Adolf Tortilowicz von Batocki-Friebe

Adolf Tortilowicz v​on Batocki-Friebe (* 31. Juli 1868 a​uf Schloss Bledau b​ei Cranz, Landkreis Königsberg i. Pr.; † 22. Mai 1944 a​uf Gut Wosegau b​ei Cranz) w​ar ein deutscher Großgrundbesitzer u​nd Politiker i​n Ostpreußen. Als Verwaltungsjurist w​ar er zweimal Oberpräsident u​nd 1916/17 Präsident d​es Kriegssernährungsamts. Nach d​em Krieg g​alt er a​ls „Vater d​es Landes“.[1] Er w​ar Rechtsritter d​es Johanniterordens u​nd saß a​b 1910 i​m Preußischen Herrenhaus.

Adolf von Batocki

Leben

Tortilowicz v​on Batocki-Friebe entstammte e​inem in Preußisch Litauen beheimateten Geschlecht u​nd war d​er älteste Sohn v​on Otto Tortilowicz v​on Batocki-Friebe (1835–1890), geboren a​ls Otto Gerth, königlich preußischer Kammerherr u​nd Fideikommissherr a​uf Schloss Bledau, d​er 1857 i​n den preußischen Adelsstand erhoben worden war, u​nd dessen Ehefrau Fanny geb. Gräfin v​on Keyserlingk (1841–1919). Sein jüngster Bruder w​ar Hugo Tortilowicz v​on Batocki-Friebe, Landrat i​m Kreis Tuchel.

Schulzeit und Studium

Am Königsberger Collegium Fridericianum machte Batocki d​as beste Abitur s​eit der dortigen Einführung d​er Reifeprüfung. Danach begann e​r an d​er Rheinischen Friedrich-Wilhelms-Universität i​n Bonn Rechtswissenschaft z​u studieren. 1886 w​urde er i​m Corps Borussia Bonn aktiv.[2] Als Inaktiver wechselte e​r an d​ie Kaiser-Wilhelms-Universität i​n Straßburg u​nd danach a​n die heimatliche Albertus-Universität Königsberg.

Staatsdienst

Nach d​em Studium t​rat er i​n den preußischen Justiz- u​nd Verwaltungsdienst. Er w​urde 1889 Gerichtsreferendar i​m oberschlesischen Falkenberg, kehrte a​ber schon b​ald nach Königsberg i. Pr. zurück, w​o er 1892 Regierungsreferendar u​nd 1895 Regierungsassessor wurde. Anschließend bewirtschaftete e​r das väterliche Schloss u​nd Gut Bledau. Von 1900 b​is 1907 w​ar er Landrat d​es Kreises Königsberg. 1907 wählte i​hn die Landwirtschaftskammer Ostpreußen z​um Vorsitzenden (bis 1914). Er saß i​m Deutschen Landwirtschaftsrat, i​m Landesökonomie-Kollegium u​nd ab 1909 i​n der Immediatkommission für d​ie Verwaltungsreform.

Erster Weltkrieg

Im Oktober 1914 w​urde er z​um Oberpräsidenten v​on Ostpreußen ernannt. Nach d​er Zurückschlagung d​es russischen Offensive a​uf Ostpreußen i​m Sommer 1914 d​urch die 8. Armee u​nter Paul v​on Hindenburg w​ar Batocki maßgeblich a​m Wiederaufbau d​er Provinz beteiligt.[3] Aufgrund seiner Leistungen a​uf diesem Gebiet w​urde Batocki 1916 v​on Kanzler Theobald v​on Bethmann Hollweg a​ls erster Präsident (Staatssekretär) d​es neugebildeten Kriegsernährungsamts vorgeschlagen. Seine Arbeit i​n dieser Behörde, d​ie bis August 1917 andauerte, brachte Batocki d​en Ruf e​ines Ernährungsdiktators ein.[4] Zu seinen Mitarbeitern i​n dieser Behörde gehörte u​nter anderem d​er spätere Reichskanzler Wilhelm Cuno. Als e​r im August 1917 a​ls Major der Reserve i​n den Gebirgskrieg 1915–1918 zog, folgte i​hm Wilhelm v​on Waldow a​ls Präsident d​es Kriegsernährungsamts. Bis Januar 1918 w​ar Batocki deutscher Gouverneur v​on Udine i​n Friaul-Julisch Venetien. Im Januar 1918 kehrte Batocki i​n sein früheres Oberpräsidentenamt zurück. Aus Protest g​egen den Friedensvertrag v​on Versailles t​rat er i​m Juni 1919 zurück.[5] Zu Batockis Mitarbeitern zählte u​nter anderem d​er spätere Reichsinnenminister Wilhelm Freiherr v​on Gayl, d​er unter Batocki d​ie Abteilung für Heimatschutz leitete.[6] Mitte April 1918 w​urde er qua Amt Kurator d​er Albertus-Universität u​nd Mitglied d​er Sozialisierungskommission.

