Bahnstrecke Britz–Fürstenberg
Die Bahnstrecke Britz–Fürstenberg ist eine normalspurige Nebenbahn in Brandenburg. Die 1898/99 eröffnete 73 Kilometer lange Strecke führte von Britz (bei Eberswalde) über Templin nach Fürstenberg. Seit der Einstellung des Personenverkehrs zwischen Templin und Fürstenberg 1996 wurde diese Teilstrecke bis 2021 für einen Draisinenverkehr genutzt. 2006 entfiel auch der Personenverkehr von Joachimsthal nach Templin, der erst zum Fahrplanwechsel im Dezember 2018 wieder aufgenommen wurde. Bis Milmersdorf gab es bis Dezember 2017 einen bescheidenen Güterverkehr mit einem Kesselwagen, der wöchentlich fuhr.
Britz–Fürstenberg | |
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Streckennummer (DB): | 6759 |
Kursbuchstrecke (DB): | 209.63 |
Streckenlänge: | 73,2 km |
Spurweite: | 1435 mm (Normalspur) |
Streckenklasse: | D4 |
Maximale Neigung: | 12,5 ‰ |
Minimaler Radius: | 300 m |
Höchstgeschwindigkeit: | 80 km/h |
Zweigleisigkeit: | – |
Geschichte
Britz erhielt bereits am 15. November 1842 einen Eisenbahnanschluss an der Berlin-Stettiner Eisenbahn. Erste Bestrebungen zum Bau einer Eisenbahn vom Königreich Preußen durch die Schorfheide und südliche Uckermark ins benachbarte Großherzogtum Mecklenburg-Strelitz gab es seit den 1870er Jahren.[1] Fürstenberg, das damals in Mecklenburg-Strelitz lag, erhielt am 10. Juli 1877 mit der Berliner Nordbahn eine Anbindung ans Schienennetz. Von der Nordbahn abzweigend wurde am 1. Mai 1888 die Strecke Löwenberg–Templin eröffnet.
1896 wurde der Bau der Querverbindung zwischen den nach Stralsund und Stettin führenden Strecken genehmigt. Am 1. Juli 1898 wurde das erste Teilstück von Britz nach Joachimsthal feierlich eingeweiht. Seit dem 15. Dezember des gleichen Jahres verkehrten die Züge bis zum Bahnhof Templin, der sich mit dem Weiterbau der Strecke von Löwenberg (Mark) bis nach Prenzlau, die am 24. März 1899 eröffnet wurde, zum Eisenbahnknoten entwickelte. Der letzte Abschnitt bis Fürstenberg ging erst am 16. August 1899 in Betrieb.
Eine Besonderheit war ein durchgehender Personenzug Frankfurt (Oder) – Eberswalde – Fürstenberg – Güstrow – Schwerin mit Halt auf fast allen Unterwegsbahnhöfen. Dieser Zug verkehrte bereits wenige Jahre nach dem Zweiten Weltkrieg[2] bis 1991. Er führte durchgehende Wagen Schwerin – Moskau mit, die aber nur für sowjetische Militärangehörige nutzbar waren.
Nach der Wende 1989/90 brachen die Verkehrsleistungen ein, so dass zum 31. Dezember 1994 der Güterverkehr zwischen Templin und Fürstenberg eingestellt wurde. Nur zwischen Britz und Milmersdorf wurde die Strecke noch bedarfsweise im Güterverkehr bedient.[3][4] Am 19. Mai 1996 entfiel der Personenverkehr zwischen Templin und Fürstenberg. Am 1. Juni 1996 wurde die Strecke zwischen Fürstenberg und Templin stillgelegt.[5] Seit dem 15. Juli desselben Jahres bot das Tochterunternehmen der Verkehrsgesellschaft Bayern Express & P. Kühn Fahrten mit Eisenbahndraisinen auf dem Streckenabschnitt an. Die Infrastruktur war zunächst im Besitz der TourismusServiceTemplin (TST). Zum 1. Januar 2010 wurde die Strecke an die Erlebnisbahn mit Sitz in Zossen verkauft.[6]
Nachdem die Ostdeutsche Eisenbahn (ODEG) in einem Wettbewerbsverfahren des Verkehrsverbunds Berlin-Brandenburg gewann, übernahm diese Ende 2004 den Schienenpersonennahverkehr zwischen Eberswalde und Templin für zehn Jahre. Aufgrund der Kürzung der Regionalisierungsmittel bestellte das brandenburgische Infrastrukturministerium den Verkehr auf der Strecke zwischen Joachimsthal und Templin zum 9. Dezember 2006 ab, obwohl die Strecke erst 2004 grundlegend saniert worden war. Der Streckenabschnitt Britz–Templin Stadt wurde Anfang Juli 2011 von DB Netz zur Übernahme durch andere Eisenbahninfrastrukturunternehmen (EIU) ausgeschrieben.[7] Im März 2012 wurden erneut Pläne zur Stilllegung der noch betriebenen Reststrecke durch das Ministerium bekannt[8], die jedoch nicht umgesetzt wurden. Im Dezember 2014 übernahm die Niederbarnimer Eisenbahn den Personenverkehr als Teil des Dieselnetzes Ostbrandenburg.
