World League of American Football
Die World League of American Football (WLAF) war in den Jahren 1991 und 1992 ein Ableger der National Football League (NFL), der bedeutendsten Profiliga im American Football.
Nachdem die zehn Teams aus Nordamerika und Europa zweimal den World Bowl ausgespielt hatten, wurde der Spielbetrieb mangels kommerziellem Erfolg gerade in den USA ausgesetzt. Ab 1995 wurde der Spielbetrieb nur mit europäischen Mannschaften als World League, später NFL Europe bzw. NFL Europa wieder aufgenommen.
Vorgeschichte: US-Profi-Football in Europa
Schon in den 1970er Jahren entwickelten der Kick Scout der Dallas Cowboys Bob Kap mit dem ehemaligen Präsidenten des Fußballclubs TSV 1860 München Adalbert Wetzel den Plan einer Tochter-Minor-League der NFL für Europa, genannt Intercontinental Football League.[1] Diese sollte ab 1975 zuerst mit sechs, später aber mit zehn Teams in Europa und Asien (ein Team sollte im asiatischen Teil Istanbuls spielen) den Spielbetrieb aufnehmen; die NFL-Eigentümer nahmen den Plan im Sommer 1974 an und beauftragten Al Davis und Tex Schramm mit der Durchführung. Wegen des NFL-Spielerstreiks, der schwierigen wirtschaftlichen Lage (Ölkrise), der Konkurrenz der World Football League und vor allem der fehlenden Verbreitung des American Footballs in Europa wurde der Plan 1975 jedoch zuerst verschoben und schließlich aufgegeben.[2] Beide Ligen waren ihrer Zeit voraus, denn erst in den 1980er Jahren wuchs durch das Kabelfernsehen die Anzahl der Sender, die Footballspiele übertragen konnten und wollten.
Nachdem die US-TV-Station ABC bei der Vergabe der NFL-Rechte leer ausgegangen war, gründeten einige reiche Unternehmer, unter ihnen Donald Trump, 1982 die United States Football League (USFL), mit welcher sie der etablierten NFL indirekte Konkurrenz machen wollten, zeitlich versetzt im Frühjahr, obwohl bzw. weil Football in den USA traditionell im Herbst gespielt wird. Nachdem die USFL jedoch beschloss, ab 1986 auch im Herbst gleichzeitig mit der NFL sowie dem College Football spielen zu wollen, scheiterte die Liga. Zudem klagte die USFL gegen die NFL mit dem Vorwurf der Monopol-Bildung für Profi-Footballer, gewann den Prozess auch, bekam aber nur einen symbolischen Schadensersatz von 1 $ zugesprochen.
Im Großbritannien wurde durch Übertragungen im dortigen Privatfernsehen die amerikanische Profi-Football-Liga NFL bekannt. Dies nutzte die NFL, um ab 1986 jeweils im Sommer unter der Bezeichnung American Bowl ein Vorbereitungsspiel im Londoner Wembley-Stadion auszutragen, beginnend mit dem hochkarätigen Match der Dallas Cowboys gegen die amtierenden Superbowl-Champions Chicago Bears.
Um Märkte außerhalb der USA zu erschließen, um Nachwuchsspielern und Reservisten Spielpraxis zu vermitteln und nicht zuletzt um erneute Monopolklagen zu entkräften, entstand bei einigen Besitzern von NFL-Teams der Plan, eine eigene Liga mit Nachwuchsmannschaften zu gründen, ähnlich wie es die Baseball-Clubs mit ihren "Farm Teams" machen. Man legte wiederum die Spielzeit auf das Frühjahr, so dass gute Spieler anschließend noch an der Vorbereitung der eigentlichen NFL-Clubs teilnehmen konnten.
Da diese neue Football-Liga nicht auf die USA begrenzt sein sollte, sondern weltweit präsent sein sollte, nannte man sie World League of American Football, kurz WLAF. Aufgrund der enormen Entfernungen und Zeitverschiebungen wurde jedoch Australien, Asien bzw. Japan (wo die NFL auch Preseason-Spiele ausgetragen hat) sowie Hawaii wieder ausgeklammert.
