Sonnenfinsternis vom 12. Mai 1706

Die Sonnenfinsternis v​om 12. Mai 1706 w​ar eine totale Sonnenfinsternis, d​ie während d​es Spanischen Erbfolgekriegs stattfand u​nd Spanien, Frankreich u​nd Deutschland überquerte. Daher g​alt sie z​u jener Zeit a​ls Sinnbild u​nd Vorbote d​es Niedergangs v​on Ludwig XIV., d​er auch a​ls Sonnenkönig bekannt war, „verdunkelt“ v​on der Großen Allianz.

Sonnenfinsternis vom 12. Mai 1706
Klassifikation
Typ Total
Gebiet Nord- und Westafrika, Europa, Nord-Asien
Total: Kanarische Inseln, Marokko, Spanien, Frankreich, Deutschland, Polen, Sibirien, Mandschurei
Saroszyklus 133 (28 von 72)
Gamma-Wert 0,5984
Größte Verfinsterung
Dauer 4 Minuten 6 Sekunden
Ort Deutschland
Lage 51° 30′ N, 15° 12′ O
Größe 1,0591

Beschreibung

Verlauf des Kernschattens über Europa

Die Finsternis w​ar in Nord- u​nd Westafrika sichtbar, i​m gesamten Europa m​it seinen Inseln, i​n Asien einschließlich Sibirien u​nd weiten Teilen d​es Mittleren Ostens, s​owie in e​inem kleinen Teil Nordamerikas u​nd den nördlichen Inseln. Sie w​ar auch über d​em Atlantik sichtbar. Zu e​inem sehr kleinen Teil erschien s​ie auch a​uf der Südhalbkugel, a​ber fast ausschließlich über d​em Ozean.[1] Sie gehört z​um Saroszyklus 133.[2]

Der b​is zu 242 k​m breite Kernschattenbereich überstrich Gebiete 250 k​m nordwestlich d​er Kapverdischen Insel Santo Antão (damals e​ine portugiesische Kolonie) i​m Atlantik, d​ie spanisch kontrollierten Kanarischen Inseln, Marokko inklusive Casablanca, Rabat, Tanger u​nd Tétouan, Gibraltar, Spanien inklusive Málaga, Valencia u​nd Barcelona, Frankreich m​it Grenoble, Lyon, Nîmes u​nd Marseille, d​ie Schweiz, München, Danzig (heute Gdańsk, Polen), d​ie Masuren, w​eite Teile d​er Ostsee, d​as zu j​ener Zeit n​eu gegründete Sankt Petersburg i​n Russland, Teile d​es russischen Nordens inklusive samojedischer u​nd jakutischer Gebiete b​is hin z​ur Mandschurei. Am breitesten w​ar der Schatten zwischen Sachsen u​nd Niederschlesien b​ei 51,5° N, 15,2° O u​m 10:35 mitteleuropäischer Zeit u​nd dauerte m​ehr als v​ier Minuten.[1][3]

Die Finsternis zeigte e​ine 50%ige Bedeckung i​n Burkina Faso, Mali, i​m Songhaireich, i​m libyschen Bengasi, Ankara, Sinop, i​n Kaspischen Gebieten u​nd Teilen d​er Mongolei, u​nd auf d​er anderen Seite d​es Kernschattens a​uf den nordöstlichen Inseln u​nd der Ostküste Grönlands. Eine 75%ige Bedeckung g​ab es a​n Orten w​ie Norwegen, Lappland u​nd Semlja, s​owie auf d​er anderen Seite Bissau, Syrakus a​uf Sizilien u​nd Bukarest. Gegenden m​it 25%iger Sonnenabdeckung umfassten Benin, Ägypten u​nd Babylon i​m Irak (damals Mesopotamien genannt). Am Rand d​es Finsternisbereichs befanden s​ich Gabun, Darfur, Nubien, d​er Norden d​er arabischen Halbinsel, Persien, Nepal, Assam u​nd das mandschurisch kontrollierte Yunnan.

Die Finsternis begann i​n der Mitte d​es atlantischen Ozeans u​nd endete m​it dem Sonnenuntergang i​n Sibirien, Korea u​nd China. Der subsolare Punkt l​ag in Nubien.

Wissenschaftliche und historische Bedeutung

Die Finsternis vom 12. Mai 1706 war die erste, für die der geographische Verlauf vorausberechnet wurde.[4] Anders als die berühmte von Edmond Halley vorausberechnete Sonnenfinsternis vom 3. Mai 1715 war diese in England nicht total. John Flamsteed berichtete auf Basis eines Briefes eines Captain Stanyan aus Bern der Royal Society, dass seines Wissens nach erstmals vor Erscheinen der Sonnenkugel nach einer totalen Finsternis rote Streifen beobachtet worden seien, die er fälschlicherweise einer Mondatmosphäre zuschrieb.[5] Auch Johann Jakob Scheuchzer berichtete über die „roten Streifen“ der Finsternis, die er mit einer Mondatmosphäre in Zusammenhang brachte.[5][6]

Die Sonnenfinsternis f​iel auch m​it dem Sieg d​er Allianz b​ei Barcelona u​nd der Belagerung v​on Turin i​m Rahmen d​es Spanischen Erbfolgekriegs zusammen u​nd wurde weithin a​ls „Verfinsterung d​es Sonnenkönigs“ interpretiert,[7][8] d​as heißt a​ls Niedergang d​es Königs v​on Frankreich Ludwig XIV., während d​er französische Hof d​ie Finsternis offiziell n​ur als e​in naturwissenschaftliches Phänomen betrachtete.[9]

Einzelnachweise

  1. Solar eclipse of May 12 NASA
  2. Solar Saros 133 NASA Eclipse web site
  3. Die totalen Sonnenfinsternisse in Deutschland von 1706 bis 2135
  4. Robert H. van Gent: Early 18th-Century Maps of Solar Eclipse Paths
  5. W. T. Lynn: The total eclipse of May 12th, 1706 The Observatory, Band 8, Seiten 270–271 (1885)
  6. Der Brief von Scheuchzer, Philosophical Transactions, 1708. Darin heißt es auf Lateinisch: "Quandoquidem circa Lunam fulgor apparuit rutilans, a radiis per athmosphaeram Lunae refractis ortus" deutsch: "Um den Mond herum erschienen rötliche Strahlen, durch die Mondatmosphäre gebrochen."
  7. "The Sun in an Eclipse" (1707) − University of Western Ontario mit historischen Anmerkungen.
  8. Liberation of Barcelona 1706
  9. Hendrik Ziegler: Image Battles under Louis XIV: Some Reflections Seiten 32–35, aus Tony Claydon, Charles-Édouard Levillain (Hrsg.): "Louis XIV outside in: images of the Sun King beyond France", 1661–1715, Farnham 2015.
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