und der Oberbau verstärkt. Die weiter steigende Belastung mündete in Diskussionen zum Bau einer Neubaustrecke.[5]
Mit Einführung des stündlichen Intercity-Verkehrs war der verbliebene Abschnitt Hannover–Göttingen chronisch überlastet. IC teilten sich die Strecke mit D-, Eil- und Nahverkehrs- sowie Güterzügen. Nicht selten folgten einander mehrere Züge im Blockabstand. Kassel wurde aufgrund seines Kopfbahnhofs vom IC-Netz abgetrennt, die Züge nahmen von Göttingen den Weg über Bebra.
Im Zuge der Errichtung der Schnellfahrstrecke Hannover–Würzburg wurde die Hannöversche Südbahn im Bereich der Northeimer Kiesseen nach Osten verlegt. Erst nachdem der Betrieb auf dem verlegten Streckenabschnitt im November 1985 aufgenommen worden war, konnten die Bauarbeiten an der Neubaustrecke beginnen.[6] Im Stadtgebiet Hannover und Laatzen wurden neun Bahnübergänge im Zuge des Schnellfahrstreckenbaus beseitigt. Auch im gemeinsamen Abschnitt nördlich von Göttingen (bis Edesheim) wurden mehrere Bahnübergänge aufgehoben. In den Jahren 1978 und 1979 wurden die Planfeststellungsbeschlüsse für die notwendigen Ersatzanlagen in diesem Abschnitt erlassen.[7]
Als 1991 die Schnellfahrstrecke Hannover–Würzburg, die zwischen Hannover und Göttingen fast parallel zur Hannöverschen Südbahn verläuft und mehrere Anschlussmöglichkeiten zu dieser bietet, auf ihrer gesamten Länge eröffnet wurde, büßte auch der Nordabschnitt die wichtigsten Fernverbindungen ein. IC-Verbindungen führten fortan über die Schnellfahrstrecke und wurden zunehmend auch in ICE-Verbindungen umgewandelt. Interregio- und D-Züge nahmen hingegen weiterhin den Weg auf der alten Strecke. Die Interregio-Züge wurden mittlerweile in IC umgewandelt. Da die Schnellfahrstrecke ab 23:00 Uhr allein dem Güterverkehr vorbehalten ist, nimmt ein von Göttingen fahrender ICE den Weg über die Hannöversche Südbahn. Auch Kassel erhielt mit dem Fernbahnhof Wilhelmshöhe Anschluss an das Hochgeschwindigkeitsnetz.
Betrieb
Hannover–Göttingen
Während sich der ICE-Fernverkehr fast ausschließlich auf der Schnellfahrstrecke abspielt, verkehrten bis zum Fahrplanwechsel im Dezember 2009 im Zweistundentakt die nunmehr zu „Intercity“ umbezeichneten, ehemaligen Interregio-Züge Stralsund–Karlsruhe. Zum Fahrplanwechsel 2009 wurde diese IC-Linie von einzelnen Zügen abgesehen zwischen Hannover und Göttingen auf die Schnellfahrstrecke verlegt, womit die Halte in Northeim, Kreiensen und Alfeld entfallen sind; auf der Bestandsstrecke verkehrt (Stand: Fahrplanjahr 2011) nur noch ein IC-Zugpaar täglich.
Seit Dezember 2005 bedient der Metronom der gleichnamigen Eisenbahngesellschaft im angenäherten Stundentakt den Regionalverkehr der Relation von Hamburg über Uelzen und Hannover nach Göttingen, dieser ersetzt (bis auf den Abschnitt von Hannover über Sarstedt nach Hildesheim) alle Regionalzüge der Deutschen Bahn. Die Verbindung von Löhne über Hameln, Elze und Nordstemmen nach Hildesheim wurde von 2003 bis zum Fahrplanwechsel im Dezember 2011 von der eurobahn befahren. Seit 2011 hat die NordWestBahn die Bedienung von Weserbahn und Lammetalbahn übernommen.
Im Streckenabschnitt zwischen Hannover und Barnten nutzen auch Züge nach Hildesheim die Hannöversche Südbahn. Seit Dezember 2008 verkehrt die S-Bahn Hannover mit der Linie S 4 zwischen Bennemühlen und Hildesheim. Zusätzlich verkehrt pro Stunde ein Regional-Express von Hannover nach Bad Harzburg. Diese Züge wurde bis Dezember 2014 von DB Regio bedient, seitdem durch die OHE-Tochter erixx.