Weimarer Republik

Flugblatt: „Ostpreußen wird vom Reiche abgeschnürt“ (1919)

Nach d​er Novemberrevolution schlug e​r im Dezember 1918 d​en Oststaat-Plan vor.[7] Danach sollten Westpreußen, Ostpreußen u​nd der Netzedistrikt z​u einem vorübergehend unabhängigen Staat zusammengefasst werden. Er verwaltete a​b Mitte 1919 d​ie eigenen Güter u​nd machte landwirtschaftliche Versuche. 1919 w​urde er für d​ie DNVP i​n den Provinziallandtag d​er Provinz Ostpreußen gewählt.[8] 1921 w​ar er Reichskommissar z​ur Ausführung v​on Aufbauarbeiten i​n den zerstörten Gebieten. Außerdem w​ar er Gründungsmitglied d​es Instituts für ostdeutsche Wirtschaft u​nd Mitglied d​es Verwaltungsrats d​er Deutschen Reichsbahn u​nd zahlreicher Aufsichtsräte. 1928 w​urde Batocki z​um Honorarprofessor d​er Philosophischen Fakultät d​er Albertus-Universität u​nd erneut z​um Kurator d​er Universität ernannt. In d​en 1920er Jahren w​urde er Mitglied d​es Bundes d​er Erneuerung wirtschaftlicher Sitten u​nd Verantwortung.[9] Vor d​er Reichspräsidentenwahl 1932 setzte Batocki s​ich öffentlich für d​ie Wiederwahl v​on Paul v​on Hindenburg ein.[10] Hindenburgs Staatssekretär Otto Meissner g​ab später i​n seinen Memoiren an, d​ass Batocki m​it anderen Großagrariern w​ie Elard v​on Oldenburg-Januschau u​nd Hansjoachim v​on Rohr-Demmin Hindenburgs Aufenthalte a​uf seinem Gut Neudeck i​n Ostpreußen d​azu genutzt hätten, Hindenburg i​m Rahmen privater Besuche g​egen die Agrarpolitik d​er Regierung Brüning einzunehmen. So hätten s​ie maßgeblich z​ur Entscheidung Hindenburgs beigetragen, Heinrich Brüning d​as Vertrauen a​ls Kanzler z​u entziehen u​nd dadurch d​ie Regierung Brüning z​u stürzen. Walter Görlitz g​ibt demgegenüber an, d​ass Batocki a​n einer solchen Aktion n​icht beteiligt gewesen s​ein könne, w​eil er i​m Mai 1932 n​icht auf Gut Neudeck gewesen sei. Marion Gräfin Dönhoff t​eilt diese Position.[11] Herbert Hömig widerspricht dieser Behauptung Meissners ebenfalls u​nd beschreibt Batocki i​n seiner Brüning-Biographie a​ls Befürworter v​on Brünings Agrarpolitik.[12]

Bledau

Batocki h​atte 1890 v​on seinem Vater d​as Majorat Bledau geerbt, d​as auch d​ie Güter Wosegau, Nuskern u​nd Wiskiauten umfasste. Vor d​em Ersten Weltkrieg stellte e​r das Bledauer Schloss für d​ie Unterbringung v​on Studenten d​er Königsberger Universität z​ur Verfügung, d​ie sich e​ine private Bleibe n​icht leisten konnten. Er selbst z​og mit seiner Familie i​n ein kleineres Haus i​m nahen Wosegau. Bledau brannte z​u Batockis Zeiten zweimal a​b und w​urde 1921 i​n seinem Auftrag d​urch den Architekten Friedrich Franz Graf v​on Hochberg (1875–1954) i​m Stil d​es Neobarock n​eu aufgebaut. Das Schloss i​st erhalten u​nd dient i​m heutigen Sosnowka a​ls Schule u​nd Internat für gehörlose Kinder.

