Samarqand
Samarqand, deutsch Samarkand[2] (usbekisch-kyrillisch und tadschikisch Самарқанд, persisch سمرقند, DMG Samarqand; russisch Самарканд Samarkand; sogdisch für „steinerne Stadt“), ist eine Stadt in Usbekistan mit 353.347 Einwohnern (Stand 1. Januar 2008) und Hauptstadt der Provinz Samarqand.
Samarqand Самарқанд | |||
Der Registanplatz in Samarqand | |||
Basisdaten | |||
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Staat: | Usbekistan | ||
Provinz: | Samarqand | ||
Koordinaten: | 39° 39′ N, 66° 58′ O | ||
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Höhe: | 702 m | ||
Einwohner: | 353.347 (2008) | ||
Agglomeration: | 507.570 (2008) | ||
Telefonvorwahl: | (+998) 662 | ||
Postleitzahl: | 140100 – 140161[1] | ||
Kfz-Kennzeichen: | 30-39 |
Geographie
Geografische Lage
Samarqand liegt auf einer Hochebene in 720 Metern Höhe. Das Gebiet um die Stadt gehört zur Flussoase des Serafschan, der von Tadschikistan kommend die Stadt nördlich umfließt. Die nächste Stadt flussaufwärts jenseits der Grenze, Pandschakent, ist 62 Kilometer entfernt. Im Südosten beginnen in gut 20 Kilometern Entfernung die Ausläufer der Serafschankette, die eine natürliche Grenze zur Provinz Qashqadaryo bildet.
Klima
Monatliche Durchschnittstemperaturen und -niederschläge für Samarqand
Quelle: [3] |
Bevölkerung
Die meisten Einwohner der Stadt sprechen als Muttersprache Tadschikisch, die zentralasiatische Form des Persischen.
Bevölkerungsentwicklung der Agglomeration laut UN
Jahr | Einwohnerzahl[4] |
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1950 | 168.000 |
1960 | 205.000 |
1970 | 275.000 |
1980 | 460.000 |
1990 | 376.000 |
2000 | 361.000 |
2010 | 452.000 |
2017 | 539.000 |
Geschichte
Afrasiab, Vorläuferort von Samarkand, wurde etwa 750 v. Chr. in der fruchtbaren Ebene des Serafschan als Oasenstadt gegründet. Im Achämenidenreich war es die Hauptstadt der Provinz Sogdien. Durch den Handel mit den nördlichen und östlichen Regionen und seiner Lage an der Seidenstraße ist es zu Wohlstand gekommen. 329 v. Chr. wurde die den antiken Griechen unter dem Namen Marakanda (griech.: Μαράκανδα) bekannte Stadt durch Alexander den Großen erobert. 712 n. Chr. fiel sie an die Araber, die den Stadtherrn Ghurak im Amt bestätigten; er sollte sich 731 noch einmal gegen die Araber erheben, die die Stadt einige Zeit später aber wieder unter ihre Kontrolle brachten. Samarkand wurde in der Folgezeit ein geistiger Mittelpunkt des islamischen Ostens. Ab dem 9. Jahrhundert kam sie u. a. unter die Herrschaft der Samaniden, Seldschuken und Choresm-Schahs, 1220 wurde sie durch die Truppen Dschingis Khans erobert und zerstört. 1230 lebte noch ein Viertel der vorherigen Einwohner, die meisten verarmt.[5] Unter Qaidu Khan und dem Verwalter Masud Beg konnte sich die Stadt zum Ende des 13. Jahrhunderts wieder erholen.
Im 14. Jahrhundert wurde die Stadt unter dem Namen „Samarkand“ wieder neu aufgebaut, aber nicht an der alten Stelle, sondern etwa 1 km südwestlich des alten Siedlungshügels. Der mongolische Herrscher Timur machte Samarkand 1369 zur Hauptstadt seines Großreichs, siedelte hier 150.000 Menschen, namentlich Seidenweber und Waffenschmiede, an und baute die Stadt zu einer der schönsten und bedeutendsten Metropolen seiner Zeit aus[6]. Ungefähr 1407 bis 1448 herrschte Ulugh Beg, der die Wissenschaften und insbesondere die Astronomie förderte; das Regieren stand bei ihm nicht in Vordergrund.
1469–1494 herrschte der Timuride Ahmad Mirza in Samarkand; unter ihm wurde Mohammed Scheibani Söldnerführer, wechselte in den Dienst des Tschagatai-Khans, bis er im letzten Jahrzehnt des 15. Jahrhunderts die verstreuten usbekischen Stämme sammelte, 1500 Buchara und Samarkand von den Timuriden eroberte und das Usbeken-Khanat neu errichtete. Kurz konnte der Timuride Babur Samarkand in einem Handstreich zurückerobern, aber nicht halten. Samarkand wurde Hauptstadt des neuen Usbeken-Khanats. Zum Zeitpunkt des Todes Scheibanis 1510 regierte in der Stadt sein Sohn Muhammad Temür als Sultan.
