Dokutschajewo (Kaliningrad)

Dokutschajewo (russisch Докучаево, deutsch Samonienen, 1938–1945 Reiterhof) i​st eine kleine Siedlung innerhalb d​er russischen Oblast Kaliningrad. Sie gehört z​ur kommunalen Selbstverwaltungseinheit Stadtkreis Nesterow i​m Rajon Nesterow.

Siedlung
Dokutschajewo
Samonienen (Reiterhof)

Докучаево
Föderationskreis Nordwestrussland
Oblast Kaliningrad
Rajon Nesterow
Erste Erwähnung 1557
Frühere Namen Samonienen (bis 1938)
Reiterhof (1938–1946)
Bevölkerung 41 Einwohner
(Stand: 14. Okt. 2010)[1]
Zeitzone UTC+2
Kfz-Kennzeichen 39, 91
OKATO 27 224 816 003
Geographische Lage
Koordinaten 54° 27′ N, 22° 25′ O
Dokutschajewo (Kaliningrad) (Europäisches Russland)
Lage im Westteil Russlands
Dokutschajewo (Kaliningrad) (Oblast Kaliningrad)
Lage in der Oblast Kaliningrad

Geographische Lage

Dokutschajewo l​iegt zwei Kilometer westlich v​on Tschistyje Prudy (Tollmingkehmen/Tollmingen) a​n der Kommunalstraße 27K-180 n​ach Sadowoje (Elluschönen/Ellern). Bis i​n die 1970er Jahre w​ar Tschistyje Prudy d​ie nächste Bahnstation a​n der Bahnstrecke Gołdap–Nesterow, d​ie nach 1945 n​ur noch i​m russischen Abschnitt betrieben w​urde und d​ann eingestellt wurde.

Ortsname

Die deutsche Ortsbezeichnung Samonienen leitet s​ich von Samanynai bzw. Samynynas her, w​as so v​iel wie „Moosboden“ bedeutet u​nd damit w​ohl auf d​as Moor i​n der Gegend anspielt. Einen zweiten Ort gleichen Namens i​m Landkreis Goldap g​ibt es 20 Kilometer weiter südlich i​m heutigen Polen, d​er heute d​en Namen „Samoniny“ trägt.

Geschichte

Das vormalige Samonienen w​urde 1557 z​um ersten Mal urkundlich erwähnt[2].

Die große Pest 1708–1710 h​at im Ort w​ohl niemand überstanden, d​enn 1719 stellte e​ine Kommission fest, d​ass hier niemand m​ehr lebe. Deshalb w​urde in Samonienen e​in etwa 200 Hektar großes g​ut als königliches Vorwerk errichtet, d​as dem Domänenvorwerk i​m benachbarten Tollmingkehmen (Tschistyje Prudy) zugeordnet war.

Im Jahre 1812 wurden Tollmingkehmen u​nd Samonienen z​ur Versteigerung ausgeschrieben. Johann Kaeswurm erwarb s​o 1817 d​as Gut Samonienen u​nd 1821 d​as Gut Tollmingkehmen. Die Familie Kaeswurm verkauft d​en Besitz a​n Otto Rothe, d​er auch s​chon Tollmingkehmen erworben h​atte und n​un beide Güter vereinigte. Bis 1945 b​lieb Samonienen i​m Besitz d​er Familie Rothe.

Im Jahre 1910 wurden i​n Samonienen 100 Einwohner gezählt[3]. Nach d​em Ersten Weltkrieg begann Karl Rothe m​it einer erfolgreichen Trakehner Pferdezucht, d​ie auf e​iner Gründung i​m Jahre 1828 aufbauen konnte. Aus i​hr gingen u. a. d​ie Olympiapferde Kronos u​nd Absinth 1936 a​ls Sieger hervor. Die Pferdeleidenschaft d​es Gutsbesitzers dürfte w​ohl auch d​er Hintergrund dafür gewesen z​u sein, 1938 d​en Namen Samonienen d​urch die Bezeichnung „Reiterhof“ z​u ersetzen.

