Andrea Cordero Lanza di Montezemolo
Andrea Kardinal Cordero Lanza di Montezemolo (* 27. August 1925 in Turin; † 19. November 2017 in Rom[1]) war Erzpriester der Patriarchalbasilika St. Paul vor den Mauern und Diplomat des Heiligen Stuhls.
Leben
Andrea Cordero Lanza di Montezemolo entstammte einer alten piemontesischen Adelsfamilie (wie der ehemalige Vorstand von Ferrari Luca Cordero di Montezemolo), aus der während der Jahrhunderte zahlreiche Mitglieder zu Offizieren, Diplomaten und Kardinälen wurden. Als eines von fünf Kindern entstammte Andrea der Ehe der Amalia Dematteis und des Giuseppe Cordero Lanza di Montezemolo. Dieser war Offizier und Widerstandskämpfer, der beim Massaker in den Ardeatinischen Höhlen 1944 von der SS erschossen wurde.[2] Andrea schloss sich als junger Mann dem Widerstand gegen die deutschen Besatzer an und musste sich im ukrainischen Priesterseminar in Rom verstecken.
Er schloss zunächst in Rom im Jahre 1949 ein Architekturstudium ab und war als Architekt tätig, unter anderem bei Pier Luigi Nervi. Er studierte – parallel zu seiner fünfjährigen Tätigkeit als Assistent am Lehrstuhl für Konstruktionstechnik der römischen Architekturfakultät – an der Päpstlichen Universität Gregoriana Katholische Theologie (1952) und Philosophie (1954); in dieser Zeit war er auch Seminarist am Almo Collegio Capranica. Am 13. März 1954 empfing er durch Erzbischof Luigi Traglia das Sakrament der Priesterweihe und wirkte anschließend an verschiedenen Orten als Seelsorger. Von 1957 bis 1960 absolvierte er die Päpstliche Diplomatenakademie und promovierte an der Päpstlichen Lateranuniversität zum Dr. iur. can. Anschließend trat er in den diplomatischen Dienst des Heiligen Stuhls ein und wirkte zunächst im vatikanischen Staatssekretariat. Am 21. Juni 1963 verlieh ihm Papst Paul VI. den Ehrentitel Überzähliger Geheimkämmerer Seiner Heiligkeit[3] und am 4. Juni 1974 den Titel Ehrenprälat Seiner Heiligkeit.[4]
1976 wurde er von Paul VI. zum Sekretär des Päpstlichen Rates „Iustitia et Pax“ ernannt. Am 5. April 1977 ernannte er ihn zum Titularerzbischof von Pandosia und bestellte ihn zum Apostolischen Pro-Nuntius in Papua-Neuguinea sowie Apostolischen Delegaten auf den Salomonen. Die Bischofsweihe spendete ihm Jean-Marie Kardinal Villot am 4. Juni desselben Jahres. Papst Johannes Paul II. ernannte ihn am 25. Oktober 1980 zum Apostolischen Nuntius in Nicaragua und Honduras. 1986 wechselte er in selber Funktion an die Apostolische Nuntiatur in Uruguay.
Seit 1990 vertrat er den Vatikan als Apostolischer Delegat für Jerusalem und Palästina und gleichzeitig als Apostolischer Pro-Nuntius in Zypern. Er war nach 45 Jahren erster diplomatischer Vertreter des Heiligen Stuhls und baute die diplomatischen Beziehungen zu Israel, in der Zeit der ersten Intifada und der Golfkrise, auf.1991 übertrug ihm der Papst den Titel des Titularerzbischofs von Tuscania. Nach der Aufnahme diplomatischer Beziehungen zwischen dem Heiligen Stuhl und dem Staat Israel 1994, an denen er wesentlich beteiligt war[5], wurde er zudem erster Apostolischer Nuntius in Israel. Papst Johannes Paul II. bezeichnete Montezemolo als «Unser historischer Nuntius».[6]
1998 ernannte ihn Johannes Paul II. zum Nuntius in Italien und San Marino und nahm am 17. April 2001, nachdem Montezemolo mit dem 75. Lebensjahr die Altersgrenze erreicht hatte, dessen Rücktrittsgesuch an.