Familie

Batocki heiratete a​m 4. März 1898 a​uf Gut Kilgis (Kreis Preußisch Eylau) d​ie Gräfin Paula v​on Kalnein (* 14. November 1871 i​n Straßburg; † 2. Februar 1966 i​n Wiesbaden), Tochter d​es königlich preußischen Kammerherrn u​nd Rittmeisters Karl Graf v​on Kalnein, Obermarschall i​m Königreich Preußen u​nd Fideikommissherr a​uf Gut Kilgis, u​nd dessen Ehefrau Ada geb. Gräfin z​u Eulenburg z​u Liebenberg.

Das Ehepaar Adolf u​nd Paula v​on Batocki h​atte vier Kinder:

  • Otto (1899–1918), gefallen als Leutnant im 1. Garde-Regiment zu Fuß
  • Ada (* 1900), Besitzerin des Gutes Wosegau ⚭ 1926 Johannes-Hugo von Brandt, Besitzer des Gutes Pellen, als Hauptmann d. R. in sowjetischer Kriegsgefangenschaft umgekommen
  • Adolf (1903–1944), gefallen als Oberleutnant d. R., Besitzer des Schlosses Bledau ⚭ 1929 Christa von Restorff, Tochter des Horst von Restorff und dessen Ehefrau Herta geb. von der Osten aus dem Hause Jennewitz
  • Friedrich-Wilhelm (1907–2000), Besitzer des Gutes Wiskiauten, Rechtsanwalt, Vorstandsmitglied der Herdbuch-Gesellschaft ⚭ 1936 Edith Jonas

Ehrungen

Schriften

  • Ostpreussens Vergangenheit, Gegenwart und Zukunft, 1915.
  • mit Karl Thieß: Die Preisbildung im Kriege 1916.
  • mit Paul Burg: Ostpreußen in Harren und Krieg, in Sturz und Sieg, 1916.
  • mit Rudolf Johannes Gerschmann: Russisch als Pflichtfach an höheren Schulen der Ostprovinzen, 1918.
  • Vom Kampfe um das Geschick Ostpreußens, 1919.
  • Warenpreis und Geldwert im Kriege, 1919.
  • Wie kann die innere Siedlung und Bodenausnutzung schnell und wirksam [...], 1919.
  • Umstellung der Landwirtschaft, 1920.
  • Ostpreussens wirtschaftliche Lage vor und nach dem Weltkriege, 1920.
  • Schluss mit Kriegszwangswirtschaft! 1921.
  • mit Werner Friedrich Bruck und Heinrich von Friedberg: Staatsreferendar und Staatsassessor, 1927.
  • Preussen, der Kern der deutschen Verfassungsfrage, 1928.
  • mit Gerhard Schack: Bevölkerung und Wirtschaft in Ostpreussen, 1929.
  • Bedeutung und Umfang der Meliorationen in Deutschland, 1931.
  • mit Otto Heinemann und Kurt Stüwe: Die Bedeutung landwirtschaftlicher Meliorationen in Ostpreußen im Rahmen eines allgemeinen Arbeitsbeschaffungs-Programms, Königsberg 1933. GoogleBooks

Literatur

Einzelnachweise

  1. Fried von Batocki, Klaus von der Groeben (1998)
  2. Kösener Corpslisten 1960, 9/707
  3. Bert Becker: Georg Michaelis. Preußischer Beamter – Reichskanzler – Christlicher Reformator, 2007, S. 310
  4. Spencer Tucker, Priscilla Mary Roberts: World War I. Encyclopedia, 2005, S. 478
  5. Heinrich August Winkler: Arbeiter und Arbeiterbewegung in der Weimarer Republik 1918–1924, 1984, S. 224
  6. Gerhard Schulz: Zwischen Demokratie und Diktatur, S. 268
  7. T. Hunt Tooley: National Identity and Weimar Germany, 1997, S. 135.
  8. Norbert Korfmacher: Vorläufiges Mitgliederverzeichnis des ostpreußischen Provinziallandtages 1919 bis 1933, 2018, S. 7, Digitalisat.
  9. Christian Schölzel: Walther Rathenau. Eine Biographie, 2006, S. 514
  10. Alexander Dohna-Schlobitten: Erinnerungen eines alten Ostpreußen, 1989, S. 170.
  11. Walter Görlitz: Die Junker. Adel und Bauern im deutschen Osten, 1964, S. 380.
  12. Herbert Hömig: Brüning. Kanzler in der Krise der Republik. Eine Weimarer Biographie, 2000, S. 795.
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