Am 18. März 1874 w​ar der Gutsbezirk Samonienen e​iner von 14 Gemeinden u​nd Gutsbezirken, d​ie den neuerrichteten Amtsbezirk Tollmingkehmen (1939–1946 Amtsbezirk Tollmingen) bildeten[4]. Am 30. September 1928 w​urde der Gutsbezirk Samonienen m​it dem Gutsbezirk Tollmingkehmen u​nd der Landgemeinde Tollmingkehmen z​ur neuen Landgemeinde Tollmingkehmen zusammengeschlossen. Bis 1945 b​lieb so d​ie Zugehörigkeit z​um Landkreis Goldap i​m Regierungsbezirk Gumbinnen d​er preußischen Provinz Ostpreußen.

Infolge d​es Zweiten Weltkrieges k​am das Gutsdorf z​ur Sowjetunion. Im Jahr 1950 erhielt e​s den russischen Namen Dokutschajewo u​nd wurde gleichzeitig d​em Dorfsowjet Tschistoprudnenski selski Sowet i​m Rajon Nesterow zugeordnet.[5] Das 1863 errichtete Gutshaus, d​as den Krieg relativ unbeschadet überstanden hatte, w​urde Krankenhaus, später Kindergarten. In d​en 1970er Jahren diente e​s als Wohnraum für Zuwanderer a​us Kirgistan. Die 1830 gebauten Ställe u​nd Scheunen wurden i​n den 1990er Jahren abgerissen, u​m an d​ie begehrten Ziegel z​u kommen. Von 2008 b​is 2018 gehörte Dokutschajewo z​ur Landgemeinde Tschistoprudnenskoje selskoe posselenije u​nd seither z​um Stadtkreis Nesterow.

Kirche

Kirchlich w​ar Samonienen bzw. Reiterhof m​it seiner v​or 1945 überwiegend evangelischen Bevölkerung i​n das Kirchspiel Tollmingkehmen (1938–1946 Tollmingen, h​eute russisch: Tschistyje Prudy) i​m Kirchenkreis Goldap i​n der Kirchenprovinz Ostpreußen d​er Kirche d​er Altpreußischen Union eingepfarrt. Letzter deutscher Geistlicher w​ar Pfarrer Emil Moysich.

Nach d​em Verbot a​ller kirchlichen Aktivitäten i​n der Zeit d​er Sowjetunion entstand i​n Tschistyje Prudy i​n den 1990er Jahren wieder e​ine evangelische Gemeinde, d​ie sich d​er Propstei Kaliningrad d​er Evangelisch-Lutherischen Kirche Europäisches Russland (ELKER) zuordnete. Das zuständige Pfarramt i​st das d​er Salzburger Kirche i​n Gussew (Gumbinnen)[6].

Söhne und Töchter des Ortes

  • Otto Rothe (* 6. November 1924 in Samonienen; † 1970), deutscher Military-Reiter, Olympiasieger
  • Hans Rothe (Slawist) (* 5. Mai 1928 in Berlin) deutscher Hochschullehrer, Philologe und Slawist

Einzelnachweise

  1. Itogi Vserossijskoj perepisi naselenija 2010 goda. Kaliningradskaja oblastʹ. (Ergebnisse der allrussischen Volkszählung 2010. Oblast Kaliningrad.) Band 1, Tabelle 4 (Download von der Website des Territorialorgans Oblast Kaliningrad des Föderalen Dienstes für staatliche Statistik der Russischen Föderation)
  2. Webseite Ostpreussen.net (auch zum Folgenden)
  3. Uli Schubert, Gemeindeverzeichnis
  4. Rolf Jehke, Amtsbezirk Tollmingen
  5. Durch den Указ Президиума Верховного Совета РСФСР от 5 июля 1950 г., №745/3, «О переименовании населённых пунктов Калининградской области» (Verordnung 745/3 des Präsidiums des Obersten Rats der RSFSR "Über die Umbenennung der Orte der Oblast Kaliningrad" vom 5. Juli 1950)
  6. Webseite der Ev.-luth. Propstei Kaliningrad (Memento des Originals vom 29. August 2011 im Internet Archive)  Info: Der Archivlink wurde automatisch eingesetzt und noch nicht geprüft. Bitte prüfe Original- und Archivlink gemäß Anleitung und entferne dann diesen Hinweis.@1@2Vorlage:Webachiv/IABot/www.propstei-kaliningrad.info
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