Polizei (Polen)
Die amtliche Bezeichnung der Polizei der Republik Polen lautet Policja. Sie ist dem polnischen Innenministerium unterstellt, zentral organisiert und hat regionale Kommandanturen in allen Woiwodschaften (wobei in der Woiwodschaft Masowien zwei Kommandanturen tätig sind: eine für die Stadt Warschau samt benachbarten Landkreisen und eine für das übrige Gebiet).
Geschichte
In der Zweiten Polnischen Republik (1918–1939) hießen die Polizeikräfte Policja Państwowa (deutsch Staatspolizei). Sie umfassten vor Ausbruch des Zweiten Weltkrieges rund knapp über 32.500 Beamte sowie weitere Reservisten, die zentral organisiert waren. Lediglich die Woiwodschaft Schlesien besaß zwischen 1920 und 1939 eine eigene regional organisierte Polizei.
Während der Besetzung Polens von deutschen und sowjetischen Truppen im Zweiten Weltkrieg wurden die Polizeikräfte von den Besatzern aufgelöst. Auf deutscher Seite wurde auf Befehl des Generalgouverneurs Hans Frank die sogenannte Polnische Polizei im Generalgouvernement (polnisch Granatowa Policja, für marineblaue Polizei) aufgestellt. Diese Polizeieinheiten rekrutierten sich aus früheren Polizisten und hatten eine Stärke von rund 10.000 Mann. Sie unterstanden vollständig den deutschen Besatzungsbehörden und wurden bei der Bekämpfung von Kriminalität und Schwarzhandel herangezogen sowie teilweise bei Razzien zur Ergreifung von Zwangsarbeitern und bei Deportationen von jüdischen Polen in die deutschen Vernichtungslager eingesetzt. Auf sowjetischer Seite wurden im April 1940 neben Offizieren auch Polizisten erschossen. Insgesamt handelt es sich um 22.000 bis 25.000 Opfer. Deren Familienmitglieder wurden nach Kasachstan deportiert und dort der Leichtindustrie oder metallerzeugenden Unternehmen als Arbeitskräfte zugewiesen.[1] Zuvor wurden gemäß dem Historiker Adrzej Friszke während der Eroberung der ostpolnischen Gebiete selbst 2500 Soldaten und Polizisten gefangen genommen und ermordet.[2]
Der polnische Untergrundstaat unterhielt während der deutschen Besatzungszeit zwischen 1940 und 1944 eine eigene Polizei namens Państwowy Korpus Bezpieczeństwa (deutsch Staatliches Sicherheitscorps), die in den eigenen Reihen für Ordnung sorgte, Agenten aufspürte und sich aktiv am Widerstand gegen die deutschen Besatzer beteiligte.
Nach dem Zweiten Weltkrieg wurde die Milicja Obywatelska (deutsch Bürgermiliz) gegründet. Sie war die offizielle Polizei in der Volksrepublik Polen und unterstand in ihren Anfangsjahren dem neu gebildeten polnischen Ministerium für öffentliche Sicherheit. 1956 wurde sie mit dem polnischen Inlandsgeheimdienst zusammengelegt. Nach dem Systemwechsel ab 1988 wurde nach einer umfassenden Umstrukturierung die Bezeichnung für die Polizei in Polen 1990 wieder in Policja geändert.
Organisation
Rund 100.000 Beamte und 25.000 zivile Angestellte arbeiten für die polnische Polizei. Sie ist zentral aufgebaut und untersteht dem polnischen Innenministerium. Regional ist die Polizei in Woiwodschaftskommandanturen gegliedert. Das Zentralamt für Ermittlung (polnisch Centralne Biuro Śledcze Policji) bildet die Spezialeinheit der polnischen Polizei. Sein Status gleicht dem einer regionalen Kommandantur.
Bei der Policja funktioniert ein forensisches Forschungsinstitut: Centralne Laboratorium Kryminalistyczne Policji.
Abteilungen
In den meisten Kommandanturen gibt es folgende Abteilungen:
- Kriminalpolizei (Policja Kryminalna) – Gewaltverbrechen und schwere Kriminalität
- Steuerpolizeieinheiten und Drogeneinheiten gehören auch zur Kriminalpolizei
- Spurensicherung und Forensik
- Schutzpolizei (Policja Prewencyjna) – schutzpolizeiliche Aufgaben, einschließlich Terrorabwehr und Bereitschaftspolizei
- Verkehrspolizei (Policja Ruchu Drogowego) – Verkehrskontrolle und Autobahnpolizei
Polnisch-Deutsche Zusammenarbeit
2014 wurde ein deutsch-polnisches Polizeiabkommen unterzeichnet. Seitdem sind Festnahmen im jeweils anderen Land möglich und formal wurde das Grenzgebiet von einem grenznahen Streifen auf ganze Bundesländer ausgedehnt. Dies ermöglicht deutschen und polnischen Beamten, Straftäter auf dem Territorium des jeweiligen Nachbarlandes vorläufig festzunehmen. In Deutschland umfasst das formale Grenzgebiet die Bundesländer Brandenburg, Berlin, Sachsen und Mecklenburg-Vorpommern.[3]
Stadtpolizei
Neben der nationalen Polizei werden einige polizeiliche Aufgaben auch von der Stadtpolizei (Straż Miejska, deutsch Stadtwache) wahrgenommen, die kommunal organisiert ist und vor allem der öffentlichen Ordnung dient.
Grenzschutz
Nach der Auflösung der Wojska Ochrony Pogranicza wurden die Aufgaben des Grenzschutzes von der Straż Graniczna übernommen. Diese polizeiliche Behörde ist dem Innenministerium unterstellt, ihre Dienstgrade und Uniformen ähneln jedoch denen des Militärs. Sie ist in neun Trupps organisiert (mit Kommandanturen in Danzig, Kętrzyn, Białystok, Warschau, Chełm, Przemyśl, Nowy Sącz, Racibórz, Krosno Odrzańskie). Bildungseinrichtungen des Grenzschutzes sind in Koszalin, Kętrzyn und Lubań ansässig; das Zentralarchiv in Stettin.
Die Grenzschutzeinheit Polens und die deutsche Bundespolizei betreiben seit 2016 drei deutsch-polnische Dienststellen. Die Einheiten bestehen gemischt aus polnischen und deutschen Beamten, die gemeinsam ermitteln und Straftäter im jeweils anderen Land verfolgen dürfen.[4]
Ausstattung
Die Polizei in Polen ist bewaffnet und trägt eine marineblaue Uniform in verschiedenen Ausführungen. Die Streifenwagen sind seit 2007 dem Standard der Europäischen Union angepasst und somit silbern lackiert sowie blau-weiß beklebt. Sie tragen die Aufschrift Policja.
Einzelnachweise
- Natalia Sergeevna Lebedeva: The Deportation of the Polish Population to the USSR, 1939–41. In: Alfred J. Rieber (Hrsg.): Forced Migration in Central and Eastern Europe, 1939–1950. London/New York 2000, ISBN 0-7146-5132-X, S. 40.
- Andrzej Friszke: Polska. Losy państwa i narodu 1939–1989. ISBN 83-207-1711-6, S. 25.
- Barbara Anna Woyno: Polizei in Polen. Abgerufen am 24. Januar 2017.
- Deutsch-polnische Einheit nimmt Dienst auf: Warum polnische Polizeiautos nun auch bei uns kontrollieren | Nordkurier.de. 5. Januar 2016 (nordkurier.de [abgerufen am 25. Juni 2018]).