Im Oktober 2016 schrieb DB Netz mit der Begründung, der Betrieb sei nicht kostendeckend, den Abschnitt Joachimsthal–Templin Anfang Oktober 2016 zur Abgabe an andere EIU aus.[9] Die Ausschreibung gewann die HANSeatische Eisenbahn-Infrastruktur GmbH, ein Tochterunternehmen von der HANSeatischen Eisenbahn und der RegioInfra mit Sitz in Putlitz.
Seit Dezember 2018 wird die Regionalbahnlinie in Kooperation mit der Hanseatischen Eisenbahn für zunächst drei Jahre im ganztägigen Zweistundentakt wieder bis Templin verlängert, wofür sich die Stadt eingesetzt hatte. Das Land Brandenburg bezuschusst den Betrieb mit 1,9 Millionen Euro. Damit die Strecke auch über den Probebetrieb von drei Jahren hinaus bedient wird, sind wochentags 300 und an Wochenenden 200 Fahrgäste notwendig. Im Auftrag der Stadt Templin wurde der Bahnsteig des Haltepunkts Templin Stadt ertüchtigt.[10] Dieser ist Endpunkt im Reiseverkehr. Alle Züge fahren wegen der Bahnübergangseinschaltstrecken bis zum Bahnhof Templin, ein Fahrgastwechsel ist dort jedoch nicht möglich. Die Linie wird als Schorfheide-Bahn vermarktet.[11] Durch die pandämiebedingten Einschränkungen durch Covid-19 brachen die Fahrgastzahlen in den Jahren 2020 und 2021 ein, folglich wurde der Probebetrieb um ein Jahr bis Dezember 2022 verlängert.
Zum Ende der Saison 2021 wurde der Draisinenbetrieb zwischen Templin und Fürstenberg dauerhaft eingestellt.[12] Der neue Käufer der Strecke, ein Schrotthändler, beabsichtigt, den Streckenabschnitt im März 2022 vollständig abbauen zu lassen.[13]
Streckenbeschreibung
Verlauf
Ausgangspunkt der Strecke ist der heute bis auf zwei Gleise abgebaute Bahnhof Britz (km 50,0, die Kilometrierung beginnt im ehemaligen Stettiner Bahnhof in Berlin). Vom ehemaligen Bahnhof ist nichts mehr übrig, Britz ist nur noch ein Haltepunkt. Alle Personenzüge fuhren und fahren von Britz weiter ins rund fünf Kilometer entfernte Eberswalde.
Direkt nach dem beschrankten Bahnübergang im Bahnhofsbereich Britz zweigt die eingleisige Strecke nach Nordwesten von der nach Stettin bzw. Stralsund führenden zweigleisigen Hauptbahn ab. Die Bahn führt bis Templin teilweise am Rand der Schorfheide vorbei. Die A 11 wird zwischen den Haltepunkten Golzow und Alt Hüttendorf unterquert. Zwischen Joachimsthal Kaiserbahnhof und Joachimsthal überquert die Bahn die B 198 auf einer kleinen Balkenbrücke. Nach mehreren kleinen Haltepunkten und Bahnhöfen wird Milmersdorf erreicht. Über den Bahnübergang im Bahnhofsbereich führt die Landesstraße 100, bis 2005 verlief hier die Bundesstraße 109.
Nach Templin wird auf einer Brücke der Kanal zwischen Röddelinsee und Templiner Stadtsee überquert. Die Bahn führt vor den Heilanstalten Hohenlychen am Platkowsee vorbei, um danach den einzigen größeren Unterwegshalt bis Fürstenberg, den ehemaligen Bahnhof Lychen, zu erreichen. Zwischen den Bahnhöfen Himmelpfort und Ravensbrück zweigte früher ein Anschlussgleis zum KZ Ravensbrück und zur Havelfähre ab.