Im Jahre 1990 wurde diese neue Liga angekündigt. Nachdem die NFL auf der britischen Insel schon hinreichend bekannt war, wurde zu Promotionszwecken und angesichts des Falls der Berliner Mauer die American-Bowl-Serie ins Olympiastadion Berlin verlegt. Dort fanden von August 1990 (Kansas City Chiefs – Los Angeles Rams) bis August 1994 (New York Giants – San Diego Chargers) fünf Spiele statt.
Die WLAF von 1991 bis 1992
Der Spielbetrieb der WLAF startete im März 1991 mit sechs Teams aus den USA, drei aus Europa und einem Team aus Kanada, damals noch eingeteilt in drei Divisionen. In Europa kam neben dem schon etablierten London auch Barcelona zum Zuge, als Olympiastadt 1992 mit renoviertem Olympiastadion. Für Deutschland wurde Frankfurt ausgewählt, aufgrund des dort zahlreich vertretenen US-Militärs, von dem man sich eine sichere Fan-Basis erhoffte, da man auf die deutschen Fans alleine nicht so recht vertrauen wollte. Als Präsident der Galaxy wird Oliver Luck eingesetzt, ein ehemaliger Quarterback der Houston Oilers und deutschstämmiger Rechtsanwalt. Ein Team in Italien, insbesondere Mailand, war auch in der Diskussion.
Das Eröffnungsspiel fand am Samstag, 23. März 1991 im Frankfurter Waldstadion vor 23.167 Zuschauern statt. Die Frankfurt Galaxy erzielte zwar mit einem Safety die allerersten zwei Punkte, verlor aber gegen die London Monarchs mit 11:24. Die Fernsehübertragung für Deutschland erfolgte beim damaligen Sender Tele 5.
Kader
Die Spielerkader setzten sich größtenteils zusammen aus hoffnungsvollen Nachwuchsspielern, die keinen Platz in den NFL-Teams ergattern konnten, einigen von den NFL-Mannschaften abgestellten Ersatzleuten, die Spielpraxis sammeln sollten, sowie den sogenannten "Nationals". Diese nicht-amerikanischen Akteure aus aller Herren Ländern sollten das internationale Interesse verstärken. In der ersten Saison wurden teilweise noch Kugelstoßer, Leichtathleten oder Judo-Kämpfer umgeschult, was nicht zum Erfolg führte. Später setzte man erfahrene Talente aus meist deutschen Amateurmannschaften ein, die einen wesentlichen Beitrag zum Spiel leisten konnten und in Einzelfällen auch den Sprung in die NFL schafften.
Spielzeit 1991
Gespielt wurde von April bis Juni, in zehn Spielen. Als Austragungsort des World Bowls wurde das Wembley-Stadion in London festgelegt, der damalige Satelliten-TV-Sender Super Channel sollte europaweit live übertragen. Überraschenderweise schlugen die drei europäischen Mannschaften die Gegner aus Übersee meist deutlich, zum Missfallen der dortigen Fans und Presse. Die Raleigh-Durham Skyhawks verloren gar alle zehn Spiele und auch noch ihren Platz in der Liga, da sie 1992 durch Ohio Glory ersetzt wurden.
Vier Mannschaften zogen in die Playoffs ein, neben den drei Divisionsmeistern (in Europa die London Monarchs) auch als Wildcard das beste der restlichen Teams. Dafür qualifizierten sich die Barcelona Dragons mit einem unerwarteten Sieg über die Monarchs im letzten Saisonspiel. Ohne diese Niederlage wäre die Frankfurt Galaxy in die Playoffs eingezogen, die allenthalben als zweitbeste Mannschaft galt. In den Halbfinalspielen schlugen die beiden europäischen Teams erwartungsgemäß ihre amerikanischen Gegner. Der World Bowl-Heimsieg der London Monarchs im vollbesetzten Wembley-Stadion war dann nur noch Formsache.
