Paul Gosar
Paul Anthony Gosar (* 27. November 1958 in Rock Springs, Wyoming) ist ein amerikanischer Politiker der Republikanischen Partei und seit dem 3. Januar 2011 Mitglied des US-Repräsentantenhauses aus Arizona. Er vertritt seit 2013 den 4. Kongresswahlbezirk im Westen des Bundesstaates.
Familie, Ausbildung und Beruf
Der Sohn eines Lehrers wuchs mit neun Geschwistern auf, von denen viele weiterhin in Wyoming leben; sein Bruder Pete trat 2014 für die Demokraten als Gouverneurskandidat in Wyoming an. Der Vater Antone Gosar bewarb sich 2002 als Demokrat erfolglos für das Unterhaus der State Legislature Wyomings.[1]
Paul Gosar studierte nach dem Besuch der High School in Pinedale von 1977 bis 1981 an der Creighton University und schloss dieses Studium 1981 mit einem Bachelor of Science ab. Im Anschluss absolvierte er ein postgraduales Studium der Zahnmedizin an der Creighton Boyne School of Dentistry, beendete dieses 1985 als Doctor of Dental Surgery (DDS) und war anschließend von 1985 bis 2010 als Zahnarzt tätig, ab 1989 in eigener Praxis in Flagstaff.
Mit seiner Frau Maude lebt er in Prescott. Sie haben zwei Töchter und einen Sohn. Der Katholik engagierte sich in der American Dental Association und war Vorsitzender der Arizona Dental Association. Er engagiert sich in der Little League als Trainer.[2]
Politische Laufbahn
Gosar zählt zu den Vertretern der Tea-Party-Bewegung innerhalb der Republikanischen Partei. Als solcher kandidierte er bei der Wahl 2010 für den ländlich geprägten 1. Kongresswahlbezirk Arizonas für das Repräsentantenhaus der Vereinigten Staaten und schlug die demokratische Mandatsinhaberin Ann Kirkpatrick. Im Wahlkampf lehnte er gemeinsame Debatten mit Kirkpatrick und anderen Kandidaten ab.
Sein Mandat im US-Repräsentantenhaus trat er am 3. Januar 2011 an. Nach dem Zensus 2010 wurde sein bisheriger Wahlbezirk so umgeschnitten, dass die politische Balance deutlich knapper wurde. Nachdem Kirkpatrick angekündigt hatte, sich bei der Wahl 2012 dort wieder zu bewerben, entschied sich Gosar, im neu zugeschnittenen 4. Kongresswahlbezirk Arizonas anzutreten, der den ländlichen Westen des Bundesstaates umfasst und deutlich republikanisch dominiert ist (Cook Partisan Voting Index: R+21). In den Jahren 2012, 2014, 2016, 2018 und 2020 wurde er für diesen Bezirk gewählt, jeweils mit deutlich über 65 Prozent der Stimmen.[3]
Gosar ist bzw. war Mitglied in den Ausschüssen für Bodenschätze und Regierungskontrolle sowie in insgesamt sechs Unterausschüssen.
