Sankt Sebastian (am Rhein)
Sankt Sebastian ist eine Ortsgemeinde im Landkreis Mayen-Koblenz in Rheinland-Pfalz. Sie gehört der Verbandsgemeinde Weißenthurm an.
Wappen | Deutschlandkarte | |
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Basisdaten | ||
Bundesland: | Rheinland-Pfalz | |
Landkreis: | Mayen-Koblenz | |
Verbandsgemeinde: | Weißenthurm | |
Höhe: | 69 m ü. NHN | |
Fläche: | 2,88 km2 | |
Einwohner: | 2647 (31. Dez. 2020)[1] | |
Bevölkerungsdichte: | 919 Einwohner je km2 | |
Postleitzahl: | 56220 | |
Vorwahl: | 0261 | |
Kfz-Kennzeichen: | MYK, MY | |
Gemeindeschlüssel: | 07 1 37 222 | |
Adresse der Verbandsverwaltung: | Kärlicher Str. 4 56575 Weißenthurm | |
Website: | ||
Ortsbürgermeister: | Marco Seidl (SPD) | |
Lage der Ortsgemeinde Sankt Sebastian im Landkreis Mayen-Koblenz | ||
Geographische Lage
Der Ort liegt direkt am westlichen Ufer des Rheins und grenzt im Süden unmittelbar an die Großstadt Koblenz. Sankt Sebastian ist somit recht zentral im Neuwieder Becken gelegen, einer durch den Rhein geschaffenen, weitläufigen Talebene zwischen Eifel und Westerwald.
Ein großer Teil der Fläche ist Trinkwasserschutzgebiet. Daher gibt es keine ortsansässige Industrie, sondern lediglich kleinere Handwerksbetriebe und Einzelhändler. Die Gemeinde profitiert von der Suburbanisierung, hat aber inzwischen, wie viele andere Gemeinden, einen leichten Bevölkerungsrückgang zu verzeichnen.
Zusammen mit den benachbarten Kaltenengers und Urmitz werden die drei Ortschaften zusammen auch die Rheindörfer-Gemeinden genannt.
Geschichte
Der Name des Ortes geht auf den heiligen Sebastian zurück, einen christlichen Märtyrer aus dem 3. Jahrhundert, der Schutzpatron der katholischen Pfarrkirche in Sankt Sebastian ist.
Der Historiker Franz-Josef Heyen datiert die erste urkundliche Erwähnung des Ortes auf das Jahr 1150. In der Gründungsgeschichte der Abtei Rommersdorf wird hierzu berichtet, dass der Abt Heinrich die curtis Engersche trans Rhenum cum ecclesia quae ad ipsam pertinet (das Hofgut Engers jenseits des Rheins mit Kirche, die zu diesem gehört) erworben hat. Dieser Kauf wurde im Zusammenhang eines Besitzstreites in einer Liste des Papstes Viktor IV. am 11. September 1162 urkundlich beglaubigt.
In den folgenden Jahrhunderten kann ein mehrfacher Wechsel des Besitztums nachgewiesen werden. 1329 kauft Ritter Waldpode von Andernach den Ort unter dem Namen Ober-Engersch. 1371 geht der Ort wieder zum Kurstaat Trier über. Im Jahr 1419 zieht Kurfürst Otto von Ziegenhain das Virneburger Lehen samt Bergpflege, darunter auch Sankt Sebastian, unter kurfürstliche Verwaltung ein. 1445 schließlich gelangt St. Sebastian unter die direkte Landeshoheit des Trierer Kurfürsten. Als Name des Ortes wird St. Sebastian-Engers festgeschrieben.
Seit 1410 hatte St. Sebastian ein eigenes Dorfgericht. Nach dem Ende des Dreißigjährigen Krieges wurde ab 1657 im Gemeindehaus Unterricht erteilt. 1660 wurde ein regelmäßiger Fährbetrieb zwischen St. Sebastian und Bendorf aufgenommen.
Im Jahr 1675 wurde das Pfarrhaus St. Sebastian bei einem Brand vernichtet. Erst 1680 ist es wieder neu errichtet, als Name des Ortes gilt nun Sanct Sebastian.
1699 wütet die Pest im nahen Eich (heute ein Stadtteil von Andernach). Um für Erbarmen zu bitten, pilgern gläubige Eicher nach St. Sebastian. Diese sogenannten Eicher Prozessionen existieren als Tradition noch heute.
