Richard Riemerschmid

Richard Riemerschmid (* 20. Juni 1868 i​n München; † 13. April 1957 ebenda) w​ar ein deutscher Architekt, Designer, Hochschullehrer u​nd zählt z​u den bedeutenden Künstlern d​es Jugendstils.

Richard Riemerschmid

Leben

Villa Fischel in Kiel (1905)
Treppenhaus der Villa Fischel (1905)
Speiseteller aus dem Meißner PorzellanserviceBlaue Rispe“, 1903–1905[1]

Riemerschmid w​ar ein Enkel v​on Anton Riemerschmid, besuchte n​ach dem Abitur 1886 a​m Wilhelmsgymnasium München[2] 1887–1889 u​nter Gabriel Hackl u​nd Ludwig v​on Löfftz d​ie Münchner Kunstakademie u​nd arbeitete danach a​ls freischaffender Künstler u​nd Architekt.

Er entwarf i​m Auftrag d​es Kölner Schokoladenproduzenten Ludwig Stollwerck Sammelbilder für Stollwerck-Sammelalben, u. a. d​ie Serie „Jahreszeiten“ für d​as Stollwerck-Sammelalbum No. 4 v​on 1899.[3]

Er w​ar 1897 Mitbegründer d​er Vereinigten Werkstätten für Kunst i​m Handwerk u​nd 1907 d​es Deutschen Werkbunds.

Er s​chuf einen Entwurf für d​en Innenausbau d​er Münchner Kammerspiele (1900/1901) u​nd einen Bebauungsplan d​er Gartenstadt Hellerau b​ei Dresden.

Auf Initiative v​on Karl Schmidt-Hellerau entwarf Riemerschmid a​b 1902 mehrere Ausstattungen für Schiffe d​er Kaiserlichen Marine, beispielsweise d​er Kreuzer SMS Prinz Adalbert u​nd SMS Berlin. Diese Innenausstattungen wurden v​on den Deutschen Werkstätten für Handwerkskunst i​n Dresden-Hellerau hergestellt. Daneben erarbeitete e​r mit Joseph Maria Olbrich u​nd mit seinem Freund u​nd Kollegen Bruno Paul d​ie Inneneinrichtung u​nd Ausstattung d​es 1906 v​om Stapel gelaufenen Doppelschrauben-Schnellpostdampfers Kronprinzessin Cecilie, d​as damals z​u den ehrgeizigsten u​nd erfolgreichsten deutschen Passagierschiffprojekten zählte.[4]

Von 1912 b​is 1924 leitete e​r die Kunstgewerbeschule München. Er w​ar der bauliche u​nd künstlerische Leiter d​er Deutschen Gewerbeschau München 1922 u​nd wurde zuletzt z​um Geheimen Regierungsrat ernannt.

1926 b​is 1931 wirkte e​r als Direktor d​er Kölner Werkschulen, a​n denen u. a. Joseph Mader, Fritz Müller, Alfred Will u​nd Max Wendl s​eine Schüler waren. Riemerschmid g​ing 1931 a​ls Pensionär n​ach München.

Riemerschmid, Wegbereiter d​er modernen Bewegung „Kunst u​nd Handwerk“, gestaltete – beeinflusst v​om englischen Arts a​nd Crafts Movement Möbel, Tapeten, Stoffe u​nd Glasobjekte. Für Meißen u​nd die Porzellanfabrik Edelstein entwarf e​r Porzellan.

Riemerschmid heiratete 1895 d​ie Schauspielerin Ida Hofmann (1873–1963)[5].

  • Sohn Helmut Riemerschmid (1896–1918) diente als Soldat im Ersten Weltkrieg und fiel am 15. Juli 1918 in Frankreich.
  • Sohn Gerhart Riemerschmid (1911–1939) arbeitete als Arzt in München. Er starb am 9. September 1939 als Soldat während des Überfalls auf Polen. Der Isartalverein errichtete 1941 im sog. Riemerschmid-Park zwischen Icking und Wolfratshausen einen heute noch existierenden Gedenkstein für die Brüder Helmut und Gerhart Riemerschmid.[6]
  • Tochter Ilse Riemerschmid (1897–1982)[7] war Ärztin.[8] Sie heiratete den Mediziner Heinrich Pfleiderer (1900–1973), der ab 1941 als Direktor und Professor des Institutes für Bioklimatologie und Meeresheilkunde der Universität Kiel auf Sylt arbeitete und auch Präsident der Deutschen Gesellschaft für Balneologie, Bioklimatologie und Physikalische Therapie war.
  • Tochter Gertrud Riemerschmid (1902–1946) arbeitete als wissenschaftliche Mitarbeiterin der Tierärztlichen Hochschule in Pretoria (Südafrika) und als Assistentin am Physikalisch-Therapeutischen Institut der Universität Jena. Sie verstarb 1946 in Pretoria.

Richard Riemerschmids Grab befindet s​ich auf d​em Friedhof v​on Gräfelfing (Abtlg. O-V-76) i​m Landkreis München.[9][10]

Auszeichnungen

Bauten und Inneneinrichtungen (Auswahl)

„Einfaches Zimmer“ von Riemerschmidt auf der Dritten deutschen Kunstgewerbe-Ausstellung Dresden 1906

Galerie

Schriften

  • Künstlerische Erziehungsfragen. München 1917.
  • Zur Frage des Zeitstils. In: Die Form, Jg. 1, 1922, Heft 1, S. 8–12 (Digitalisat).
  • Der Einfluss der Grossindustrie auf die Formung unserer Zeit. In: Die Form, Jg. 1, 1925/26, Heft 11, S. 229–234 (Digitalisat).

