Wolfgang Gerhardt
Wolfgang Gerhardt (* 31. Dezember 1943 in Helpershain) ist ein deutscher Politiker (FDP).
Er war von 1987 bis 1991 Hessischer Staatsminister für Wissenschaft und Kunst, von 1995 bis 2001 FDP-Bundesvorsitzender sowie von 1998 bis 2006 Vorsitzender der FDP-Bundestagsfraktion und damit von November 2005 bis April 2006 auch Oppositionsführer. Von 2006 bis 2018 war er Vorstandsvorsitzender der liberalen Friedrich-Naumann-Stiftung für die Freiheit,[1] seitdem ist er Ehrenvorsitzender ihres Vorstandes.
Ausbildung und Beruf
Nach dem Abitur im Jahr 1963 an der Albert-Schweitzer-Schule Alsfeld absolvierte Gerhardt von 1963 bis 1969 ein Studium der Erziehungswissenschaften, Germanistik und Politik an der Universität Marburg. Im Jahr 1970 erfolgte dort seine Promotion über die Bildungspolitik der FDP nach 1945 bei Leonhard Froese zum Dr. phil. Ab 1969 arbeitete er bei der Friedrich-Naumann-Stiftung, zunächst als Leiter des Regionalbüros in Hannover, dann als Referent in der Inlandsabteilung. 1971 wechselte er als persönlicher Referent des Ministers Hanns-Heinz Bielefeld ins Hessische Ministerium des Innern, wo er unter Bielefelds Amtsnachfolger Ekkehard Gries bis zu seinem Einzug in den Landtag das Ministerbüro leitete.
Partei
Gerhardt ist seit 1965 Mitglied der FDP. Zunächst engagierte er sich hochschul- und jugendpolitisch, unter anderem war er 1967/68 Landesvorsitzender des Liberalen Studentenbundes Deutschlands und stellvertretender Landesvorsitzender der Deutschen Jungdemokraten in Hessen. Von 1982 bis 1995 war er Landesvorsitzender der FDP Hessen. Ab 1982 war er Mitglied im FDP-Bundesvorstand. Im Jahr 1985 wurde er zunächst Stellvertretender Vorsitzender, im Jahr 1995 dann als Nachfolger des damaligen Außenministers Klaus Kinkel Bundesvorsitzender der FDP. Dieses Amt behielt er bis zum Mai 2001, als er es nach innerparteilicher Kritik an den bisherigen Generalsekretär Guido Westerwelle abgab.
Anschließend war Gerhardt von 2002 bis 2012 Stellvertretender Präsident der Liberalen Internationale.
Für den Fall einer Regierungsbeteiligung nach der Bundestagswahl 2005 war Wolfgang Gerhardt für das Amt des Bundesaußenministers vorgesehen.[2]
Im Juni 2010 wurde Gerhardt zum Mitglied der Programmkommission gewählt, die bis zum Jahr 2013 ein neues FDP-Programm erarbeiten sollte.[3]
Abgeordneter
Gerhardt war von 1978 bis 1982, von 1983 bis 1987 sowie von 1991 bis 1994 Mitglied des Hessischen Landtages. Hier war er von 1983 bis 1987 und von 1991 bis 1994 Vorsitzender der Landtagsfraktion.
Von 1994 bis 2013 war Gerhardt Mitglied des Deutschen Bundestages. Nach der Bundestagswahl 1998 wurde er am 5. Oktober 1998 als Nachfolger von Hermann Otto Solms zum Vorsitzenden der FDP-Bundestagsfraktion gewählt. Als solcher übernahm Gerhardt mit Antritt der Regierung Merkel am 22. November 2005 den Posten des Oppositionsführers. Am 1. Mai 2006 gab er den Fraktionsvorsitz an den Parteivorsitzenden Guido Westerwelle ab.
Gerhardt zog stets über die Landesliste Hessen in den Deutschen Bundestag ein. Bei der Bundestagswahl 2013 kandidierte er nicht mehr.[4]
Öffentliche Ämter
Am 24. April 1987 wurde Gerhardt Hessischer Minister für Wissenschaft und Kunst, Bevollmächtigter des Landes Hessen beim Bund und zugleich Stellvertreter des Ministerpräsidenten Walter Wallmann. Nachdem die CDU-FDP-Koalition bei der Landtagswahl 1991 ihre Mehrheit eingebüßt hatte, schied er am 5. April 1991 aus der Regierung aus.