Positionen und Kontroversen
Gosar wird seit langem für das Verbreiten extremistischer Ansichten und Verschwörungstheorien kritisiert.[4] Er gilt als treuer Unterstützer Präsident Trumps, erklärte wie dieser, die Präsidentschaftswahl 2020 sei zugunsten von Joe Biden gefälscht worden, stimmte gegen die Zertifizierung des Wahlsieges von Joe Biden und nannte die Personen, die am 6. Januar 2021 gewaltsam das Kapitol stürmten, "friedliche Patrioten".[5]
Während seines ersten Wahlkampfs stellte sich Gosar als Gegner von Schwangerschaftsabbrüchen sowie Befürworter eines liberalen Waffenrechts und der Off-shore-Förderung von Erdöl dar. Er forderte den Abbau von Steuern und des Haushaltsdefizits, den Einsatz von Soldaten der US Army zur Sicherung der Grenze zu Mexiko sowie die Aufhebung der Gesundheitsreform 2010. 2015 versuchte er mehrfach vergeblich, gegen Gina McCarthy, die Leiterin der Umweltschutzbehörde EPA, ein Amtsenthebungsverfahren einzuleiten.[6]
Gosar ist Klimawandelleugner.[7] Die Rede von Papst Franziskus vor dem Kongress der Vereinigten Staaten im September 2015 boykottierte der Katholik Gosar wegen der Aussage des Papstes, der Klimawandel benötige Gegenmaßnahmen.[8] Statt sich für „fehlerhafte Klimapolitik“ einzusetzen, solle der Papst seine Zeit eher für die Bekämpfung von „Verfolgung […] Versklavung, Verharmlosung und Vergewaltigung christlicher Frauen und Kinder“ sowie von „absichtlich geplante[m] Völkermord an ungeborenen Kindern durch Planned Parenthood“ nutzen.[9] Erneuerbare Energien lehnt Gosar ab. 2015 wandte er sich mit einem Brief an die Federal Trade Commission und forderte diese auf, angebliche betrügerische Machenschaften der Solarindustrie zu untersuchen. Etwas später wurde publik, dass der Brief tatsächlich von dem größten Stromversorgungsunternehmen Arizonas verfasst worden war.[7]
Als Sprecher des Repräsentantenhauses unterstützte Gosar 2015 den Tea-Party-Kandidaten Daniel Webster, als Präsidentschaftskandidaten 2016 Ted Cruz und in der Vorwahl für den Senat der Vereinigten Staaten 2018 parteiintern Kelli Ward.[10]
Wie Donald Trump forderte er eine Verschärfung der Einwanderungspolitik und den Bau einer Grenzmauer nach Mexiko. Verschiedene Aktionen und Positionen Gosars sorgten für große Aufmerksamkeit. Im Oktober 2017 verbreitete er die Verschwörungstheorie von Alex Jones, wonach die rechtsextremen Demonstrationen in Charlottesville ein Plan der Linken gewesen seien, um Rassen-Unruhen zu schüren und Präsident Trump zu schaden.[11] Sie seien zudem von George Soros finanziert worden.[12] Daraufhin forderten Verwandte ihn in einem offenen Brief auf, sich bei Soros für die unbegründete Verleumdung zu entschuldigen. Einer seiner Brüder nannte Gosar eine Peinlichkeit für die Familie.[13]
Im Januar 2018 forderte Gosar, sogenannte Dreamer (Personen, die als Kinder illegal in die USA eingereist waren, siehe DACA), die zur State of the Union Address eingeladen waren, vor Ort zu verhaften. Im Juli 2018 reiste Gosar auf Einladung und Kosten des Middle East Forum nach London und trat bei einer islamfeindlichen Veranstaltung auf, bei der auch Tommy Robinson von der English Defence League sprach. Gosar traf bei der Reise Steve Bannon, Raheem Kassam und Nigel Farage.[14] Vor der Wahl 2018 veröffentlichte der demokratische Gegenkandidat Gosars, David Brill, mehrere Wahlkampfspots, in denen sechs der neun Geschwister Gosars dazu aufrufen, für Brill zu stimmen. Sie begründen die Ablehnung ihres Bruders mit dessen hetzerischer Rhetorik gegen Einwanderer mit antisemitischen Untertönen und seinen Positionen zur Umwelt- und Gesundheitspolitik. Seine Schwester Grace sagt in einem dieser Spots, es sei schwierig, ihren Bruder nicht als Rassisten zu sehen.[15][16]