Ausstellungen

  • 1982: Richard Riemerschmid. Vom Jugendstil zum Werkbund. Stadtmuseum München (weitere Stationen der Ausstellung in Nürnberg und Köln)

Bildnisse

  • Porträt (1953) von Charles Crodel, Reproduktion in: Heinz Thiersch (Hrsg.): Wir fingen einfach an. Arbeiten und Aufsätze von Freunden und Schülern um Richard Riemerschmid zum 85. Geburtstag. München 1953, Abb. S. 7.

Nachlass

Der schriftliche Nachlass k​am 1973 i​n das Deutsche Kunstarchiv i​m Germanischen Nationalmuseums i​n Nürnberg.

Filme

Literatur

  • Heinz Thiersch (Hrsg.): Wir fingen einfach an. Arbeiten und Aufsätze von Freunden und Schülern um Richard Riemerschmid zu dessen 85. Geburtstag. Richard Pflaum, München 1953.
  • Winfried Nerdinger (Hrsg.): Richard Riemerschmid. Vom Jugendstil zum Werkbund. Werke und Dokumente. Prestel, München 1982.
  • Claus Pese: Mehr als nur Kunst. Das Archiv für Bildende Kunst im Germanischen Nationalmuseum. (= Kulturgeschichtliche Spaziergänge im Germanischen Nationalmuseum, Band 2.) Verlag Hatje-Cantz, Ostfildern-Ruit 1998, S. 104–107.
  • Antonia Gruhn-Zimmermann: Riemerschmid, Richard. In: Neue Deutsche Biographie (NDB). Band 21, Duncker & Humblot, Berlin 2003, ISBN 3-428-11202-4, S. 598 f. (Digitalisat).
  • Maria Wüllenkemper: Richard Riemerschmid (1868–1957). Nicht die Kunst schafft den Stil, das Leben schafft ihn. (= Regensburger Studien zur Kunstgeschichte, Band 6.) Schnell & Steiner, Regensburg 2009, ISBN 978-3-7954-2095-6.
  • Thomas Nitschke: Die Geschichte der Gartenstadt Hellerau. Hellerau-Verlag, Dresden 2009, ISBN 978-3-938122-17-4.
  • Petra Krutisch (Hrsg.): Richard Riemerschmid: Möbelgeschichten; Ausstellung im Germanischen Nationalmuseum, Nürnberg vom 21. Juni 2018 bis 6. Januar 2019. Verlag des Germanischen Nationalmuseums, Nürnberg 2018, ISBN 978-3-946217-13-8. ----
Commons: Richard Riemerschmid – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien

Einzelnachweise

  1. Johannes Just: Meissener Jugendstil Porzellan. Edition Leipzig, Leipzig 1983, ISBN 3-570-09020-5.
  2. Jahresbericht vom K. Wilhelms-Gymnasium zu München. ZDB-ID 12448436, 1885/86.
  3. Detlef Lorenz: Reklamekunst um 1900. Künstlerlexikon für Sammelbilder. Reimer, Berlin 2000.
  4. Eberhard Mertens (Hrsg.): Die Lloyd-Schnelldampfer. Kaiser Wilhelm der Große, Kronprinz Wilhelm, Kaiser Wilhelm II., Kronprinzessin Cecilie. Olms Presse, Hildesheim 1975, ISBN 3-487-08110-5, S. 14.
  5. Schauspielerin Ehefrau Ida Riemerschmid (1873–1963) geborene Hofmann
  6. Gedenkstein an die in den Weltkriegen gestorbenen Brüder Helmut und Gerhart Riemerschmid im Isartal München
  7. Richard Riemerschmid mit seinen Kindern Helmut und Ilse im Garten. Eintrag im Digitalen Porträtarchiv, herausgegeben vom Deutschen Kunstarchiv im Germanischen Nationalmuseum (abgerufen am 12. Juni 2017).
  8. Familienverband Pfleiderer (Hrsg.): Das Pfleiderer-Buch. Die Stammfolger der Pfleiderer. 2010 (Erstausgabe: Stuttgart, 1937). ISBN 978-1-4457-1057-0.
  9. Gerd Otto-Rieke: Gräber in Bayern. München 2000, S. 9.
  10. knerger.de: Das Grab von Richard Riemerschmid
  11. Auf Betreiben von Albert Speer am 20. Juli 1943 mit der Goethe-Medaille für Kunst und Wissenschaft ausgezeichnet, nach Ernst Klee: Das Kulturlexikon zum Dritten Reich. Wer war was vor und nach 1945. S. Fischer, Frankfurt am Main 2007, ISBN 978-3-10-039326-5, S. 486.
  12. Eduard Prüssen (Linolschnitte), Werner Schäfke und Günter Henne (Texte): Kölner Köpfe. 1. Auflage. Univ.- und Stadtbibliothek, Köln 2010, ISBN 978-3-931596-53-8, S. 54.
  13. Hermann Muthesius: Landhaus und Garten Bruckmann, München 1907.
  14. Walter Riezler: „Neue Arbeiten von Richard Riemerschmid.“ In: Deutsche Kunst und Dekoration, 22. Jahrgang 1908, S. 164–189
  15. Moritz von Bredow: Rebellische Pianistin. Das Leben der Grete Sultan zwischen Berlin und New York. Schott Music, Mainz 2012, ISBN 978-3-7957-0800-9. (Biografie der Pianistin Grete Sultan, die ihre Kindheit in der Villa verbrachte; hervorragende Abbildung dieses Gebäudes und Details zu seiner Entstehung).
  16. sueddeutsche.de: Großes Programm
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