Der Timuride Babur rückte 1511/12 mit persischer Hilfe nach Buchara und Samarkand vor, wurde jedoch zurückgeschlagen. Im zweiten Viertel des 16. Jahrhunderts wurde die Hauptstadt nach Buchara verlegt, Samarkand wurde Provinzstadt und es begannen Jahre des Niedergangs. Im 16. Jahrhundert zählte die Stadt bis zu 100.000 Einwohner, die meisten lebten vom Handwerk, hier war die Arbeitsteilung weit fortgeschritten. Ein Verzeichnis enthielt 130 "Gewerke". Die Betriebe waren sehr klein, nur selten, wie in der Papierherstellung, arbeiteten bis zu 20 Personen in einem Betrieb. Die Werkstatt diente gleichzeitig als Laden[7]. 1598 drang der kasachische Khan Tawakkul bis nach Samarkand und Buchara vor.
Um 1700 entglitt dem Khanat Buchara die Macht. Ab 1710 verbündeten sich die Keneges und Kitai-Kiptschaken und riefen in Samarkand einen Gegenkhan aus. In den Folgejahren und insbesondere um 1723 flüchteten große Gruppen von Kasachen vor den Dschungaren nach Buchara und Samarkand. Sie verbündeten sich mit verschiedenen usbekischen Gruppierungen und es kam zu vielen Auseinandersetzungen. Samarkand war 1730 stark verwüstet.[8]
Im Juli/September 1740 eroberten die Perser unter Nader Schah das Khanat und besetzten auch Samarkand.
1868 kam die Stadt offiziell unter russische Herrschaft. Sie wurde Hauptstadt einer Provinz innerhalb des Generalgouvernements Turkestan, aus dem 1918 die Turkestanische ASSR wurde. 1925 wurde sie zur ersten Hauptstadt der neu geschaffenen Usbekischen SSR, verlor diese Funktion jedoch 1930 an Taschkent. Seit 1991 gehört die Stadt zur unabhängigen Republik Usbekistan, deren viertgrößte Stadt sie ist. Darüber hinaus ist sie Verwaltungszentrum der gleichnamigen Region.
Wirtschaft
In Samarqand ist unter staatlicher Leitung die Automobilindustrie angesiedelt. So existieren hier die Joint Ventures SamAuto und MAN AUTO-Uzbekistan.
Verkehr
Luftverkehr
Nördlich der Stadt liegt der internationale Flughafen Samarqand.
Schienenverkehr
Die Stadt hat über ihren Bahnhof Anschluss an die Transkaspische Eisenbahn zwischen Turkmenistan und Taschkent.
Seit März 2017 gibt es in Samarqand wieder eine Straßenbahn. Eine 6,4 km lange Strecke führt vom Hauptbahnhof in den Stadtteil Sat-Tepo. Es werden 18 einteilige Straßenbahnen des Typs Vario LF ohne Beiwagen eingesetzt. Sie wurden von Pragoimex gebaut und waren bis Mai 2016 in Taschkent im Einsatz. Eine weitere, 5 km lange Strecke vom Bahnhof zum städtischen Basar (Siyob bozor) ist im Bau.[9] Zuvor gab es bereits von November 1924 bis 1930 eine Dampfstraßenbahn sowie von Mai 1947 bis August 1973 eine elektrische Straßenbahn.
Straßenverkehr
In Samarqand enden die M37, die nach Turkmenistan führt, die A377 nach Tadschikistan sowie die A378 nach Qarshi. Durch die Stadt verläuft die M39 von Termiz über Taschkent zur Grenze mit Kasachstan.
Der 1957 aufgenommene Oberleitungsbusverkehr wurde eingestellt.
Stadtbild und Architektur
Welterbe
Die Innenstadt wurde 2001 von der UNESCO unter dem Titel Samarkand – Schnittpunkt der Kulturen als Weltkulturerbestätte in die Liste des UNESCO-Welterbes aufgenommen, unter anderem da Architektur und Stadtbild Meisterwerke islamischer kultureller Kreativität darstellen und Kunst, Architektur sowie Stadtstruktur die wichtigsten Epochen zentralasiatischer kultureller und politischer Geschichte illustrieren.[10]
Sehenswürdigkeiten
In Samarqand finden sich einige bedeutende Zeugnisse islamischer Architektur, darunter
- die Bibi-Chanum-Moschee
- der Registanplatz mit den angrenzenden Madrasas:
- Ulugbek-Madrasa (1417–1420)
- Sher-Dor-Madrasa (1619–1636)
- Tilya-Kori-Madrasa (1646–1660)
- das Museum und die Ausgrabungen von Afrasiab
- das Gur-Emir-Mausoleum
- das Shohizinda-Ensemble
- das Chodscha-Doniyor-Mausoleum
- Ulug Begs Observatorium und Gedenkstätte
- das Hodscha-Abd-ad-Darun-Mausoleum
- die Hügelgruppe Čopan ata
- das Sadriddin-Aini-Museum
Sport
Fußballverein der Stadt ist FK Dinamo Samarkand, der seine Heimspiele in der höchsten usbekischen Liga im 12.500 Zuschauer fassenden Stadion austrägt. Jährlich findet seit 1996 das Tennisturnier Samarqand Challenger statt.