Joachimsthal Kaiserbahnhof
Joachimsthal Kaiserbahnhof ist der zweite Bahnhof der Kleinstadt Joachimsthal neben dem eigentlichen Bahnhof Joachimsthal. Der zwischen Werbellinsee und Grimnitzsee gelegene Bahnhof wurde vom letzten deutschen Kaiser Wilhelm II. 1898 eröffnet. Er diente der günstigen Erreichbarkeit des Jagdschlosses Hubertusstock und besteht aus drei Gebäuden, die alle in Fachwerkbauweise errichtet wurden.[14]
Bis in die 1950er Jahre nutzte man den Kaiserbahnhof weiterhin, danach verfiel er.[15] Für den 1981 geplanten DDR-Besuch Helmut Schmidts begann eine äußerliche Sanierung der Gebäude. Weil dieser aber nicht mit der Eisenbahn anreiste, wurden die Arbeiten wieder eingestellt.[1]
Zwischen 2004 und 2007 wurde dann das Areal umfassend saniert[15] und wird seitdem verschiedentlich genutzt, beispielsweise seit 2006 als „Erster Hörspielbahnhof Deutschlands“.[16] 2008 erhielt der Bahnhof die Auszeichnung „Ausgewählter Ort“ von der Initiative Deutschland – Land der Ideen.[17]
Havelfähre
Ein Gleisanschluss in Fürstenberg, die Verlängerung des Anschlussgleises zum KZ Ravensbrück, wurde mit einer Eisenbahnfähre über die Havel bedient. Die Fähre stellte zwischen 1935 und 1990 die Verbindung zu einigen Betrieben auf der anderen Havelseite her. Neben einem Faserstoffwerk, das im Zweiten Weltkrieg auch als Rüstungsbetrieb diente, erhielt nach 1945 auch ein Sägewerk über die Fähre einen Anschluss an die Eisenbahn.
Fahrzeugeinsatz
In den 1990er Jahren kamen im Personenverkehr Triebwagen der Baureihe 771/772 zum Einsatz, später verkehrten Triebwagen der Baureihe 628. Die Ostdeutsche Eisenbahn setzte im Personenverkehr ab 2004 Regio-Shuttles ein, ebenso seit Dezember 2014 die Niederbarnimer Eisenbahn.
Literatur
- Rudi Buchweitz: Das Templiner Kreuz. Ein Eisenbahnknoten zwischen der Berlin-Stettiner Eisenbahn und der Nordbahn. Verlag B. Neddermeyer, Berlin 2001, ISBN 3-933254-16-7.
Weblinks
Einzelnachweise
- Amt Joachimsthal (Schorfheide): Der Kaiserbahnhof
- Deutsche Reichsbahn, Kursbuch Winter 1951/52
- Peter Neumann: Letzter Zug nach Putlitz. In: Berliner Zeitung, 27. November 2006
- Analyse der Eisenbahninfrastruktur zur Bewältigung des prognostizierten Schienengüterverkehrs im Land Brandenburg. (PDF; 1,2 MB) Infrastruktur- und Projektentwicklungsgesellschaft
- Urs Kramer, Matthias Brodkorb: Abschied von der Schiene – Güterstrecken 1994 bis heute. Transpress, Stuttgart 2008, ISBN 978-3-613-71333-8, S. 156
- Bahn-Report, 1/2010, S. 46
- Abgabe von Eisenbahninfrastruktur. Strecke: Britz (ausschl.) - Templin Stadt (ausschl.). (PDF) Ausschreibung vom 7. Juli 2011 bis 07.10.2011. (Nicht mehr online verfügbar.) DB Netze, 7. Juli 2011, ehemals im Original; abgerufen am 7. Juli 2011. (Seite nicht mehr abrufbar, Suche in Webarchiven)
- Viola Petersson: Regionalbahnstrecke droht das Aus. In: Märkische Onlinezeitung. 30. März 2012, abgerufen am 17. Oktober 2018.
- Abgabe von Eisenbahninfrastruktur. Strecke: Joachimsthal (ausschl.) – Templin (ausschl.). (PDF) Ausschreibung vom 5. Oktober 2016 bis 04. Januar 2017. (Nicht mehr online verfügbar.) DB Netze, Oktober 2016, archiviert vom Original am 1. Januar 2017; abgerufen am 25. Juni 2017.
- Templin baut alten Bahnsteig wieder auf. Zug nach Eberswalde. In: Nordkurier. 12. September 2018, abgerufen am 7. November 2018.
- Die Schorfheide-Bahn RB63 wird nach Templin verlängert. Verkehrsverbund Berlin-Brandenburg, 26. November 2018, abgerufen am 27. November 2018.
- Draisine fahren in Berlin-Brandenburg - erlebnisbahn.de. Abgerufen am 21. Februar 2022.
- LOK Report - Brandenburg: Die Demontage des ländlichen Raumes: Fürstenberg – Templin. Abgerufen am 21. Februar 2022 (deutsch).
- Der Kaiserbahnhof brachte Aufschwung. Amt Joachimsthal
- Kaiserbahnhof Schorfheide. Deutsche Stiftung Denkmalschutz
- Hörspielbahnhof Joachimsthal (Memento vom 22. September 2009 im Internet Archive)
- Das Ohr aufs Gleis legen. Der erste Hörspielbahnhof Deutschlands steht in Joachimsthal. Hörspielbahnhof Joachimsthal