2001 zeichnete er für die Neuordnung der Verwaltung und des Pilgerbetriebs in der Basilika Sankt Paul vor den Mauern in Rom verantwortlich und entwarf im Jahr 2005 das Wappen von Papst Benedikt XVI. Dieser ernannte ihn im selben Jahr zum ersten Erzpriester der Patriarchalbasilika Sankt Paul vor den Mauern[7] und nahm ihn im Konsistorium am 24. März des folgenden Jahres als Kardinaldiakon mit der Titeldiakonie Santa Maria in Portico in das Kardinalskollegium auf. Er war Initiator neuer archäologischer Untersuchungen des Paulusgrabes und des 2008 eröffneten Paulus-Jahres zum Gedenken an den 2.000. Geburtstag des Völkerapostels.[5] Am 3. Juli 2009 nahm Papst Benedikt XVI. das von Andrea Cordero Lanza di Montezemolo aus Altersgründen vorgebrachte Rücktrittsgesuch vom Amt des Erzpriesters der Patriarchalbasilika Sankt Paul vor den Mauern an.[8]
Kardinal Cordero Lanza di Montezemolo wurde bereits 1962 als Konventualkaplan in den Malteserorden aufgenommen und gehörte zunächst dem Großpriorat Lombardei und Venezien und dann dem Großpriorat von Rom an. Im Jahr 1999 zum Großkreuz-Konventualkaplan ernannt, hat er über viele Jahre intensive apostolische Arbeit in den Jugendgruppen und bei den Freiwilligen des Malteserordens geleistet. Am 25. Mai 2006 wurde er Ehren- und Devotions-Großkreuz-Bailli.[9]
Andrea Cordero Lanza di Montezemolo gehörte zu den herausragenden Persönlichkeiten der internationalen Vatikanpolitik.[5] 2001 wurde der Großkreuz-Ritter Andrea Cordero Lanza di Montezemolo von Kardinal-Großmeister Carlo Furno zum Assessor des Ritterordens vom Heiligen Grab zu Jerusalem ernannt; er hatte das Amt bis zu seiner Kardinalserhebung 2006 inne. Montezemolo war maßgeblich an der Vorbereitung der Consulta von 2003 beteiligt, der Zusammenkunft des weltweit aktiven Päpstlichen Laienordens im Vatikan.[5]
Papst Franziskus erhob ihn am 20. Juni 2016 unter Beibehaltung seines Titelsitzes pro hac vice in den Rang eines Kardinalpriesters.[10]
Andrea Cordero Lanza di Montezemolo war ein bekannter vatikanischer Heraldiker. Er schuf unter anderem das Wappen von Papst Benedikt XVI., das Wappen von Kardinal Pietro Parolin sowie das Wappen von Kardinal-Großmeister Edwin Frederick O’Brien.[11]
Mitgliedschaften
Kardinal Cordero Lanza di Montezemolo war Mitglied folgender Dikasterien der Römischen Kurie:
- Kongregation für die Bischöfe (seit 2001)[12]
Ehrungen und Auszeichnungen
- Großkreuz des Verdienstordens der Italienischen Republik (1999)
- Großkreuz des St.-Stephans-Orden (1999)
- Ehren- und Devotions-Großkreuz-Bailli des Souveränen Malteserorden (2006)
- Großkreuzritter des Ritterordens vom Heiligen Grab zu Jerusalem
- Ehren-Assessor des Ritterordens vom Heiligen Grab zu Jerusalem
- Großkreuz-Bailli des Konstantinordens
Schriften
- Manuale di araldica ecclesiastica nella Chiesa cattolica (Handbuch der kirchlichen Wappen in der katholischen Kirche) Libreria Editrice Vaticana 2014, 206 Seiten, ISBN 978-8820992392, zusammen mit Antonio Pompili
Weblinks
- Cordero Lanza di Montezemolo, Andrea. In: Salvador Miranda: The Cardinals of the Holy Roman Church. (Website der Florida International University, englisch), abgerufen am 16. August 2016.