1780 wurde das erste Schulhaus im Ort neben dem Pfarrhaus errichtet. Auf dem gleichen Grund steht noch heute die Grundschule des Ortes.
Die Orte der späteren Bürgermeisterei St. Sebastian hatten vor der Eroberung des linksrheinischen Raumes durch die französischen Revolutionstruppen im Jahr 1794 zum Erzstift und Kurfürstentum Trier gezählt. Kaltenengers, Kesselheim, St. Sebastian (hieß zu dieser Zeit noch St. Sebastian-Engers), Urmitz und Wallersheim hatten innerhalb des Amtes Bergpflege den 1. Bezirk (I. Parthe) gebildet.
Nach der Einnahme durch die Franzosen im Jahr 1794 annektiert Frankreich 1797 zusammen mit den linksrheinischen Gebieten Kurtriers auch St. Sebastian. Einhergehend mit der Säkularisation der geistlichen Fürstentümer wird die Abtei Rommersdorf aufgelöst. Es entstand 1800 die 'Marie St. Sebastian' (Bürgermeisterei nach franz. Vorbild) mit den Ortschaften Kaltenengers, Kesselheim, St. Sebastian, Urmitz und Wallersheim. Ab 1804 müssen die Kinder, unter dem Druck der Besatzung, in der Schule Französisch lernen. St. Sebastian gehörte fortan zum Arrondissement Koblenz im Rhein-Mosel-Departement.
1813 beginnen dann die Befreiungskriege gegen die Herrschaft Napoleons. Am 1. Januar 1814 rückt der preußische Generalfeldmarschall Blücher mit seinem schlesischen Heer über den Mittelrhein gegen die Franzosen vor und erzwingt den Rückzug der Franzosen. Als Folge der Neuordnung Europas durch den Wiener Kongress erhalten die Preußen unter anderem wesentliche Teile Kurtriers und errichten somit ihre Vormachtstellung am Rhein. St. Sebastian kommt unter preußische Verwaltung, bildet ab 1814 im Landkreis Koblenz die Bürgermeisterei Sankt Sebastian mit den Ortschaften der ehem. Marie St. Sebastian. 1822 wurde die Rheinprovinz mit Sitz in Koblenz gebildet.
Am 15. Mai 1857 fielen die Gemeinden Neuendorf und Moselweiß an die Bürgermeisterei St. Sebastian, als sich die Stadt Koblenz vom Landkreis Koblenz trennte. Die Bürgermeisterei St. Sebastian hatte ihren Sitz zunächst in Kesselheim, im Jahr 1856 wurde er nach Wallersheim verlegt. Das Geschäftslokal der Bürgermeisterei St. Sebastian befand sich im Jahr 1877 in Koblenz, Friedrichstraße 20. Im Jahr 1878 wurde auch Metternich mit der Bürgermeisterei St. Sebastian vereinigt.
Eine Vereinigung der Bürgermeistereien Rhens und St. Sebastian fand im Jahr 1879 statt. Seit dem 1. April 1879 gehörten die Gemeinden Kapellen, Kesselheim, Metternich, Moselweiß, Neuendorf, Rhens, St. Sebastian, Waldesch und Wallersheim zur Bürgermeisterei Koblenz-Land.
Der Verwaltungssitz der neuen Bürgermeisterei Koblenz-Land befand sich bis 1897 in Koblenz und wurde danach wieder nach Koblenz-Lützel zurückverlegt, wo bereits 1876/77 der gemeinsame Amtssitz der Bürgermeistereien Rhens und St. Sebastian gewesen war. Moselweiß wurde 1902, Wallersheim 1923 in die Stadt Koblenz eingemeindet. Zum 30. Juni 1937 wurde das Amt Koblenz-Land (Umbenennung von 'Bürgermeisterei' in 'Amt' erfolgte 1927) aufgelöst. Kesselheim und St. Sebastian kamen zum Amt Weißenthurm (Umbenennung der 'Bürgermeisterei Bassenheim zu Weißenthurm' in 'Amt Bassenheim zu Weißenthurm' erfolgte 1927, 1935 erfolgte wiederum die Umbenennung in 'Amt Weißenthurm').