Familie
Gerhardt wurde im Jahr 1943 als Sohn eines Berufssoldaten geboren. Sein Vater fiel im Jahr 1944. Er wuchs bei seiner Mutter auf einem Bauernhof auf. Er ist verheiratet und hat zwei Kinder.
Ehrungen
- 2006: Thomas-Dehler-Preis
- 2008: Reinhold-Maier-Medaille
- 2011: Wilhelm-Leuschner-Medaille[5]
Zitate
„Wir müssen aus dem Schlafwagen heraus!“ (Gerhardt über die rot-grüne Reformpolitik auf dem FDP-Bundesparteitag 2005)
„Nicht der Staat gewährt den Bürgern Freiheit, sondern die Bürger dem Staat Einschränkungen ihrer Rechte.“ (am 29. März 2006 im Bundestag/ Anmerkung: Dieses Zitat stammt ursprünglich aus den „Wiesbadener Grundsätzen“ aus dem Jahre 1997)
Veröffentlichungen
- (Hrsg.) Die Kraft der Freiheit. Geschichte, Gegenwart und Zukunft des Liberalismus, Hohenheim-Verlag, Stuttgart [u. a.] 2008, ISBN 978-3-89850-165-1.
- Thomas Dehler im Bundestag, in: Haus der Geschichte der Bundesrepublik Deutschland (Hrsg.): Thomas Dehler und seine Politik, Nicolaische Verlagsbuchhandlung, Berlin 1998, ISBN 3-87584-721-0, S. 83–90.
- Es geht. Wir haben alle Chancen, Edition Ferenczy bei Bruckmann, München 1997, ISBN 3-7654-2883-3.
- Der Euro-DM-Markt. Marktteilnehmer, Zinsbildung und geldpolitische Bedeutung. Eine Untersuchung aus der Sicht der Bundesrepublik Deutschland (= Veröffentlichungen des HWWA-Institut für Wirtschaftsforschung Hamburg), Verlag Weltarchiv, Hamburg 1984, ISBN 3-87895-255-4.
- Die bildungspolitische Diskussion in der FDP von 1945–1951, Universität Marburg 1971 (Dissertation).
Literatur
- Jochen Lengemann: Das Hessen-Parlament 1946–1986. Biographisches Handbuch des Beratenden Landesausschusses, der Verfassungsberatenden Landesversammlung und des Hessischen Landtags (1.–11. Wahlperiode). Hrsg.: Präsident des Hessischen Landtags. Insel-Verlag, Frankfurt am Main 1986, ISBN 3-458-14330-0, S. 263 (hessen.de [PDF; 12,4 MB]).
- Jochen Lengemann: MdL Hessen. 1808–1996. Biographischer Index (= Politische und parlamentarische Geschichte des Landes Hessen. Bd. 14 = Veröffentlichungen der Historischen Kommission für Hessen. Bd. 48, 7). Elwert, Marburg 1996, ISBN 3-7708-1071-6, S. 142–143.
Weblinks
Einzelnachweise
- Karl-Heinz Paqué folgt Wolfgang Gerhardt als Vorsitzender. Friedrich-Naumann-Stiftung für die Freiheit wählt neuen Vorstand. Pressemitteilung vom 9. März 2018. Abgerufen am 11. März 2021.
- Gerhardt soll Außenminister werden, Artikel vom 5. September 2005 auf Spiegel Online.
- Eine Partei beschließt den Wandel: Die FDP blickt kritisch auf den Markt und findet Gefallen am Staat.
- Bundestagswahl 2013 – Gerhardt nicht mehr FDP-Kandidat (Memento vom 6. Februar 2013 im Webarchiv archive.today).
- Wilhelm Leuschner-Medaille für Dr. Wolfgang Gerhardt (Memento vom 24. Mai 2014 im Webarchiv archive.today) vom 1. Dezember 2011.