- Eintrag zu Andrea Cordero Lanza di Montezemolo auf catholic-hierarchy.org; abgerufen am 16. August 2016.
Einzelnachweise
- E' morto il cardinale Andrea Cordero Lanza di Montezemolo. Rai News, 19. November 2017, abgerufen am 20. November 2017 (italienisch).
- Card. Andrea Cordero Lanza di Montezemolo. santiebeati.it, 1. Juni 2006, abgerufen am 20. November 2017 (italienisch).
- Annuario Pontificio per l’anno 1964, Città del Vaticano 1964, S. 1243.
- Annuario Pontificio per l’anno 1977, Città del Vaticano 1968, S. 1695.
- Kardinal Lanza di Montezemolo – Herausragender Vatikan-Diplomat und erster Nuntius in Israel wurde 85. (PDF, 213 KB) In: News Letter. Großmagisterium des Ritterordens vom Heiligen Grab zu Jerusalem, September 2010, S. IX, abgerufen am 15. Februar 2016.
- Kardinal Montezemolo, erster Papstbotschafter in Israel, ist tot. Der „historische Nuntius“, Domradio vom 20. November 2017
- Nomina dell'Archiprete della Basilica Pontificia di San Paolo fuori le Mura. In: Tägliches Bulletin. Presseamt des Heiligen Stuhls, 31. Mai 2005, abgerufen am 15. Februar 2016 (italienisch).
- Rinuncia dell'Arciprete della Basilica Papale di San Paolo fuori le Mura e Nomina dell Successore. In: Tägliches Bulletin. Presseamt des Heiligen Stuhls, 3. Juli 2009, abgerufen am 15. Februar 2016 (italienisch).
- Der Grossmeister empfängt vier neue Kardinäle. Der Malteserorden, 25. Mai 2006, abgerufen am 28. März 2018.
- Concistoro Ordinario Pubblico per il voto su alcune cause di Canonizzazione. In: Tägliches Bulletin. Presseamt des Heiligen Stuhls, 20. Juni 2016, abgerufen am 20. Juni 2016 (italienisch).
- Annales Ordinis Equestris Sancti Sepulchri Hierosolymitani. In: Annales 2015. Ritterorden vom Heiligen Grab zu Jerusalem, 2016, abgerufen am 20. November 2017.
- Nomina di Membri della Congregazione per i Vescovi. In: Tägliches Bulletin. Presseamt des Heiligen Stuhls, 22. November 2001, abgerufen am 15. Februar 2016 (italienisch).
Vorgänger | Amt | Nachfolger |
---|---|---|
--- | Apostolischer Delegat auf den Salomonen 1977–1980 | Francesco De Nittis |
Gino Paro | Apostolischer Pro-Nuntius in Papua-Neuguinea 1977–1980 | Francesco De Nittis |
Gabriel Montalvo Higuera | Apostolischer Nuntius in Honduras 1980–1986 | Francesco De Nittis |
Gabriel Montalvo Higuera | Apostolischer Nuntius in Nicaragua 1980–1986 | Paolo Giglio |
Franco Brambilla | Apostolischer Nuntius in Uruguay 1986–1990 | Francesco De Nittis |
Carlo Curis | Apostolischer Pro-Nuntius in Zypern 1990–1998 | Pietro Sambi |
Carlo Curis | Apostolischer Delegat in Palästina 1990–1998 | Pietro Sambi |
--- | Apostolischer Nuntius in Israel 1994–1998 | Pietro Sambi |
Francesco Colasuonno | Apostolischer Nuntius in San Marino 1998–2001 | Paolo Romeo |
Francesco Colasuonno | Apostolischer Nuntius in Italien 1998–2001 | Paolo Romeo |
--- | Assessor des Ritterorden vom Heiligen Grab zu Jerusalem 2001–2006 | Edward Nowak |
Francesco Gioia Päpstlicher Administrator | Erzpriester der Basilika Sankt Paul vor den Mauern 2005–2009 | Francesco Kardinal Monterisi |