Ab 1946 war das 'Amt Weißenthurm', zu dem St. Sebastian gehörte, Teil des neu gegründeten Landes Rheinland-Pfalz. Am 1. Oktober 1968 wurde im Zuge der großen Gemeindereform (territoriale Gebietsreform von 1968 bis 1970) das 'Amt Weißenthurm' in die 'Verbandsgemeinde Weißenthurm' umgewandelt, deren Teil nun St. Sebastian als Ortsgemeinde wurde. Zum 7. Juni 1969 wurde die Gemeinde und Kesselheim aufgelöst und zusammen mit Teilen von St. Sebastian in die Stadt Koblenz eingemeindet. Das ist u. a. der Grund, warum noch heute südlich der Autobahn A48 unmittelbar am Ortsrand die Stadtgrenze von Koblenz verläuft und der Schützenplatz 'Am Damm' auf Koblenzer Stadtgebiet liegt.
Mit dem Abschluss der Gebietsreform wechselte St. Sebastian vom alten Landkreise Koblenz am 7. November 1970 entstandenen neuen Landkreis Mayen-Koblenz.
Im Zuge der Industrialisierung erhält auch St. Sebastian Anschluss an moderne Errungenschaften: Seit 1913 fährt die erste Motorfähre zwischen St. Sebastian und Bendorf und seit 1918 gibt es elektrisches Licht im Ort. Im Jahr 1927 gibt es das erste Leitungswasser in St. Sebastian. Die Qualität des Grundwassers ist derart hoch, dass große Teile der Gemarkungsflächen noch heute Trinkwasserschutzgebiet sind. Aus den Brunnen in der Gemarkung St. Sebastian wird das Wasser bis in den Hunsrück (ehem. Wasserversorgung Rheinhöhen mit Wasserwerk St. Sebastian seit 1972, heute RheinHunsrück Wasser) und in die Region Koblenz (Wasserwerk Koblenz/Weißenthurm) gepumpt.
Das Vereinsleben im Ort befand sich seit Mitte des 19. Jahrhunderts im steten Aufbau. Bereits 1863 wird die Schützenbruderschaft gegründet und tritt dem Rheinischen Schützenbund bei. Die Gründung des Männer-Gesangvereins MGV 1882 St. Sebastian wird mit 1882 datiert; die Kirmesgesellschaft St. Sebastian entsteht 1904. Im Jahr 1919 entsteht ein Fußballverein, 1920 ein Turnverein, die sich 1932 zum Turn- und Sportverein St. Sebastian 1919 zusammenschließen. Die Freiwillige Feuerwehr entsteht 1927. 1953 gründen sich unabhängig voneinander der Musikverein St. Sebastian und die Katholische Frauengemeinschaft. Alle diese Vereine sind noch heute aktiv und ein wesentlicher Bestandteil des Dorflebens. Seit 1971 besteht zudem eine Partnerschaft mit der Gemeinde Breitenbach am Inn in Österreich.
Der Fährbetrieb zwischen St. Sebastian und Bendorf wird 1962 eingestellt. In den folgenden Jahren erfährt das Ortsbild noch viele Veränderungen, z. B.: 1970 zieht der katholische Kindergarten in sein neues Gebäude, 1976 wird die Volksschule in eine Grundschule umgewandelt, die 1992 renoviert und erweitert wird. Seit 1988 bereichert der Brunnenplatz am Mülheimer Weg das Dorfleben, seit 1996 folgt der zweite Brunnenplatz mit Anlage an der Bendorfer Brücke. Ab 1997 fungiert die neue Sport- und Mehrzweckhalle als zentrale Lokalität für die kulturellen Veranstaltungen des Ortes. Nach der Erschließung einer Reihe von Neubaugebieten bestimmen heute neuere Ein- und Mehrfamilienhäuser den Charakter des ehemals landwirtschaftlich geprägten Ortes, während im Ortskern nahe der Dorfkirche nur noch wenige Höfe und Fachwerkhäuser zu sehen sind.
Im Jahr 2000 feierte die Ortsgemeinde St. Sebastian ihr 850-jähriges Jubiläum.
Politik
Gemeinderat
Der Gemeinderat in Sankt Sebastian besteht aus 20 Ratsmitgliedern, die bei der Kommunalwahl am 26. Mai 2019 in einer personalisierten Verhältniswahl gewählt wurden, und dem ehrenamtlichen Ortsbürgermeister als Vorsitzendem. In der Wahlzeit nach 2009 bestand der Gemeinderat aus 16 Ratsmitgliedern.