Nacht- und Autoreisezüge sind ebenfalls auf der „alten“ Strecke unterwegs. Nach wie vor ist die Strecke auch vom Güterverkehr stark frequentiert.
Göttingen–Kassel
Der ehemalige Streckenabschnitt von Göttingen über Dransfeld nach Hann. Münden ist größtenteils zu einem Fahrradweg umgebaut oder als Fauna-Flora-Habitat-Gebiet ausgewiesen und zugewachsen. Einzelne Grundstücke sind inzwischen mit Wohnhäusern oder Gewerbebauten überbaut.
Nach Einstellung des Personenverkehrs über Dransfeld im Mai 1980 fuhren alle Züge ausschließlich über Eichenberg. Die Anliegerorte der Dransfelder Strecke wurden, wie zuvor auch schon, durch Bahnbusse bedient, im Kursbuch unter der Nummer 2554, heute die RBB-Linie 120.
Im Abschnitt Hann. Münden–Kassel verkehren heute die über Eichenberg kommenden Regionalzüge der cantus Verkehrsgesellschaft von Göttingen sowie bis 2015 die Regionalzüge der DB Regio aus Richtung Erfurt/Halle (Saale). Auch hier findet reger Güterverkehr statt. Seit Dezember 2015 befährt der RE 9 der Abellio Rail Mitteldeutschland die Strecke über Hann. Münden und Eichenberg nach Halle (Saale).
Bildergalerie
- Bahnhof Sarstedt
- Bahnhof Elze
- Bahnhof Freden (Leine)
- Bahnhof Einbeck-Salzderhelden
- Bahnhof Kreiensen
- Bahnhof Göttingen
- Ehemaliger Bahnhof Dransfeld
Literatur
- Jens-Uwe Brinkmann: Auf Schienen durch die Zeit. Der Göttinger Bahnhof von der Hannoverschen Südbahn bis zum Ende des Dampfzeitalters. Edition Peperkorn, Göttingen 2001.
- Ferdinand Osterley: Über die Hannoversche Süd-Eisenbahn. Vandenhoeck & Ruprecht, Göttingen 1846 (Digitalisat).
- Deutsche Bundesbahn, Generalvertretung Göttingen der Bundesbahndirektion Hannover (Hrsg.): 125 Jahre Eisenbahnstrecke Alfeld–Göttingen, Göttingen 1979.
Weblinks
Einzelnachweise
- Eisenbahnatlas Deutschland 2007/2008. 6. Auflage. Schweers + Wall, Aachen 2007, ISBN 978-3-89494-136-9.
- Informationen und Bilder zu den Tunneln der Strecke 1732 auf eisenbahn-tunnelportale.de von Lothar Brill
- Helmut Knocke: Berg, Theodor F. Rudolph. In: Dirk Böttcher, Klaus Mlynek, Waldemar R. Röhrbein, Hugo Thielen: Hannoversches Biographisches Lexikon. Von den Anfängen bis in die Gegenwart. Schlütersche, Hannover 2002, ISBN 3-87706-706-9, S. 51 und öfter. (online bei Google-Bücher)
- Deutsche Bundesbahn, Generalvertretung Göttingen der Bundesbahndirektion Hannover (Hrsg.): 125 Jahre Eisenbahnstrecke Alfeld–Göttingen, Göttingen 1979, S. 23.
- H. Weber: Die Neubaustrecke Hannover–Würzburg. In: Bundesbahndirektion Hannover (Hrsg.): 1843 - 1983: 140 Jahre Eisenbahndirektion Hannover. Hannover, ca. 1983, S. 95–97.
- Projektgruppe der NBS Hannover der Bahnbauzentrale (Hrsg.): Neubaustrecke Hannover–Würzburg: Der Abschnitt Northeim – Göttingen, Broschüre, 44 A4-Seiten mit Stand von Mai 1988, S. 7
- Helmut Weber, Walter Engels, Helmut Maak: Die Neubaustrecke Hannover–Würzburg. In: Eisenbahntechnische Rundschau. 28, Nr. 10, 1979, S. 725–734.