In einem später gelöschten Video sagte der rechtsextreme Aktivist Ali Alexander, er habe den Angriff auf das Kapitol 2021 gemeinsam mit den drei Republikanischen Kongressabgeordneten Andy Biggs, Mo Brooks und auch Paul Gosar vorbereitet. Sie hätten ihm geholfen, den Protest zu organisieren, der schließlich zur Attacke auf das Kapitol-Gebäude führte.[17]
Im November 2021 verbreitete er auf Twitter ein verändertes Anime-Video, das ihn sowie Marjorie Taylor Greene und Lauren Boebert im Kampf gegen demokratische Politiker zeigt. Unter anderem greift er in dem Video die demokratische Kongress-Abgeordnete Alexandria Ocasio-Cortez mit einem Schwert an und ermordet sie dabei. Anschließend folgt eine Sequenz, in der er mit zwei Schwertern den demokratischen Präsidenten Joe Biden bedroht.[4] Als Reaktion stimmte das Repräsentantenhaus mit dem Stimmen der demokratischen Abgeordneten sowie von Adam Kinzinger und Liz Cheney dafür, ihm eine formale Rüge zu erteilen und seine Ausschussmitgliedschaften zu entziehen.[18][19]
Weblinks
- Paul Gosar im Biographical Directory of the United States Congress (englisch)
- Paul Gosar in der Notable Names Database (englisch)
- Website als Abgeordneter (englisch)
- Gosar, Paul. In: Our Campaigns (englisch)
Einzelnachweise
- Jeff Simon: Here’s what it’s like to be a Democrat in Wyoming. In: CNN.com, 8. April 2016; Joseph Flaherty: Arizona Congressman Paul Gosar’s Siblings Endorse Rival in New Campaign Ads. In: Phoenix New Times, 21. September 2018. Siehe Gosar, Antone “Tony”. In: Our Campaigns; Gosar, Pete. In: Our Campaigns.
- Paul Gosar’s Biography. In: Vote Smart.
- Gosar, Paul. In: Our Campaigns.
- Rep. Paul Gosar tweets altered anime video showing him killing Rep. Ocasio-Cortez and attacking President Biden. In: The Washington Post, 9. November 2021. Abgerufen am 9. November 2021.
- Republican Paul Gosar must be investigated for sharing edited anime clip of him killing Alexandria Ocasio-Cortez, says Pelosi. In: Sky News, 9. November 2021. Abgerufen am 10. November 2021.
- Arizona’s Rep. Gosar is trying to impeach EPA boss. In: AZCentral.com (englisch).
- This Catholic Congressman Is Boycotting Pope Francis’ Speech to Congress. In: Mother Jones, 18. September 2015. Abgerufen am 10. November 2021.
- Matthew Daly: Arizona congressman Paul Gosar to boycott pope’s speech. In: AZCentral.com, 18. September 2015.
- What Congressman Paul Gosar Got Wrong About the Pope. In: Huffington Post, 10. Juni 2015. Abgerufen am 22. September 2018.
- Gosar, Paul. In: Our Campaigns.
- Derek Hawkins: Arizona congressman repeats claim that Charlottesville violence was left-wing plot. In: The Washington Post, 6. Oktober 2017.
- Congressman suggests Charlottesville was George Soros–backed conspiracy. In: Vice.com (englisch).
- Gosar Siblings Do Not Support Rep. Paul Gosar’s Statements on George Soros. In: The Kingman Daily Miner, 24. Oktober 2017.
- Antonia Noori Farzan: Paul Gosar Demands Dreamers Be Deported from The State of the Union Address Tonight. In: Phoenix New Times, 30. Januar 2018; Joseph Flaherty: Arizona Congressman Paul Gosar’s Far-Right London Trip Funded by Fringe Group. In: Phoenix New Times, 10. August 2018.
- Joseph Flaherty: Arizona Congressman Paul Gosar’s Siblings Endorse Rival in New Campaign Ads. In: Phoenix New Times, 21. September 2018.
- Sechs Geschwister warnen vor Wahl des eigenen Bruders. In: Frankfurter Allgemeine Zeitung, 22. September 2018. Abgerufen am 22. September 2018.
- https://www.washingtonpost.com/nation/2021/01/13/ali-alexander-capitol-biggs-gosar/
- U. S. Capitol Room H154 Washington, DC 20515-6601 p:225-7000: Roll Call 379 Roll Call 379, Bill Number: H. Res. 789, 117th Congress, 1st Session. 17. November 2021, abgerufen am 18. November 2021 (englisch).
- House votes to censure Congressman Paul Gosar for violent video in rare formal rebuke. Abgerufen am 18. November 2021 (amerikanisches Englisch).