Persönlichkeiten
Söhne und Töchter der Stadt
- Al-Buchārī (810–870), islamischer Gelehrter
- Abū Mansūr al-Māturīdī (893–941), Begründer der sogenannten Maturidiyya-Theologie
- Nezāmi-je Aruzi oder Niẓāmī ʿArūḍī (um 1100), persischer Dichter
- ʿAlāʾ ad-Dīn ʿAlī ibn Muhammad al-Quschdschī (1403–1474), Astronom, Mathematiker und Theologe
- Omar Chajjam (1048–1131), Dichter und Wissenschaftler
- Timur (1336–1405), zentralasiatischer Eroberer
- Gabriel El-Registan (1899–1945), sowjetisch-armenischer Dichter
- Aminollah Hossein (1905–1983), Komponist
- Alexei Adschubei (1924–1993), sowjetischer Journalist, Publizist und Politiker
- Halyna Sewruk (1929–2022), ukrainische Künstlerin
- Islom Karimov (1938–2016), von 1991 bis zu seinem Tode Staatspräsident Usbekistans
- Refat Tschubarow (* 1957), ukrainisch-krimtatarischer Politiker und Archivar
- Yulduz Usmonova (* 1963), Sängerin
- Alexei Barsov (* 1966), Schachmeister
- Shuhrat Safin (1970–2009), Schachgroßmeister
- Marsel İlhan (* 1987), türkischer Tennisspieler usbekischer Herkunft
- Aleksandra Kotlyarova (* 1988), Leichtathletin
- Ruslan Kurbanov (* 1993), Dreispringer
Ehrenbürger
- 2001 – Volker Jung, deutscher Ingenieur
Städtepartnerschaften
Siehe auch
Literatur
- Yuri Bregel: An Historical Atlas of Central Asia. Brill, Leiden 2003, ISBN 90-04-12321-0. Seite 82f mit Tafel 41 Stadtplan von Samarkand im 19. Jahrhundert.
- Amin Maalouf: Samarkand. Roman. Editions Jean-Claude Lattès, Paris 1988 (deutschsprachige Ausgabe: Droemersche Verlagsanstalt Th. Knaur Nachf., München 1990, ISBN 3-426-03257-0)
- Uta Lindgren: Clavijos Reise nach Samarkand 1403-1406: Aus dem Altkastilischen übersetzt und mit Einleitung und Erläuterungen versehen. Universität München Inst. f. Gesch. d. Naturwiss., 2005. ISBN 978-3-89241-009-6
- Detlev Quintern: Cosmopolitism, Scientific Discoveries, and Technological Inventions along the Ancient Silk Road. The Role of Samarkand and Bukhara. (PDF; 4,6 MB) In: Hochschule Bremen – Institute for Transport and Development, Annual Report 2011/2012. Hans-Heinrich Bass und Hans-Martin Niemeier, S. 94–99 .
- Jürgen Paul: Zentralasien. Frankfurt am Main 2012 (Neue Fischer Weltgeschichte, Band 10).
Weblinks
- Eintrag auf der Website des Welterbezentrums der UNESCO (englisch und französisch).
Einzelnachweise
- Postleitzahl PLZ Samarkand, Usbekistan – GeoPostcodes. Abgerufen am 2. August 2018.
- Duden, 25. Auflage, S. 924.
- WMO
- World Urbanization Prospects – Population Division – United Nations. Abgerufen am 23. Juli 2018.
- Jürgen Paul: Zentralasien. S. Fischer, Frankfurt am Main 2012 (Neue Fischer Weltgeschichte, Band 10), S. 289.
- Jürgen Paul: Zentralasien. 2012, S. 292
- Jürgen Paul: Zentralasien. 2012, S. 312f
- Jürgen Paul: Zentralasien. 2012, S. 358
- Trams run in Samarkand. metro-report.com vom 31. März 2017; abgerufen am 19. April 2017
- UNESCO-Welterbeliste (abgerufen am 20. Juli 2011)
- Asociation de Agencias de Turismo del Cusco: Ciudades hermanas
- Website of Xi'an Municipal People’s Government: Sister Cities (Memento des Originals vom 24. Oktober 2016 im Internet Archive) Info: Der Archivlink wurde automatisch eingesetzt und noch nicht geprüft. Bitte prüfe Original- und Archivlink gemäß Anleitung und entferne dann diesen Hinweis. (englisch)