Spielzeit 1992
Für die zweite Saison wurde darauf geachtet, dass die US-Teams die besseren Spieler bekamen, worauf prompt Orlando und Sacramento den World Bowl 1992 unter sich ausmachen konnten. Die Fans in Europa hielten ihren nun nicht mehr so siegreichen Mannschaften jedoch die Treue.
Die Raleigh–Durham Skyhawks wurden durch die Ohio Glory ersetzt.
Auch mit nun erfolgreichen US-Teams konnte die Welt-Liga ihre selbstgesteckten Ziele im Heimatmarkt nicht erreichen, obwohl spektakuläre Neuerungen (u. a. TV-Kamera im Helm, betont offensive Spielweise) und auch Regeländerungen (u. a. Zweipunkt-Conversion wie im College-Football) ausprobiert wurden.
Abgesehen von den als zweitklassig belächelten Profi-Spielern (die jedoch besseren Football als die populären Amateur-Mannschaften der Colleges bieten konnten) war die Zeitplanung ein Fehler. Obwohl in den USA traditionell nur von August bis Januar Football gespielt wird, spielte die WLAF, genauso wie später auch die NFL Europe, im Frühjahr, in dem traditionell die Baseball-Saison beginnt. Auch die von Donald Trump finanzierte USFL scheiterte in den 1980ern trotz hochklassiger Spieler u. a. mit dieser Terminwahl.
Vorläufiges Ende
Konsequenterweise wurde der Spielbetrieb der WLAF von den Investoren (einige der NFL-Team-Besitzer) eingestellt – vorerst, wie es hieß. Kurioserweise scheiterte somit die "Weltliga des American Football" nicht wie befürchtet an Desinteresse außerhalb der USA, sondern in der Heimat der Sportart. Die Jahre 1993 und 1994 wurden jedoch für die Ausarbeitung eines neuen Konzeptes genutzt. Zudem liefen die "American Bowl"-Spiele in Berlin weiter.
Comeback der World League 1995
Nach zweijähriger Pause nahm man 1995 den Spielbetrieb wieder auf – ohne Teams in den USA, mit einer rein europäischen Liga, die aber den nun auf World League verkürzten Namen vorerst beibehielt. Mit der Änderung der Bezeichnung NFL Europe ab 1998 versuchte man die Anbindung an die amerikanische Mutter stärker zu betonen.
Ergebnisse 1991
Team | Record | PF | PA |
---|---|---|---|
Europa | |||
London Monarchs | 9-1-0 | 310 | 121 |
Barcelona Dragons | 8-2-0 | 206 | 126 |
Frankfurt Galaxy | 7-3-0 | 155 | 139 |
North America East | |||
New York/New Jersey Knights | 5-5-0 | 257 | 155 |
Orlando Thunder | 5-5-0 | 252 | 286 |
Montreal Machine | 4-6-0 | 145 | 244 |
Raleigh-Durham Skyhawks | 0-10-0 | 123 | 300 |
North America West | |||
Birmingham Fire | 5-5-0 | 140 | 140 |
San Antonio Riders | 4-6-0 | 176 | 196 |
Sacramento Surge | 3-7-0 | 179 | 229 |
- Playoffs
Barcelona Dragons | 10 | Birmingham Fire | 3 |
London Monarchs | 42 | New York/New Jersey Knights | 26 |
World Bowl I (London) | |||
London Monarchs | 21 | Barcelona Dragons | 0 |
Ergebnisse 1992
- Playoffs
Orlando Thunder | 45 | Birmingham Fire | 7 |
Sacramento Surge | 17 | Barcelona Dragons | 15 |
World Bowl II (Montreal) | |||
Sacramento Surge | 21 | Orlando Thunder | 17 |
Einzelnachweise
- Massimo Foglio: La Storia della IFL. In: endzone.it. 10. Februar 2006, abgerufen am 5. März 2022 (italienisch).
- Tod Maher: Origins of the WLAF. In: Professional Football Researchers Association (Hrsg.): The Coffin Corner. Band 14, Nr. 2, 1992 (online (Memento vom 18. Dezember 2010 im Internet Archive) [PDF; abgerufen am 5. März 2022]).