Die Sitzverteilung im Gemeinderat:[2]
Wahl | SPD | CDU | FWG | WFS | Gesamt |
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2019 | 3 | 8 | 3 | 6 | 20 Sitze |
2014 | 7 | 5 | 2 | 6 | 20 Sitze |
2009 | 9 | 4 | 3 | – | 16 Sitze |
2004 | 9 | 8 | 3 | – | 20 Sitze |
- FWG = Freie Wählergruppe St. Sebastian e. V.
- WFS = Wählergruppe „Wir für St. Sebastian“ e. V.
Bürgermeister
Ortsbürgermeister von Sankt Sebastian ist Marco Seidl (SPD). Bei der Direktwahl am 26. Mai 2019 wurde er mit einem Stimmenanteil von 67,68 % bestätigt.[3] Am 8. Juni 2014 war erstmals gewählt worden. Dabei war eine Stichwahl erforderlich, in der er 51,29 % der Stimmen erhielt. Er löste Martina Ehrlich in diesem Amt ab.
Wappen und Fahne
Mit der Genehmigung vom 16. August 1935 wurde Sankt Sebastian gemäß der damaligen Deutschen Gemeindeordnung das Recht zur Führung eines Gemeindewappens verliehen. Die damalige Blasonierung des Wappens wurde wie folgt beschrieben:
Blasonierung: „Das Wappen gehört zu den Dreieckswappen. Es ist gespalten von Silber (Weiß) mit einem durchgehenden, roten, lateinischen Balkenkreuz und von schwarz mit zwei diagonal gekreuzten Pfeilen in Silber (Weiß), welche mit Widerhaken und Fiederung bestückt sind. Die Balken des Kreuzes kreuzen sich in der Mitte des Längsbalkens. Der Schnittpunkt der Pfeile liegt auf Höhe der waagerechten Mittellinie des Kreuzquerbalkens.“ | |
Wappenbegründung: Das rote Kreuz steht für das Kurfürstentum Trier, zu dem Sankt Sebastian bis zum Ende des 18. Jahrhunderts landesherrlich gehörte. Die Pfeile zeigen die Verbundenheit mit dem Heiligen Sebastian, welcher Namensgeber des Ortes und Schutzpatron der katholischen Pfarrkirche ist. |
Seit dem 1. Mai 1989 führt St. Sebastian auch eine eigene Fahne. Diese besteht aus einem rechteckigen Tuch, das der Länge nach in eine rote und eine weiße Hälfte aufgeteilt ist. Zentral in dessen Mitte befindet sich das Gemeindewappen derart, dass der weiße Grund mit dem Kreuz ganz auf der roten und der schwarze Grund mit den Pfeilen ganz auf der weißen Seite liegen.[4]
Bildungseinrichtungen
- Katholische Kita St. Elisabeth
- Lindenbaum-Grundschule St. Sebastian
Siehe auch
Literatur
- Richard Jung: Heimatbuch St. Sebastian. Ortsgemeinde St. Sebastian, St. Sebastian 2000, OCLC 163848014.
- Franz-Josef Heyen: Expertise zum Alter des Ortes Sankt Sebastian. (Memento vom 30. August 2005 im Internet Archive)
Weblinks
Einzelnachweise
- Statistisches Landesamt Rheinland-Pfalz – Bevölkerungsstand 2020, Kreise, Gemeinden, Verbandsgemeinden (Hilfe dazu).
- Der Landeswahlleiter Rheinland-Pfalz: Kommunalwahl 2019, Stadt- und Gemeinderatswahlen
- Der Landeswahlleiter Rheinland-Pfalz: Direktwahlen 2019. siehe Weißenthurm, Verbandsgemeinde, fünfte Ergebniszeile. Abgerufen am 10. November 2019.
- St. Sebastian stellt sich vor. Flaggen als Symbol des Gemeinschaftssinnes. (Nicht mehr online verfügbar.) 2009, S. 2, archiviert vom Original am 4. Mai 2014; abgerufen am 4. Mai 2014.
Landeshauptarchiv Koblenz, Beständedatenbak APERTUS: Bestand 655,069, Archiv der Bürgermeistereien Rhens und St. Sebastian